Sekundenpendeluhrbau reloaded!

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Stupferich
Beiträge: 31
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Re: Sekundenpendeluhrbau reloaded!

Beitrag von Stupferich »

Ingo hat geschrieben:
petsch hat geschrieben:Hallo Ingo,
Aus welchem Holz ist das Gehäuse, Palisander ?
Gruß Peter
... zum Holz kann ich leider keine Angaben machen, da ich von der Materie gar keine Ahnung habe.
Gruß Ingo
Ich sehe aus der Ferne etwas Nussbaumfurnierartiges... die Seiten Tischlerplatte furniert, Rückwand Spanplatte furniert.
Leisten neben Werk und im Kastendach Fichte/Tanne. Türrahmen wohl das einzige massive Holz, wobei ich nicht sicher bin, dass alles einheitlich ist, z.B. das Furnier der Spanplattenrückwand.
Schade, die alten Kästen feiner Uhren waren durchgängig massiv und aus heutiger Sicht häufig schon für sich genommen ein Kunstwerk. Solche Kästen gar aus Palisander (eher selten bei PPU) oder, üblicher, Mahagoni (England), bei uns verbreitet Eiche, Kirsche, Nussbaum ... können heute gut und gern den Preis des Werknachbaus erreichen oder übertreffen, je nach Holzart. Sofern überhaupt passende Dimensionen aus Jahrzehnte gelagertem Bestand beschaffbar sind.
Dieser Kasten ist der Werksqualität noch weniger angemessen als ein Double-Gehäuse einem 1A Lange-Ankerchronometer. Also "furnierte Spanplatte" geht überhaupt nicht...
Tut mir leid, das ist jetzt arg negativ geworden, ich sehe das selber. Ich lasse es aber trotzdem stehen, im Hinblick auf immer wieder auftauchende Fragen zu Qualität oder billigst nachgepfriemelt. Bitte meine Besserwisserei zu entschuldigen.
Das soll nicht im Geringsten Ingos handwerkliche Leistung bezüglich des Werks schmälern.

Gruß Stupferich (...aka Duplex)
Ingo
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Re: Sekundenpendeluhrbau reloaded!

Beitrag von Ingo »

@Stupferich

Danke für Deine aufschlussreichen Ausführungen,- die Furniere sind gleich. Um welches es sich handelt entzieht sich mir auf Grund mangelnder Sachkenntnis.

Das Gehäuse hatte mir vor allem des Preises wegen gefallen. So wie ich es erstanden hatte kann man es dafür eigentlich gar nicht erst herstellen.
Das Manko war auch in erster Linie kein normal gestaltetes Werk unter zu bringen.
Ich sah eben die Herausforderung ein Werk speziell dafür zu entwerfen und zu bauen.
Mir ist auch klar das die Zusammensetzung der Holzmaterialien für ein Uhrengehäuse unüblich ist,- deswegen auch die dünne Messingblende hinter dem U-Werk zur Kaschierung.


Gruß Ingo
Stupferich
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Re: Sekundenpendeluhrbau reloaded!

Beitrag von Stupferich »

Tipla, auch Stabsperrholz genannt, erster Qualität (also ohne Fugen zwischen den Stäben wie hier und mit "dickem" Sägefournier) sind ja absolut nicht verkehrt, wenn man heutzutag preislich auf dem Boden bleiben will/muss.
Nur die Spanplatten ... das erinnert an die furchtbaren Wohnzimmer-Schrankwände von Q***le aus den 60ern :cry:
Ingo
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Re: Sekundenpendeluhrbau reloaded!

Beitrag von Ingo »

@Stupferich

Ich werde es überleben,- laufen tut die Uhr ja und das bis jetzt sehr gut .

Für Schrankwände mussten wir bei uns damals noch Beziehungen haben ,- Quelle und Konsorten hatten ja das Meiste abgekauft und für unsere Bevölkerung blieb nicht viel.

Gruß Ingo
Mikma
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Re: Sekundenpendeluhrbau reloaded!

Beitrag von Mikma »

Hallo Ingo ,
Die Uhr ist sehr schön geworden .
Danke fürs Zeigen.
LG
Alexander Strigun
LG
Alexander Strigun
teslak
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Re: Sekundenpendeluhrbau reloaded!

Beitrag von teslak »

Hallo zusammen,

ich möchte euch ein kleines update zum Stand des Baus meiner Sekundenpendeluhr nach dem Vorbild der "Furtwangener Schuluhr" geben. In einen der letzten Beschreibungen von mir habe ich die Anfertigung der Pendellinse beschrieben. Der Selbstbau ist jetzt so weit, dass er seit 5 Wochen ohne Unterbrechung läuft.
Es gibt noch einige zu tun, so muss ich noch das Zifferblatt, die Zeiger herstellen, das Zeigerwerk montieren und die Umlenkung fürs Gewicht (fürs Uhren-Gehäuse) anfertigen.
Momentan ist in meinem Arbeitszimmer eine 3cm dicke Siebdruckplatte mit Abstand zur Wand befestigt, an der wiederum der Werkträger angebracht ist.
RIMG2397.JPG
Hier der Werkträger mit Pendelbock.
RIMG2372.JPG
Der Pendelbock ist mit seitlichen Schrauben ausgestattet, welche an der Stirnseite eine Eindrehung haben und beim Einschrauben die Pendelfeder nach unten in das Prisma drücken.
Besonders aufwändig war für mich die Anfertigung der Rändelschrauben, da die Rändelung sich weigerte so auszusehen wie ich es mir vorstellte. Aber nach einigen "Übungsschrauben" ging es doch glatt über die Bühne.
RIMG2369.JPG
Die Oberfläche wurde nach dem Rändeln von Hand mittels Ziegenhaar-bürste und Wachspolidur ein wenig geglänzt.

Nachdem die restlichen Einzelteile zum Pendel angefertigt waren, konnte nun auch endlich dieses Montiert und grob vorjustiert und mit der Pendelfeder in den Pendelbock gehängt werden.
RIMG2407.JPG
Die Pendellinse wird am Ende wie auch das Messing-Kompensationsrohr noch vernickelt, vorerst reicht es mir so. als Pendelstab habe ich einen originalen Invar-Stab aus der Uhrmacherschule Furtwangen, aus dem Jahr 1978 erhalten. Diese Stäbe wurden damals über die Schule bei der Fa. Imphy in Frankreich bezogen. Mit dabei war das bereits aufgeschnittene Flachgewinde M10x0,75. Es mussten nur noch die Nute, die Aufnahme für die Pendelfeder und eine Bohrung angefertigt werden.
RIMG2389.JPG
Durch einen weiteren glücklichen Zufall bin ich auch an die originalen Pendelmuttern mit passenden Flachgewinde und bereits ausgeführter Gravierung gekommen. Damit habe ich mir natürlich einiges an Arbeit erspart.
RIMG2400.JPG
Hier das auf den Werkträger geschobene Uhrwerk. Die Gewichtshülse ist eine zugekaufte von Fa. Boley und hatte ursprünglich ein Gesamtgewicht von 1.500g. Da mir das zu viel erschien, habe ich die Bleihülse in drei etwa gleichgroße Teile zersägt.
Aktuell läuft die Uhr seit fast 3 Wochen mit einem Gewicht von 540g an der Umlenkrolle und mit einem Pendelausschlag von 45 Bogenminute pro Seite. Die Uhr würde auch mit noch etwas weniger Gewicht (80g) laufen, jedoch reagiert sie dann äußerst empfindlich auf äußere Einflüsse.
Wenn ich mehr Gewicht auflege (1000g an der Umlenkrolle) dann steigert sich die Amplitude auf 65 Bogenminuten.

Als eines der nächsten Arbeiten werde ich die Ersatzfeder mit einer geringeren Dicke versehen (auf 0,1mm verringern) und auch die Pendellänge optimieren. Dazu habe ich mir einen Microset Timer mit Gabellichtschranke ausgeliehen und die Grobregulierung vorzunehmen.

An dieser Uhr arbeite ich seit gut zwei Jahren und nicht immer hat die Anfertigung auf Anhieb geklappt. So wollte ich abweichend vom Original, eine Impulsanregung des Pendels nach Breguet anfertigen. Die habe ich gemalt und auch gebaut, dann aber bei der Montage festgestellt (leider erst dann) dass die beiden mühsam angefertigten Pendelbock-Schrauben im Weg stehen. Somit habe ich um die Uhr endlich einmal zum Laufen zu bringen mir eine ausgebaute Pendelanregung von Strasser und Rohde übergangsweise eingebaut.
Hier ein paar Bilder der nicht mehr benötigten Anlenkung nach Breguet.
RIMG2414.JPG
RIMG2417.JPG
RIMG2144.JPG
RIMG2161.JPG
Die Gewindegröße der Schraube beträgt M1,2mm, das Rändelrad zum Herstellen des Rändels ist selbst angefertigt. Wan sieht auf den Bildern, dass die Verbindung Gewinde und Schraubenkopf noch verbesserungswürdig ist.

Mich würde interessieren welches Gewicht üblicherweise an Sekundenpendeluhren (Wochenläufer) angebracht werden und welche Amplitude sie normalerweise haben? Dann auch welchen Einfluss hat der Übergriff des Ankers auf die Amplitude? Bei mir ist ein Graham-anker mit einem Übergriff von 11 1/2 Zähnen eingebaut, die Paletten bestehen aus gehärteten Stahl.
Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen.

Viele Grüße,
Dieter
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KleineSekunde
Moderator
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Re: Sekundenpendeluhrbau reloaded!

Beitrag von KleineSekunde »

Hallo Dieter,

deine Fragen kann ich leider nicht beantworten...

...aber dir Respekt zollen vor dieser bemerkenswerten Arbeit!

Vielen Dank für diesen Bericht! Freue mich schon jetzt auf weitere Informationen.

Schöne Grüße

Guido / KleineSekunde
steffl62
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Re: Sekundenpendeluhrbau reloaded!

Beitrag von steffl62 »

Hallo Dieter,
der Ankerübegriff bei Wiener Regulatoren neueren datums (so ab 1890) ist meistens 6 1/2 Zähne. Bei den älternen (so aus dem Biedermeier) ist er weiter, da findet man oft auch 11 1/2 oder auch 12 1/2 Zähne übergriff.

lg Christian
.
Fragen, Korrekturen und Ergänzungen zu meinen Beiträgen sind ausdrücklich erbeten und gewünscht!
winne
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Registriert: Mo 30. Aug 2010, 10:19

Re: Sekundenpendeluhrbau reloaded!

Beitrag von winne »

Hallo

Dieter wie immer bei dir, deine Arbeiten große klasse !!!
Du hast ein dickes Lob verdient, ein gelungenes Werk !

Tipp zu Optimalen Pendelansteuerung
Die Schriften von Alfred Helwig zur Uhrmacherkunst
VI. Kapitel : Präzisions - Pendeluhren
Der Pendelantrieb .



Gruß Winne
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teslak
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Re: Sekundenpendeluhrbau reloaded!

Beitrag von teslak »

Hallo Christian, hallo Winne,

vielen Dank für die Informationen. Das Helwig-Buch aus Glashütte habe ich, auch ist aktuell wie geschrieben eine Pendelanregung von Strasser und Rohde eingebaut. Die muss natürlich wieder raus und geht wieder zu dem Besitzer zurück. Diese funktioniert ja auch recht gut, weshalb ich sie nachbauen werde.

Ich frage mich jedoch, welcher Zusammenhang besteht zwischen der Übergriffsweite des Ankers und dem Pendelausschlag. Gerade die Wiener Regulatoren mit ihren sehr langen Laufzeiten hatten und haben einen relativ großen Anker-Übergriff bei sehr geringer Pendelweite. Wie kann man den Zusammenhang erklären?
Diesbezüglich finde ich nichts in der Literatur, vielleicht suche ich auch an falscher Stelle.

Wer dazu eine Idee hat möge sie doch bitte mitteilen. Ich überlege, ob möglicherweise meine Pendelfeder zu stark ist (0,12mm bei 4mm zwischen den Klemmlbacken) und muss diese auf 0,1mm reduzieren. Der Aufwand dazu ist überschaubar.

Dann hätte ich noch die Frage über die Position der Pendelfeder, bzw der Knickpunkt derselben. In der Literatur ist zum einen 1/3 von der oberen Klemmbacke die Rede, jedoch finde ich auch Angaben, welche von 0,3mm unterhalb der oberen Klemmbacke sprechen? Ich gehe davon aus, dass in Abhängigkeit der Federstäke und deren Länge sich eine Position der Knickung einstellt.

Über Gedankenanstöße und Meinungen würde ich mich sehr freuen,
Dieter
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