das herrichten einer alten Uhr

Welche Uhr, welches Werk ist das ?
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Ankerhemmung
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das herrichten einer alten Uhr

Beitrag von Ankerhemmung »

Liebe Forummitglieder,

ich hatte am 24. Februar 2013 ein Uhrwerk von Union Clock vorgestellt
http://www.dg-chrono.info/dg-chrono.de/ ... 054#p24099
Nachdem ich noch Bilder von dem Uhrengehäuse eingestellt hatte, war Dobra der Meinung, daß man die Uhr doch eventuell so lassen könne, wie sie nun sei, abgesehen von kleinen Änderungen.
Die Uhr hing in meinem direkten Blickfeld und dann kam der Moment, wo ich mich entschloß, doch eine gründliche Aufarbeitung des Gehäuses vorzunehmen.

Das war die Ausgangssituation
1 - Wanduhr von vorne, Originalzustand.jpg
Der Halbbogen und die Kranzleiste bestanden aus 10 mm starkem Sperrholz, mit Lasur schwarz gefärbt. Die untere Konsole war neu gefertigt und ebenfalls mit schwarzer Lasur gestrichen.
2 - Krone alt.jpg
Weiterhin gefiel mir die Verzierung unter der unteren Konsole nicht.....sie war mir zu klobig.
3 - untere Konsole, alt.jpg
Ich habe also das ganze Gehäuse auseinander genommen....bis es nur noch aus Einzelteilen bestand.
Das Uhrwerk ist von der Firma Pfeilkreuz; dem Zifferblatt sind die Jahre anzusehen.
4 - Uhrwerk von vorn.jpg
Der Halbbogen und die Kranzleiste wurden Abfall, die Halbsäulen abgebeizt und so lange geschliffen, bis nur noch das ursprüngliche Holz sichtbar war, ebenso die Tür und die Seitenteile.
Die obere und die untere Konsole habe ich mit Nitroverdünnung von der schwarzen Farbe befreit.
....und dann kam der Rückwärtsgang.....die Rückwand und die Tür mit Nußbaumwurzelfurnier furniert
5 - Gehäuse furniert.jpg
Die untere und die obere Konsole, der Türrahmen und die Sichtblenden wurden mit Nußbaumwurzelholz und die Seitenteile mit Elsbeerefurnier (sehr hart, etwas rötlich mit einer leichten Maserung) furniert, anschließend gebeizt und dann mit Mattlack (von Clou) lackiert.

Ich hatte noch eine alte Krone von einer Junghans - Uhr.
7 - alte Krone von Junghans - Uhr.jpg
Die Verzierungen habe ich abgenommen, das Furnier entfernt, in der Mitte ein Stück herausgeschnitten, wieder zusammengeleimt, mit dem Furnier Satin Wood furniert, mit Mahagonie hell gebeizt und matt lackiert.
Dann die Verzierungen angebracht und neue Türmchen aufgesetzt - stammen aus deutscher Produktion, aus Weichselholz gedrechselt.
8 - Krone neu.jpg
Das Uhrwerk hatte ich vollständig gereinigt, gefettet und geölt.
Dann hatte ich das große Glück, ein passendes Zifferblatt aufzutreiben, emailliert, elfenbeinfarbig.
Der Einsatz war auch ein Glücksgriff.
11 a - neues Zifferblatt, Teilansicht.jpg
Die Kranzleiste habe ich aus einer Hohlkeklleistegefertigt, auf die eine dünne Leiste geklebt wurde
und darauf eine dünne halbrunde Leiste. Alles farblich passend gebeizt, zurechtgeschnitten und verleimt - siehe vorheriges Bild.

Die Verzierung unter der unteren Konsole habe ich aus Teilen neu gefertigt, teilweise furniert.
Die Türmchen stammen aus polnischer Produktion, ganz hervorragende Teile.
9 - untere Konsole, neu.jpg
Und nun ein Bild der fertigen Uhr.
6 a - Wanduhr von vorne.jpg


Abschließend ein Panoramabild mit vorher.....nachher.
12 - Panoramabild, 26.08.2014.jpg
Mit dieser Arbeit habe ich einen Teil des Sommers verbracht.

Ich habe kanadischen Fischleim zum Leimen verwendet. Dieser Leim hat den großen Vorteil, daß man ein Furnier nach dem Aufleimen länger korrigieren kann als mit Weißleim.
Ebenso ist ein geringerer Druck auf das zu verleimde Teil notwendig......auch nach dem Aushärten kann man die Leimung durch längeres Anfeuchten wieder lösen.

Übrigens, mir gefällt die Uhr jetzt erheblich viel besser als vorher......

Liebe Grüße
Ankerhemmung
Ingo
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KleineSekunde
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Re: das herrichten einer alten Uhr

Beitrag von KleineSekunde »

Hallo Ingo,

ich kann nur erahnen, wie viel Arbeit, Geduld bei Suchen und Finden der benötigten Teile, wie viel Liebe zum Detail beim Anpassen der Teile und wie viel Erfahrung im Umgang mit dem Werkstoff Holz und dessen Bearbeitung erforderlich sind.

Herzlichen Glückwunsch zur Restaurierung und Aufarbeitung der Uhr! Und vielen Dank für diesen sehr schönen und toll bebilderten Bericht mit den ganzen Hintergrundinformationen!

Schöne Grüße

Guido / KleineSekunde
petsch
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Re: das herrichten einer alten Uhr

Beitrag von petsch »

Hallo Ingo,
ein Unterschied wie Tag und Nacht.

Das Werk mit dem kleineren Zifferblattdurchmesser sieht viel besser in der Uhr aus.

Glückwunsch zu der Arbeit.

Gruß
Peter
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Gnomus
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Re: das herrichten einer alten Uhr

Beitrag von Gnomus »

Hallo Ingo,
natürlich kann man sich streiten, ob man ein Uhr im Original(?)-Gehäuse lassen sollte (falls es sich überhaupt um das Original handelt), oder ob man das Gehäuse bearbeiten soll, ein anderes (vielleicht passendes) Gehäuse nehmen soll, oder was auch immer. Darüber gehen die Meinungen schon immer wit auseinander. Ich finde aber, Du hast der Uhr was gutes getan! Aber was mich mehr anspricht als das Gehäuse, ist die Pendellinse. Leider habe ich im Text nichts darüber gelesen, aber Du hast sie wohl sicher gegen eine kleinere ausgetauscht? Für mich hat sich gerade dadurch die Ästhetik der Uhr sehr verbessert. Wenn ich die Sache richtig sehe, wirkt bei der alten Ausführung das Pendel durch die größere Pendellinse viel kürzer, irgendwie unpassend. Die Proportionen zwischen Pendellinse und Zifferblatt nach dem Umbau finde ich viel ausgeglichener.
Gruß
Micha
petsch
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Re: das herrichten einer alten Uhr

Beitrag von petsch »

Hallo Gnomus,
Du hättest natürlich Recht mit deinen Gedanken, wenn es sich wirklich um eine originale Uhr gehandelt hätte.

Aber, wenn ich das richtig verstanden habe, war in dem Gehäuse beim Kauf das Union-Werk. (Und jetzt ist es ein Pfeilkreuzwerk) Und das Unionwerk war nicht original darin, denn erstens war das Ziffernblatt für das Gehäuse zu groß und zweitens waren andere Befestigungslöcher in der Rückwand.
Außerdem war das Oberteil mit dem Bogen neu und unten auch irgendetwas.

Zitat aus dem anderen Thread über das Union-Werk :
Ankerhemmung hat geschrieben: ..Wie zu sehen ist, gehören das Uhrwerk und das Gehäuse nicht zusammen.
Das Zifferblatt ist zu groß für das obere Halbrund in der Tür, die Pendellinse paßt irgendwie nicht zum Uhrwerk.
Die untere, wulstige Verzierung wurde nachträglich gefertigt....und mit Näglen (!!) an der unteren Konsole befestigt.
Hier trifft der Spruch zu....und ist der Leimtopf leer, dann müssen lange Nägel her.....
Das Halbrund oben und die zwei Türmchen wurden ebenfalls nachträglich gefertigt.
Die Rückwand weist mehrere Schraubenlöcher auf, die mit dem jetzigen Tragestuhl nicht übereinstimmen.
Das ganze Ding ist verbastelt. ...
Wenn soviel sowieso schon nicht original ist, dann spricht auch nichts gegen eine Generalerneuerung, um die Uhr optisch ansprechender zu machen.

Jetzt müsste Ingo noch für das seltenere Union-Werk, sofern er es noch hat, ein passendes Gehäuse finden.

Gruß
Peter
Ankerhemmung
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Re: das herrichten einer alten Uhr

Beitrag von Ankerhemmung »

Hallo Guido, Peter und Gnomus,

ich freue mich, daß Euch die Uhr gefällt.
In diesem Zusammenhang möchte ich bezüglich des Gehäuses und des Uhrwerks folgendes sagen:
im Laufe der Jahre habe ich eine recht umfangreiche Sammlung an Wanduhren zusammengetragen, ....und vor allem an Original - Einzelteilen.
Die Rückwand des Gehäuses hatte eine Vielzahl von Schraubenlöchern. Ich habe unterschiedliche Werkstühle aufgelegt, und zwar so lange, bis ein Werkstuhl genau paßte.
Und das war eine Pfeilkreuz - Uhrwerk mit einem 145 mm - Zifferblatt, Original mit Pendel aus einer anderen verbastelten Uhr.
Für die weitere Bearbeitung der Rückwand - Furnieren - habe ich mir für die Schraubenlöcher kleine, konische Holzdübelchen aus Weichholz schnitzt. Die Schraubenlöcher mit Leim gefüllt, die Dübelchen mit einem Holzhammer eingeschlagen und dann einen Tag trocknen lassen. Die überstehenden Holzteile wurden mit einem Stechbeitel vorsichtig abgetrennt - teilweise auch noch auf der Rückseite - und die Oberfläche geglättet.
Auf diese Art und Weise erhält man eine Rückwand, bei der an jeder Stelle wieder eine Holzschraube eingedreht werden kann.
In einem Teilabdruck eines Pfeilkreuz - Katalogs hatte ich mir Wanduhren angesehen.
Die Gehäuse von Pfeilkreuz haben unten in der Tür eine - je nach Modell - unterschiedlich geschwungene Abdeckung und auf der oberen Zifferblattabdeckung ist immer ein kleines, aufgesetztes Rechteck.
Da keine Krone vorhanden war, habe ich halt aus der Not eine Tugend gemacht und die Krone von der Junghans - Uhr umgearbeitet.
.....und ich bin - so meine Meinung - schon ganz schön dicht dran an einer Originaluhr mit meiner Arbeit.
Einen schönen Sonntag und
Liebe Grüße
Ingo
KleineSekunde
Moderator
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Re: das herrichten einer alten Uhr

Beitrag von KleineSekunde »

Hallo,

ich denke, man sollte auch nicht ganz vergessen, dass vermutlich einige Uhren im Laufe der Zeit "zurecht gebastelt" wurden: Durch den Tausch von Werken, weil es eben günstiger war als eine Reparatur des vorhandenen Werkes, Gehäuseteile gingen verloren oder wurden dann irgendwann mal dem Zeitgeschmack auch angepasst, weniger fachmännische Arbeiten wurden an verschiedenen Teilen durchgeführt,...

Wie es im Originalzustand einmal ausgesehen haben könnte, ist durchaus schon eine Frage, die sich nicht leicht und dann meistens eben wohl leider auch nicht ganz abschließend beantworten lässt...

Ich bewundere jedenfalls den enormen Aufwand, der hier betrieben wurde und der sicherlich auch nur im Rahmen eines "Hobbies" betrieben werden kann, da sonst jeglicher Rahmen gesprengt werden würde!

Viel Spaß jedenfalls mit der Uhr!

Schöne Grüße

Guido / KleineSekunde
Ankerhemmung
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Re: das herrichten einer alten Uhr

Beitrag von Ankerhemmung »

Hallo Peter,

das Uhrwerk von der Firma Union Clock ist natürlich noch in meinem Bestand.
Leider habe ich bisher noch keine vollständige Abbildung einer Wanduhr der Firma Union Clock gesehen.
Liebe Grüße
Ingo
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