Ein paar Takte noch zu der Unruhwelle: Sie ist ein Umbau einer originalen Junghans-Welle, die in den Ato-Mat-Werken von Junghans eingebaut wurde. Da habe ich das restliche Spielzeug von Junghans heruntergehebelt, geschlagen und dann die Ansätze für die Befestigung des Unruhreifs (oder der Unruhreifen, denn es sind ja 2 mit den Magneten) entfernt. Danach kam ein Ansatz auf die Welle, mit 4 Schraublöchern für den Unruhreifen. Also ist alles einfachst zu entfernen: Abschrauben, fertig. Die Welle sieht so aus:
Zunächst wurden alle störenden Teile mit einem Hartmetall-Drehmeißel abgedreht, damit die Welle nicht angelassen werden musste. Die Welle war äußerst (!) hart. Der Messingbutzen ist einfach aufgeschlagen, nach oben ist ein wenig Platz für die Spirale, nach unten für den Antrieb mit Kontakten und dem Weicheisenanker.
Zu der Grundplatte gibt es dann eine Räderwerksbrücke. Der rechte Teil sieht etwas komplex aus, dazu später. Mittig ist das Junghans-Stoßsicherungslager zu sehen, ein identisches gibt es unten, alles passend zu der Welle.
Zur allergrößten Überraschung wuchs durch den sauberen Aufbau die Unruhamplitude derart, dass die Unruh mehr als 360° machen wollte, bei den 3 Volt, die der Versuchsaufbau brauchte. Daher habe ich einen Vorwiderstand davor gesetzt, der zunächst auch nicht reichte. Nach Vergrößern dieses Vorwiderstandes auf den gleichen Wert wie den der Spule erreichte die Unruh noch nahezu 330°. Ein Versuch mit einer Zelle, also 1,5 Volt brachte den gleichen Wert. Was natürlich Stromverbrauch und Voltzahl senkt. Wie lange die Uhr mit einer Babyzelle läuft, muss ich noch ausprobieren.
Das größte Problem bei dieser Konstruktion ist meine nachträgliche Überlegung, aus dem Gangmodell eine wirkliche Uhr machen zu wollen. Nach unten ist kein Platz mehr, und oben ist die Spirale. Nach einiger Überlegung ist mir eine unkonventionelle Lösung eingefallen, nämlich kein Klinkenrad, sondern eine umgekehrt arbeitende Ankerhemmung: Der Anker treibt ein "Hemmrad" an, welches sich einmal in der Minute drehen soll. Ein dafür brauchbares Hemmrad gab es bei einer Schatz-Wanduhr. Leider nur das Hemmrad, kein Anker. Der ist irgendwann verloren gegangen. Auch kein Achsabstand, denn es gab wirklich nur das Rad. Also musste ich komplett anhand des Rades den Stiftanker konstruieren, der das Rad weitertreibt. Der Anker sieht etwas komplex aus, funktioniert aber tadellos:
Die Ankergabel greift zwischen Unruhschenkel und Spirale ein, daher die so seltsam gebogene Ankergabel. Als "Gegengewicht" gibt es die Ankerbegrenzung (das Gegengewicht musste übrigens noch verkleinert werden, es erwies sich als viel zu groß gegenüber der grazilen Gabel). Auffallend ist das Loch, in das der Begrenzungsstift eingreift. Außerdem der Bügel aus Weicheisen. Das hat den Zweck, dem Anker eine Art "Zugwinkel" zu geben, denn der Begrenzungsstift ist leicht magnetisch und zieht den Anker immer ganz nach rechts oder nach links. Daher steht auch das Messing des Gegengewichtes leicht über, damit die Auslösekraft nicht zu groß werden muss. Auf diese Art und Weise berührt die Ankergabel die Unruh nicht, sondern wird immer etwas davon entfernt gehalten.
Der Eingriff Gabel-Unruh sieht dann so aus:
Eigentlich ganz konventionell, aber an sich ein Mittelding zwischen einer Weckerankergabel (Gabeleingriff leicht konisch, damit der Plateaustift nicht aneckt) und einer normalen Taschenuhrgabel. Der Plateaustift ist eine der 4 Schrauben, die speziell angefertigt werden musste: Der Kopf ist verlängert, der Schraubenschlitz in Richtung Unruhschenkel, damit dessen Kante nicht stört, gehärtet und angelassen, poliert.
Die Sicherheitsrolle ist übrigens einfach auf den Messingbutzen der Unruh aufgesprengt. Er hält durch Eigenelastizität, denn das Loch ist einige hundertstel knapper als der Butzen, und der Ring ist durch die Sicherheitslücke nicht geschlossen. So kann er leicht entfernt werden, um den Unruhreif von der Unruhwelle zu entfernen.
Und die Sache läuft tadellos. Später mit Bildern mehr dazu.
Frank