Was macht eine Uhr zum Chronometer?
Was sagt Wikipedia zum Thema Chronometer?
"...aus altgriechisch χρόνος chrónos „Zeit“ sowie dem griechischen Neutrum μέτρον métron „Maß“, „Werkzeug zum Messen“ steht für besonders präzise mechanische Uhren, wie sie früher besonders zur Zeitbestimmung zur Navigation auf Schiffen und Flugzeugen benötigt wurden."
Der Fachkreis Armbanduhren des DGC (Deutsche Gesellschaft für Chronometrie) beleuchtet das Thema Chronometrie sehr ausführlich im Seminar "Hohe Schule der Chronometrie" und nachdem ich im Sommer bei Chronoswiss in München meine erste eigene Uhr im Rahmen eines wunderbaren DGC-Seminars gebaut habe, war schon klar, das Chronometer-Seminar muss sein.
Wo macht man so ein Seminar?
Im einzigen deutschen Prüfinstitut für Chronometer, in der wohl bedeutendsten deutschen Uhrenstadt, natürlich in Glashütte. In der wunderschön renovierten Sternwarte über der Stadt findet man die Firma Wempe.
Wempe? Die mit den Uhren- und Schmuckläden? Die aus Hamburg?
Genau diese Firma Wempe! Was ich nicht wusste, Wempe hat eine lange Tradition in der Produktion von Marine-Chronometern für die Seefahrt. Seit 1905 wurden in Hamburg in der Chronometerwerke GmbH Uhren für Hamburger Reedereien gefertigt. Und die Chronomterwerke waren ab 1938(?) im Besitz der Fa. Wempe.
Wempe hat in Glashütte die alte zerfallene Sternwarte restauriert, seit 2006 gibt es hier wieder astronomische Geräte zur Sternenbeobachtung und Deutschlands einzige offizielle Prüfstelle nach deutscher Chronometernorm. Diese Prüfstelle betreibt Wempe zusammen mit den thüringischen und sächsischen Landesämtern für Mess- und Eichwesen. Einen besseren Veranstaltungsort kann man sich nicht wünschen.
Also auf nach Glashütte!
Nach der Begrüßung der 15 Teilnehmer durch den DGC-Präsidenten Josef Stadl und Gunter Teuscher, dem Gastgeber von Wempe, interessierte uns natürlich zuerst das Haus und die Sternwarte. So konnten wir als ersten Programmpunkt die Fertigung der Wempe Armbandchronometer und Marine-Chronometer besichtigen. Überrascht war ich, dass Wempe nicht nur alte Marine-Chronometer wartet und repariert, sondern immer noch mechanische Marine-Chronometer fertigt!
Danach gings runter in die Stadt zum deutschen Uhrenmuseum Glashütte. Es gab eine Führung mit dem Leiter des Museums. Uns wurde ein toller Einblick in die Sammlung geboten, immer wieder kamen Hinweise auf Exponate zum Thema Chronometrie. Wie im Flug vergingen die 2 Stunden Rundgang. Das war sicher nicht mein letzter Besuch dort.
Den Abend ließen wir locker ausklingen beim gemeinsamen Abendessen. Obwohl hier vom Hamburger Schnellschnacker bis hin zum Niederbayer alles vertreten war, verstanden sich alle prächtig.
Am Samstag erwartete uns ein Marathon mit Vorträgen zum Thema Chronometer. Die Organisatoren, Herr Stadl, Herr Sack und alle anderen Beteiligten schaffen immer wieder ein unglaubliches Programm. Danke an alle Referenten für die superinformativen Vorträge.
Herr Fleßner erzählte in seiner ruhigen, fesselnden Art über die Geschichte der Chronometrie und spannte einen Bogen von Harrison in England und seinem ersten Chronometer über Arnold, Earnshaw, Guillaume, bis zu Dencker in Hamburg und den Marine-Chronometern. Wir lernten viel über die Schwierigkeiten exakt laufende Uhren zu bauen und unter anderem das Thema Temperaturkompensation.
Mr. Machine gun, auch Carsten Petersen (wie sonst kann jemand aus dem Norden heißen?) genannt, beschoss uns mit Informationen über die Chronometerwerke Hamburg und die dort gefertigten Marine-Chronometer. Hier gab es jede Menge Infos aus dem Firmenarchiv von Wempe zur Geschichte, der Feinstellung und zu Erfindungen, Entwicklungen, Fehlerquellen, Herstellung und Materialien bei alten und modernen Uhren.
Herr Petersen berichtete vom Öl über das Räderwerk, die Spirale mit Temperaturkompensation bis zur Reglage. Neue Entwicklungen von Audemar Piquet, Breguet, Omega, Patek Philippe und Rolex gab es zu bestaunen.
Andreas Vierhuf sammelt alles Mögliche über Chronometrische Prüfungen und Wettbewerbe, vor allem in der Schweiz. Er gab uns einen spannenden Einblick in die Formel 1 der Uhrmacherei, unglaublich viele ausführliche Infos zu Chronometer-Wettbewerben und auch Anekdoten über Transport von Uhren zu den Wettbewerben. Hier gab es manchen Lacher und Kopfschütteln.
Danach reichte es mir und vielen Anderen erstmal. Ich war nach Sachsen gekommen um was über Armbandchronometer zu hören und was passierte? Ich weiß jetzt, was Marine-Chronometer sind, das hatte mich nie interessiert. Ich weiß jetzt um die spannenden Wettbewerbe des letzten Jahrhunderts und ich weiß, dass ich zum Thema Zeit und Uhren gar nichts weiß.
Es tat danach gut, sich zu bewegen und im Haus die Prüfstelle zu besichtigen, in der alle deutschen Chronometer geprüft werden.
Zum Abschluss des Tags wurde uns von Frau Lippmann erklärt, was wir, die Teilnehmer am Sonntag selbst schrauben sollen/dürfen. Es gab zur Auswahl einen Chronometer der Fa. Wempe, der mit einer Schwanenhalsregulierung ausgestattet wurde und zur Chronometerprüfung vorgestellt wird oder dem Umbau der selbstgebauten Uhr aus dem vorhergehenden Seminar.
Der Samstagabend verlief beschaulicher als der Vorabend, es hatten wohl alle Schiss vor der praktischen Übung am Sonntag…
Am Sonntag konnten endlich die theoretisch erworbenen Kenntnisse in die Praxis umgesetzt werden. Wieder konnten wir selbst schrauben und die von uns getunten Uhren dann auf der Zeitwaage regulieren. Nein, es musste keiner auf dem Boden rumkriechen um Kleinteile zu suchen. Keiner außer mir…Na ja Kleinteile: ich hatte meine Lupe unter den Tisch geschmissen, die fand ich auch ohne Brille wieder.
Man merkte am Sonntag, dass selbst schrauben stolz macht. Die lächelnden Gesichter zeigte mir, im Grunde unseres Herzens sind wir alle Schlosser

So gab es beim abschließenden Mittagessen viele zufriedene Gesichter und Verabredungen für die nächsten Veranstaltungen.
Ich hatte ein tolles Wochenende in Glashütte!
Ich traf viele Leidensgenossen aus den vorangegangenen Seminaren wieder. Das scheint ne Sucht zu sein, immer wieder und immer mehr erfahren zu wollen. Nicht nur bei mir.
Das Beste an den DGC-Seminaren sind vor allem Anderen die Referenten. Im DGC gibt es so viel Wissen aus allen Bereichen der Horlogerie, das erstaunt mich immer wieder, das ist der Hammer!
Und Danke an alle, die ihr täglich Brot damit verdienen müssen. Es ist überhaupt nicht selbstverständlich, sich am Sonntag hinzustellen und ein paar Bekloppten was zur eigenen Arbeit zu zeigen. Deshalb hier noch mal einen ganz besonderen Dank an Hr. Teuscher für den Kaffee

Und was kommt als Nächstes?
Egal, Termin im Mai ist schon notiert…