Pendelamplitude

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Falls hier theoretische Hilfen angeboten werden, so sollen und können sie keinen Uhrmacher ersetzen. Sie sind ohne jede Garantie oder Gewähr und jeder muss selbst wissen, was er sich zutrauen kann und dass man mit einem Selbstversuch evtl. leichtfertig die Uhr zerstören könnte. Vor allen Dingen wertvolle Uhren gehören in die Hand eines Fachmanns. Vielleicht sogar eines Fachmanns hier aus dem Forum. Laien sollten unbedingt den oben angepinnten Hinweis über Uhrenfedern lesen.
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karlo

Re: Pendelamplitude

Beitrag von karlo »

Uhrmacher 19 hat geschrieben: Ich denke das wird meine letzte Frage zu diesem Thema sein, sonst gehen hier noch die Brandmelder an, weil mir der Kopf qualmt ;-)

Gruß
Jörg
Womit dein Kopf nicht unrecht hat.
Du versuchst vom Bobbycar-driver in die Formel1 zu kommen.
Nicht falsch verstehen, ich finde das gut, aber etwas zu schnell.
Mein Weg waere erstmal Bobbycar Chashkurse.
Aber jeder wie er will.

Karlo
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praezis
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Re: Pendelamplitude

Beitrag von praezis »

@ Christian:
Ich hatte die Grundlagen beschrieben, die es real genausowenig gibt wie das mathematische Pendel. In Wirklichkeit kommen jede Menge Fehlerquellen hinzu, wie schon aufgezählt. Selbst eine Feder"konstante" hat bei verschiedenen Dehnungen unterschiedliche Werte.
Bei "Fehler" muss man auch schauen, welche Werte nimmt der eigentlich an, um ihn richtig einzuordnen - so wie es U.19 getan hat, was ich sehr gut finde.

Zu Deiner Frage, ob Unruh oder Pendel höhere Genauigkeiten bieten, hat Frank das Stichwort gebraucht: die Güte. Sie ist das Maß zur Beurteilung von Schwingern, ob mechanisch oder elektrisch. Ein Quarz hat eine 1000-fach höhere Güte als ein einfacher Schwingkreis, und ist deshalb so viel genauer.
Präzisionspendeluhren haben Güten von 100000 und übertreffen damit sogar Uhrenquarze mit ca. 50000. Beide spielen also etwa in gleicher Liga, und die PPU hat sicher die Nase vorn (von Temperatureinfluss ganz abgesehen).

Ich habe keine Werte für die Güten von Unruhn, aber mach Dir selbst ein Bild: Ein einfacher Test zur Ermittlung der Güte eines Pendels ist die Zeit, in der die Amplitude auf den 1/2 Wert abfällt (freies Pendel, ohne Hemmung). Bei 100000 dauert das volle 12 Stunden! Da macht sicher auch eine Chronometerunruh schon lange keinen Mucks mehr.
Für unsere PPU-Bauer, die jetzt schon die Stoppuhr zücken:
Halbwertszeit Th = 0,22 * Q * T
oder
Güte Q = Th / T / 0,22
T=Dauer der Vollschwingung

Gruß,
Frank
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Uhrmacher 19
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Re: Pendelamplitude

Beitrag von Uhrmacher 19 »

@ praezis

Hallo Frank,

:P eine mutige Frage. Der Weg der Pendelspitze ist natürlich umso größer, je länger das Pendel (nach meiner langjährigen Erfahrung).
Weg = Radius (=Pendellänge) * Gesamtwinkel


Damit meinte ich Erfahrungswerte für die Amplitude bei Uhren mit kurzem (~15cm), mittellangem (~40cm) und langem Pendel (Sekundenpendel).
Und das mit dem Bogenmaß ist ja klar, weil es sich auf den Einheitskreis bezieht und sich die Einheiten wegkürzen (m/m).
Die Frage nach den unterschiedlichen Skalen hat sich auch geklärt :-)

Danke und Gruß
Jörg
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Taloon
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Re: Pendelamplitude

Beitrag von Taloon »

Sekundenpendel 4 Grad habe ich mal gelesen. Bei einer Riefler-im-Tank Uhr, die ich mal gesehen hatte, war das aber deutlich weniger. So mit dem Auge konnte man eine Pendelbewegung gar nicht erkennen. Die Uhr war mit einer Lupenoptik ausgestattet, um die Pendelbewegung sehen zu können.
Noch eins, aus einem Pendel mit hohem Q wird nicht automatisch ein Präzisionspendel, vielmehr ist ein hoher Q-Wert Voraussetzung für ein Präzisionspendel. Q läßt sich auch ganz leicht steigern (kann man ja schließlich nie genug haben :lol: ), indem man die Luft aus dem Uhrenkasten pumpt.
Holger Brandt
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Re: Pendelamplitude

Beitrag von Holger Brandt »

Ein interessantes Thema was mich auch schon ne Weile beschäftigt!

Ich habe eine el. PPU gebaut. D.h. das Ding hat alle Voraussetzungen für eine solche, hat aber ein hartnäckiges Eigenleben!!! Die geht mal geanu (d.h. auf Jahr hochgerechnet weniger als 10 Sekunden Gangefehler) ... und auch mal ungenau (5 Sekunden / Woche).
Um die Erinnerung aufzufrischen, um welche Uhr es sich handelt (hatte sie im alten Forum)... . Neue el. Uhr mit freiem Pendel, elektrodynamischem Antrieb, Steuerung über Lichtschranken, Amlpitude geregelt (zur Kompensation der Luftdrucheinflüsse).
Ich habe bisher noch nicht alle Gründe für dieses Phänomen herausbekommen. Es sind einige Fehler, die sich überlagern. Die üblichen (Feuchte, Temperatur und Luftdruck) kann ich ausschließen.
Es bleiben Erschütterungen (Steinbruch mit fast wöchentlichen Sprengungen ist nur ein paar hundert Meter weg), Erdbewegungen (des Hanges auf dem unser Haus steht) oder noch eine unbekannte Störgröße.
Um den Fehler einzugrenzen habe ich ne Reihe von Messungen durchgeführt.
Die interessanteste Versuchsreihe war die mit dem Pendelweg. Da bei meiner Uhr nicht eine (relativ) konstante Impulsgröße ständig verabreicht wird, sondern die Impulse bei Erreichen der Sollamplitude aussetzen (solange bis der Sollwert wieder unterschritten wird), kann ich die Abhängigkeit der Schwingungsdauer von der Amplitude gut feststellen. Wenn ich also die Lichtschranke verstelle, die die Amplitude erfasst, erhalte ich für verschiedene Amplituden die Abweichungen. Im "normalen Leben" regelt die Uhr die Amplitude auf ca. Haaresbreite aus.
Die von mir festgelegte Amplitude beträgt ca. 2,5cm (am unteren Ende des Sekundenpendels). Das habe ich so gewählt, dass man die Schwingungen der Uhr angenehm beobachten kann (ein ursprüngliches Exemplar dieser Uhren läuft mit ca. 6mm Pendelweg).
Eine Änderung der Amplitude um 1mm ergab eine Abweichung von ca. 5 Sekunden/Tag. Hierbei habe ich die Lichtschranke 0,5mm verstellt!

Nach den Veröffentlichungen im "Mechanische Uhren" von Krug hätten die Abweichungen viel weniger sein müssen. Grund hierfür ist eventuell die Regelung und der "einseitige" Antrieb. Aber es ist zu erkennen, dass die Amplitude sehr großen Einfluss auf den Gang hat!
Die "Ausreißer" meiner Uhr decken sich mit den Sprengungen. D.h. wenn Sprengungen sind geht die Uhr genau oder auch nicht. Aber wenn sie ungenau geht, waren immer Sprengungen. Daraus kann ich entnehmen, dass die Erdschwingungen (offenbar je nach Phasenlage) mal für Ärger sorgen und mal nicht.
Ein weiterer Fehler, der mir mehr Sorgen macht, ist eine sich ständig in eine Richtung verschiebende Abweichung des Ganges. Meine Uhr wird immer schneller! Der Grundfehler ist zwar sehr klein, wenn er sich aber immer wieder dazuaddiert, wird`s bedenklich!
Mit den Versuchen zur Amplitude bin ich schließlich drauf gekommen, dass die Erdbewegungen der Grund dafür sein können.
Als habe ich eine Uhr mit identischem Antriebsystem gebaut und an die Wand gegenüber gehangen! Jetzt habe ich eine Uhr, die immer schneller wird und eine, die immer langsamer wird!
Einerseits gibt mir das Hoffnung meine Uhren betreffend... doch es kommen so langsam Sorgen ums Haus!!!
Ich halte Euch auf dem Laufenden wie das so weitetgeht. Eventuell mach ich ein neues Thema dazu auf. Bei der zweiten Versuchsuhr kann nächste Woche die provisorische Gehäusekiste gegen das fertige Gehäuse getauscht werden. Da gibts auch paar Bilder.

mfG Holger
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Taloon
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Re: Pendelamplitude

Beitrag von Taloon »

Um das Haus würd ich mir nicht so große Sorgen machen, vielleicht arbeiten deine Invar-Stäbe noch etwas ? Wie baust du die Selbstinduktionsspannung beim Abschalten der Spule ab ?
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praezis
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Re: Pendelamplitude

Beitrag von praezis »

Hallo Holger,

die 5s/d kommen mir aber seeeehr viel vor. Ich denke auch, daß da der (unsymmetrische, wenn ich recht erinnere) Antrieb stark beteiligt ist. Nach meiner oben angegebenen Formel müsste es deutlich weniger sein, die gilt aber streng genommen nur für das freie Pendel. Möglicherweise hast Du ja nun einen Nachteil Deines Systems entdeckt, eine starke Empfindlichkeit für Amplitudenstörungen.

Gruß,
Frank

BTW: warst Du wieder in Dresden? Ich konnte diesmal leider nicht.
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Typ1-2-3
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Re: Pendelamplitude

Beitrag von Typ1-2-3 »

Hallo Holger

Da denke ich, dass Dein Haus sich langsam auf die Seite kippt. Vielleicht solltest Du mal mit der Versicherung vom Steinbruch sprechen. Nicht, dass Dein Haus eines Tages zusammenfällt. Durch Erschütterungen kann gerade bei Deinem Pendelantrieb (der ja wohl etwas außermittig mit der Lichtschranke eingestellt ist) Änderungen im Gang passieren. Denn wenn der Antrieb nicht ganz mittig im Nulldurchgang des Pendels ist, kommen natürlich Fehler in die ganze Sache rein. Und das wird schon mit den Sprengungen zusammenhängen. Ein anderer würde das gar nicht merken, Du mit Deinen Präzisionsuhren schon. Ich hätte da echt Angst um meine Hütte in so einem Fall.

Grüße

Frank
Holger Brandt
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Re: Pendelamplitude

Beitrag von Holger Brandt »

Hallo,

ich freu mich über die regen Gedanken zum Thema.
Als ich das Haus baute (vor reichlich 17 Jahren war Grundsteinlegung), stellte ich in der Baugrube sehr unterschiedliche Bodenqualitäten fest. Sehr tragbarer Boden (Kalkmergel und Kies) sind unter 2/3 des Hauses. Das andere Drittel muss mit Flöserde (Sand-Lehm-Gemisch), was extrem geringe Traglasten aufnehmen kann, vorlieb nehmen. Damit das Haus dennoch gebaut werden kann und stabil ist, habe ich auf dem wenig tragfähigen Boden die Streifenfundamente um den Faktor 3 verbreitert und das gesammte Fundament mit Bodenplatte stark armiert.... .
Bis heute ist nur ein kleiner Riss (dort wo das Haus am tiefsten im Hang steckt) im Kellerbereich ans Tageslicht gekommen. Der kam schon im 3. Jahr und ist seitdem konstant.
Ursprünglich hatte ich auch gleich nach Baufertigstellung verschiedene Höhenmarkierungen an Balkonpfeilern und Hausecken eingelassen. Die wären jetzt interessant, sind aber zum großen Teil durch Umbauten nicht nutzbar.
So, jetzt bin ich ein ganzes Stück von den Uhren abgekommen. Um Klarheit zu finden, werde ich mir was ausdenken um die Uhren und das Haus zu beobachten. Die Bewegungen sind wirklich sehr gering. D.h. mit der Wasserwage ist nach 17 Jahren nix feststellbar.

Die Sache mit der Induktionsspannung hat mich nur insofern beschäftigt, dass ich mit einer Freilaufdiode die Schaltstufe schütze. Ich könnte ja mal messen, wie groß die Spannung wirklich ist und ggf. nur die "Spitze stutzen", die für die Schaltstufe gefährlich wird. Aber selbst wenn sich dadurch Beeinflussungen des Ganges ergeben, dürften diese keine so großen Abweichungen erzeugen. Ich gehe davon aus, dass auch die Störgrößen der Induktion und allem was dazugehört genauso konstant sind wie das System selbst.

Die beiden Eigenbauuhren sind durch ihre Montageorte im Haus gegenläufig (hängen sich quasi gegenüber) und bekräftigen damit die Theorie der Hausbewegung. Die Synchronome, zwar ein mechanischer Pendelantrieb (aber auch einseitig) hat eine ähnliche "Schnellerwerdecharakteristik" wie meine erste Eigenbau. Das dürfte dann auch auf den selben Grund zurückzuführen sein. Beide Uhren bekommen den Antriebsimpuls bei Pendelbewegung nach rechts.

mfG Holger
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Re: Pendelamplitude

Beitrag von Typ1-2-3 »

Mit der Wasserwaage wirst Du nichts feststellen. Da kann es eine Abweichung von ein paar mm quer durch's Haus geben, ohne dass Du das merkst... Aber wenn es so unterschiedliche Böden gibt, wundert mich nichts. Bei richtigen Präzisionsuhren für offizielle Zwecke hat man immerhin eine Betonsäule bis auf den Felsen getrieben. Das ist ja bei Dir offensichtlich nicht der Fall.

Frank
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