[Anfängerfrage] Zeiger am Werk einer klassizist. Portaluhr

Funktion, Ratschlaege, Fragen,.....
Forumsregeln
Falls hier theoretische Hilfen angeboten werden, so sollen und können sie keinen Uhrmacher ersetzen. Sie sind ohne jede Garantie oder Gewähr und jeder muss selbst wissen, was er sich zutrauen kann und dass man mit einem Selbstversuch evtl. leichtfertig die Uhr zerstören könnte. Vor allen Dingen wertvolle Uhren gehören in die Hand eines Fachmanns. Vielleicht sogar eines Fachmanns hier aus dem Forum. Laien sollten unbedingt den oben angepinnten Hinweis über Uhrenfedern lesen.
Antworten
DerHistoriker
Beiträge: 13
Registriert: Di 9. Jul 2013, 13:27

[Anfängerfrage] Zeiger am Werk einer klassizist. Portaluhr

Beitrag von DerHistoriker »

Hallo Uhrenfreunde,

da dies mein erster post ist, sollte ich mich vielleicht vorstellen. Ich bin Historiker von Beruf (von den Allgemeinen, nicht den Kunsthistorikern) und außerdem Sammler klassizistischer Antiquitäten aller Art. Seit gestern gehört auch eine Pendule dazu, die ich auf dem Flohmarkt gesehen habe und zunächst mal wegen ihres dekorativen Werts nicht stehen lassen konnte. Mir war die weitgehend authentische Erhaltung der Fassung des Gehäuses wichtig (wenige Reperaturen, keine hochglanzpolierten Beschläge, abgeschliffenen Furniere etc.). D.h. ich komme zu Uhren über den Weg eines Gebrauchsmöbels.

Ohne dass ich jetzt schon im größeren Umfang Literatur herangezogen hätte, würde ich das Gehäuse grob in die Zeit zwischen 1820 und 1840 einordnen, die Provenienz ist sehr wahrscheinlich Österreich oder der böhmische Raum.
Bei dem verbauten Werk mit 4/4 Schlag auf Tonspirale handelt es sich den Montagespuren nach um das zweite Werk im Leben dieses Gehäuses. Im Fuß ist in jüngster Zeit ein Walzwerk böhmischer Herkunft (um 1900) mit drei Melodien verbaut worden. Die Fadenaufhängung des Pendels war lose, aber das ließ sich unschwer richten. Die Uhr lief auch den ganzen gestrigen Tag durchgängig, nur war sie eben nicht gestellt. (Und das ist der Punkt, wo Buchwissen plötzlich nicht mehr ausreichend ist).

Jetzt habe ich - da es keine Schrauben oder Züge o.ä. am Werk gibt, mit dem man die Zeigerstellung regulieren könnte - naiv angenommen, dass man die Uhr durch drehen am Minuten bzw. Stundenzeiger (ein Fehler) stellen kann ( :oops: ). Der Stundenzeiger hat sich darauf gelöst und der Minutenzeiger dreht sich auch nicht mehr weiter. Natürlich ist die Kraftübertragung gewaltig, aber da ich (hoffentlich) extrem vorsichtig war und alles nur in Laufrichtung bewegt habe, habe ich die Hoffnung, dass noch nichts irreparabel beschädigt ist. :cry: Meine Fragen gehen deshalb dahin:

- Kann jemand Literaturempfehlungen geben, die einem Anfänger einen Einstieg in die Reparatur verschiedener Werkstypen von Tisch/Kamin-Uhren des 19. Jahrhunderts vermitteln? (Ich habe in der Literatursektion schon ein bisschen gestöbert, aber ich wäre für einen etwas "personalisierteren" Ratschlag sehr dankbar).

- Könnte mir eventuell jemand mit einem konkreten Ratschlag weiterhelfen, wie sinnvollerweise der nächste Schritt aussehen sollte? (Außer Finger von Teilen lassen, von denen man (noch) nichts versteht...).

Herzlichen Dank vorab
DerHistoriker

P.s.: Ich habe zwei Bilder beigefügt, das eine von der Uhr im Gesamtaufbau, das zweite von der Zeigeraufhängung außen. Wenn das sinnvoll erscheint, mache ich gerne auch ein Bild des Werks. Aber da das Holz schon etwas müde ist, wollte ich unnötige Aus- und Einbauten vermeiden und warte ersteinmal was Ihr sagt...
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
petsch
Administrator
Beiträge: 1862
Registriert: So 15. Aug 2010, 18:10

Re: [Anfängerfrage] Zeiger am Werk einer klassizist. Portalu

Beitrag von petsch »

Hallo Historiker,
erst einmal herzlich willkommen hier im Uhrenforum !

Eine schöne Uhr hast Du da gekauft. Durch die Alabasterverzierung im Giebel auch optisch sehr interessant.

Die Uhr hast Du auch als "Uhrenlaie" schon ganz richtig eingeschätzt. Zeitlich, wie auch von der Herstellerregion. So, nur von den Fotos her sieht alles original aus. Es kann natürlich trotzdem sein, dass jemand ein anderes Werk eingebaut hat, was optisch von vorne sehr gut passt. Wahrscheinlich dann in Verbindung mit dem Spielwerk, von dem Du auch meinst, dass es später eingebaut wurde.
Wobei ein Werk von 1900 keine Fadenaufhängung mehr hat und das Ziffernblatt ist auch aus der Zeit des Gehäuses. Woran meinst Du denn zu erkennen, dass das Spielwerk um 1900 ist ? Solche Spielwerke in den Sockeln kommen in Uhren dieser Zeit öfter mal vor.
Du könntest ja mal Fotos von hinten machen, ohne etwas auszubauen. Irgendetwas muss man dann doch auch erkennen können.
Diese Holzgehäuse sind öfter mal etwas fragil, so dass ich gut verstehen kann, wenn Du da nichts ausbauen möchtest.

Zu den Zeigern :
Die Uhr wird tatsächlich vorsichtig an den Zeigern verstellt. Und zwar dreht man am Minutenzeiger (natürlich möglichst weit innen und vorsichtig im Uhrzeigersinn) . Der Minutenzeiger sitzt auf der Zeigerwelle, die vorne einen Vierkant hat. Der Stundenzeiger sitzt meist nicht ganz fest auf dem Stundenrad, d.h. er ist jetzt wahrscheinlich nur lose und muss wieder passend aufgedrückt werden. Wenn sie im Augenblick nicht mehr läuft, kann es vielleicht sein, dass die Zeiger sich jetzt gegenseitig behindern. Versuch es doch noch einmal die Uhr laufen zu lassen, wenn Du den Stundenzeiger wieder aufgedrückt hast.
Dann müssen wir weitersehen.
Gruß
Peter
DerHistoriker
Beiträge: 13
Registriert: Di 9. Jul 2013, 13:27

Re: [Anfängerfrage] Zeiger am Werk einer klassizist. Portalu

Beitrag von DerHistoriker »

Hallo Peter,

danke für das warme Willkommen.
Das kommt davon, wenn man nicht detailliert genug schreibt ;) .

Beim Walzenwerk bin ich mir ganz sicher, da ich Herstellerangabe und Seriennummer habe und sich beides im Netz unschwer zu einer Auktion eines größeren Auktionshauses vor einigen Jahren zurückverfolgen lässt. Dort findet sich eine detailliertere Beschreibung des Spielwerks, die natürlich auch nicht immer exakt sein muss. Daher die Datierung. Leider ist es etwas zu hoch und der Vorbesitzer hat dafür den Boden des Kastens aufgebrochen :x alles unschön auf einem Schichtholz-Brettchen fixiert und das zwischen den Füßen verschraubt.

Das "eigentliche Werk" könnte durchaus aus der Zeit sein (was natürlich toll wäre). (Da begebe ich mich jetzt aber auf glattes Eis).
Aber der Korpus des Gehäuses zeigt an den Ausbrüchen für die Aufhängung der Linse (heißt das glaube ich) vor dem Ziffernblatt, dass es wohl zumindest eine frühere Montage gab. Von der Lage der Ausbrüche her kann ich mir schlecht vorstellen, dass es dieselbe Aufhängung war wie im Moment.

Du machst mir Hoffnung! Zur Orientierung: Muss der Zeiger vom Gehäuse weg oder zum Gehäuse hin wieder aufgesetzt werden? (Bei mir hängt es nämlich an solchen "elementaren" Dingen.
Vielen Dank!
DerHistoriker
Beiträge: 13
Registriert: Di 9. Jul 2013, 13:27

Re: [Anfängerfrage] Zeiger am Werk einer klassizist. Portalu

Beitrag von DerHistoriker »

Als Ergänzung hier noch zwei Fotos vom Inneren der beiden Kammern. Die Abdeckungen der Kammer für das Werk wie für das Spielwerk gibt es leider nicht mehr.
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
walter der jüngere

Re: [Anfängerfrage] Zeiger am Werk einer klassizist. Portalu

Beitrag von walter der jüngere »

Hallo,

zunächst zum Aufsetzen des Stundenzeigers:

Der muss zum Zifferblatt hin auf das von dort herausragende Rohr aufgepresst werden. Mit spitzen Fingern, und auch nicht mit Gewalt.
Am besten, der Minutenzeiger wird im Uhrzeigersinn so weit gestellt, bis der nächste Schlag gerade ausgeführt worden ist - dann ist klar, wo der Stundenzeiger genau hinzeigen soll...
Wichtig: Die Zeiger sollen weder sich, noch das Zifferblatt berühren.

Zur Frage nach den Uhrenbüchern:
Was soll das Ziel der Repariererei sein - mal einen Handgriff selber ausführen können, oder mehr?
Wenn ich da mehr dazu weiß, dann geb ich auch da gern meinen Senf zu.

Walter d. J.
DerHistoriker
Beiträge: 13
Registriert: Di 9. Jul 2013, 13:27

Re: [Anfängerfrage] Zeiger am Werk einer klassizist. Portalu

Beitrag von DerHistoriker »

Und noch etwas nachgereicht: Ich habe nachdem ich die Panik aus- und die grauen Zellen wieder eingeschaltet habe gemerkt, dass der Zeiger natürlich zum Ziffernblatt hin aufgesetzt werden muss. Bewegt hat sich zunächst nichts, dann habe ich nch mal etwas in Laufrichtung gedreht und voilá! Das Werk läuft wieder und die Zeiger drehen sich auch - zumindest der Minutenzeiger wandert wieder. Beim Stundenzeiger bin ich mir nicht sicher, werde aber wohl in Kürze eine (Miss-)Erfolgsmeldung machen können.
DerHistoriker
Beiträge: 13
Registriert: Di 9. Jul 2013, 13:27

Re: [Anfängerfrage] Zeiger am Werk einer klassizist. Portalu

Beitrag von DerHistoriker »

Danke Walter, ich habe es inzwischen sogar rausgefunden.

Das Ziel ist für die meisten hier wahrscheinlich eher "oberflächlich". Ich möchte zukünftig Unsicherheiten dieser Art vermeiden, indem ich das, was ich vor mir habe, auch von seinem technischen Aufbau her besser begreife.
(Reparieren ist insofern zu viel gesagt... ). Und wenn wieder einmal ein Kauf ansteht, schadet es nicht, noch besser Einschätzen können, ob z.B. ein Werk authentisch zum Korpus gehört oder später ergänzt wurde.
DerHistoriker
Beiträge: 13
Registriert: Di 9. Jul 2013, 13:27

Re: [Anfängerfrage] Zeiger am Werk einer klassizist. Portalu

Beitrag von DerHistoriker »

Ich hoffe, dass das jetzt nicht OT führt, aber ich erlaube mir, noch ein Bild hochzuladen, auf dem man die Altsrestaurierung erkennen kann.
Wenn tatsächlich das selbe Werk und Ziffernblatt in der Pendule war, wurde das Furnier ungünstig neu angeordnet, was ich eher merkwürdig fände. Das Furnier auf der Unterseite einschließlich des jetzigen Ausbruchs bedeckt übrigens den ganzen Korpus, so dass es nicht verändert werden kann.
Der Stundenzeiger bewegt sich übrigens wieder.
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
walter der jüngere

Re: [Anfängerfrage] Zeiger am Werk einer klassizist. Portalu

Beitrag von walter der jüngere »

Hallo,

passen Holzeinfassung und Lünette wirklich so ungünstig zusammen (sie schließt offenbar nicht sonderlich gut ab) - und könnte es sein, daß die Holzeinfassung verdreht wurde, so daß also die Aussparung für das Scharnier vorgesehen war?

Walter d. J.
petsch
Administrator
Beiträge: 1862
Registriert: So 15. Aug 2010, 18:10

Re: [Anfängerfrage] Zeiger am Werk einer klassizist. Portalu

Beitrag von petsch »

Also das Werk von hinten und die Gongspiralen sind eindeutig aus der Zeit des Gehäuses. Natürlich könnte es theoretisch trotzdem sein, dass man das Werk gegen ein anderes gewechselt hat.

Vorne bei der Glastür denke ich wie Walter, dass da etwas gedreht sein könnte. Dies Aussparung sieht ja wie eingeschnitten aus und genauso sieht normalerweise die Scharnieraufnahme der Tür aus.
An dieser Stelle hat aber bei so einer Uhr niemals das Scharnier gesessen, sondern immer genau an der Seite, so wie es jetzt auch sitzt. Ist vielleicht die ganze Gehäusetrommel mal gedreht worden weil irgendetwas ausgebrochen war ?
Oft sieht man es, dass neben dem Ziffernblatt der Ring, der das gesamte Werk im Gehäuse hält schon mit den verschiedensten Löchern und Schrauben versehen worden ist, weil das vorherige ausgebrochen war. Vielleicht ist die ganze Werkaufnahme deshalb gedreht worden ?
Wenn das aber möglich war zu drehen, dann müsste eine andere alte Aussparung für das Pendel noch irgendwo in der Trommel zu sehen sein.

Es geht nichts darüber, so eine Uhr im Original vor sich zu sehen, um halbwegs sicher sagen zu können, was mit der Uhr passiert ist.

Gruß
Peter
Antworten