Siemens HU3

Vorstellung von Uhren und Uhrensystemen
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KleineSekunde
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Siemens HU3

Beitrag von KleineSekunde »

Hallo,

vor einiger Zeit habe ich eine Siemens Hauptuhr HU3 mit Signalwerk in einem insgesamt recht guten Zustand bekommen.

Über das Ziffernblatt, welches dabei in einem eher schlechten Zustand war, hatte ich bereits in einem separaten Beitrag berichtet und dort auch sehr nützliche Tipps und Hinweise bekommen:

http://www.dg-chrono.info/dg-chrono.de/ ... f=14&t=241

Hier eine Ansicht vom Ausgangszustand:
ZB Ausgang 2, klein.jpg
Bei dem Ziffernblatt habe ich die alte und schadhafte Versilberung komplett entfernt und es mit einer flüssigen Anreibeversilberung neu versilbert. Die Farbe in den vertieften Ziffern ging dabei leider etwas verloren und der Zustand hatte mich nicht wirklich überzeugt. Eine Neulackierung der Ziffern wäre zwar wohl machbar gewesen, aber um möglichst viel von der ursprünglichen Farbe zu erhalten, habe ich die schadhaften Stellen lediglich mit einem roten Filzstift nachbearbeitet. Die Vorgehensweise ist zwar eventuell nicht ganz professionell und man hätte es wohl auch besser machen können (man sieht die nachbearbeiteten Stellen je nach Lichteinfall bei genauer Betrachtung schon, durch die vordere Glasscheibe mit den vorhandenen Lichtspiegelungen fällt es aber meiner Meinung nach wirklich nicht auf) aber immerhin ist die Arbeit reversibel.

Hier der Zwischenschritt (insbesondere die Farbe auf den roten Ziffern zwischen 19 und 24 fehlt zum großen Teil):
ZB Zwischenschritt.jpg
Und hier das nun fertige Ziffernblatt:
Ziffernblatt neu.jpg
Hier eine Ansicht des Werkes im ursprünglichen Zustand:
Werk HU3.jpg
Links oben zwischen den Kontakten erkennt man den Schlagbalken (verläuft schräg von oben links nach unten rechts). Dieser fällt mit seiner Spitze in das darunter liegende kleine Zahnrad ein (welches in Verbindung zum Gehwerk steht und damit weiter bewegt wird) und durchwandert es also. Einmal pro Minute wird die Spitze des Schlagbalkens somit durch das Zahnrad freigegeben und bewegt sich um eine halbe Umdrehung weiter. Bei der Drehung werden durch den Nocken auf der Welle dann die Kontakte für den Aufzug und für die Steuerung der Nebenuhren betätigt.

Hier noch eine Detailaufnahme der vorderen Platine:
Detail Schlagbalken und Kontaktsatz.jpg
So sieht das Werk nach Entfernung der vorderen Platine aus, wobei die gesamte Wirkungsweise vielleicht deutlicher wird:
Räderwerk.jpg
Die Reinigung war wirklich dringend nötig. Hier ein wirklich extremes Beispiel dafür, wieviel Abrieb sich im Laufe der Zeit ansammeln kann, der Rest sah aber deutlich besser aus und zeigte kaum Verschleiß:
Abrieb.jpg
Bei der Reinigung des Werkes gab es leider eine böse Überraschung: Ein Zahnrad des Aufzugsgetriebes war komplett eingelaufen, wobei das Gegenstück keinen nenneswerten Verschleiß zeigte:
Eingelaufenes Zahnrad.jpg
So konnte es natürlich nicht bleiben... Durch einen glücklichen Umstand habe ich aber ein nicht ganz komplettes Werk als Ersatzteilspender bekommen, bei dem das entsprechende Zahnrad in Ordnung war und somit getauscht werden konnte.

Der Rest war dann eigentlich eher eine reine Putz- und Fleißaufgabe, die sich aber gelohnt hat.

Hier ein paar Bilder von den Reinigungsarbeiten:
Detail Reinigung Pendel.jpg
Reinigung Signalrad.jpg
Auch die Kontaktstifte wurden mit einer Messingbürste entrostet:
Reinigung Kontaktstifte.jpg
Das obere Abschlußbrett fehlte bei der Uhr. Also wurde ein neues aus Pertinax angefertigt, die Beschriftung wurde eingraviert und mit weißer Farbe ausgelegt (das habe ich machen lassen):
Abdeckung.jpg
Da die originalen Sicherungen nicht mehr zu bekommen sind, habe ich bei der Gelegenheit neue Sicherungshalter für Feinsicherungen für die Hauptuhr (Si HU = Sicherung Hauptuhr), die Nebenuhren (Si NU = Sicherung Nebenuhr) sowie das Schaltwerk (Si SW = Sicherung Schaltwerk) eingebaut und die vorhandenen Sicherungshalter im Innnern der Uhr überbrückt. Somit sind die Sicherungen nun auch bequem von außen zugänglich, auch wenn dies nicht dem Originalzustand entspricht.

Die Uhr hat keine automatische Nachstelleinrichtung (wie zum Beispiel die neueren Siemens HU10 Uhren). Bei Stromausfall bewegt sich das seitlich im Kasten angebrachte Gewicht also weiter nach unten, ohne automatisch auf die ursprüngliche Höhe wieder hochgezogen zu werden wenn der Strom wieder anliegt. Da sich das Gewicht eigentlich weit oben im Uhrengehäuse befinden sollte und man es durch etwas Fummelei hinter dem Ziffernblatt auch durchaus manuell aufziehen könnte, wäre dies zunächst kein Problem. Um Beschädigungen des Gehäuses bei einem möglichen Reißen der Darmsaite zu vermeiden, lasse ich das Gewicht jedoch sicherheitshalber kurz oberhalb des Gehäusebodens schweben. Bei einem Stromausfall liegt das Gewicht damit natürlich sehr schnell auf dem Gehäuseboden auf. Um dann das Gewicht problemlos wieder anzuheben, wurde ein Taster (AZ Nst = Aufzug Nachstellung) eingebaut, mit dem der Aufzug dann manuell durch Auslösung entsprechender Stromimpulse betätigt werden kann.

Damit das Signalwerk auch eine Funktion hat und nicht nur im Kreis bewegt wird, wurde oben noch eine kleine Lampe angebracht, die nun mehrmals am Tag kurz aufleuchtet (der Magnetaufzug ist schon recht laut, so dass eine weitere akustische Einrichtung wie zum Beispiel ein Summer nicht in Frage kam).

Und so sieht die komplette Uhr nun aus:
HU3 Gesamtansicht.JPG
HU3 Gesamtansicht 1.JPG
Ich bin mit dem Resultat jedenfalls zufrieden und es hat mir Spaß gemacht, auch ganz neue Erfahrungen zu sammeln.

An der Stelle nochmals meinen ganz herzlichen Dank an alle, die an dem Resultat beteiligt waren und mir mit Rat und Tat - auch auf persönlicher Ebene außerhalb des Forums - geholfenen haben (die betreffenden Personen werden sicherlich wissen, wen ich meine, auch wenn ich hier keine Namen nenne)!

Schöne Grüße

Guido / KleineSekunde
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karlo

Re: Siemens HU3

Beitrag von karlo »

Glueckwunsch, gelungene Restauration.

Karlo
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Fritz
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Re: Siemens HU3

Beitrag von Fritz »

karlo hat geschrieben:Glueckwunsch, gelungene Restauration.
Karlo
Dem schließe ich mich gern an.

Eine Frage zur "flüssigen Anreibeversilberung"
Welches Produkt aus welchem Haus hast Du verwendet?
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Ursus
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Re: Siemens HU3

Beitrag von Ursus »

Gut gemacht. Eine Frage zum Pendel: Ist das eine Bauweise nach Riefler?

Grüße

Ursus
Berrnd-Klaus
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Re: Siemens HU3

Beitrag von Berrnd-Klaus »

Prima Arbeit,Zifferblatt ganz toll !!

Bernd-Klaus
karlo

Re: Siemens HU3

Beitrag von karlo »

Fritz hat geschrieben:
karlo hat geschrieben:Glueckwunsch, gelungene Restauration.
Karlo
Dem schließe ich mich gern an.

Eine Frage zur "flüssigen Anreibeversilberung"
Welches Produkt aus welchem Haus hast Du verwendet?
Kann ich auch beantworten.
http://drewanz.info/

Das Zeug ist aber extrem giftig und Versand nur als Gefahrgut. Und das ist richtig teuer.

Karlo
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Fritz
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Re: Siemens HU3

Beitrag von Fritz »

Hallo Karlo,
danke für den Link, leider noch Baustelle.
KleineSekunde
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Re: Siemens HU3

Beitrag von KleineSekunde »

Hallo Fritz,

die Frage noch der verwendeten Versilberung wurde ja schon beantwortet. Die Verarbeitung ging wirklich einfach durch mehrmaliges Auftragen und leichtes Verreiben mit einem Baumwoll-Lappen.

Hallo Ursus,

die Frage nach der Pendel-Bauart kann ich nicht beantworten, da ich nicht genau weiß, wie ein Riefler-Pendel aufgebaut ist (die Antwort darauf wüsste ich natürlich schon gerne).

Hier noch ein Detailfoto vom Pendel:
Detail Pendel.jpg
Bei Bedarf kann ich gerne weitere Bilder einstellen.

Schöne Grüße

Guido / KleineSekunde
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Ursus
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Re: Siemens HU3

Beitrag von Ursus »

Schau mal auf http://www.uhrenkai.de/pendulum.htm rein.
Allerdings ist nicht jede Uhr mit Doppelzylinder nach der Bauart Riefler hergestellt und Riefler-Pendel gibt es auch mit einem Zylinder oder mit einer Linse.

Ursus
karlo

Re: Siemens HU3

Beitrag von karlo »

Fritz hat geschrieben:Hallo Karlo,
danke für den Link, leider noch Baustelle.
Aber die mailadresse und vielleicht sogar Tel. steht da.
Ohne Anruf geht da sowieso nichts.

Karlo
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