Blech und Uhr - mal ein anderes Thema

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Typ1-2-3
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Blech und Uhr - mal ein anderes Thema

Beitrag von Typ1-2-3 »

Manchmal ist es ja sogar sinnvoll, bei anderen Branchen zu schauen, was es da zu lernen gibt. Und erstaunlicherweise kann sogar manchmal der Karosseriebau etwas zu Uhren beitragen...

In diesem Fall fehlte bei einer Uhr ein Teil des Innengehäuses, sodass das Werk schneller verstaubt. Das Uhrwerk ist schon mal vorgestellt worden, und zwar hier:

http://www.dg-chrono.info/dg-chrono.de/ ... =55&t=1750

Die Blechdose, in der das nun laufende Uhrwerk ruht, sieht so aus:

Bild

An den Randmarken kann man erkennen, dass dieses "Gehäuse" mal einen Deckel hatte. Und so habe ich das - an sich mit ganz einfachem Werkzeug - gemacht:

Man schnappe sich eine Karosserieblechtafel. Die steht bei mir aufgrund meiner alten Autos herum.

Bild

Ein abgeschnittener Streifen von ca. 65cm Länge und 1,5cm Breite:

Bild

Noch ist er außer Form, aber wenn er abgekantet ist - nicht mit der Kantbank, denn die habe ich nicht zu Hause, sondern mit Schraubstock und Hammer - wird das strukturlose Blech steif und gerade.

Bild

Danach kommt die heikelste Arbeit, nämlich das Strecken der einen abgekanteten Seite. Man sieht deutlich, dass, wenn man auf die eine Seite des Bleches schlägt, diese länger wird und sich das Blech krümmt.

Bild

Das Schwierige ist, das Maß der Krümmung genau zu dem Gehäuse hinzubekommen. Also liegt das Gehäuse daneben, und die Krümmung dieser Blechleiste muss immer angepasst werden. Reicht sie nicht, bekommt das Blech noch einige Schläge, bis es passt. Zu viel ist aber schlecht, denn rückgängig machen ist mit einem einfachen Hammer unmöglich. Dazu braucht man einen speziellen Hammer. Wenn man dann vorsichtig gewesen ist, ist aus der geraden Stange ein Bogen geworden.

Bild

Die Sache ist ziemlich laut, meine Frau hat sich beschwert. Zu Recht.

Dann werden die beiden Enden so abgeschnitten, dass man sie zusammen bördeln kann. Genau so ist das auch bei dem Gehäuse gemacht worden. Wohl mit Spezialgeräten, also etwas sauberer. Aber dieses Gehäuse wurde noch nicht tiefgezogen, ist wohl schon ziemlich alt.

Bild

Oben sieht man das ursprüngliche Gehäuse, unten dann den stramm in das Gehäuse passenden Rand.

Jetzt ging es an den Abschluss: Ein passendes Alublech wurde rund ausgeschnitten, etwas größer als der Rand. Das Blech wurde - wie eine Kuchenform - am Rand hochgebogen. Der Rand wurde eingelegt und die hochgebogene Kante zugedrückt und am Ende noch flachgeschlagen. Fertig.

Bild

Der Blechdeckel, der stramm auf das Gehäuse passt und auch verletzungsfrei wieder abzuziehen ist, muss jetzt nur noch schwarz gespritzt werden, dann stimmt die Sache.

Frank
karlo

Re: Blech und Uhr - mal ein anderes Thema

Beitrag von karlo »

Klasse.
Ich hab auch schon in verschiedensten Bereichen des Handwerks gearbeitet, es lohnt sich immer was mit zu nehmen.

Karlo
Heinrich
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Re: Blech und Uhr - mal ein anderes Thema

Beitrag von Heinrich »

sauberle, Herr Auberle!
Heinrich
Der liebe Gott gab uns die Zeit (von der Eile hat er nichts gesagt!).
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unnnamed
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Re: Blech und Uhr - mal ein anderes Thema

Beitrag von unnnamed »

Mir gefällts auch ;)
Gruß Bernd
KleineSekunde
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Re: Blech und Uhr - mal ein anderes Thema

Beitrag von KleineSekunde »

Hallo Frank,
Typ1-2-3 hat geschrieben:Der Rand wurde eingelegt und die hochgebogene Kante zugedrückt und am Ende noch flachgeschlagen. Fertig.
Frank
Das klingt bei dir immer so, als wären wir beim Brezel backen, aber das ist es ja nicht... Klasse gemacht! Ein wirklich schönes und überzeugendes Resultat! Auf die Vorstellung der gesamten Uhr bin ich schon gespannt!

Das Umformen des abgekanteten Bleichreifens erfolgt ja wohl an einem geschlossenen Schraubstock. Nimmst du hierfür einen normalen Hammer mit eckigem Kopf oder einen Hammer mit rundem Kopf?

Wie hast du denn die Kante des runden Alu-Bleches für den Deckel hochgebogen? Gibt es dafür spezielle Bördelzangen? Immerhin muss das Material ja doch recht stark gestaucht werden? Oder hast du auch diese Arbeit durch Hämmern mit einem Bördeleisen durchgeführt?

Vielen Dank!

Schöne Grüße

Guido / KleineSekunde
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Typ1-2-3
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Re: Blech und Uhr - mal ein anderes Thema

Beitrag von Typ1-2-3 »

Der Hammer war ein ganz normaler, aber im Nachhinein habe ich mir gedacht, dass das gar nicht so ideal war: Ich habe noch einen Koffer mit Ausbeulwerkzeug, an den ich gar nicht gedacht habe. Das Werkzeug benutze ich so selten. Dort wäre noch eine Handfaust und einige verschiedene Hämmer dabei gewesen, die die Sache noch einfacher gemacht hätten.

Den Rand hochzuschlagen geht einfach an der Kante des Schraubstocks, oder an einer Handfaust ( :? ), denn die ist nicht so eckig wie die Schraubstockkante. Zum Zudrücken habe ich mir mal vor Jahren ein Bördeleisen gemacht. Und zwar zum Zudrücken von Autouhren. Die haben nämlich einen Chromrand, der der "Eingang" dieser Instrumente ist. Häufig braucht man dann einen neuen Chromrand, oder wenn er nicht zu viel beschädigt ist, kann man den alten wieder - wie bei einer Konservendose - verwenden. Es gibt da ein Spezialgerät, was aussieht, wie ein Gerät, mit der man Konservendosen schließt, aber mein Gerät ist einfacher:

Bild

Das Gerät ist so groß wie ein Taschenmesser und liegt durch die abgerundeten Kanten gut in der Hand. Mit der Kerbe an der Spitze kann man das Blech gut herumlegen. Der Rest geht dann wieder mit dem Hammer.

Frank

PS: Das Rückblech ist Alu, damit das Bördeln einfacher geht. Mit Stahlblech wäre das doch zu schwierig gewesen.

F
karlo

Re: Blech und Uhr - mal ein anderes Thema

Beitrag von karlo »

Zum zuboerdeln von Autouhren schraub ich mir immer ein kleines Kugellager an ein stueck Stahl.
Die Ringe sind uebrigens zu bekommen.

Da Du gerade auch von Autouhren schreibst:
Wer hat die ganzen VDO Uhren eigentlich wirklich gebaut?

Karlo
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Typ1-2-3
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Re: Blech und Uhr - mal ein anderes Thema

Beitrag von Typ1-2-3 »

Kienzle = VDO

:evil: :evil: :cry: :(

Soweit zur Reparatur von Autouhren! Aber das gehört nicht hier hin!

Frank
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soaringjoy
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Re: Blech und Uhr - mal ein anderes Thema

Beitrag von soaringjoy »

Ausbeulwerkzeug sollte man eigentlich immer dabei haben, man weiß ja
nie, ob man es nicht unterwegs bei einer Polizeikontrolle vorzeigen muss.

Leider gibt es heute nicht mehr so viele Leute, die etwas von dengeln, stauchen und strecken
verstehen. Um so besser hast Du es hinbekommen.

J.
"tempus nostrum"
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