PNEUORA - eine pneumatische Uhr

Vorstellung von Uhren und Uhrensystemen
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soaringjoy
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Re: PNEUORA - eine pneumatische Uhr

Beitrag von soaringjoy »

Da schließe ich mich an, ein toller Bericht, vielen Dank!

Mit Euch beiden scheint doch der Betsand der Bundesrepublik halbwegs gesichert. ;)

Das Uhrengehäuse erinnert mich doch sehr stark an DDR oder andere Ostblockproduction,
vielleicht Metron (PL)? Dabei wurden oft die ZB und manchmal auch Werke aus dem Westen bezogen.
Metron z.B. produzierte u.a. Gas- und Wassermesser und übernahm nach dem Krieg die
Fabrikhallen von Sölch & Jäckel in Freiburg / Schl.

J.
"tempus nostrum"
KleineSekunde
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Re: PNEUORA - eine pneumatische Uhr

Beitrag von KleineSekunde »

Hallo Jürgen,

die Detail-Verarbeitung des Gehäuses macht in der Tat keinen hochwertigen Eindruck, und steht deutlich hinter den Gehäusen der Elektronom-Uhren von Junghans zurück. Der Gesamteindruck bei geschlossener Fronttür ist jedoch dann aufgrund des gespiegelten und hochglänzenden Furniers gar nicht mal so schlecht.

Auch das Werk und das "Innenleben" machen im Vergleich zu der Junghans Elektronom-Uhr einen durchaus guten Eindruck (Vollplatinen, massive Triebe, aufwendige Porzellanfassung für die Kompressorlampe). Eventuell spricht dies tatsächlich dafür, dass diese Teile auf vorhandenen und abgeschriebenen Maschinen dann doch günstig hergestellt / nachgebaut werden konnten, während Junghans da schon "fortschrittlicher" war (auch wenn ich mich aus ästhetischen Gründen heute eben über diese Details doch freue).

Falls also noch jemand etwas zu einem möglichen Hersteller sagen könnte, würde ich mich über entsprechende Informationen natürlich freuen.

Schöne Grüße

Guido / KleineSekunde

PS: Fehler sollte man auch da suchen, wo man sie nicht vermutet: Die zweite Kompressorlampe hat den Pneumatikkolben für den Aufzugsbereich nur ganz langsam und auch nicht ausreichend weit nach oben bewegt, obwohl elektrisch alles in Ordnung war. Das vorhandene Leck hätte ich in in dem unteren Kontaktbereich des Lampensockels jedenfalls nicht vermutet, da dieser ja eigentlich vergossen ist. Aber genau dort war die Undichtigkeit...
KleineSekunde
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Re: PNEUORA - eine pneumatische Uhr

Beitrag von KleineSekunde »

karlo hat geschrieben:Schoen, dass das mit dem Teflonband reicht.
Hast Du noch zusaetzlich Fett gebraucht, oder reichte das so?
Karlo
Hallo Karlo,

nach dem ersten manuellen Drucktest hatte ich ja direkt ein gutes Gefühl und es hatte sich bestätigt: Mit dem Teflonband war alles dicht.

Die undichte Stelle bei der zweiten Kompressorlampe lag tatsächlich im Übergangsbereich zwischen dem metallischen Schraubsockel und dem schwarzen Isolationsmaterial:
Undichte Stelle Kompressorlampe 2.jpg
Gefunden habe ich diese Stelle auch erst, nachdem ich den unteren Bereich der Kompressorlampe in Wasser getaucht und mit Druck beaufschlagt habe, um dann die aufsteigenden Bläschen zu sehen (nachdem ich unnötigerweise erst die Verklebungen neu verklebt habe und mehr Teflonband verwendet habe).

Aber auch dies konnte durch etwas Klebstoff abgedichtet werden ;-)

Schöne Grüße

Guido / KleineSekunde
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soaringjoy
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Re: PNEUORA - eine pneumatische Uhr

Beitrag von soaringjoy »

Ich wette, Du kennst die Methode noch vom Fahrradschlauchflicken. :lol:

Frank und Guido, habt Ihr ein ungefähres Zeitfenster für die Uhr?
Wenn's Vorkriegsware wäre (was ich leider bezweifele) suche ich mal in der DUZ.

J.
"tempus nostrum"
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Typ1-2-3
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Re: PNEUORA - eine pneumatische Uhr

Beitrag von Typ1-2-3 »

Die Elektronom-Uhren waren so gegen 1928 entwickelt worden und dann bis in die 30ger verkauft worden. Danach hatte Junghans ja die Ato-Uhren, und die waren einfach besser. Bei dieser Uhr kann ich es nicht genau sagen, aber ich vermute ein späteres Baujahr. Im Netz findet man nichts Genaues über diese Uhren. Ich vermute, dass diese Pneuora-Uhr wirklich als Hauptuhr verwendet wurde.

Die Methode mit den Luftblasen hat man nicht nur zum Schlauchflicken benutzt, sondern tatsächlich für wasserdichte Armband-Uhren: Da gab es ein Gerät (was ich während meiner Ausbildung verwendet habe), welches oben einen Luftraum hatte, in den die Uhr gehängt wurde. Unten war ein Wasserbehälter in einem stabilen Glas. Dann kam die Fuß-Luftpumpe: Die ganze Sache wurde unter Druck gesetzt, und nach einer Minute wurde gleichzeitig der Druck abgelassen und die Uhr versenkt. War sie dicht, kamen keine Blasen. Ansonsten konnte man auch genau sehen, wo sie leck war. An sich keine schlechte Sache. Aber:
Das hatte auch seine Tücken: Ich hatte mal eine komplizierte Uhr von Seiko, Automatik mit Datum und Wecker (die Teile waren selten und kompliziert). Beim Aufpumpen bekam die Uhr durch ein Leck ordentlich Druck innen. Beim Versenken ploppte dann das Glas ab, und die Uhr soff ab. Das passierte natürlich in den letzten Arbeitsminuten, klar! Ich war hellauf begeistert. Man kann sich mein dummes Gesicht bestimmt vorstellen!

Frank
KleineSekunde
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Re: PNEUORA - eine pneumatische Uhr

Beitrag von KleineSekunde »

Hallo,
Typ1-2-3 hat geschrieben:Die Elektronom-Uhren waren so gegen 1928 entwickelt worden und dann bis in die 30ger verkauft worden. Danach hatte Junghans ja die Ato-Uhren, und die waren einfach besser.
Frank
Frank hat das Zeitfenster der Produktion der Elektronom-Uhren bei Junghans dadurch ja sehr schön eingegrenzt.

Einige weiterführende Informationen und viele schöne Katalogabbildungen dieser Uhren gibt es hier:

http://www.hwynen.de/jgh-elektronom-kat.html

Auf den Seiten wird auch beschrieben, dass diese (Junghans) Uhren auch als Hauptuhr, dabei wahlweise mit Luftleitung oder mit Drahtleitung erhältlich waren.

Das Gehäuse der beschriebenen Pneuora-Uhr ist dabei sehr ähnlich zu den Junghans-Uhren aufgebaut aber wie gesagt deutlich einfacher gestaltet (das untere Glas war bei Junghans facettiert, bei der Pneuora-Uhr ist es ein einfaches Glas). Die Pneuora-Uhr diente ziemlich sicher als Hauptuhr mit einem pneumatischen Anschluß.

Ich gehe also davon aus, dass die Pneuora-Uhr also ein zumindest äußerlich ein Nachbau der Junghans Elektronom-Uhr ist, wobei beim Werk einige Änderungen vorgenommen wurden. Eventuell hat hier ein Hersteller das Funktionsprinzip in Lizenz hergestellt oder aber einfach "abgekupfert".

Hier noch eine Detailsansicht der vorhandenen Kompressorlampe:
Bezeichnungen Lampensockel 3.jpg
Die Bezeichnungen sind wohl wie folgt zu lesen (Frank, bitte korrigiere mich, falls ich mich nicht richtig erinnern sollte):

110/2: 110 Volt, Lampentyp 2 (beschrieben auch auf der oben genannten Internetseite, die Information ist auch deckungsgleich mit den Angaben vom Vorbesitzer, der darauf hiniwes, dass die Uhr wohl ursprünglich für den Betrieb mit 110 Volt ausgelegt war)

1149: Produktionsmonat 11, Produktionsjahr 1949 (ursprünglich hatte ich hier ja einen Wert für den Widerstand vermutet, da dieser zumindest in der Größenordnung liegen sollte - mein Nachbau hat nun einen Wert von etwa 1650 Ohm - aber die Angabe eines Widerstandswertes hätte man vermutlich wohl eher auf 1150 gerundet)

Falls diese Informationen also korrekt sind, würde dies bedeuten, dass zumindest noch 1949 entsprechende Kompressorlampen hergestellt wurden. Wie lange noch??

Schöne Grüße

Guido
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Re: PNEUORA - eine pneumatische Uhr

Beitrag von Typ1-2-3 »

Ich stimme Dir voll zu. Ich habe auch noch eine originale Lampe, die aber noch heile (und die wird wohl nie benutzt werden!!!), auf der steht auch der Lampentyp, die Voltzahl und das Baujahr. Die ist aber von 1928, also einer der ersten Lampen.

Übrigens wurden die Lampen nicht von Junghans hergestellt, sondern nur im Auftrag. Die Herstellerfirma war höchstwahrscheinlich eine "Firma Licht A.-G. Vereinigte Glühlampen-Fabriken in Goldau / Schweiz. Mit denen hatte Junghans ordentlich Korrespondenz Anfang 1928, bis die Lampen auch zur Zufriedenheit funktionierten. Vielleicht kann man da ja mal weiter forschen.



Frank
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ATOmania
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Re: PNEUORA - eine pneumatische Uhr

Beitrag von ATOmania »

auf meiner Lampe ist nur der bekannte Junghansstern eingeätzt und die Typennummer. Aber kein Baujahr. Meine Jgh. Electronom ist von 1930
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soaringjoy
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Re: PNEUORA - eine pneumatische Uhr

Beitrag von soaringjoy »

David Read, Mitglied der englischen Antiquarian Horological Society,

schrieb 2005 einen Artikel "Pneumatic Clocks" in der Zeitschrift
Antiquarian Horology.

Leider ist der Article nicht öffentlich zugänglich, aber vielleicht mal anfragen:

http://www.ahsoc.demon.co.uk/ehg/electricalindex.html

J.
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KleineSekunde
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Re: PNEUORA - eine pneumatische Uhr

Beitrag von KleineSekunde »

Hallo,

wie angekündigt, wollte ich ja aus Sicherheitsgründen eine Thermosicherung und einen Kontaktschalter in die Uhr einbauen. Diese Einrichtung ist nun nach langer Zeit auch fertig geworden:

Um die Bauteile unterzubringen, wurde ein Messingblech passend zurecht gesägt und als Träger unter die Porzellanfassung gelegt und mit dieser dann am Gehäuse verschraubt. Die Sache ist also reversibel.
Thermo- und Kontaktschalter, klein.jpg
Man erkennt auf der rechten Seite der Kompressorlampe die Thermosicherung (rot umrandet), die bei einer Temperatur von mehr als etwa 75°C auslöst und den Strom unterbricht. Gehalten wird diese Thermosicherung durch den waagerecht verlaufenden Federstahlstreifen, der die Sicherung an den Glaskörper drückt. Dieser Federstahlstreifen wurde dabei an den hinter der Porzellanfassung nach unten gebogenen Messingstreifen des Trägerbleches angenietet. Der Messingstreifen wäre alleine zu instabil und würde nach hinten wegfedern, so dass hinter dem Messingstreifen ein Profil, welches zusätzliche Stabilität bringt, integriert wurde.

Der Kontaktschalter ist ein einfacher Taster, der den Strom unterbricht, sobald die Tür der Uhr geöffnet wird. Der Kontaktschalter ist ja auch an dem etwas federnden Messingblech befestigt. Dies ist in dem Fall auch durchaus vorteilhaft, da bei ganz starrer Anbringung die Position (Schließen des Kontaktes bei geschlossener Tür) extrem genau festgelegt werden müsste.

Hier noch ein Foto von der nun kompletten Uhr mit dem Pendel:
Pneuora komplett.jpg
Schöne Grüße

Guido / KleineSekunde
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