Das Ende der deutschen Uhrenindustrie

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Thorsten Schreiber
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Registriert: Do 24. Jan 2013, 13:06

Re: Das Ende der deutschen Uhrenindustrie

Beitrag von Thorsten Schreiber »

soaringjoy hat geschrieben:Thorsten reiz mich nicht, sonst halte ich Dir eben Triumph / Triumph dagegen.
Die Motorräder meine ich. :D

Aber gut, wo wird die Grenze gezogen zwischen Uhrenhersteller, Uhrenmanufaktur,
oder Uhreneinschaler - in Bezug auf AUs?
Wer produziert denn überhaupt noch seine eigenen Werke?

J.
Gute Frage, Jürgen.

Angeblich gibt es weltweit nur noch wenige Manufakturen, im Gegenzug nennt sich aber fast jede Uhrenfirma Manufaktur!? Bis auf ein paar Ausnahmen haben wohl die meisten Hersteller keine komplett selbst gefertigten Werke, sondern beziehen Teile wie Hemmun von außerhalb. Es müsste sich aber feststellen lassen, welche Firmen noch oder wieder selber fertigen...

Thorsten
winne
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Registriert: Mo 30. Aug 2010, 10:19

Re: Das Ende der deutschen Uhrenindustrie

Beitrag von winne »

Hallo

Der Begriff ist leider zum Marketinggeck verkommen!
Und sagt schon gar nichts über die Qualität ihrer Produkte aus.
Google den Begriff und du bist erstaunt wer da alles als
Manufaktur Auftritt.

In Deutschland ist mir nur Lange bekannt die auch ihre Spiralen selbst fertigen.


Gruß Winne
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droba
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Registriert: So 22. Aug 2010, 21:39

Re: Das Ende der deutschen Uhrenindustrie

Beitrag von droba »

Es zeigen sich hier Phänomene, die sich auch in anderen Fertigungsprozessen wiederholen, wie z.B. in der Automobil-Industrie: Ein Daimler oder BMW besteht heute zu mehr als 80% aus Zulieferteilen und diese Hersteller werden einen Teufel tun, ihre Zulieferer zu nennen. Was insofern auch richtig ist, dass BMW oder Daimler auch für die Fehler ihrer Lieferanten einstehen müssen.

Und damit sind wir auch schon bei der vielzitierten "Wertschöpfungsfrage":

Die verhält sich nämlich so:

Man nehme ein gutes mechanisches Uhrwerk aus fernöstlicher Produktion. Ich habe mir sagen lassen, ein gutes mechanisches Automatik-Werk sei für etwa 25 Dollar in Hong Kong an jeder Ecke in beliebiger Liefermenge zu haben.

Dieses Werk kann man verschönern, bischen umarbeiten, in ein aufwändiges Gehäuse einschalen und und und. Wenn dann der Verkaufspreis dieser Uhr bei 2500 Euro liegt, hat man eine gewaltige Wertschöpfungssteigerung geschafft.

Wie die Verhältnisse sich in Glashütte verhalten, ist mir nicht genau bekannt, aber so ganz wird man sich vor diesen Verhältnissen auch mit einer "Glashütte-Regel" nicht schützen können.

Außer chinesischen mechanischen Werken sind mir als Werklieferanten im AU-Bereich noch ETA bekannt (fertigt aber nach meiner Kenntnis auch nur in China und nicht mehr in der Schweiz!), sowie Seiko. Die Russen haben nach der Wende den Weltmarkt ebenfalls mit preiswerten Werken überschwemmt, was in Russland heute noch gefertigt wird- ich weiß es nicht.

Die Uhrenindurstrie der DDR hat bis nach der Wende den Markt ebenfalls stark beliefert- nach der Wende wurden die Betriebe in Weimar und Ruhla in kürzester Zeit abgewickelt. Nur Glashütte hat sich in sehr eigener Weise entwickelt.

droba
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soaringjoy
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Re: Das Ende der deutschen Uhrenindustrie

Beitrag von soaringjoy »

Ja, darauf wollte in ich etwa hinaus, denn auch bei der Historie der Großuhrenproduktion
haben wir uns lange mit echten Produzenten, Großhändlern mit eigenen "Marken" und reinen
"Zusammenbauern" beschäftigt, die sich jedoch z.T. auch "Uhrenfabrikation" nannten.

Schon die alten Schwarzwälder "Uhrenmacher" ließen sich die Einzelteile von einer ganzen Reihe
spezialisierter Zulieferer anliefern; eigentlich schon damals genau das gleiche Verfahren wie heute
in der Autoindustrie.

Um nun vollends ins "Philosophische" abzugleiten:
Du kaufst einen Eimer Kartoffelsalat in der Metro, rührst dreimal um und tust eine Prise getrockneter
Kräuter dazu.
Voila! Völlig legal darfst Du das Zeugs als "hausgemacht" anpreisen, verkaufen oder servieren.
"tempus nostrum"
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droba
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Re: Das Ende der deutschen Uhrenindustrie

Beitrag von droba »

Richtig. Die Choose hat aber einen unguten Nebeneffekt, den die Automobilindustrie erst jetzt realisiert:

Lange Zeit war die Entwicklungsarbeit bei den Herstellern, und sie vergaben dann Arbeiten an die Zulieferer. Wenn aber "der ganze Kartoffelsalat" fertig zugeliefert wird, ist abzusehen, dass man selbst vergisst, wie Kartoffelsalat in Wirklichkeit gemacht wird.
Und dann wird aus einem Auftraggeber ein Abhängiger und zuletzt sogar ein Bittsteller.

Ich glaube bei der Werkherstellung von AU-Werken ist dieser Punkt schon lange erreicht...

droba
Thorsten Schreiber
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Re: Das Ende der deutschen Uhrenindustrie

Beitrag von Thorsten Schreiber »

Und nicht zu vergessen: das Glashütter Verlagssystem, das ja Ferdinand Adolph Lange eingeführt hatte und in dem sich seine ehemaligen Schüler ja auch zu Zulieferern entwickelten...
Thorsten Schreiber
Beiträge: 222
Registriert: Do 24. Jan 2013, 13:06

Re: Das Ende der deutschen Uhrenindustrie

Beitrag von Thorsten Schreiber »

Was ich noch ergänzen wollte: Vielleicht sollte man bei der Diskussion Abstand von früheren Produktionszahlen nehmen. Sonst könnte man vermutlich weltweit vom Ende der Uhrenindustrie sprechen. Zumindest, was Hersteller mechanischer Ticker betrifft. Für die Masse sind die Quarzuhren-Firmen zuständig, und das sollen sie auch mal schön machen. Unternehmen, die mechanische Uhren produzieren, bedienen ja gewissermaßen eine bestimmte Nische, und das mit Erfolg. Die Nachfrage ist ja da, der Markt boomt...

Viele Grüße,
Thorsten
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