Anfertigung eines Ankers

Funktion, Ratschlaege, Fragen,.....
Forumsregeln
Falls hier theoretische Hilfen angeboten werden, so sollen und können sie keinen Uhrmacher ersetzen. Sie sind ohne jede Garantie oder Gewähr und jeder muss selbst wissen, was er sich zutrauen kann und dass man mit einem Selbstversuch evtl. leichtfertig die Uhr zerstören könnte. Vor allen Dingen wertvolle Uhren gehören in die Hand eines Fachmanns. Vielleicht sogar eines Fachmanns hier aus dem Forum. Laien sollten unbedingt den oben angepinnten Hinweis über Uhrenfedern lesen.
Antworten
teslak
Beiträge: 141
Registriert: Sa 21. Aug 2010, 12:25
Wohnort: Mittelfranken

Anfertigung eines Ankers

Beitrag von teslak »

Hallo zusammen,

ich bin gerade dabei einen Anker für eine Furtwangener Schuluhr (aus den 70er Jahren) neu anzufertigen. Da ich meine Teile nur auf Handgeführten Maschinen herstellen möchte und ich im Notfall auch noch schnell einen Zweiten Anker benötige, wenn der Erste nichts wird, habe ich mich entschlossen diesen auf der Graviermaschine zu fräsen.
Die dafür benötigte Schablone habe ich nach dem Zeichnen im Maßstab 1:4 ausgedruckt und auf ein Messingblech geklebt und mittels Laubsäge ausgesägt.
RIMG1646.JPG
Die Schablone beim Aussägen
RIMG1650.JPG
Die fertige Schablone auf den Schablonentisch der Graviermaschine

Als Grundmaterial verwendete ich ein MS58-Blech hart mit einer Dicke von 3mm. Daraus lassen sich leicht vier Exemplare ausfräsen. Um die Messingplatte leicht spannen zu können, werden in den vier Ecken je eine 4mm Bohrung gesetzt. Mittels dieser Bohrungen wird die Platte auf ein Holzbrett mit Spax-Schraben befestigt. Somit kann man ohne Gefahr für den Maschinentisch komplett durchfräsen.
RIMG1652.JPG
RIMG1656.JPG
RIMG1658.JPG
Das Ausfräsen erfolgte mit einen Dreischneider Hartmetallfräser mit einen Durchmesser von 1,5mm und einer Drehzahl von 8.000 Umdrehungen pro Minute. Damit wird die erreichbare Oberfläche wesentlich besser als mit einen Zweischneider.

Nach dem Entgraten wird der Schlitz für die Paletten eingedreht. Um für den Stechstahl eine Orientierung zu haben und auch um eine genügend große Auflagefläche für den Anker zu haben, wurde auf den Aufnahmezapfen eine entsprechend große Scheibe aufgepresst und auf der Maschine plan gedreht. Auch der Durchmesser zum Spannen des Ankers wurde erst nach dem Aufpressen fertig auf Maß bearbeitet.
RIMG1674.JPG
Der Drehstahl ist bereits positioniert und die Einstichtiefe beträgt 2,25mm bei einer Palettenbreite von 1,51mm.
RIMG1675.JPG
Nach dem Bohren (Ø0,95mm) werden die Gewinde M1,2mm geschnitten
RIMG1677.JPG
RIMG1682.JPG
Erstes Probesitzen im Anker.

Es fehlen noch die Durchgangsbohrungen zur Befestigung auf der Ankerwelle und das Finisch, aber das kommt später dran.

Es gibt natürlich noch viele andere Möglichkeiten den Anker anzufertigen, aber jeder muss seine Werkstücke der Einrichtung und den persönlichen Vorlieben entsprechend anfertigen. Daher soll dieser Beitrag auch nur als Anregung wie man es auch machen kann dienen.

Viele Grüße,
Dieter
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
Benutzeravatar
Typ1-2-3
Beiträge: 1285
Registriert: So 22. Aug 2010, 19:10

Re: Anfertigung eines Ankers

Beitrag von Typ1-2-3 »

Das ist - wie ich finde - eine sehr gute Idee. Muss man erst mal drauf kommen. So bekommt man auch die nötige Präzision hin. Und wenn man Ausschuss produziert, ist das in diesem Fall nicht ganz so schlimm.

Frank
steffl62
Beiträge: 972
Registriert: Sa 21. Aug 2010, 09:47
Wohnort: Wien

Re: Anfertigung eines Ankers

Beitrag von steffl62 »

Ganz toller Beitrag! Dankeschön!

lg Christian
.
Fragen, Korrekturen und Ergänzungen zu meinen Beiträgen sind ausdrücklich erbeten und gewünscht!
KleineSekunde
Moderator
Beiträge: 1281
Registriert: Fr 20. Aug 2010, 22:02

Re: Anfertigung eines Ankers

Beitrag von KleineSekunde »

Hallo Dieter,

da kann ich mich nur anschließen. Vielen Dank für diesen sehr schönen Beitrag!

Auch wenn es meine eigenen Möglichkeiten weit übersteigt, so freue ich mich doch immer wieder über solche Beiträge, in denen Erfahrungen / Vorschläge zur Vorgehensweise weitergegeben werden!

Schöne Grüße!

Guido / KleineSekunde
winne
Beiträge: 365
Registriert: Mo 30. Aug 2010, 10:19

Re: Anfertigung eines Ankers

Beitrag von winne »

@ teslak

Hallo Dieter

Danke fürs zeigen super Ausstattung !
Bei mir in der Werkstatt hängt da nur die Handsäge.



Gruß Winne
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
teslak
Beiträge: 141
Registriert: Sa 21. Aug 2010, 12:25
Wohnort: Mittelfranken

Re: Anfertigung eines Ankers

Beitrag von teslak »

Hallo Winne,

die Anschaffung der Graviermaschine war eine sehr gute Entscheidung. In der Zwischenzeit mache ich auf ihr alle Teile welche nicht einfach durch geradliniges Fräsen zu erstellen sind. Man benötigt zwar immer eine Schablone, aber die ist eigentlich relativ schnell gesägt und befeilt.
Ich will sie nicht mehr missen, da sie inzwischen auch die am häufigsten genutze Maschine ist, egal ob Räder schenkeln oder Sperrhacken fräsen.

Viele Grüße,
Dieter
petsch
Administrator
Beiträge: 1862
Registriert: So 15. Aug 2010, 18:10

Re: Anfertigung eines Ankers

Beitrag von petsch »

Hallo Dieter,
vielen Dank für Deinen Bericht.
Auch für nicht so versierte Praktiker wie mich, interessant zu lesen und zu sehen, was man wie machten kann.

Gruß
Peter
teslak
Beiträge: 141
Registriert: Sa 21. Aug 2010, 12:25
Wohnort: Mittelfranken

Re: Anfertigung eines Ankers

Beitrag von teslak »

Hallo zusammen,

ich wollte Euch noch ein paar Bilder nachreichen. In der Zwischenzeit wurde der Anker "verputzt" und poliert, als auch die "Übungspaletten" montiert. Dazu habe ich eine kleine Einstellvorrichtung angefertigt. Von der Konstruktion her waren ja die Paletten bereits fertig gezeichnet mit Anker und Hemmungsrad.
Um die einfache Einstellvorrichtung zu erstellen, benötigt man nur ein paar geriebene Bohrungen. Eine verunglückte Schablone zu den Schenkeln der Räder bekam dadurch wieder einen gewissen Gebrauchswert.
RIMG1692.JPG
Im Bild sichtbar, der über seinen Schwingungsmittelpunkt fixierte Anker, welcher links und rechts seines Halses eine Begrenzung erhielt und damit 100% lagerichtig fixiert ist. Bei der Erstellung der Vorrichtung, habe ich mir die Koordinaten aus dem CAD geholt, wobei der Schwingungsmittelpunkt auch der Koordinatenursprung (X=0, Y=0) ist. Die Bohrung für den Ø1mm Bohrer wurde am CAD tangential an die Hebefläche gelegt und die Koordinate in die Arbeitsliste eingetragen.
Das bedeutete irgendwo auf der Grundplatte wird die Erste Bohrung mit X=0, Y=0 gesetzt und von dort aus einfach die fehlenden Positionen abgefahren und gebohrt.
Damit ist es relativ einfach eine sehr genaue Vormontage der Paletten im Bezug zur Ankerentfernung herzurichten.
RIMG1699.JPG
RIMG1698.JPG
Die Erste Palette ist montiert. Die optischen Proportionen stimmen noch nicht, die "richtigen" Paletten müssen etwas länger werden, damit das Bild des Ankers stimmig wird.
RIMG1701.JPG
Beide Paletten befinden sich auf ihren Platz. Als nächstes erfolgt der Bau der Ankerfeder um einen Ersten Probelauf des Werkes zu wagen.

Viele Grüße,
Dieter
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
KleineSekunde
Moderator
Beiträge: 1281
Registriert: Fr 20. Aug 2010, 22:02

Re: Anfertigung eines Ankers

Beitrag von KleineSekunde »

Hallo Dieter,

ganz herzlichen Dank, dass du uns an dem Enstehungsprozess teilnehmen lässt. Für mich eine sehr interessante Sache!
teslak hat geschrieben:Beide Paletten befinden sich auf ihren Platz. Als nächstes erfolgt der Bau der Ankerfeder um einen Ersten Probelauf des Werkes zu wagen.
Also, ich würde mich über weitere Berichte sehr freuen!

Schöne Grüße

Guido / KleineSekunde
Ingo
Beiträge: 107
Registriert: Di 14. Sep 2010, 18:55

Re: Anfertigung eines Ankers

Beitrag von Ingo »

teslak hat geschrieben:Hallo zusammen,
RIMG1701.JPG
Beide Paletten befinden sich auf ihren Platz.

Viele Grüße,
Dieter
... wenn auf dem Bild die linke Seite (Eingangspalette) sein soll und Dein Hemmungsrad rechts herum läuft sollten meiner Meinung nach vor dem Probelauf die Paletten noch gegeneinander vertauscht werden.


Gruß Ingo
Antworten