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Es handelt sich um eine elektrische Brillié, mit typischer Marmorplatte und einem einfach gestalteten Holzgehäuse. Alles war sehr dreckig, das Gehäuse sah eher aus wie ein Hasenstall mit Scheibe vorne, grobes Eichenholz. Trotzdem habe ich einen kurzen Blick darauf geworfen, und es hat sich gelohnt. Ich sammle nur Einzeluhren und keine Hauptuhren, daher interessieren mich die Brillie-Uhren an sich nicht so. Diese aber war wirklich eine der ziemlich seltenen Einzeluhren, was man sofort an den fehlenden Bohrungen in der Marmorplatte und dem fehlenden Kontakt für die Nebenuhrenschaltung sehen kann. Außerdem handelt es sich um ein recht frühes Exemplar, mit grüner, seidenumsponnener Spule. Außer dem Antriebskontakt hat und hatte die Uhr keine weiteren Kontakte.
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Zu Brillie-Uhren findet man weder im Netz noch irgendwo anders nähere Informationen, also ist die Datierung der Uhren ziemlich schwierig. Sie wurden von ca. 1910 bis in die 60ger Jahre gebaut. Ich hatte sogar mal eine Uhr mit Transistor, ein sehr spätes Modell. Dieses wird ein recht frühes Modell sein, Genaueres kann ich nicht sagen. Wenn jemand nähere Infos hat, würde ich mich darüber sehr freuen.
Zu Hause wurde die Uhr genauer betrachtet, und es stellte sich heraus, dass sich die originale Nasszelle im Glas noch in der Uhr – jetzt eingetrocknet – befand. Ein Datum vom November 1934 zeigte, dass die Uhr seit Ende der 30ger Jahre nicht mehr in Betrieb gewesen ist und wahrscheinlich irgendwo in einer Scheune oder einem Lagerraum herumgelegen hat. Die Aufhängung der Uhr fehlte. Außerdem war nur noch der obere Teil der Pendelfeder vorhanden. Das Zifferblatt bestand aus zeittypischer, bedruckter Kunststofffolie, die ich auch schon bei Aron- oder AEG-Uhren dieser Zeit gesehen habe. Üblich ist bei Brillié an sich ein Emailzifferblatt. Der Sekundenzeiger war sehr verbogen (im ersten Bild schon gerichtet, das konnte ich einfach so nicht lassen). Die Spule hatte den richtigen Innenwiderstand, die Feinregulierung war lose. Das Gehäuse wartete auf eine aufwändige Aufarbeitung. Insgesamt also ein hoffnungsvolles Bild. Viel Arbeit, aber lohnend.
Zunächst musste die Pendelfeder ersetzt werden. Leider kann man da nicht einfach ins Lager greifen, denn der untere Teil der Pendelfeder ist so massiv gebaut, dass ein normale Pendelfeder im Ausschnitt des Pendels zu viel Spiel hat. Daher wurde die Feder zerlegt und der untere Teil nachgebaut. Das nächste Bild zeigt die Reste der alten Feder, das folgende die fast fertige Feder beim Vernieten.
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Der Stahlträger wurde aus einem Reststück L-Profil nach Bildern kompletter Uhren hergestellt. Dieses Stück hatte ich noch von der gleichen Reparatur bei einer anderen Brillié-Uhr, denn häufig fehlt dieses Teil. Die Uhr wird abgebaut, aber die an der Wand festgeschraubte Halterung bleibt meistens hängen!
Zifferblatt und Werk mussten nur gereinigt werden. Ich habe mich entschieden, die Messingteile nicht zu polieren oder in einer Reinigungslösung wie "Elma Standard rot" zu bleichen, denn die Patina der Uhr war dermaßen schön und gleichmäßig, besonders auch der Pendellinse, dass ich die Uhr nur in Benzin ausgewaschen habe, um das uralte Öl, welches noch aus dem ersten Zusammenbau bei Brillie stammt, zu entfernen. Verschleiß am Räderwerk kann man hier nie feststellen, denn das Räderwerk könnte eine viel größere Uhr ohne weiteres antreiben. Hier läuft alles kraftlos, Verschleiß ist unmöglich. Ich habe mal bei der Montage ein Herren-Armbanduhrwerk daneben gelegt, um die Größenverhältnisse klar zu machen. Bei den Ato-Uhren mit ähnlichen Kraftverhältnissen hat man das Räderwerk eher in Taschenuhrgröße gebaut, was auch reicht und nie Verschleiß ergibt!
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Wenn man das Werk in die Werkhalterung einsetzt, ohne Zifferblatt, kann man sehr gut Klinke, Klinkenrad und Kontakte durch die Bohrungen der Platine sehen und einstellen. Eine frühe, servicefreundliche Konstruktion, um 1910 noch lange nicht überall selbstverständlich!
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Zur Aufarbeitung des Gehäuses hatte ich zunächst überlegt, wie ich das massive Eichenholz abschleifen sollte, ohne die schöne, antike und gleichmäßige Farbe zu zerstören, die über die Jahre an das Holz gekommen ist. Zum Schluss habe ich mich entschlossen, es zunächst mit dem schonendsten Mittel zu probieren, um dann abrasiver weiter zu machen. Also habe ich das Holz mit Möbelpolitur von Liberon behandelt. Nach der ersten Behandlung war ich sehr erstaunt, dass nur eine dicke Dreckschicht das schöne Holz zu einer hässlichen Kiste machte. An einigen wenigen Stellen kam jetzt schon das Wachs auf der Holzschicht durch, das Gehäuse begann stellenweise zu glänzen! Nach einigen Reinigungen mit der Möbelpolitur bekam das Gehäuse einen schönen, recht gleichmäßigen Seidenglanz. Eine Schelllackpolitur hat das Holz nie besessen! Das einfache Gehäuse dieser Uhr hatte eine preisgünstige Wachsoberfläche, die Uhr ein einfaches Zifferblatt und keine Hauptuhrkontakte, wahrscheinlich eines der günstigsten Modelle dieses Fabrikats. Trotzdem ein massives Eichengehäuse und eine massive Marmorrückwand. Eine Uhr für die Ewigkeit, welche nur maximal 30 Jahre gelaufen ist.
Momentan läuft diese Uhr mit einer provisorischen Zelle. Für die Rekonstruktion einer möglichst originalgetreuen Zelle wird ein eigener Tread aufgemacht.
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Frank