Zapfen einbohren

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wahli76
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Zapfen einbohren

Beitrag von wahli76 »

Hallo zusammen,

ich mußte gestern einen Zapfen am Hemmrad einer Pendule einbohren. Natürlich am langen Ende der Welle.......

Dazu verwende ich ein Verfahren, daß ich am BHI (British Horological Institute) kennengelernt habe.

Wie auf nachfolgenden Bildern ersichtlich, wird zunächst eine Lünette hergestellt. Dazu nehme ich ein Stück MS-Winkelprofil, spanne es auf den Kreuzsupport und bohre mit dem Spindelstock ein nahezu spielfreies Lager hinein. Bei nicht genau passenden Bohrern kann man hinterher aufreiben. Wichtig ist, daß man in etwa den gleichen Abstand zur Spannzange hat wie später bei eingespannter Welle.

Läuft die Welle rund in der Lünette, wird das Ende mit einer Diamantfeile flachgeschliffen und zentriert. Dazu verwende ich einen sogenannten NC-Anbohrer aus VHM (Vollhartmetall).

Sobald die Zentrierung angebracht ist, kann das Loch für den Zapfen gebohrt werden. Der Bohrer ist auch VHM. Im Bild ist er in der Originallänge zu sehen. Oft kürze ich die Bohrer damit sie stabiler werden. Bohrloch ca. 4-5mal Zapfendurchmesser.

Den Zapfen stelle ich aus Tamponstahl her und schleife das Ende, das in die Welle geschlagen werden soll, minimal konisch an. Sobald der Zapfen leicht in die Bohrung bis zum Grund hineingeht, muß ich nur das Ende des Zapfens etwas abschleifen und kann den Zapfen stramm in die Welle hineinschlagen (dieses Verfahren wurde mal von Jendritzki beschrieben). Zur Sicherheit gebe ich einen Tropfen Loctite648 dazu.

Zum Einschlagen des Zapfens ist oft die Triebnietmaschine zu klein. Deshalb habe ich mir eine Reduzierhülse hergestellt, damit ich die Punzen der Triebnietmaschine im Reitstock verwenden kann. Ich hatte bei diesem Verfahren erst leichte Bedenken wegen des Drehstuhls, aber ich schlage vorsichtig und es ist auch wenig Kraftaufwand vonnöten um den Zapfen einzuschlagen.

Ich hoffe, mit Hilfe von Text und Bildern ist der Vorgang verständlich. Berichte von Nachahmern oder von alternativen Verfahren sind willkommen.

Viele Grüße

Kurt
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Typ1-2-3
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Re: Zapfen einbohren

Beitrag von Typ1-2-3 »

Das Verfahren erscheint logisch und sicher. Woher bekommt man den Ansenker und die Zapfenbohrer aus VHM?

Frank
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wahli76
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Re: Zapfen einbohren

Beitrag von wahli76 »

Hallo Frank,

die NC-Anbohrer hab ich vom Werkzeughandel (Otelo, Hoffmann, Sartorius, etc.). Die Zapfenbohrer vom Billiganbieter aus dem Internet, bzw, Flohmarkt. Diese dünnen Bohrer sind wohl normalerweise zum Platinenbohren in der Halbleiter-Industrie. Ich glaube, der Anbieter hieß PEWETRO.

Viele Grüße

Kurt
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Typ1-2-3
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Re: Zapfen einbohren

Beitrag von Typ1-2-3 »

Danke

Frank
karlo

Re: Zapfen einbohren

Beitrag von karlo »

Oh weh, haette ich das vorgestellt, waer die erste Antwort gewesen: "Jendritzki hat keine HM Werkzeuge verwendet". :evil:

Gut gemacht, geht aber noch ein bischen einfacher.

Das "lange Ende" ist ja immer das Problem.
Ein fitzelchen Stahlblech, nicht gerade ST37, 2mm, Bohrung rein wie die Welle gebohrt werden soll, von der anderen Seite ansenken bis nur noch so ca. 0.5mm von der Bohrung da sind.

Fitzelchen auf die Welle druecken, Reitstock ranfahren, zentrieren, gluecklich sein.

Nachtrag:
Das Fitzelchen in der Hand fuehren.

Karlo
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Taloon
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Re: Zapfen einbohren

Beitrag von Taloon »

Ähm, vermutlich hat keiner von euch eine Drehbank für Uhrmacher ? Eine Trichterlochscheibe ist eignetlich bei so gut wie jeder Ausstattungs-Variante dabei...
karlo

Re: Zapfen einbohren

Beitrag von karlo »

Hab ich schon, aber mangels Drehzahl hoechstens mal als Schraubenkopfpoliermaschine im Einsatz.

Karlo
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wahli76
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Re: Zapfen einbohren

Beitrag von wahli76 »

Hallo Taloon,

an sich eine gute Idee, das mit der Trichterscheibe! Hat nur in dem vorliegenden Fall 2 Nachteile:

1) Um das Wellenende glatt zu schleifen, braucht man einen Trichter, der das zuläßt. Ziemlich schwierig bei einem Wellendurchmesser von 1,1mm und einem abgebrochenem Zapfen von 0,45mm. Das geht aber sehr gut, wenn der Zapfen am Trieb-Ende der Welle abgebrochen ist; dann kann man den Trieb in der Trichterscheibe abstützen und das Wellenende schaut über den Trichter hinaus.

2) Die Verwendung von 1/8-Zoll-Bohrern mit der Brosche der Trichterscheibe. Diese hat 4mm Durchmesser und ist normalerweise für 1mm-Bohrer mit einem konischen Schaft vorgesehen. Hin und wieder bekommt man noch solche Bohrer, die sind aber alle aus Werkzeugstahl. Da müßte ich dann das Wellenende anlassen. Ich überlege mir gerade eine Variante mit Hartmetallbohrern. Sobald das hinhaut, gibts dazu einen Bericht.

Viele Grüße

Kurt
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