Wie mache ich aus einer Brillie-Uhr eine Quartzuhr

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Typ1-2-3
Beiträge: 1285
Registriert: So 22. Aug 2010, 19:10

Wie mache ich aus einer Brillie-Uhr eine Quartzuhr

Beitrag von Typ1-2-3 »

Hallo

Das hört sich zunächst mal brutal an und man denkt folgendes:

Der Frank hat das Pendel rausgebaut und stattdessen da irgendwas elektronisches eingesetzt. Die Uhr ist jetzt hin, schade um das schöne Teil. Aber es ist ganz anders.

Zunächste einmal: Um diese Uhr geht es (die rechte):

Bild

Die hatte ich im alten Forum schon mal vorgestellt. Interessant ist an der Uhr, dass die - obwohl eine alte Konstruktion - vom Hersteller auf Transistor umgestrickt wurde. Alles Original!!! Die Uhr hatte nie einen Kontakt.

Bild

Praezis hat mir die folgenden Unterlagen zur Verfügung gestellt:

Bild

Und die haben mir zu Denken gegeben, da die Uhr an sich immer prächtig falsch lief. Vielleicht lag es daran, dass ich mir keine rechte Mühe bei der Regulierung gegeben habe.
Besonders zu Denken gab mir - auf dem Schaltplan links unten zu sehen - die Synchronisationsspule. Irgendwann ist mir mal die Idee gekommen, die vielleicht mal zu nutzen. Da mir aber die Sekundenpendeluhr fehlt, die dort die Sekundenimpulse eingeben kann, kam mir die Idee, doch ein Quartzwerk zu verwenden. Auch dieses Quartzwerk gibt Sekundenimpulse aus, sehr genau noch dazu. Ließe sich damit nicht dieses Pendel synchronisieren, so dass die Uhr quartzgenau laufen würde?

Ich habe also in meinem Fundus gesucht und tatsächlich ein Quartzwerk gefunden - uralt - mit einer zerzausten Spule, aber intaktem Elektronik-Block. Die Motorimpulse waren ordentlich und kräftig. Die Mechanik, da eh kaputt, wanderten in die Tonne.
Das Problem bei diesen Uhren mit Lavet-Schrittschaltmotor ist die Ausgabe der Impulse: Die Polarität wechselt sekündlich, sonst laufen diese Motoren nicht schrittweise. Die Alternative wäre gewesen, ein anderes Werk zu schlachten mit unipolarem Schrittmotor. Staiger baute so etwas. Aber das Werk war äußerst selten und tat es mit Nachhilfe noch! Also durfte es weiterleben...
Die wechselnden Impulse bekommt man aber auf einfache Weise gleichgerichtet! Natürlich mit einem Gleichrichter, oder mit 4 Dioden. Also: Aus einem Schrottgerät 4 gleichartige Dioden ausgelötet und an den E-Block geschaltet. Das sah abenteuerlich aus, aber die Impulse kamen so, wie ich mir das dachte:

Bild

Man sieht das ausgeschlachtete Werk, Kienzle uralt. Daneben - mit dem Motorausgang gekoppelt - eine primitive Streifenplatine mit den 4 Dioden zur Gleichrichtung des Motorsignals. 2 Widerstände, die ich nicht mehr brauchte, aus dem Versuchsstadium. Und ein Poti, der auch ausgeschaltet ist. Das Kabel links geht zur Uhr und wird einfach an den Ausgang der Synchronisationsspule geschraubt.

Nach einigen Versuchen - das Pendel der Brillie musste ziemlich genau reguliert werden, damit es sich synchronisieren lässt - läuft die Uhr nun quartzgenau. Nach 3 Tagen hat sie eine Abweichung von vielleicht 2/10 Sekunden! Da diese Uhren so genau nicht laufen, muss die Synchronisation packen. Es funktioniert also.

Aber wie? Wieso lässt sich das Pendel synchronisieren?

Die Brillie-Uhren haben ein Halb-Sekunden-Pendel. Wenn die Quartzuhr jede Sekunde einen Impuls ausgibt, kommt der Stromstoß immer an der gleichen Stelle der Pendelschwingung - wenn es denn einigermaßen genau genug schwingt.

Wenn der Stromstoß des Quartzwerkes genau in der Mittellage des Pendels kommt, wird das Pendel zusätzlich zu der Uhr etwas angetrieben, aber an der Schwingungszeit des Pendels ändert sich nichts.
Läuft das Pendel etwas hinterher, so kommt der Stromstoß, wenn das Pendel die Mittellage noch nicht erreicht hat. Antrieb vor der Mittellage beschleunigt aber das Pendel, was in meinem Sinne ist.
Ist das Pendel aber etwas zu schnell, so kommt der Stromstoß, wenn das Pendel über der Mittellage hinaus ist. Antrieb nach der Mittellage verlangsamt das Pendel aber, was auch in meinem Sinne ist.

Der zusätzliche Stromstoß des Quartzwerkes treibt also das Pendel etwas an, was man auch am Pendelausschlag sieht. Aber die Uhr läuft quartzgenau.

In den nächsten Tagen werde ich mir aus den Bauteilen der alten Quartzuhr eine kleine Platine machen, die dann einfach an die Rändelmuttern der Brillie-Uhr angeschraubt wird. So kann man alles mit 2 Handgriffen auf den alten Zustand setzen, ohne die Originalsubstanz überhaupt beschädigt zu haben.

Ich denke, das ist eine elegante Art, diese Uhr zu regulieren.

Wenn das Platinchen fertig ist, gibt es noch einmal ein Bild...

Frank
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praezis
Beiträge: 312
Registriert: Sa 21. Aug 2010, 14:01
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Re: Wie mache ich aus einer Brillie-Uhr eine Quartzuhr

Beitrag von praezis »

Hallo Frank,

Glückwunsch zur schönen Quarzuhr! :D
Das Prinzip könnte man übrigens noch zu viel höherer Genauigkeit erweitern... ;)

Leider haben nur die wenigsten Uhren diese Extraspule.
Mich wundert aber, dass an der Spule von der Batteriespannung noch was ankommt, da der Gleichrichter 2x 0,7 Volt verschluckt.
Für die endgültige Version würde ich Schottkydioden nehmen, die haben nur 0,3V Spannungsabfall.

Berichte bitte, wie's weitergeht,
Gruß,
Frank
Fliegeruhren - Hanhart Vintage Service
karlo

Re: Wie mache ich aus einer Brillie-Uhr eine Quartzuhr

Beitrag von karlo »

gibts eigentlich noch germanium dioden? die gingen auch.

k
walter der jüngere

Re: Wie mache ich aus einer Brillie-Uhr eine Quartzuhr

Beitrag von walter der jüngere »

Hallo,

möglicherweise ist diese zum Testlauf verwendete Batterie relativ frisch - dann liefert sie bei kleiner Belastung mehr als die darauf angegebenen 1,5 V Spannung.

Ja, natürlich ließen andere Dioden noch mehr Spannung durch - die Frage ist nur, ob dann nicht das Pendel zu prellen beginnt.
Dem könnte man dann z.B. mit einem Trimmer begegnen.

Ach, so zum Experimentieren gäb es jetzt noch genug Stoff...

Der Nachweis, daß es überhaupt geht, ist nun ja erbracht.

Aber wie ist das? Da wird miteinander telefoniert und hin und her gerätselt - und dann auf einmal Schwupps - ist die Probeplatine fertig! Eh man sich's versieht...

Walter d. J. (Moderator)

@Karlo: Ich glaube schon, daß es auch noch ganz neu hergestellte GE-Dioden gibt. Waren zwar schon vor Jahren nicht so billig wie SI-Dioden, zumindest aber im Handel angeboten werden noch welche.
karlo

Re: Wie mache ich aus einer Brillie-Uhr eine Quartzuhr

Beitrag von karlo »

telefon ist doch ne gute erfindung
bei jemand der mich anruft, weiss ich wenigstens, dass er meine meinung, und nicht seine hoeren will.

k, acetylsalizilsaeurebunker....
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Typ1-2-3
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Re: Wie mache ich aus einer Brillie-Uhr eine Quartzuhr

Beitrag von Typ1-2-3 »

Mir ist durchaus klar, dass die Dioden da so einiges an Spannung wegknabbern. Ich war mir auch absolut nicht sicher, dass die ganze Sache funktioniert, aber das Messgerät am Ende des Brückengleichrichters zeigte doch eine ordentliche Spannung bei den Impulsen. Und da bekanntlicherweise Versuch klug macht, kam es halt darauf an. Daher auch meine zusammengestoppelte Versuchsanordnung.

Die Alternative wäre ja gewesen, die Elektronik der Staiger-Uhr zu nehmen, denn da wäre ein Gleichrichter gar nicht nötig gewesen. Aber ich hätte es schade gefunden, dieses Werk zu schlachten, denn das wird mal in Zukunft bestimmt eine Rarität sein.

Jetzt wird die Platine gefräst (mangels Ätzeinrichtung), und Eure Ideen wanderten schon mal in den Entwurf. Ich bin keine Elektroniker, sondern Uhrmacher, aber so eine einfache Schaltung bekomme ich gerade noch so hin.

Frank

Übrigens ist mir noch eine Idee gekommen, die auch ohne (!) Zusatzspule bei einer Brillie machbar wäre, nur mit der vorhandenen Motorspule: Könnte es nicht möglich sein, hinter die Elektronik, die mir vorschwebt, noch einen Verstärkertransistor zu setzen und mit diesen Sekundenimpulsen die Uhr über die vorhandene Motorspule direkt anzutreiben? Dann müsste der Kontaktschalter, wie er an den älteren Brilie-Uhren vorhanden ist, aber außer Betrieb gesetzt werden! Das Pendel wäre dann sozusagen nur noch der Motor, der die Sekundenimpulse umsetzt.

Frank

Frank
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Typ1-2-3
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Re: Wie mache ich aus einer Brillie-Uhr eine Quartzuhr

Beitrag von Typ1-2-3 »

Ich habe fertig. Hat mich irgendwie nicht in Ruhe gelassen, das Ganze

Fotos:

Bild

Eingebaut sieht das dann so aus:

Bild

Wenn man näher hinsieht, bemerkt man, dass ich die Schaltung nur an den originalen Rändelmuttern befestigt habe. Einfachst wieder zu entfernen! Ohne die Originalsubstanz zu verändern! Das war mir wichtig.

Bild

Jetzt muss die Sache auch mit dem neuen Brückengleichrichter nur noch funktionieren... Das zeigt die Zeit


Frank
winne
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Registriert: Mo 30. Aug 2010, 10:19

Re: Wie mache ich aus einer Brillie-Uhr eine Quartzuhr

Beitrag von winne »

Hallo Frank

Ich habe von Elektronik null Ahnung, aber es ist immer wieder eine Freude zu lesen wie Du dich um deine Uhren bemühst!

Gruß Winne
micha
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Registriert: So 5. Sep 2010, 10:30
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Re: Wie mache ich aus einer Brillie-Uhr eine Quartzuhr

Beitrag von micha »

hallo Frank,
ich habe dieselbe NU von brillie, betreibe sie mit dem quarztaktgeber A von T&N, Deine mamauhr ist natürlich schöner.

michael
KleineSekunde
Moderator
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Re: Wie mache ich aus einer Brillie-Uhr eine Quartzuhr

Beitrag von KleineSekunde »

Hallo Frank,

ich habe gerade zufällig deinen Bericht zur quartzgenauen Steuerung der Brillié-Uhr wieder gesehen: Gibt es schon "Langzeiterfahrungen" damit?

Schöne Grüße

Guido
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