Sekundenpendeluhrbau reloaded!

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Falls hier theoretische Hilfen angeboten werden, so sollen und können sie keinen Uhrmacher ersetzen. Sie sind ohne jede Garantie oder Gewähr und jeder muss selbst wissen, was er sich zutrauen kann und dass man mit einem Selbstversuch evtl. leichtfertig die Uhr zerstören könnte. Vor allen Dingen wertvolle Uhren gehören in die Hand eines Fachmanns. Vielleicht sogar eines Fachmanns hier aus dem Forum. Laien sollten unbedingt den oben angepinnten Hinweis über Uhrenfedern lesen.
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Holger Brandt
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Registriert: Do 9. Sep 2010, 22:13
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Re: Sekundenpendeluhrbau reloaded!

Beitrag von Holger Brandt »

Hallo alle zusammen und auch noch ein gesundes 2011, obwohl gesund währe eigentlich nicht gut ... sind wir doch alle von einem Virus befallen, den wir nicht ausgeheilt haben wollen!!! :D


Hab auch noch was zum Thema Schneidenlagerung. Nachdem ich alles mögliche bei meiner Eigenbau 2009 versucht habe, gab`s den Umbau auf Pendelfeder. Und siehe da, mein Ziel von max. 5 Sek. Abweichung im Jahr rückt näher (ist nach Hochrechnungen übertroffen). :)
Bei meinem Pendelantrieb (konstante Amplitude elektrodynamisch angetrieben, Auslösung und Reglung über Lichtschranken, freies Pendel) hat sich möglicherweise die Schneidenlagerung auch stärker bemerkbar gemacht, als bei "üblichen" Hemmungen mit gut abgestimmter Antriebskraft (Stichwort Isochronismus).
Also, bei meiner Uhr hatte ich tendenziell ein immer größeres Vorgehen. Bei einer "normalen Uhr" wäre das bestimmt nicht aufgefallen. Da aber meine Uhr die Energiemenge regelt, ist dem minimalen Verschleiß der Schneiden mit höherer Energiemenge begegnet worden, was die Uhr vorgehen ließ.
Dann kamen noch Sprünge vom Invar dazu und die Sprengungen des Steinbruches ... und ich war am Verzweifeln. :evil:
Doch nun, mit Pendelfeder und Pendelstab aus Carbon... werden Träume wahr. Übrigens habe ich die ersten 14 Tage im Testbetrieb mit Pendelfeder ein immer größeres Nachgehen erlebt. Der Spuk war aber nach ca. 14 Tagen vorbei. Ich vermute, dass sich in dieser Zeit die Pendelfeder etwas gestreckt hat.

Das 2010 -er Modell hat nun seinen Testlauf ebenfalls absolviert, das Gehäuse ist auch fertig... . Fehlt blos noch ein Beitrag um Euch die Uhr als fertiges Modell zu präsentieren. Das werde ich demnächt nachholen.

Bleibt schön gespannt, H. Brandt
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Willy
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Re: Sekundenpendeluhrbau reloaded!

Beitrag von Willy »

Holger Brandt hat geschrieben:... Doch nun, mit Pendelfeder und Pendelstab aus Carbon... werden Träume wahr. Übrigens habe ich die ersten 14 Tage im Testbetrieb mit Pendelfeder ein immer größeres Nachgehen erlebt. Der Spuk war aber nach ca. 14 Tagen vorbei. Ich vermute, dass sich in dieser Zeit die Pendelfeder etwas gestreckt hat. ...
Hallo Holger,

auch ich habe bei meinem Pendel einen Pendelstab aus Carbon (Rohr D=12 außen d=10 innen) verwendet :) . Leider hat Carbon die unangenehme Eigenschaft Wasser proportional zur Luftfeuchte aus der Luft aufzunehmen (Werksangabe 0,1% bei 65% rel. Feuchte). Da die relative Luftfeuchte in beheizten Räumen im Winter deutlich geringer als im Sommer ist (rund 40% zu 65%), ergibt sich im Sommer eine höhere Masse der Pendelstange, die zu einem schnelleren Gang der Uhr führt (ähnlich einem Gewicht auf dem Pendelteller). Bei meinem Pendel beträgt der rechnerische Unterschied rund 0,05 s/d, also rund 4,5 s pro 3 Monate. Um diesen Fehler auszugleichen, habe ich unter dem Schwerpunkt Kompensations-Carbonrohre angebracht (Bild auf Seite 16 in diesem Thread). Der Feuchte-Ausgleich ist übrigens ein relativ langsamer Prozess - nach 14 Tagen dürfte er je nach Materialstärke zu rund 80 - 95% abgeschlossen sein ...

Das auch eine Pendelfeder ein kritisches Bauteil ist, kann ich nur unterstreichen. Nachdem ich zuerst ein relativ teures Teil aus der Bucht verwendet hatte (grauenhaft :evil: ) und mein erster Eigenbau immer noch zu klapprig war :shock: , scheint mein zweiter Eigenbau endlich halbwegs standfest zu sein.

Viele Grüße, Willy
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remuc
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Re: Sekundenpendeluhrbau reloaded!

Beitrag von remuc »

[quote="winne"]@ remuc

Und wenn ich mir die Teile so anschaue hättest Du die Hemmungsräder auch selbst
Schneiden können und zwar mit dem gleichen Ergebnis wie beim Drahterodieren.
Mann muss sich nur trauen, ist die Maschine einmal eingerichtet ist das Schneiden selbst ein Kinderspiel, das Ausschenkeln und das Bearbeiten der inneren Radien reine Fleißarbeit.

--> Hallo Winne,
leider habe ich kein passendes Equipment (Teilapparat + Fräser) für so eine Aktion, hätte ich sonst gerne selbst gemacht.



Zum Problem der Abfallverschiebung : Es löst sich nicht von selbst indem Du ein 8 Kilo
Pendel einhängst!
Die Schneiden aus gehärteten Silberstahl sind OK und wie ich sehe, kannst Du sie auch Im Pendelträger ausrichten, sind die Schneidenauflager genau Horizontal ausgerichtet?

--> Ich habe sie mittels eines Haarlineals ausgerichtet und auch die Auflagen entsprechend justiert. Da werde ich aber auch noch
mal kontrollieren und evlt. nachbessern.


Verschiebt sich der Pendelträger trotz optimaler Ausrichtung weiterhin so das der Abfall nicht
Mehr stimmt sind deine Schneiden zu Stumpf !!!
Die solltest Du nachschleifen und den Grat abziehen, selbst unter einer Lupe dürfen sie nicht
Stumpf aussehen. Stumpfe Schneiden bewirken ein seitliches wechlaufen .

--> Das mit dem Schleifen ist das Problem, wie bekomme ich beide Teile gleichmäßig geschliffen. Habe es schon mit diversen
Vorrichtungen für's Handschleifen und mit der Maschine probiert: Fräser und Diamantschleifstift, Ist aber noch nicht so 100%ig geworden.
Entscheiden ist ja, dass die Schneide genau mittig ist.
Mit dem jetzigen Schliff lässt sich Papier problemlos schneiden, möglicherweise reicht es aber noch nicht.
Wie schleifst Du Deine?

Danke!
Grüsse an die Uhrenliebhaber!

REMuc
winne
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Re: Sekundenpendeluhrbau reloaded!

Beitrag von winne »

@ remuc

Hallo remuc

Lass dich nicht entmutigen, kannst Du mit dem Auge und der Lupe nicht erkennen
Das die Schneiden aus der Mitte laufen ist alles OK.

Hast Du die Schneidenauflager mit den Einstellschrauben Horizontal richtig ausgerichtet
Die Schneiden selbst so auf dem Auflager ausgerichtet das sie plan aufliegen, dann sollte
Deine Uhr richtig laufen und nicht mehr abfallen.
Mache dir ein probier Tragestuhl und hänge das richtige Pendel ein, nur so kannst
Du erfahren ob die Uhr richtig läuft oder nicht. Das mit dem kurzen Pendel macht wenig sinn

Zu den Schneiden an meiner Uhr sie sind 2 mm stark und 2,5 cm lang und laufen
Fast über den ganzen Pendelträger.

Bild

Bild



An den Schneiden habe ich die Mitte angerissen und die 45 Grat Schmiegen, dann
Von der Hand mit einer Feile die 45 Grat Schmiegen zurechtgefeilt.
Auf einer großen Lackscheibe 800 Schmirgelpapier angebracht und mit Hilfe der Drehbank
Die Schmiegen von der Hand feingeschliffen, habe mich immer wieder mit einer Lupe an den Reislinien orientiert, auf einer Glasplatte 1200 Schmirgelpapier aufgebracht und die Schmiegen so lange bearbeitet bis sie Plan waren. Alle arbeiten an den Schneiden habe ich
Im ungehärteten Zustand ausgeführt, gehärtet wurde später.

Gruß Winne
karlo

Re: Sekundenpendeluhrbau reloaded!

Beitrag von karlo »

"Alle arbeiten an den Schneiden habe ich Im ungehärteten Zustand ausgeführt, gehärtet wurde später."

Damit hast Du jetzt moeglicherweise bananenfoermige Schneiden.
Ausserdem schleift sich harter Stahl besser als weicher.

Karlo
winne
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Re: Sekundenpendeluhrbau reloaded!

Beitrag von winne »

@ Karlo

Hallo Karlo

Es hat sich nichts verzogen !
Die Schneiden gingen problemlos in den dafür vorgesehenen Passungen war dies Glück oder Sogar Können ???

Gruß Winne
karlo

Re: Sekundenpendeluhrbau reloaded!

Beitrag von karlo »

Ich wuerde mal sagen: Glueck.
Kaum ein Stahl verzieht sich so gerne wie 1.2210.

Karlo
Holger Brandt
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Re: Sekundenpendeluhrbau reloaded!

Beitrag von Holger Brandt »

Hallo,

auch wenn`s nich so ganz in diesen Lauf passt, noch mal kurz paar Gedanken zum Pendel.
Die blöde Eigenschaft mit dem Wasseranteil im Carbon ist ja allg. bekannt. Deshalb habe ich versucht die Masse des Carbon von Anfang an so klein wie möglich zu halten. Damit ich mit wenig Masseänderung des Carbon zu kämpfen habe, ist mein Carbonstab nur 8mm im Duchmesser. Wenn das immer noch nicht genügt (Langzeitversuche werden das an`s Tageslicht bringen), wird die nächste "Pendelgeneration" aus dünwandigem Carbonrohr in die Versuchsreihen geschickt... .
Der größte Austausch von Feuchtigkeit dürfte über die Flächen sein, die bearbeitet wurden. Daher habe ich die Stirnseiten, also dort, wo meine Beschläge "angedoggt" sind mit Epoxydharz versiegelt.
Bei meinen Uhren schwingt das Pendel frei, daher kann ich so dünne Dimensionen verwenden.
Bei mech. Uhren könnte ich mir auch eine Lösung mit Carbonrohr vorstellen, nat etwas dicker. Wenn dann die Enden dicht verschlossen sind, wirkt das Innenvolumen möglicherweise stabilisierend, weil als Speicher.

bis bald, H. Brandt
Duplex
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Re: Sekundenpendeluhrbau reloaded!

Beitrag von Duplex »

winne hat geschrieben:Es hat sich nichts verzogen ! Die Schneiden gingen problemlos in den dafür vorgesehenen Passungen war dies Glück oder Sogar Können ???
Gruß Winne
Hallo Winne,
gehärteter Stahl schleift sich tatsächlich unglaublich besser als weicher - vorausgesetzt, Schleifmittel und Schnittgeschwindigkeit 'stimmen'! (Nach einem guten Dutzend Messerklingen kann ich sagen, dass es eine ausgesprochene Freude macht, harten Stahl schleifend zu formen)

Dass sich Silberstahl besonders verzieht beim Härten, kann man m. E. so pauschal nicht behaupten. In der techn. Literatur gibt es Warnungen bei anderen, besonders hochlegierten Stahlsorten. Es kommt dabei hauptsächlich auf die Werkstück-Geometrie, in geringerem Maß auf die "Lage" des WS im ursprünglichen Rohling an (z. B. Walzrichtung), natürlich auf das Härteverfahren und besonders das Abschrecken. So hat sich für unsere Verhältnisse dickes (mehrlagiges) Umwickeln mit WE-Draht oder "Einbüchsen" bei empfindlichen Teilen gut bewährt.

Gruß Jo
"Wir können alles. Außer Hochdeutsch."
winne
Beiträge: 365
Registriert: Mo 30. Aug 2010, 10:19

Re: Sekundenpendeluhrbau reloaded!

Beitrag von winne »

@ Duplex

Hallo Jo

Ich bin wie die allermeisten hier im Forum weder Uhrmacher noch Schlosser, oder stamme aus Irgend einen anderen anverwandten Beruf !
Dadurch fehlt uns natürlich jede menge Hintergrund Wissen, so ist die Arbeitsweise oft eine Andere wie bei den Fachleuten.
Da ich an meiner PPU die Schrauben Triebe und alle Stahlteile selbst angefertigt habe. Also im weichen geschnitten und dann gehärtet, bin ich bei den Schneiden auch so Vorgegangen.
Und mit dem Ergebnis bin ich recht zufrieden!
Schließlich dient ja unser Forum den Gedankenaustausch und Danke an alle für die guten Ratschläge!

Gruß Winne
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