Kleiner Artikel in Stücken: Güte von Schwingsystemen

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Typ1-2-3
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Kleiner Artikel in Stücken: Güte von Schwingsystemen

Beitrag von Typ1-2-3 »

So, in Stücken will ich hier mal einen kleinen Artikel eher theoretischer Art veröffentlichen. Ich hoffe, das ist trotzdem praxisnah genug.

Einleitung

Wenn man die Gangabweichungen bzw. die Toleranzen von Schwingsystemen vergleicht, so kann man ganz klar einen Zusammenhang zwischen der Frequenz des Gangreglers und der Genauigkeit der damit ausgestatteten Uhr erkennen.

Bild

Eigentlich ist der Zusammenhang etwas anders, denn wie man auf dem Bild oben sieht, kommen die Pendeluhren recht gut dabei weg. Der eigentliche Zusammenhang ist die Güte des Schwingsystems.
Der Gütefaktor als Qualitätskriterium für die Genauigkeit der Uhr bezeichnet die Verluste eines (elektronischen, aber auch mechanischen) Schwingers, wenn dieser in seinem Resonanzbereich schwingt. (nach Bi-Lexikon Uhren und Zeitmessung, Hrsg. Rudi Koch, Leipzig 1986)
Einfach gesagt: Wenn man einen Schwinger in seinen Resonanzbereich bringt, dann soll er möglichst lange nachschwingen, bevor er stehen bleibt. Wenn er lange nachschwingt, so braucht er nur wenig Antrieb zum Weiterschwingen. Da Hemmungen und Antriebe von Schwingern immer Fehler in das System bringen, ist eine kleinere Störung natürlich besser als eine größere.

Und danach möchte ich die einzelnen Schwingsysteme und auch ein wenig die Nebenbedingungen durchgehen. Vorwiegend für Großuhren mit einigen Kleinuhren. Das Ganze sortiert nach Frequenz, also fangen wir mit dem langsamsten Schwinger an, dem Pendel:
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Typ1-2-3
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Re: Kleiner Artikel in Stücken: Güte von Schwingsystemen

Beitrag von Typ1-2-3 »

Pendel

Jeder kennt Pendeluhren und weiß, dass einige genauer gehen als andere. So ist der Wiener Regulator mit Grahamhemmung recht genau. Kurzpendel dagegen, wie sie in Pendulen und Tischuhren eingebaut werden, haben große Ungenauigkeiten.
Das liegt im Wesentlichen an der Beeinflussung des Pendels. Man unterbreche bei beiden Uhren einmal den Kraftfluss und warte, bis das Pendel steht. Die Kurzpendeluhr wird mit Sicherheit eher stehen bleiben. Folglich braucht sie auch mehr Kraft zum Unterhalt der Pendelschwingungen. Auch wenn sich das jetzt recht einfach anhört, läuft eine Uhr, die das Pendel wenig in seiner freien Schwingung beeinflusst, genauer, als eine, bei der das Pendel eng mit dem Räderwerk verbunden ist. Da kann das Räderwerk noch so genau sein. Aus diesem Grunde haben auch Präzisionspendeluhren so schwere Pendel. Die Nebenbedingungen sind da natürlich noch nicht berücksichtigt, wie Temperaturfehler, Genauigkeit des Räderwerks, Isochronismusfehler, Setzungen der Pendelfeder usw.

Ein Beispiel ist das elektrisch angetriebene freie Pendel, welches man bei Riefler entwickelt hat (Schuler-Uhr).

Bild

Die Uhr wurde um 1930 gebaut. Ein eigentliches Uhrwerk besitzt sie nicht mehr. Das Pendel ist nicht mit einem Räderwerk verbunden. Die Steuerung des Pendels erfolgt durch eine Lichtschranke, also berührungslos. Der Antrieb des Pendels erfolgt über eine feststehende Spule und einen Magneten, der mit dem Pendel verbunden ist. Über diese Steuerung wiederum werden auch die Nebenuhren gesteuert. Das sehr schwere Pendel hängt in einem Raum (wie bei Riefler üblich eine Glocke aus Metall und Glas), welcher teilweise evakuiert ist und dadurch nur sehr wenig Luftdruck besitzt. Dadurch auch wenig Luftreibung, was die Störungen minimiert, denn dann kann der Antrieb auch gering ausfallen. Dazu wurde bei dieser Uhr die Luft durch Wasserstoffgas ersetzt, welches noch geringeren Widerstand als Luft hat. Das Pendel ist möglichst frei, dadurch sehr genau. Bei einem Versuch wurde das Pendel längere Zeit ohne Antrieb laufen gelassen. Es soll erst nach einigen Tagen zum Stillstand gekommen sein.
(P.S.: Die Schuler-Uhr war genauer als die „normalen“ Uhren von Riefler. Das System hat sich nur deshalb nicht durchgesetzt, weil die Uhr enormen Wartungsbedarf während seiner gesamten Laufzeit hatte. So musste immer kontrolliert werden, ob die Lampe noch in Ordnung war. Es gab sogar einen automatischen Lampenwechsler, der eine neue Lampe für die Lichtschranke in die Fassung schob, wenn die alte kaputt war. Das gleiche Problem galt auch für die Verstärkerröhren. Heute in Zeiten von Leuchtdiode und Transistor wäre das kein Problem mehr).
winne
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Re: Kleiner Artikel in Stücken: Güte von Schwingsystemen

Beitrag von winne »

Pendel

Hallo

Hier muss die Arbeit von F.M. Fedchenko genannt werden.
Ihm gelang der Bau einer Isochronen Einzel - Pendeluhr, die Besonderheit dieser Uhr war eine isochrone Pendelaufhängung, dessen Schwingungen innerhalb eines kleinen
Amplitudenintervalls isochron waren. (Isochron ist von gleicher Zeitdauer bei verschiedenen
Großen Ausschlägen)
Der Schlüssel zur Lösung des Problems war die Aufhängung des Pendels er erhielt dafür ein
Erfinderzertifikat mit der Nummer 100085.
Beispiel : Durch systematisch Labor Entwicklungen und Messergebnisse konnte die tägliche
Gangabweichung der Riefler - Uhren auf 5 Millisekunden verkleinert werden.
Die Gangabweichung der Fedchenko Uhr betrug nur 1 Millisekunde (msec).
Im Jahr 1954 entwarf Fedchenko auf dieser Grundlage die Ach F-1.
Die alle bestehenden Uhren durch ihre vergleichsweise einfache Bauweise und ihre höhere
Genauigkeit übertraf.
Seine Pendeluhren versahen ohne besondere Wartung jahrelang ihren Dienst.

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Gruß Winne
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Ursus
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Re: Kleiner Artikel in Stücken: Güte von Schwingsystemen

Beitrag von Ursus »

Schaut Euch mal die Nr. 128 der letzten Dr.Crott-Auktion an:
http://www.uhren-muser.de/katalog.html

Hier der Text dazu:
Clemens Riefler, Nesselwang, Werk Nr. 803, E-Type, Höhe 1450 mm, circa 1960


Museale, astronomische Präzisonssekundenpendeluhr - nur 3 Exemplare wurden von der Firma Riefler gebaut, diese stellen die Quintessenz der Entwicklung mechanischer Sekundenpendeluhren dar

Geh.: lackierter, luftdichter Kupferzylinder, Glasdom, Gusseisenaufhängung mit Justierschrauben Ziffbl.: kleines Sekundenzifferblatt, Durchm. 140 mm, versilbert, Elektroaufzug mit Kontroll-Halbmondfenster, Messinglunette, gebläuter Stahlzeiger Werk: Messingplatinenwerk, vergoldet, Stahlteile verchromt, nur zwei Achsen, Saphirlagersteine, doppeltes vergoldetes Riefler-Hemmungsrad, freie Schwerkrafthemmung mit Impulsdoppelhebel mit Auflagegewicht auf den Hemmungsrädern von ca. 1 Gramm, Saphirpaletten, spezieller, konstanter elektrischer Aufzug, Schneidenaufhängung auf Achatplatten, Pendel Type J1 mit zylindrischem Pendelgewicht aus Super Invar sowie Pendelstab aus Quarzglas, Auflageteller und Vorrichtung für Fotozelle, Zeitabnahmevorrichtung mit Beleuchtungslämpchen, Amplitudenablesemikroskop und Fotozelle, auf justierbarer Schiene montiert, Barometer, Thermometer, von Riefler entwickelter und gefertigter Fotozellenverstärker mit Ferneinschaltung, Steuerrelais für Sekundenkontakt, Kontrollinstrumente, elektrische Riefler-Sekundennebenuhr Type F1 neu mit Regulatorzifferblatt, gebläute Stahlzeiger.


Die präziseste mechanische Sekundenpendeluhr der Welt

Sie wurde 1958 konstruiert, 1960 gefertigt als dritte von insgesamt nur 3 Uhren und von dem Physiker Dr. H. Gockel im Riefler-Laboratorium getestet. Die Entwicklung dieser Uhr basierte auf der Idee herauszufinden, welche die maximale Genauigkeit ist, die von einer mechanischen Sekundenpendeluhr überhaupt erreicht werden kann. Die Uhr E-Type Nr. 803 ist vollständig original.

Sie ist die einzige der drei Uhren mit einem Quarzglas-Pendelstab. Die Uhr kommt zusammen mit den Kopien der original Konstruktionsunterlagen, sowie Schriftverkehr und Dokumentationen zum Aufruf.


Ursus
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Typ1-2-3
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Re: Kleiner Artikel in Stücken: Güte von Schwingsystemen

Beitrag von Typ1-2-3 »

Es geht weiter:

Unruh Teil 1

Bei der Unruh gibt es 2 prinzipielle Möglichkeiten, eine hohe Güte des Schwingsystems zu erreichen:
Einmal vergrößert man die Masse der Unruh:

Bild

Beim Seechronometer ist die Unruh sehr groß und schwer, um eine hohe Güte zu erreichen. Je höher der Durchmesser und je schwerer die Unruh, um so stabiler ist das Schwingsystem. Die Unruh schwingt aber relativ langsam. Sie macht 2 Schwingungen pro Sekunde. Wenn man die Unruh eines Seechronometers betrachtet, merkt man schon intuitiv, dass das Schwingsystem äußerst stabil ist. Das nächste Bild zeigt in etwa die Dynamik, die in so einer großen Unruh steckt.

Bild

Aber das wirkt eher, wenn man die Unruh wirklich in Aktion sieht.

Die Unruh ist auch recht schwer, so schwer, dass man mit den Chronometergehäuse nur anecken muss, um die Zapfen der Unruh zu beschädigen. Früher wurden aus diesem Grunde bei Wempe in Hamburg die Seechronometer, die zu den Schiffen gebracht werden mussten, von einem Boten abgeholt, damit den Uhren ja nichts passierte.

Bei Taschenuhren ist man auch diesen Weg gegangen. Gute Taschenuhren hatten eine große Unruh, so groß wie möglich. Beobachtungsuhren hatten relativ schwere Unruhen, die so groß waren, dass sie vom Werkrand bis zum Minutentrieb gingen.

Die 2. Möglichkeit ist es, die Frequenz der Unruh zu erhöhen:

Wer Armbanduhren aus der Frühzeit bis in die 50ger, besonders Damenuhren, reparierte, wird schon oft geflucht haben, denn die Dinger wollten einfach nicht gescheit laufen. Besonders verrufen waren die Damen-Armband-Zylinderuhren. Denn dort war die kleine und leichte Unruh sehr unfrei. Dass diese Uhren nicht vernünftig laufen konnten, war eigentlich kein Wunder.

Bild

Aber auch bei den Ankeruhren dieser Zeit war das nicht viel besser. Das lag daran, dass die Unruhen relativ klein waren, die Masse der Unruh war auch nicht außen am Rand konzentriert (denn da waren ja die Schrauben). Und vor allen Dingen: Die Unruhen hatten eine Frequenz von 2,5 Hz, also 5 Halbschwingungen pro Sekunde oder 18.000 Schläge in der Stunde.

Bild

Im Laufe der Armbanduhrentwicklung ist man dazu übergegangen, die Frequenz immer mehr zu erhöhen. Dadurch erhöht sich die Güte des Schwingsystems, und die Uhren laufen einfach genauer. Die nächste Entwicklung auf diesem Gebiet war die Schlagzahl 21.600 für Damenuhren. Die Verhältnisse waren daher besser, weil die Unruhen zwar leichter waren, aber die Masse sich außen am Unruhreif konzentrierte, so dass die dynamische Wirkung größer und so die Unruh freier war und eine höhere Güte besaßen. Dabei blieb es eine ganze Weile.

Bild

Bei diesem Werk kann man sehr deutlich sehen, dass die Unruh so groß wie möglich ist, also vom Minutentrieb bis zum Werkrand. Und die Masse der Unruh liegt möglichst weit außen, um das Schwingsystem stabil zu halten, also die Güte des Systems zu vergrößern. Dass durch die Ringunruh der Kraftverlust durch Luftwiderstand verringert wurde, trug wiederum zur besseren Güte des Systems bei.

Die Frequenz der Unruhen wurden – besonders im Herrenuhrbereich – immer mehr erhöht, 28.800 war lange Zeit das Maß der Dinge bei den besseren Uhren. Einige Uhren hatten sogar eine Schlagzahl von 36.000. Leider habe ich dazu kein Bild.
winne
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Re: Kleiner Artikel in Stücken: Güte von Schwingsystemen

Beitrag von winne »

Unruhe

Hallo

Hier noch zwei Beispiele die zeigen was Frank beschrieben hat, ein möglichst großes
Schwingungssystem anzuordnen.
Viele gute Konstrukteure verwendeten die Formel Federhaus gleich die Größe vom
Unruhreif.
Bild eins ein frühes Ankerchronomerter

Bild

Bild zwei eine frühe Ankeruhr

Bild



Gruß Winne
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praezis
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Re: Kleiner Artikel in Stücken: Güte von Schwingsystemen

Beitrag von praezis »

Hallo Frank,
inwiefern die Güte durch höhere Frequenz steigt, ist mir noch nicht klar. Hast Du dazu eine Erklärung oder Referenz? Ich meine Güte entsprechend ihrer Definition (wie am Anfang Deines Beitrags), nicht im Sinne von 'läuft genauer'.
Gruß,
Frank
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Typ1-2-3
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Re: Kleiner Artikel in Stücken: Güte von Schwingsystemen

Beitrag von Typ1-2-3 »

Hallo Frank

Das ist eine gute Frage, und ich hatte da auch mal eine Referenz. Aber leider - und Du kannst mir glauben, dass ich wirklich lange gesucht habe - finde ich diese nicht mehr wieder. Diese Quelle zeigte eindeutig den Zusammenhang zwischen Güte eines Schwingsystems und der Genauigkeit der damit ausgestatteten Uhr. Und es war in dieser Quelle auch klar der Zusammenhang zu sehen, dass bei steigender Frequenz des Schwingsystems auch die Genauigkeit stieg. Wenn man denn nicht die Nebenbedingungen total vernachlässigt hat. Und Letzteres kann man sehr leicht: Wenn man z. B. keinen Wert auf Temperaturkompensation legt (z. B. indem man einfach eine Stahlspirale einbaut), kann die Güte des Schwingsystems noch so hoch sein. Und trotzdem wird man die Uhr im Alltagsbetrieb nicht genau bekommen. Ansonsten wäre das ja auch zu einfach, dann bräuchte man sich auch keine Gedanken mehr um Isochronismus u.s.w. zu machen.
Was ich hier notieren will, ist einfach, wie die Hersteller an sich mit einfachen Mitteln durch Erhöhung der Frequenz eine genau gehende Uhr bauen wollten.

Eine Anmerkung: Jeder, der mal Stoppuhren repariert hat, wird sich gewundert haben, dass diese ach so billigen Ticker auf der Zeitwaage regelmäßig ein Super-Diagramm hinlegen. Da diese Stoppuhren natürlich meist 1/10 Sekunde messen, ist die Schlagzahl bei 36.000 pro Stunde für einen Unruhschwinger recht hoch, was schon die Erklärung dafür ist. Es steckt halt in der Unruh der Stoppuhren eine hohe Dynamik, die Störungen sicher verhindert.

Frank
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Re: Kleiner Artikel in Stücken: Güte von Schwingsystemen

Beitrag von Typ1-2-3 »

Bei Großuhren lief die Entwicklung ähnlich: Das erste Junghans-Küchenuhrwerk mit Transistor und Unruhmotor, das Werk W794 hatte noch eine Schlagzahl von 14.400. Man wird das Werk kennen: Es ist das Elektrowerk mit den Magneten unter der Unruh, um diese zu entlasten.

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Die Weiterentwicklung dieses Uhrwerks hat die Nummer W726 und schon eine höhere Schlagzahl, nämlich 18.000

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Dabei ist es eine ganze Weile geblieben. Die Ursache ist, dass man für eine erhöhte Frequenz auch mehr Energieeinsatz brauchte. Und natürlich auch eine höhere Übersetzung des Räderwerks.
Ein ziemlich schneller Schwinger ist das Kienzle-Uhrwerk 416. Die Schlagzahl ist 36.000.

Bild

(Anmerkung: Das ist eine Schlagzahl, die das obere Limit für mechanische Armbanduhren darstellt, da so etwas nur mit kleiner Unruh und großem Federhaus zu erreichen ist. Außerdem ist bei der Armbanduhr der Verschleiß erhöht durch die hohe Schlagzahl. Übrigens machen diese Uhren immer ein tadelloses Bild auf der Zeitwaage und lassen sich super regulieren.)
Diehl ist den Weg der erhöhten Schlagzahl für Großuhren recht früh gegangen, und zwar mit 2 sehr interessanten Uhrwerken:
Das Dielectron-Werk hat immerhin schon eine sehr hohe Schlagzahl für einen Unruhschwinger: Die Unruh schwingt mit 48.000 Schlägen in der Stunde!!! Schwierig ist es, bei dieser hohen Frequenz das Räderwerk sicher weiterzuschalten. Da ist man bei Diehl einen besonderen Weg gegangen: Man hat mit der Unruh nicht das Räderwerk direkt angetrieben, sondern damit einen kleinen Synchronmotor gesteuert, der das Räderwerk antrieb. 2 Vorteile: Sichere Weiterschaltung und ein ziemlich geräuschloser Antrieb des Räderwerks.

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Bild

Hettich ist da noch ein wenig weiter gegangen, hat dabei den direkten Weg eingeschlagen: Das Werk W66 hat eine Schlagzahl von immerhin 72.000 pro Stunde. Da hat man schon Mühe, den Schwinger zu sehen! Die Unruh ist so eine Art Schwebegang mit einer recht festen Spirale. Damit das Räderwerk nicht so groß wird, hat man ein Schneckenrad eingesetzt. Ein hoch interessantes Werk. Hiermit ist der Unruhschwinger an sich ausgereizt!

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(Anmerkung: Es gibt noch schnellere Unruhschwinger, aber meines Wissens nur für Sonderzwecke, sprich Stoppuhr. So wurde unter anderem von Waltham eine Stopuhr für die Entfernungsbestimmung von Schallimpulsen unter Wasser hergestellt. Die schwingt mit einem 50-Hz-Schwinger. Da sieht man nichts mehr, und man hört von der Hemmung nur noch ein Schnurren.)

Frank
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Ursus
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Re: Kleiner Artikel in Stücken: Güte von Schwingsystemen

Beitrag von Ursus »

Das wahrscheinlich schnellste mechanische Schwingsystem hat das Hippsche Chronoskop, das 1/1000 Sekunde zu messen vermag:

http://www.medienkultur.org/sm1/gdg/ha/

Ursus
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