Bei der hier schon beschriebenen Brillie-Einzeluhr
http://www.dg-chrono.info/dg-chrono.de/ ... 144&t=3695
gab es quasi als Zugabe noch eine originale Zelle im Glas, vollkommen eingetrocknet, aber ansonsten noch in Ordnung.

Die Zelle hatte immerhin noch eine Spannung von 7mV (!), der Zinkmantel war total oxidiert und daher weiß, aber das Glas war noch ganz und ein Schild auf der Zelle datierte sie auf November 1934. Also war die Uhr in etwa 1937 stehen geblieben, bis ich sie erwerben konnte. Scheinbar konnten diese Zellen wieder recycled werden, wenn ich den französischen Aufkleber richtig verstehe. Zumindest sollte wohl die Bohrung im Deckel vor dem Transport mit einem Stopfen verschlossen werden. Weil man so eine antike Zelle nicht unbedingt jeden Tag auf den Tisch bekommt, wäre es ein Unding gewesen, diese zu schlachten und mit einer neueren Babyzelle als Innerei wieder in Betrieb zu nehmen. Andererseits reizte es mich, die Uhr zumindest von außen wieder annähernd original in Betrieb zu nehmen. Daher entschloss ich mich zu einem Nachbau, auch wieder aus Glas. In der Zelle sollte eine Babyzelle als Energiespeicher seinen Platz finden, allerdings von außen unsichtbar.
Das erste Problem war, woher ein passendes Glas nehmen. Diverse Verpackungen im Einzelhandel waren ungeeignet, denn entweder zu groß oder mit falscher Form. Die Zelle durfte schließlich nicht viel größer als 50mm im Durchmesser und 90mm in der Höhe sein, um in die Uhr zu passen. Schließlich bin ich auf die Idee gekommen, Kölschgläser zu verwenden. Diese sind sehr schlank, allerdings viel zu hoch. Der Düsseldorfer wird frohlocken: Ich habe mehrere Gläser köpfen müssen, um ein geeignetes Verfahren zu entwickeln.
Nach den Beschreibungen im Internet jedenfalls funktionierte das nicht:
https://www.youtube.com/watch?v=Dod_ndszTEY
Mit diesem Verfahren habe ich immerhin 4 Gläser zerstört. Dann habe ich einfach ein Glas genommen, in die Drehbank bei langsamer Umdrehung gespannt und einen Schlitz mit einer Diamantfeile eingeschliffen.

Man sieht, dass mit Wasser gekühlt wurde, sparsam, sonst leidet die Drehbank. Kurz vor dem Durchbruch entfernt man das Glas, dann kann der obere Rand leicht entfernt werden. Wenn man erst mal herausgefunden hat, wie das am besten geht, dauert das Kürzen nur 5 bis 10 Minuten. Erfolgreich war Nummer 6. Da ich aber 24 Gläser für 1 EUR ersteigert habe, war das kein Problem.
Der Vergleich zeigt die Ähnlichkeit der Gläser.

Das Kölschglas ist nun in der passenden Länge, nur 2,5mm größer im Durchmesser.
Spannend war dann noch das Bohren von 3 Löchern am oberen Rand zur Befestigung des Glases und um die Möglichkeit zu schaffen, die Babyzelle im Innenraum zu wechseln.
Die Herstellung des Deckels mit den Innereien war dann nur noch Routine.

Das Glas wurde dann von innen silbern und schwarz lackiert, mit einem unscharfen Übergang. So kann die eingefügte Zelle nicht durchscheinen, und das Silber soll einen frischen Zinkmantel simulieren, der sich langsam auflöst. Der Aufkleber war einfach herzustellen und zu drucken, leicht gelbliches Papier hatte ich noch.
Durch die Löcher zusammengeschraubt, sieht die Imitation der ursprünglichen Zelle relativ ähnlich.

In der Brillie-Uhr sieht die Zelle sehr dekorativ aus, zumal sie auch am unteren Ende zu sehen ist, wenn das Zifferblatt montiert ist. Insgesamt hat sich das Experiment gelohnt, wenn auch nicht zeitlich, da der Aufwand, die Zelle herzustellen, immens war. Erfahrungsgemäß würde aber ein 2. Exemplar schneller gehen und mit einem geringeren Verlust an Kölschgläsern bezahlt werden.

Frank