Hallo liebe GDC Mitglieder,
ich möchte Euch eine englische Wanduhr, vom Ende des 18.Jahrhunderts, vorstellen, die sich durch ein kräftiges Ganggeräusch bemerkbar macht.
Das Gehäuse ist rund mit einem Durchmesser von 38 cm in Mahagoni.
Das Zifferblatt ist aus Messing mit einem Durchmesser von 31 cm mit gravierten römischen Ziffern, die schwarz ausgelegt sind.
Das Zifferblattes graviert:“ John Gudgeon Bury“.
Die Zeiger sind aus Stahl fein ausgesägt und blau angelassen.
Lebenslauf von John Gudgeon:
John Gudgeon, geboren 1765, war ein Uhrmacher aus Bury St.Edmunds ( zur Zeit vom König Georg III ), wohnhaft am Buttermarket. Er heiratete im Jahr 1785 Mary Lumley,die bereits 1800 starb.
Er übernahm 1785 die Geschäftsräume in der Abbeygate Street 14. Das Geschäft gibt es heute noch! Sein Sohn George übernahm es im Jahr 1815. John Gudgeon ging eine weitere Partnerschaft mit der verwitweten Mutter seiner vorigen Frau ein und zog mit seiner „neuen“ Frau an den Buttermarket.
Im Namensverzeichnis für die Jahre 1823 und 1830 wird John Gudgeon jetzt als Uhrmacher für
Taschen und Wanduhren am Buttermarket geführt. Er starb im Jahr 1835.
Das Uhrwerk:
Es handelt sich um ein 8-Tage-Werk mit Spindelgang, Schnecke und einem Kurzpendel.Die Vollplatine in Messing ist 3 mm stark. Die Platinen sind schon einmal verwendet worden,was zu der Zeit nicht ungewöhnlich war (je Platine 5 Messingfüllfutter).
Abdeckung für Schneidenlager:
Das Außergewöhnliche an dieser „hochherrschaftlichen Küchenuhr“ ist die Spindel. Die Lappen sind als „Schuhe“ ausgebildet und mittig auf der Welle aufgelötet.
Links sieht man die Schneide, daneben die Lappen welche als Schuhe ausgebildet sind:
Die zifferblattseitige Lagerung ist eine Zapfenlagerung ,die Rückplatinenlagerung ist als „ Schneidenlagerung“ ausgeführt.
Zähnezahlen:
Spindelradzähne: Z = 25 (Die Zähne sind nicht gefräst sondern von Hand gefeilt!)
Spindelradtrieb : Z' = 6
Kronrad: Z = 72
Kronr.Trieb: Z’ = 8
Schneckenrad: Z = 95
Federhaus:Durchmesser 65 mm! Kraftübertragung erfolgt per Darmseite:
Restaurierung:
Mit einer Salmiak-Schmierseife-Wasser-Lösung (bei Großuhren stelle ich mir die Reinigungslösung selber zusammen) habe ich alle Teile gereinigt, in Benzin geschwenkt .Nach dem Trocknen wurden sie dann noch mit Kreide abgebürstet.(Ziegenhaarbürste Stärke 3) Das ergibt einen wunderbaren tiefen Glanz.
So eine wunderbare alte Uhr sollte man nicht auf Hochglanz polieren!
Einordnung:
John Gudgeons Ehrgeiz lief in die Richtung, eine möglichst geräuschlose Hemmung zu entwickeln,was ihm im Jahr 1805 auch mit einer „unhörbaren“ Hemmung gelang.(Sammlung Richard Amos) Folglich muss meine „laute“ Uhr zwischen 1795 -1805 entstanden sein.
Die ersten auf der Rückplatine eingeritzten Reparaturzeichen stammen von einem Uhrmacher namens Jan Hoy 12/1814 - Hoy April 1816 (wohnhaft in Bury St.Edmunds).
Viel Spaß beim betrachten der Bilder.
Über eine Rückmeldung oder weiter Infos würde ich mich freuen.
Ralf43
Englische Wanduhr von John Gudgeon
Englische Wanduhr von John Gudgeon
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Re: Englische Wanduhr von John Gudgeon
Hallo Ralf43,
weitere Infos zu der Uhr sind wohl kaum möglich; du hast da schon hervorragend recherchiert und auch sehr gut dokumentiert. Die üblichen Referenzwerke, wie Baillie und Loomes geben nur einen Bruchteil der Informationen her. Wie bist du denn auf die Geschichte mit seiner zweiten Ehe gestoßen?
Wahrscheinlich kennst du das Buch "English Dial Clocks" von Ron Rose? Da ist eine kurze Abhandlung über Gudgeons geräuschlose Hemmung drin ("Silent Verge"). In dem Buch gibt es auch eine Abbildung einer Gudgeon-Dial-Clock mit etwas aufwändiger graviertem Zifferblatt und deutlich einfacheren Birnen-Zeigern ("Spade-Hands"), die als Original-Zeiger beschrieben werden.
Wahrscheinlich beschäftigst du dich auch intensiv mit dem Thema "Englische Großuhr"? Ich bin mir zunehmend unsicher, wann die Engländer anfingen, gebläute Zeiger zu verwenden. Bei vielen Uhren bin ich mir sicher, daß Zeiger, Schrauben, etc. erst vor kurzem gebläut wurden, um die Uhr besser verkaufen zu können. In englischen Standuhren vor 1800 gibt es meistens blanke Eisenzeiger zu sehen. Diese Zeiger wirken infolge Patinierung fast schwarz, sind aber nicht gebläut. Bei Kleinuhren aus der Zeit sind hingegen etliche (Zier-)teile blau angelassen. Interessanterweise haben auch Tür- und Truhenschlösser, die deutlich vor dem 18. Jhdt. gebaut worden, gebläute Zierteile.
Viele Grüße
Kurt
weitere Infos zu der Uhr sind wohl kaum möglich; du hast da schon hervorragend recherchiert und auch sehr gut dokumentiert. Die üblichen Referenzwerke, wie Baillie und Loomes geben nur einen Bruchteil der Informationen her. Wie bist du denn auf die Geschichte mit seiner zweiten Ehe gestoßen?
Wahrscheinlich kennst du das Buch "English Dial Clocks" von Ron Rose? Da ist eine kurze Abhandlung über Gudgeons geräuschlose Hemmung drin ("Silent Verge"). In dem Buch gibt es auch eine Abbildung einer Gudgeon-Dial-Clock mit etwas aufwändiger graviertem Zifferblatt und deutlich einfacheren Birnen-Zeigern ("Spade-Hands"), die als Original-Zeiger beschrieben werden.
Wahrscheinlich beschäftigst du dich auch intensiv mit dem Thema "Englische Großuhr"? Ich bin mir zunehmend unsicher, wann die Engländer anfingen, gebläute Zeiger zu verwenden. Bei vielen Uhren bin ich mir sicher, daß Zeiger, Schrauben, etc. erst vor kurzem gebläut wurden, um die Uhr besser verkaufen zu können. In englischen Standuhren vor 1800 gibt es meistens blanke Eisenzeiger zu sehen. Diese Zeiger wirken infolge Patinierung fast schwarz, sind aber nicht gebläut. Bei Kleinuhren aus der Zeit sind hingegen etliche (Zier-)teile blau angelassen. Interessanterweise haben auch Tür- und Truhenschlösser, die deutlich vor dem 18. Jhdt. gebaut worden, gebläute Zierteile.
Viele Grüße
Kurt
Re: Englische Wanduhr von John Gudgeon
Hallo Ralf43,
vielen Dank für diesen hoch interessanten Beitrag! Ich selbst kann da leider nichts dazu Beisteuern.
Trotzdem hab ich das Lesen und die Bilder sehr genossen.
lg Christian
vielen Dank für diesen hoch interessanten Beitrag! Ich selbst kann da leider nichts dazu Beisteuern.
Trotzdem hab ich das Lesen und die Bilder sehr genossen.
lg Christian
.
Fragen, Korrekturen und Ergänzungen zu meinen Beiträgen sind ausdrücklich erbeten und gewünscht!
Fragen, Korrekturen und Ergänzungen zu meinen Beiträgen sind ausdrücklich erbeten und gewünscht!
Re: Englische Wanduhr von John Gudgeon
Das ist eine außergewöhnliche Uhr mit "Silent Verge" und Schneidenlagerung. Ich selbst habe eine Bracket Clock mit silent verge, wobei die Paletten aus gespannten Darmsaiten gefertigt sind. Ebenfalls aus der zweiten Hälfte des 18. Jh.
Ursus
Ursus
Re: Englische Wanduhr von John Gudgeon
Hallo Ralf,
in der Tat eine sehr schöne Uhr. Auch wenn noch nicht mit der geräuschlosen Hemmung.
Vielen Dank für den interessanten Bericht und die Detailfotos, zu denen man, wie Kurt es auch schon gesagt hat, kaum noch etwas hinzufügen kann. Ich jedenfalls nicht. Da bleibt nur noch ein Glückwunsch zur Uhr und Danke fürs Zeigen.
Gruß
Peter
in der Tat eine sehr schöne Uhr. Auch wenn noch nicht mit der geräuschlosen Hemmung.
Vielen Dank für den interessanten Bericht und die Detailfotos, zu denen man, wie Kurt es auch schon gesagt hat, kaum noch etwas hinzufügen kann. Ich jedenfalls nicht. Da bleibt nur noch ein Glückwunsch zur Uhr und Danke fürs Zeigen.
Gruß
Peter
Re: Englische Wanduhr von John Gudgeon
Hallo Kurt,
ich danke euch für eure interessanten Beiträge.
Was die Zeiger angeht, kann ich auch was dazu beitragen: Bei Christies ist am 18.11.2010 eine Mahagony drop dial wall clock von John Gudgeon für 9375 britische Pfund versteigert worden. Diese hatte die selben Abmessungen aber ein Emaile-Zifferblatt mit exakt den gleichen Zeigern wie bei meiner Uhr.
Eben auch gebläut (blue steel hands). Die Uhr ist von 1810!
Hallo Ursus,
könntest du deine bracket clock mit silent verge einmal mit Bildern beschreiben? Das wäre total spannend!
Viele Grüße aus Freiburg
Ralf 43
ich danke euch für eure interessanten Beiträge.
Was die Zeiger angeht, kann ich auch was dazu beitragen: Bei Christies ist am 18.11.2010 eine Mahagony drop dial wall clock von John Gudgeon für 9375 britische Pfund versteigert worden. Diese hatte die selben Abmessungen aber ein Emaile-Zifferblatt mit exakt den gleichen Zeigern wie bei meiner Uhr.
Eben auch gebläut (blue steel hands). Die Uhr ist von 1810!
Hallo Ursus,
könntest du deine bracket clock mit silent verge einmal mit Bildern beschreiben? Das wäre total spannend!
Viele Grüße aus Freiburg
Ralf 43
Re: Englische Wanduhr von John Gudgeon
Guten Abend Ursus!
Vielen Dank für die PDF. Ein Traum von einer Uhr!.
Liebe Grüße Ralf43
Vielen Dank für die PDF. Ein Traum von einer Uhr!.
Liebe Grüße Ralf43
Re: Englische Wanduhr von John Gudgeon
Deine Uhr, eine Dial Clock, gefällt mir ebenfalls ausgeprochen gut.
Ursus
Ursus