August Schatz & Söhne Lectronic Okt. 1958

Vorstellung von Uhren und Uhrensystemen
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Der_Stromer
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August Schatz & Söhne Lectronic Okt. 1958

Beitrag von Der_Stromer » Di 26. Apr 2016, 19:23

Aug. Schatz & Söhne
Magnetpendeluhr Lectronic aus Oktober 1958
2649-Schatz-Lectronic.JPG
4448-Kaliber-TS-aus-10.53.JPG
Diese Uhr habe ich mal vor 4 Jahren günstig ersteigert. Na ja, günstig war sie gerade nicht, aber dafür defekt. Ist doch auch was, oder?
3067-Das-Pendel.JPG
3068-Aufhaengung.JPG
Zur Technik: Es handelt sich um eine Uhr, die durch das Magnetpendel angetrieben wird. Das Pendel hat am unteren Ende einen Permanentmagneten und darüber in einer Messinghülse ein verstellbares Gewicht, um den Gang regulieren zu können. Das Pendel selbst ist in der Länge nicht verstellbar, bis auf die Grundeinstellung der Länge durch ein Langloch in der unteren Pendelfeder-Halterung.
3069-Pendelfeder.JPG
Eine Transportsicherung hat diese Pendel nicht. Aber es kann mit zwei Griffen aus gehangen werden.

Die untere Montierung der Pendelfeder trägt auch den Stift, der die Fortschaltklinke bewegt. Die Einstellung ist so gelöst, wie bei ATO's üblich: Eine kleine Schraube verändert die Eingriffstiefe.
3070-Seitenansicht.JPG
1-Transistor-Schaltung-mit-.jpg
Eine ähnliche Schaltung!

Die Schaltung ähnlich der KUNDO-Schaltung: Eine Sensorspule und eine Arbeitsspule. Als Bauteile ein Transistor OC71 von VALVO, eine Diode (Germanium) von AEG, ein Kohleschicht-Widerstand mit 22kOhm und ein Vorwiderstand 120Ohm 3 Watt (der eigentlich nicht notwendig ist. Sicherheit vor hohen Strömen bei einem Kurzschluss. Die "Baby"-Zellen können dann platzen!!). Betrieben wird das alles mit einer Baby-Zelle, die mit der „Elektronik“ im Sockel untergebracht ist. Allerdings kommt man hier überall gut dran, im Gegensatz zu den Spulen der KUNDO-Uhren.

Was war nun defekt und warum habe ich 3 Jahre gebraucht, biss ich da mal ran gegangen bin?
1.) Die Zeiger haben keinerlei Reibung mehr. Der Minutenzeiger hängt immer unten.
2.) Das Pendel ist nicht zum Pendeln zu bewegen.
3.) Die Pendelfeder ist „Gebastelt“.

Also darum hat die Uhr so lange in der Ecke gestanden. Jetzt wurde das Werk zerlegt und ab ins US-Bad zur gründlichen Reinigung.
4441-ungereinigt.JPG
Dabei musste ja auch die Pendelfeder raus und die Gelegenheit bot sich an, eine passende für dieses Werk zu suchen. Die „Neue“ musste ein Langloch am unteren Ende haben, damit das Pendel in der Höhe über den Spulen genau justiert werden kann. Abstand: 1 – 1,5mm! Die Montierungen der Feder musste ich noch durch Auflöten von dünnen Messingstreifen passend für die Halterung und das Pendel machen. Vor- und Zurück darf sich die Feder bewegen, aber ein Spiel Seitwärts führt zu Schlagen des Pendels und die Uhr kann nicht reguliert werden.
4442-Pendelfedermimik.JPG
4449-Pendelfeder-Selbstbau.JPG
Einfacher war da schon der Fehler in der Zeigerreibung zu beheben. Da hatte sich, wohl durch unsanftes Hantieren, mal die Klemmbuchse über dem Minutenrad gelöst und da das Werk ja in Einzelteilen auf dem Tisch lag, wurde er mit einem sanften Schlag wieder in die richtige Position gebracht.
4443-Minutenwelle.JPG
4444-Zeigerreibung.JPG
Jetzt musste noch der Fehler in der „Elektronik“ gesucht und behoben werden, denn hier tat sich rein gar nichts. Spulen in Ordnung (Ohmsch gemessen), Transistor auch ok (mit Messgerät überprüft) die Diode war auch in Ordnung, blieb also nur noch einer der beiden Widerstände als Übeltäter übrig. Letztendlich war es der Kohleschicht-Widerstand! Statt dem aufgedruckten Wert von 22.000 Ohm zeigte mein Messgerät 850.000 Ohm. Entschieden zu viel. Diesen Widerstand ersetzt, alles getestet, und sie bewegt sich wieder!
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4447-Rueckseite.JPG
Jetzt wieder alles zusammen gebaut und angeworfen.
4450-Sie-bewegt-sich-wieder.JPG
Mal sehen, wie genau die Uhr ist.
4453-Fertig.jpg
Jetzt steht sie also auf dem Schrank im Wohnzimmer und zeigt die Zeit. Seit über 1 Jahr mit der ersten Batterie. Ungenauigkeit konnte ich nicht feststellen, bis nach dem Aufstellen. Da musste der Gang reguliert werden und seit dem eigentlich kaum Abweichungen. Bei der Zeitumstellung 1 Minute Nachgang und das in 6 Monaten :o .

Schade eigentlich, dass dieses Kaliber so selten an zu treffen ist. Die meisten dieser Uhren sind wohl in den 80ern verschrottet worden. Der Kohleschicht-Widerstand wird die Schwachstelle gewesen sein. Aber in den 1958ern hat man es noch nicht besser gewusst: Kohleschicht-Widerstände vertragen Spannungsspitzen, die beim Abschalten des Stromes in Magnetspulen auftreten, ganz schlecht. Damals einen Draht (Metallfilm) Widerstand eingebaut und die Uhr wäre nie stehen geblieben.

Übrigens: Bei dieser Uhr habe ich das Gehäuse so belassen, wie ich sie bekommen habe. Nur ein wenig Staub gewischt :mrgreen:
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Hallo aus der Oberpfalz
Rolf-Dieter, der Stromer

http://www.rolf-dieter-reichert.de

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Re: August Schatz & Söhne Lectronic Okt. 1958

Beitrag von KleineSekunde » Di 26. Apr 2016, 21:05

Hallo Rolf-Dieter,

vielen Dank für diesen ausführlichen Bericht!

Ich wünsche dir viel Spaß und Freude mit der Uhr!
Der_Stromer hat geschrieben:Übrigens: Bei dieser Uhr habe ich das Gehäuse so belassen, wie ich sie bekommen habe. Nur ein wenig Staub gewischt :mrgreen:
Ich denke, dass genau dies (je nach Zustand der Uhr im Fundzustand natürlich) durchaus einen Reiz hat, da die natürliche Patina somit erhalten bleibt und damit eben der "stimmige Gesamteindruck", passend zum Alter.

Schöne Grüße

Guido / KleineSekunde

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gegensatz
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Re: August Schatz & Söhne Lectronic Okt. 1958

Beitrag von gegensatz » Di 26. Apr 2016, 23:01

Servus Rolf-Dieter,

Gratulation zu dieser schönen Uhr, welche Du mit viel Geschick wieder zum Leben erweckt hast. Danke für die Bilder und die ausführlichen Erläuterungen. Weiterhin viel Spaß mit der Uhr.

Viele Grüsse

Norbert

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Typ1-2-3
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Re: August Schatz & Söhne Lectronic Okt. 1958

Beitrag von Typ1-2-3 » Mi 27. Apr 2016, 14:18

Auch von hier Danke. Der Schaltplan der ATO ist sofort in den eigenen Datenbestand übernommen worden. An sich repariere ich nur Kontakt-ATOs, aber jetzt hatte ich eine, bei der die auch für mich simple Transistorschaltung einen Tacken weg hatte. Jetzt geht sie wieder...

Frank

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Re: August Schatz & Söhne Lectronic Okt. 1958

Beitrag von Typ1-2-3 » Mi 27. Apr 2016, 17:35

Habe noch so eine Uhr gefunden. Das Design ist allerdings stark gewöhnungsbedürftig!

http://www.marktplaats.nl/a/antiek-en-k ... ichSnippet

Frank

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derTeichfloh
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Re: August Schatz & Söhne Lectronic Okt. 1958

Beitrag von derTeichfloh » Mi 27. Apr 2016, 20:28

Danke für das Zeigen und erklären.
Eine reizvolle Uhr. Sowohl innen, als auch aussen. Erinnert mich an einen alten Kommodenschrank!

Gruss,
derTeichfloh
Gruss
derTeichfloh

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droba
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Re: August Schatz & Söhne Lectronic Okt. 1958

Beitrag von droba » Sa 30. Apr 2016, 15:42

Hallo Rolf Dieter,

danke fürs Zeigen dieser Schatz-Lectrionic! Sie ist mir in natura noch nicht begegnet und ich schließe mich den bisherigen Äußerungen an: Die Technik ist bedeutend ansprechender, als das Design.

Ich werde mal in den Uhrmacherzeitungen nachsehen, ob ich was über diese Uhr finde.

Danke für die Vorstellung!

Droba

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