KUNDO Magnetpendeluhr mit dem Werk EM1000 und mech. Kontakt

Vorstellung von Uhren und Uhrensystemen
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Der_Stromer
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KUNDO Magnetpendeluhr mit dem Werk EM1000 und mech. Kontakt

Beitrag von Der_Stromer » Mi 4. Mai 2016, 20:11

So. Da habe ich also diese Uhr – Kieninger & Obergfell Magnetpendeluhr mit mechanischen Kontakten – zur Reparatur bekommen.
4616-Armes-Ding.JPG
Ich wusste erst gar nicht, dass auch KUNDO diese Uhren nach dem Prinzip ATO mit mechanischen Kontakten hergestellt hat. Aber Fragen hilft auch mir und die fachkundige Antwort war: Ja, ab ca. 1950 wurden diese Uhren verkauft, mit dem Werk EM1000 mit den 6 roten Augen. Später wurde dieses Werk dann mit Modifikationen als „Erste Transistor gesteuerte Uhr“ beworben und auch sehr gut verkauft, was natürlich der Fa. Junghans absolut nicht gefallen hat. Ein Rechtsstreit folgte auf den Fuß.

Nun ja. Hat alles nichts mit dieser Uhr zu tun. Was war mit dem seltenen Stück los? Sie ahnen es schon: Die Uhr zeigte nur 2 x am Tag die genaue Zeit an.

Näher in Augenschein genommen und sofort folgendes gesehen: Alle Schrauben, die man lösen kann, waren auch lose. Pendelfeder gebrochen. Die Kontaktspirale war nur noch ein Stück verbogener Bronzefederdraht. Messingteile stark verschmutzt und Blind. Spuren von Batterieflüssigkeit.
4618-Keine-Pendelfeder.JPG
4619-Verbogen-und-Zerstoert.JPG

Und damit nicht genug, hatte einer der Vorbesitzer eine Batteriehalterung (die original Batterien gibt es ja nicht mehr) mit viel Tesafilm unter den Sockel geklebt. Auch die Anschlussdrähte zu den Kontakten und der Magnetspule waren nicht mehr original und auch mit Tesafilm verklebt. UND: in der Batteriehalterung waren 3 x AA-Batterien, also 4,5 Volt eingebaut.
4621-Uuups.JPG
Der Vorwiderstand dabei war nur Makulatur. Denn beim öffnen der Kontakte wurde durch die hohen Abschaltspannungsspitzen eben diese stark in Mitleidenschaft gezogen. Also die Kontakte auch ersetzen.
4637-Kontakt.JPG
Der geneigte Leser merkt schon: Viel, sehr viel Arbeit an dieser Uhr, biss sie wieder normal die Zeit zählt.

Also frisch ans Werk. Zuerst alles richtig zerlegt und dabei festgestellt, dass das Bodenrad nur noch 1 Zapfen hat.
4643-gebrochener-Zapfen.JPG
Also auch das musste ersetzt werden. Zum Glück habe ich einen Fundus, der noch Eins her gab. Dann ab ins US-Bad. Danach folgte, was immer folgt: Polieren, bis die Finger qualmen. Kann sich aber schon sehen lassen. Dann die neue Pendelfeder passend gemacht (die Montierungen sind immer zu dick). Uhrwerk montiert und die Kontakte eingestellt. Den verdrehten Bronzefederdraht wieder leidlich in Form einer Spirale gebracht und montiert und geflucht. Wollte der nicht so wie ich wohl will. Aber Sturheit siegt (ich) und die Spirale stellt wieder den Kontakt zur Magnetspule her.
4634-Kontaktspirale.JPG
Dann die Finger verbogen, weil das Werk mit langen Schrauben durch die Werkhalterung angeschraubt wird. Aber dazu braucht man dann 4 Hände, da die hintere Abdeckung – die verdeckt auch gleichzeitig die Serien-Nummer der Uhr – 000946 – also wirklich eine aus der ersten Serie, mit diesen Schrauben gehalten wurde. Aber ich hab’s geschafft!

Den 3 x 1,5 Volt Batteriehalter hatte ich schon vorher durch einen für eine LR14-Batterie ersetzt und auch vernünftig befestigt. Jetzt noch zum Teil neue Drähte angeschlossen und das Pendel angestoßen: Es pendelte, als wäre nichts gewesen. Die Klinke noch justiert und die Kontakte kontrolliert (der Zeitpunkt und die Länge des Kontakts muss gut stimmen, sonst pendelt das Pendel aus oder es entwickelt - bei zu langem Kontakt - ein fatales Eigenleben. Der Probelauf war erfolgreich und der Gang auch sehr genau!


Diese Uhr hat noch keine Transportsicherung für das Pendel.
Auch ein Novum: In der Mitte geteilt! Wurde bei späteren Modellen so nicht mehr gemacht.
4629-Das-Pendel.JPG
Zum Verschicken habe ich aus Schaumstoffe und Kabelbinder etwas gebastelt, was eine Beschädigung der Pendelfeder verhindern würde.

Und so sieht sie (die Uhr) jetzt aus:


Ps.: Diese Uhr muss, wie alle mechanischen Pendeluhren, angeworfen werden. Nur die Transistorisierten Uhren beginnen von selbst zu pendeln an.
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Re: KUNDO Magnetpendeluhr mit dem Werk EM1000 und mech. Kont

Beitrag von KleineSekunde » Mi 4. Mai 2016, 21:36

Hallo Rolf-Dieter,

wieder einmal vielen Dank für diesen sehr schönen und ausführlich bebilderten Bericht!

Schön, dass die Uhr wieder funktioniert und dem Besitzer vermutlich wieder viel Freude bereitet!

Die Uhr scheint, wenn ich es richtig sehe, zwei Klinkenräder zu haben:
Mit dem zweiten, vorderen Rad wird wohl der elektrische Kontakt über einen Stift an dem schrägen Hebel gesteuert:
Klinkenrad, 2.jpg
Der sich rechts an dem Hebel anschließende Bereich (rechts vom dem Rubinlager) scheint mir recht massiv ausgeführt zu sein. Wenn ich es richtig sehe, würde rechts natürlich ein höheres Gewicht erforderlich sein, damit der "Taststift" auf der linken Seite des Hebels dann zuverlässig durch die Gewichtskraft nach oben geführt wird. Hättest du da eventuell weitere Detailfotos von dem Kontaktbereich? Würde mich jedenfalls sehr interessieren.

Vielen Dank!

Schöne Grüße

Guido / KleineSekunde
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Re: KUNDO Magnetpendeluhr mit dem Werk EM1000 und mech. Kont

Beitrag von Typ1-2-3 » Do 5. Mai 2016, 08:31

Na, da war ja wohl ein Grobmechaniker am Werk! Solche Uhren "liebe" ich. :x

Viel Arbeit, viel Ehr. Übrigens hatten die frühen ATO-Uhren von Leon Hatot auch dieses doppelte Klinkenrad, nur eine etwas andere Rastklinke. Auch die ATOs von H&B hatten dieses Rad in dieser Ausführung noch. Bei Junghans habe ich so ein doppeltes Rad aber noch nie gesehen.

Frank

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Re: KUNDO Magnetpendeluhr mit dem Werk EM1000 und mech. Kont

Beitrag von Der_Stromer » Do 5. Mai 2016, 15:29

@Guido, Frank. ...und natürlich alle, die es interessiert ;)

Also, alle KUNDO-Werke (EM-1000 und auch die Variante mit der Tropfenform) hatten dieses "Doppelte Lottchen". Auch die mit mechanischen Kontakten.

Ich habe eine H&B, Serien-Nummer 122130, die noch aufgearbeitet werden muss: Auch diese hat bereits ein rundes Werk wie das EM1000 und hat auch dieses "Doppelte Lottchen". Nur bei diesem Werk wirkt die Rücklaufsperre von OBEN auf das Schaltrad. Die Uhr stelle ich hier vor, wenn ich mal Zeit habe, sie wieder in die Reih zu bringen :( .

Bei den mechanischen Kontakten diente das zweite Klinkenrad über einen recht langen Hebel zum betätigen des Kontakts und gleichzeitig als Rückfallsperre.

Die Transistor-gesteuerten Uhren hatten eine etwas andere Form dieses Hebels (brauchte ja nicht mehr so lang sein) und damit die Funktion als Rückfallsperre erfüllt werden kann, noch ein kleines Gewicht am anderen Ende.
4695-Vergleich-2mm-Schraube.JPG
Der Schaltarm für die mechanischen Kontakte war um Einiges länger:
4628-Schaltarm-fuer-die-Kon.JPG

Der Kontaktstift am Ende ist Silber - später Neusilber:
4628-Ohne-Worte.JPG
Hier ein defektes (Zapfen ab) Steigrad. Am rechten Zahnkranz greift von oben die Schaltklinke ein, am linken von unten die kleine Rolle zum Schalthebel und / oder zur Rücklaufsperre:
4691-Schaltrad-defekt.JPG
Und hier zur besseren Ansicht nochmal die Kontaktspirale der vorgestellten Uhr:
4626-Das-war-mal-eine-Spira.JPG
Hier noch der Kontakt. Geschaltet wird NICHT, wie viele vermuten, durch den Kontakt zwischen Feder und Abstandseinstellung, sondern durch anlegen des Kontaktstiftes direkt an die Kontakte. Daher war auch die Kontaktspirale erforderlich.
4693-Kontakt-.JPG
4692-Kontakt.JPG
Diese ganze Mimik - Halter und Kontakt - hier war gegenüber dem Werk durch Pertinaxplättchen und bei den Schrauben kleine Pertinax-Röhrchen isoliert.
Also: Strom über die Magnetspule bis zum Kontakt. Hier beim Schalten Verbindung nach Masse, die das ganze Gehäuse, Werk, etc. war. Um den Widerstand des geölten Lagers der Schaltklinke zu überbrücken, war die Spirale erforderlich!
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Re: KUNDO Magnetpendeluhr mit dem Werk EM1000 und mech. Kont

Beitrag von Typ1-2-3 » Do 5. Mai 2016, 20:05

So, wie ich das sehe, unterscheidet sich die frühe Kundo doch erheblich von den ATOs von Leon Hatot, wenn man sich die Uhren genauer ansieht. Besonders die Kontakte sind unterschiedlich: So wie Du sagst, bestehen sie aus Silber. Bei Hatot ist dies Platin und Gold. Außerdem sind Deine Kontakte flach, während die von Hatot jeweils rund sind und sich daher nur punktförmig berühren. Wahrscheinlich sind beide Kontaktfedern aus einem Stück gemacht, während das bei Hatot und übrigens auch bei H&B 2 Federn sind, die dann auch etwas friemelig zusammen zu bauen sind.

Also kleine, aber feine Unterschiede, obwohl alle diese Uhren zunächst sehr ähnlich aussehen.

Frank

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Re: KUNDO Magnetpendeluhr mit dem Werk EM1000 und mech. Kont

Beitrag von Der_Stromer » Do 5. Mai 2016, 20:33

Ja, da hast Du recht, Frank.

Das Problem bei Kontakten und Magnetspulen sind immer die beim Abschalten auftretenden hohen Spannungen. Da war man früher der Meinung, Gold und Platin verhindern das. Stimmt natürlich nicht! Gold und Platin reagieren nur nicht so zerstörerisch. Übrigens waren die Kontakte der ATO-Uhren von Hatot mit Goldhülsen versehen (die von H&B auch. Wurden wohl komplett so von Hatot bezogen und hier nur ins Gehäuse eingebaut und zum Zählen der Zeit gebracht), die leicht zusammengedrückt waren. Mit etwas Geschick bekam man das wieder auseinander und konnte dann die Rückseite der Röhrchen als Kontaktfläche benutzen. Gewusst wie eben!

Die Version von KUNDO war auch gut. Nur solche Experimente wie 4,5 Volt haben die Kontakte nie vertragen. Und auch die Pendelamplitude spielte bei zu hoher Spannung verrückt, da der Magnetimpuls das Pendel dann beschleunigte und nicht nur die Verluste aus glich.

Wenn man übrigens bei den KUNDO-Kontakten genau hinschaut, sieht man, dass die aneinander REIBEN und nicht nur einen Punktkontakt haben. Daher schaben sich die KUNDO-Kontakte selbst ihre Kontaktfläche frei von Schmutz und Zunder.
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Re: KUNDO Magnetpendeluhr mit dem Werk EM1000 und mech. Kont

Beitrag von Typ1-2-3 » Do 5. Mai 2016, 21:42

Die Kontakte von ATO sind rund, da hast Du Recht. Nett, denn man kann die Kontakte einfach andersherum einbauen. Dann hat man zunächst mal Ruhe. In den Hülsen steckt jeweils ein konischer Stift, und wenn man den herausdrückt, kann man die Hülsen um 90° verdrehen und hat noch 2 x Kontakte frei. Ist bei mir allerdings noch nie nötig gewesen.

Auch die ATO - Kontakte reiben aufeinander, denn sie sind gegenüber gelagert, also nicht in gleicher Linie. Daher sind die Ränder der Kontakte immer schwarz, während sich in der Mitte ein klarer Metallpunkt befindet und der Kontakt sicher ist. Meine ATOs laufen mehr als 10 Jahre ohne Überholung, ich finde, das sind sehr verschleißarme und daher dauerhafte Uhren, wenn es nicht die ATO-Kurzpendeluhren sind. Denn die haben eine Drahtösenaufhängung wie Schwarzwalduhren und zeigen genau da immer Verschleiß.

Deine Kundo ist schön, an sich werden diese Uhren im Vergleich zu den Junghänsern total unterbewertet.

Frank

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Re: KUNDO Magnetpendeluhr mit dem Werk EM1000 und mech. Kont

Beitrag von uhrmenschlich » Do 8. Jun 2017, 22:53

Hallo,
da habe ich jetzt meine Kundo extra zerlegt, um die Seriennummer zu erfahren : 000176 - demnach wohl eine sehr früh hergestellte von den ja eh schon seltenen Magnetpendel Uhren mit Kontakt und geteiltem Magnet. - Und noch ohne Möglichkeit das Pendel zum Transport zu sichern / festzuschrauben !

Grüße, Ralph
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Re: KUNDO Magnetpendeluhr mit dem Werk EM1000 und mech. Kont

Beitrag von Der_Stromer » Fr 9. Jun 2017, 13:05

Hallo, Ralph.

Ja, das ist definitiv eine EM1000 aus den Anfängen (ca. Mitte der 1950er). Sehr schöne und auch seltene Uhr mit dieser Seriennummer. Glückwunsch. Auch das Pendel, das geteilte, ist original. Leider ist mir nicht bekannt, wie das damals mit der Sicherung gemacht wurde :cry: . Als ich meine Uhr versenden musst, habe ich aus Schaumstoff einen Puffer angefertigt, der das Pendel so hoch anhob, dass es an der Spule fest anlag. Ich glaube, so ähnlich hat KUNDO das bei diesen Werken auch gelöst.

Glückwunsch zu dieser Uhr und danke fürs Zeigen!
Hallo aus der Oberpfalz
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