Hallo,
bei der Betrachtung der Platine der hier http://www.dg-chrono.info/dg-chrono.de/ ... 135&t=2923 vorgestellten Uhr tauchten bei mir ein paar Fragen auf.
Sicherlich, es sollte "überflüssiges" Material eingespart werden und die Gestaltung der Platine auch optisch ansprechend sein. So weit, so gut.
Hier also meine Fragen:
1) Hätte man die Platine an der rot eingezeichneten Linie ausgestanzt, wäre die Materialeinsparung noch größer gewesen und die Lager für die Federhäuser wären auch mittig auf dem verbliebenen Steg angeordnet gewesen, es hätte also eventuell noch ansprechender ausgesehen. Wurde hier auf diese zusätzliche Einsparungsmöglichkeit verzichtet, um die Platine auch für andere, ähnlich aufgebaute Werke zu verwenden, bei denen die Position der Lager der Federhäuser etwas abweichend (also hier eher etwas nach unten versetzt) ist? Die im oberen, äußeren Bereich der Platine links und rechts vorhandenen Bohrungen, in denen keine Teile gelagert sind, ließe diesen Schluss ja zu.
2) Ähnliches gilt auch für den grün markierten Bereich an dem schräg verlaufenden, geschwungenen Steg.
3) Warum der blau markierte, scharfe Einschnitt an diesem Steg? Die Gestaltung des Stanzwerkzeuges wäre doch deutlich einfacher gewesen, wenn hier auf diesen Einschnitt verzichtet worden wäre. Oder mussten werkzeugtechnisch bestimmte Mindestabstände zu gegenüberliegenden Kanten der Platine eingehalten werden? Die Materialeinsparung an der Stelle wäre ja im Vergleich zu anderen Möglichkeiten eher klein. Also eher aus optischen Gründen?
4) Die Ausführung der gelb markierten Rutschkupplung kenne ich auch nur rund und flächig, wie hier mit vier Stegen oder aber mit drei Stegen. Was spräche gegen eine Ausführung mit nur zwei Stegen? Auch das hätte ja deutlich Material eingespart. Nur ein Steg wäre zwar materialtechnisch das Optimum, würde aber wohl für ein "Verkanten" durch den Anpressdruck bei der Welle sorgen, also somit nicht so optimal... Eine Lösung mit zwei Stegen als möglichen Kompromiß kenne ich so aber auch nicht. Aber das sagt ja auch nicht viel, vielleicht gab es das ja durchaus...
Eventuell gibt es hier ja Erkenntnisse oder Meinungen.
Vielen Dank!
Schöne Grüße
Guido / KleineSekunde
Gestaltung durchbrochener Platinen
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Gestaltung durchbrochener Platinen
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Re: Gestaltung durchbrochener Platinen
Hallo Guido,
nach etwas Überlegen und keiner konkreten Lösung, habe ich mir den angegebenen Thread angesehen und dort die Antwort bzgl. der Platinen gefunden.
Becky hat dort das Uhrwerk ja dankenswerterweise auch von der Zifferblattseite gezeigt und siehe da, die identische Platine auch vorne und da sind die von Dir angesprochenen Stellen im Gebrauch. Unten (rote Kennzeichnung) sind dort jeweils die Abdeckungen Sperrräder angebracht und den kleine Ausschnitt (blaue Kennzeichnung) kann man zwar nicht ganz genau erkennen, aber ich denke, er macht dem Schlagwerkshebel Platz, der beim Auslösen dahineinfällt.
Ich würde also sagen, diese Uhrenfabrik hat die hinteren und vorderen Platinen zusammen ausgestanzt, weil die evtl. Materialersparnis für sie nicht im gesunden Verhältnis zum Mehraufwand war.
Was mich in diesem Zusammenhang interessieren würde, ist, ob die Uhrenfabriken die Ausschnitte nach ihrer Erfahrung und durch Ausprobieren gemacht haben oder ob man die Statik und auftretenden Kräfte vorher berechnet hat, um dann möglichst viel weglassen zu können.
Gruß
Peter
nach etwas Überlegen und keiner konkreten Lösung, habe ich mir den angegebenen Thread angesehen und dort die Antwort bzgl. der Platinen gefunden.
Becky hat dort das Uhrwerk ja dankenswerterweise auch von der Zifferblattseite gezeigt und siehe da, die identische Platine auch vorne und da sind die von Dir angesprochenen Stellen im Gebrauch. Unten (rote Kennzeichnung) sind dort jeweils die Abdeckungen Sperrräder angebracht und den kleine Ausschnitt (blaue Kennzeichnung) kann man zwar nicht ganz genau erkennen, aber ich denke, er macht dem Schlagwerkshebel Platz, der beim Auslösen dahineinfällt.
Ich würde also sagen, diese Uhrenfabrik hat die hinteren und vorderen Platinen zusammen ausgestanzt, weil die evtl. Materialersparnis für sie nicht im gesunden Verhältnis zum Mehraufwand war.
Was mich in diesem Zusammenhang interessieren würde, ist, ob die Uhrenfabriken die Ausschnitte nach ihrer Erfahrung und durch Ausprobieren gemacht haben oder ob man die Statik und auftretenden Kräfte vorher berechnet hat, um dann möglichst viel weglassen zu können.
Gruß
Peter
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Re: Gestaltung durchbrochener Platinen
Hallo Peter,
Wenn ich es richtig sehe, gilt dies aber für den grün markierten Bereich nicht. Hier hätte man also Material sparen können....
Auch gibt es Unterschiede zwischen der Rück- und der Vorderseite der Platinen: Der schwarz markierte Bereich auf der zifferblattseitigen Platine müsste also separat in einem zweiten Schritt ausgestanzt worden sein.
Hätte man diese vorhandene Aussparung auf der Zifferblattseite nicht auch auch identisch auf der rückseitigen Platine vornehmen können, um die Werkzeuge einheitlich und somit einfacher zu gestalten?
Hier auch noch einmal die Frage nach der Rutschkupplung:
Schöne Grüße
Guido / KleineSekunde
Für den in meinem Foto rot markierten Bereich gibt es also eine sehr logische Erklärung, warum hier nicht mehr Material eingespart wurde, da dieser Bereich ja funktional auf der Zifferblattseite benötigt wurde.petsch hat geschrieben:Becky hat dort das Uhrwerk ja dankenswerterweise auch von der Zifferblattseite gezeigt und siehe da, die identische Platine auch vorne und da sind die von Dir angesprochenen Stellen im Gebrauch. Unten (rote Kennzeichnung) sind dort jeweils die Abdeckungen Sperrräder angebracht und den kleine Ausschnitt (blaue Kennzeichnung) kann man zwar nicht ganz genau erkennen, aber ich denke, er macht dem Schlagwerkshebel Platz, der beim Auslösen dahineinfällt.
Ich würde also sagen, diese Uhrenfabrik hat die hinteren und vorderen Platinen zusammen ausgestanzt, weil die evtl. Materialersparnis für sie nicht im gesunden Verhältnis zum Mehraufwand war.
Wenn ich es richtig sehe, gilt dies aber für den grün markierten Bereich nicht. Hier hätte man also Material sparen können....
Auch gibt es Unterschiede zwischen der Rück- und der Vorderseite der Platinen: Der schwarz markierte Bereich auf der zifferblattseitigen Platine müsste also separat in einem zweiten Schritt ausgestanzt worden sein.
Hätte man diese vorhandene Aussparung auf der Zifferblattseite nicht auch auch identisch auf der rückseitigen Platine vornehmen können, um die Werkzeuge einheitlich und somit einfacher zu gestalten?
Diese Frage würde mich natürlich auch interressieren.petsch hat geschrieben:Was mich in diesem Zusammenhang interessieren würde, ist, ob die Uhrenfabriken die Ausschnitte nach ihrer Erfahrung und durch Ausprobieren gemacht haben oder ob man die Statik und auftretenden Kräfte vorher berechnet hat, um dann möglichst viel weglassen zu können.
Hier auch noch einmal die Frage nach der Rutschkupplung:
Sicherlich wird es hier (und heute) keine eindeutigen Antorten (mehr) geben können, aber eventuell Vermutungen und Hinweise.KleineSekunde hat geschrieben:Was spräche gegen eine Ausführung mit nur zwei Stegen? Auch das hätte ja deutlich Material eingespart.
Schöne Grüße
Guido / KleineSekunde
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Re: Gestaltung durchbrochener Platinen
Hallo Guido,
vielleicht hätte man irgendwo noch etwas ein paar Milimeter schmaler machen können, im grün gekennzeichneten Bereich oder am Rand, aber irgendwo musste ja Schluss sein. Vielleicht spielte nicht nur die eigentliche Statik eine Rolle sondern auch der Augenschein, damit es noch vertauenswürdig aussah.
Die Einkerbungen oben, die Du schwarz eingerahmt hast, sind meiner Meinung nach, nicht gemacht, um Material zu sparen. Sonst könnte man ja wahllos irgendwo im Rahmen der Platine noch andere Einkerbungen gemacht haben.
Ich kann mich jetzt nicht erinnern, die Einkerbungen überhaupt schon mal bei so einem Kienzlewerk gesehen zu haben, aber es kann auch sein, dass ich mich einfach nicht erinnere. Ansonsten könnte ich mir sogar vorstellen, dass die hier nachträglich bei einer Reparatur gemacht worden sind, um vielleicht beim Eingriff des Windfangrades etwas zu mogeln. Wenn es so wäre, würde das jedenfalls erklären, warum sie nur auf der einen Seite sind.
Gruß
Peter
vielleicht hätte man irgendwo noch etwas ein paar Milimeter schmaler machen können, im grün gekennzeichneten Bereich oder am Rand, aber irgendwo musste ja Schluss sein. Vielleicht spielte nicht nur die eigentliche Statik eine Rolle sondern auch der Augenschein, damit es noch vertauenswürdig aussah.
Die Einkerbungen oben, die Du schwarz eingerahmt hast, sind meiner Meinung nach, nicht gemacht, um Material zu sparen. Sonst könnte man ja wahllos irgendwo im Rahmen der Platine noch andere Einkerbungen gemacht haben.
Ich kann mich jetzt nicht erinnern, die Einkerbungen überhaupt schon mal bei so einem Kienzlewerk gesehen zu haben, aber es kann auch sein, dass ich mich einfach nicht erinnere. Ansonsten könnte ich mir sogar vorstellen, dass die hier nachträglich bei einer Reparatur gemacht worden sind, um vielleicht beim Eingriff des Windfangrades etwas zu mogeln. Wenn es so wäre, würde das jedenfalls erklären, warum sie nur auf der einen Seite sind.
Gruß
Peter
Re: Gestaltung durchbrochener Platinen
Hallo,
die Umstellung von den Vollplatinenwerken zu den sogenannten Amerikanerwerken (also Platinen mit Aussparungen zwecks Materialersparnis) war anfangs zögerlich, weil die Amerikanerwerke als billig und von schlechter Qualität galten. Einige Firmen wie Gustav Becker und Lenzkirch verweigerten sich dem Trend weitgehend und hielten dieses letztlich wirtschaftlich nicht durch. Die anderen Firmen versuchten das Beste aus dieser Entwicklung zu machen: die einen haben bis an die Schmerzgrenze gespart und damit preiswert verkaufen können, die anderen haben versuch eine optisch gefällige Variante (so die vorliegende Version) anzubieten.
Aber lange ging das ganze nicht. Am Ende mussten alle Produzenten dem wirtschaftlichen Druck nachgeben - außer die Luxusuhren-Hersteller.
Ich denke, dass so jeder Hersteller die Grenzen von Design, Wirtschaftlichkeit und technisch machbarem ausgelotet hat.
Lothar
die Umstellung von den Vollplatinenwerken zu den sogenannten Amerikanerwerken (also Platinen mit Aussparungen zwecks Materialersparnis) war anfangs zögerlich, weil die Amerikanerwerke als billig und von schlechter Qualität galten. Einige Firmen wie Gustav Becker und Lenzkirch verweigerten sich dem Trend weitgehend und hielten dieses letztlich wirtschaftlich nicht durch. Die anderen Firmen versuchten das Beste aus dieser Entwicklung zu machen: die einen haben bis an die Schmerzgrenze gespart und damit preiswert verkaufen können, die anderen haben versuch eine optisch gefällige Variante (so die vorliegende Version) anzubieten.
Aber lange ging das ganze nicht. Am Ende mussten alle Produzenten dem wirtschaftlichen Druck nachgeben - außer die Luxusuhren-Hersteller.
Ich denke, dass so jeder Hersteller die Grenzen von Design, Wirtschaftlichkeit und technisch machbarem ausgelotet hat.
Lothar