Urheberrecht

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Heinrich
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Urheberrecht

Beitrag von Heinrich » Mi 1. Feb 2012, 09:46

eine Frage an die Rechtskundigen:
Macht man sich, wenn ein Buch, bei dem die Rechte längst erloschen sind und das von jemandem neu aufgelegt wird (z.B. Schulz "Der Uhrmacher am Werktisch") und in den Handel kommt wegen Urheberrechtsverletzung strafbar, wenn man irgendeinen Scan von der Originalausgabe ins Netz stellt?
Heinrich
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soaringjoy
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Re: Urheberrecht

Beitrag von soaringjoy » Mi 1. Feb 2012, 10:39

Im Zweifelsfall ja.

Soweit ich weiß ist so ein Fall noch nicht rechtskräftig abgeurteilt worden
und es käme sicher auch auf die Sichtweise des Gerichtes im Einzelfall an.
Trotzdem bietet das Urhebergesetz im Generellen eine Schranke, denn ein
ein Nachdruck als solcher ist i.d.R. auch geschützt.

Ein treffendes Beispiel ist das Buch

"Die Uhren und ihre Konstruktionen, Eigenschaften, Behandlung und Reparaturen
kleiner Fehler durch den Laien", aus 1921 von Georg Andrich.

Das Buch wurde 2002 als Nachdruck neu aufgelegt vom Verlag Th. Schäfer, Hannover,
in der Serie "libri rari"; es unterliegt damit dem Copyright.

Schauen wir uns kurz die Entwicklung in der Praxis anhand zweier Beispiele an:

1988
Alle Rechte vorbehalten, auch die des auszugsweisen Abdruckes, der photomechanischen
Wiedergabe und der Übersetzung.

2011
Das Werk, einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.
Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes
(auch Fotokopie, Mikroverfilmung und Übersetzung) ist ohne Zustimmung des
Verfassers unzulässig und strafbar. Dies gilt auch ausdrücklich für die Einspeicherung
und Verarbeitung in elektronischen Systemen jeder Art und von jedem Betreiber.


Auf gut Deutsch heißt das, es gilt der ausdrückliche Verwendungswillen des Verfassers.

J.
"tempus nostrum"

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Re: Urheberrecht

Beitrag von petsch » Mi 1. Feb 2012, 10:45

Hallo Heinrich,
nur meine Meinung, natürlich ohne Gewähr :

Scans vom Original müssten meiner Meinung nach erlaubt sein , nicht aber von dem Neudruck (insbesondere auch, wenn vielleicht etwas ergänzt oder modernisiert worden ist, also eigene Arbeit eingeflossen ist), . Seiten wie das Gutenbergprojekt , archive.org oder auch google dürften sonst keine solchen Bücher mehr veröffentlichen. Im Gegenteil, viele Verfielfältiger nutzen diese Projekte, um dann Kopien zu erstellen. Ich glaube ein ebayverkäufer aus Österreich verkauft reihenweise CD´s mit scans von diesen Büchern.

Was mich in diesem Zusammenhang interessieren würde, ist die Frage, ob bei einem Buch, bei dem das copyright abgelaufen ist, das irgendwie nachträglich wieder erneuert werden kann.

Gruß
Peter

PS: Jürgens Antwort kam mir zuvor. Ich denke , die Inhalte stehen nicht im Gegensatz. Scans vom Original ja, Scans vom Neudruck nicht.
Falls Du Dich spezieller mit Taschenuhren beschäftigen möchtest, besuch doch auch das pocketwatchforum :
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Heinrich
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Re: Urheberrecht

Beitrag von Heinrich » Mi 1. Feb 2012, 16:57

erstmal Dankeschön für eure Antworten! Hier:
http://www.wer-weiss-was.de/theme64/article3898087.html
habe ich einiges Interessantes dazu gefunden, das eure Meinung bestätigt. So, wie es da aussieht, kann ich tatsächlich einen Scan aus einem Original nach spätestens 80 Jahren (70 Jahre + evtl. Verlängerung) veröffentlichen, obwohl möglicherweise ein Nachdruck des Buches existiert.
Heinrich
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Re: Urheberrecht

Beitrag von petsch » Mi 1. Feb 2012, 22:50

Heinrich hat geschrieben:.... So, wie es da aussieht, kann ich tatsächlich einen Scan aus einem Original nach spätestens 80 Jahren (70 Jahre + evtl. Verlängerung) veröffentlichen, obwohl möglicherweise ein Nachdruck des Buches existiert.
Hallo Heinrich,
um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen müsste man das noch etwas präzisieren : 70 bzw. 80 Jahre nach dem Tod des Urhebers und nicht 70 Jahre nach der Veröffentlichung erlischt das Urheberrecht.

Soweit ich es gelesen habe, gibt es auch unter Umständen eine Vererbung des Urheberrechtes. Dazu konnte ich aber keine genaue Regelung finden, bzw. hatte ich nicht die Zeit genauer zu untersuchen in welchem Fall eine Vererbung möglich ist..

Gruß
Peter
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soaringjoy
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Re: Urheberrecht

Beitrag von soaringjoy » Do 2. Feb 2012, 17:58

Um das einmal klar zu stellen, Internetsites wie "wer-weiß-was", "Frag einen Anwalt"
oder ähnlich, können bei solch einer komplexen Materie lediglich am Lack kratzen, oder,
was noch schlimmer wäre, in die Irre führen. Da kann ich Neugierige nur warnen.
Nicht umsonst gibt es fundierte rechtliche Kommentare, die um einiges dicker sind
als die eigentlichen Gesetzesbücher.
Was z.B. für uns das "Lexikon" von H.-H. Schmid ist, ist für Verkehrsrecht der "Jagusch",
oder "Tröndle/Fischer" für Strafrecht.
Für Einsteiger ins Urheberrecht gibt es z.B. aus der Reihe
Berliner Bibliothek zum Urheberrecht den Band "Urheberrecht von A-Z" von Haupt/Ullmann,
oder "Zweiter Korb - Das neue Urheberrecht in der Informationsgesellschaft" von Hucko.

Für verbindliche Antworten auf Rechtsfragen und zu Gerichtsurteilen gibt es im Netz (für Deutschland)
nur eine anerkannte und verlässliche Stelle: www.juris.de

Übrigens darf in Deutschland nicht jeder eine Rechtsberatung leisten; die niedrigste
Schwelle ist der Rechtspfleger, oder eben der Rechtsanwalt / Notar (Volljurist).
Dabei geht es nicht um Reibbach, sondern darum, dem Bürger mit (hoffentlich) fundierten
Kenntnissen zur Seite zu stehen.
Schließlich ist es nicht so, als würde man sich einen Pickel ausdrücken wollen, aber auch
dazu gibt es sicher Internetseiten. :mrgreen:

J.
"tempus nostrum"

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uhr122
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Re: Urheberrecht

Beitrag von uhr122 » So 19. Feb 2012, 17:20

Hallo,

als Mitstreiter beim Verlag "Historische Uhrenbücher" hier auch mein Wissensstand.

In aller Regel gilt: 70 Jahre nach dem Tod des Autors erlischt sein Urheberrecht. Dabei ist aber zu beachten, dass dieses Urheberrecht auch weitergegeben werden kann. Bei unserem Verlag ist dies bei den Jendritzki-, Lehotzky-, Diebner- u. a. Büchern der Fall. Da halten wir die Rechte. Und so ist es mit vielen weiteren Büchern, an denen Verlage die Rechte halten. Autoren können Ihre Rechte auch an den Verlag übertragen haben (z. B. Nachschlagewerke), damit der Verlag kontinuierlich arbeiten kann.

Um nicht gegen das Urheberrecht zu verstoßen, muss man auch bei den Verlagen nachfragen, diese haben aber auch oft Rechtsnachfolger. Ein Beispiel dafür ist der Scriptar SA Verlag, Lausanne, der zwar nicht mehr existiert, aber deren Rechte noch verwertet werden.

Alles in allem eine schwirige Materie, die viel Rechergetätigkeit erfordert. Aber relativ sicher kann man bei Büchern wie dem von Auch: "Der Landuhrmacher" sein. Der ist so alt, die Verlage und den Autor gibt es schon lange nicht mehr und jetzt kann ihn jeder Reprinten, der das Original scannen kann, Scanns vom Reprin unterliegen schon wieder dem Urheberrecht.

Noch ein Problem: Wer sich das Original aus einer Bibliothek ausleiht, dar es nur mit deren Zustimmung scannen und vermarkten und muss dafür i. d. R. zahlen. Bibliotheken lassen aber meist nur Faximilies zu, also detailgetreue Abbildungen des Originals. Unser Verlag überarbeitet die Scanns aber immer, damit eine gute Lesbarkeit erreicht wird, führt im Ergebnis wieder zum rechtlichen Schutz unserer Reprints. Und weil wir so arbeiten, haben wir eine Rückläuferquote von 0% und selbst gebraucht werden unsere Bücher selten gehandelt - sie verbleiben beim Erstkäufer.

Ich hoffe, alles ist etwas klarer geworden.

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