Legenden, Geruechte....

Funktion, Ratschlaege, Fragen,.....
Forumsregeln
Falls hier theoretische Hilfen angeboten werden, so sollen und können sie keinen Uhrmacher ersetzen. Sie sind ohne jede Garantie oder Gewähr und jeder muss selbst wissen, was er sich zutrauen kann und dass man mit einem Selbstversuch evtl. leichtfertig die Uhr zerstören könnte. Vor allen Dingen wertvolle Uhren gehören in die Hand eines Fachmanns. Vielleicht sogar eines Fachmanns hier aus dem Forum. Laien sollten unbedingt den oben angepinnten Hinweis über Uhrenfedern lesen.
Antworten
karlo

Legenden, Geruechte....

Beitrag von karlo »

Es spinnen sich viele Geruechte um die Uhrmacherei, ich fang einfach mal an...

Schlagwerke sind eklig einzustellen.....

Nach (ich sag jetzt mal 1900) gibt es kaum noch Schlagwerke, fuer deren Funktion man "Zahn auf Zahn" das Werk montieren muss.
Rechenschlagwerke bieten dafuer die Herzscheibe.
Bei Schlossscheibenwerken ist eigentlich alles zu drehen.
Ausserdem ist bei den meisten Werken das Hebnaegelrad drehbar.
Das muss man nur vor der Montage gaengig machen.

......

Karlo
Benutzeravatar
Gnomus
Beiträge: 818
Registriert: Fr 20. Aug 2010, 22:43
Wohnort: Dresden

Re: Legenden, Geruechte....

Beitrag von Gnomus »

Und ich behaupte weiterhin, daß es auch nach 1900 immer noch einige Schlagwerke gibt, wo sich nix verdrehen läßt.
Aber "Zahn auf Zahn" montieren macht mir nicht viel aus ;-)
Gruß
Micha
Benutzeravatar
soaringjoy
Moderator
Beiträge: 1446
Registriert: Do 12. Aug 2010, 09:17
Wohnort: NRW

Re: Legenden, Geruechte....

Beitrag von soaringjoy »

Sicher gibt es auch spätere Werke, wo sich nichts im Nachhinein drehen
lässt.
In der Regel jedoch gibt es einen Weg, auch, wenn z.B. das Sternrad (Hebnägelrad)
fest angebracht ist. Nämlich wie Karlo es beschrieb, über die Herzscheibe.
Sternrad auf Position drehen, Herzscheibe anpassen, Anlaufrad rein und die
ganze Chose sollte laufen.

J.
"tempus nostrum"
karlo

Re: Legenden, Geruechte....

Beitrag von karlo »

Sicher mag es die vereinzelt geben. Ich hab zwar noch keins gesehen, aber das heisst ja nichts.

Karlo
Holger Brandt
Beiträge: 27
Registriert: Do 9. Sep 2010, 22:13
Wohnort: Stadt Dornburg-Camburg
Kontaktdaten:

Re: Legenden, Geruechte....

Beitrag von Holger Brandt »

Hallo, da hab ich auch noch einen..... .
Der ist bestimmt so alt wie es Uhren mit Federaufzug gibt!
Wenn mir Leute Uhren herbringen, die zu reparieren sind, häufen sich in letzter Zeit so Aussagen wie:"Die Uhr lief 25 Jahre einwandfrei und jetzt hab ich sie bestimmt nur überzogen"!
"Nur" überzogen - soll bestimmt heissen : He Uhrmacher, ist ne Kleinigkeit, ich warte denn mal gleich drauf!!!
Ich habe mich öfter mal drauf eingelassen und nachgefragt was "überzogen" ist. Die Erklärungen waren höchst interessant... .

mfG H. Brandt
Benutzeravatar
soaringjoy
Moderator
Beiträge: 1446
Registriert: Do 12. Aug 2010, 09:17
Wohnort: NRW

Re: Legenden, Geruechte....

Beitrag von soaringjoy »

...und nicht zu vergessen, der "Klassiker":

"Genau an dem Tag, als Opa gestorben ist, blieb die Uhr stehen..."

J.
"tempus nostrum"
Holger Brandt
Beiträge: 27
Registriert: Do 9. Sep 2010, 22:13
Wohnort: Stadt Dornburg-Camburg
Kontaktdaten:

Re: Legenden, Geruechte....

Beitrag von Holger Brandt »

Naja, so ähnliche Legenden sind wenigstens nachvollziehbar. Habe vor kurzem erfahren, dass es in einigen Gegenden Brauch ist, die Uhren anzuhalten, wenn jemand aus der Familie gestorben ist.
Wenn die dann nach ner angemessenen Zeit der ersten Trauer wieder in Gang gesetzt werden geht nix mehr. Oft sind es Uhren, die lange Zeit ohne Wartung gelaufen sind und bei ständiger Bewegung eben noch gingen (so recht und schlecht). Wenn die dann ne Weile still stehen ist das Öl so fest, dass Ruhe ist.... .

mfG
karlo

Re: Legenden, Geruechte....

Beitrag von karlo »

Weitere Legende

Stahl haerten indem man glueht, und dann mit der Flamme anlaesst.

Das gibt Schrott.

Diese Legende haelt sich nur, weil fruehere Uhrmacher so lange zum Schmied gerannt sind, bis der Stahl hatte, der das erlaubt.

Heutige Staehle erfordern lange, genau themperierte Anlasszeiten.
Nicht umsonst gibts fuer jeden Stahl Haertekurven.

Ich hab eben noch so einen Schrott gebohrt, abwechselnd hart, weich....

Karlo
Benutzeravatar
Gnomus
Beiträge: 818
Registriert: Fr 20. Aug 2010, 22:43
Wohnort: Dresden

Re: Legenden, Geruechte....

Beitrag von Gnomus »

@Holger, die "überzogene Feder" ist tatsächlich ein sehr verbreiteter Irrglaube, vielleicht sogar der am meisten verbreitete. Aber ich glaube, daß in den meisten Fällen keine Absicht seitens des Kunden vorliegt. Vielmehr dürfte es sich um eine Verwechslung von Ursache und Wirkung handeln. Also da nimmt jemand eine mechanische Uhr in die Hand und stellt fest, daß sie nicht geht (warum auch immer). Und wenn er außer Quarkuhren noch was anderes kennt, kommt er meist auf die Idee, sie erstmal aufzuziehen. Aber, oh Schreck, die ist ja schon aufgezogen. (Logisch, der Vorgänger hat genauso gedacht und hat sie aufgezogen, leider erfolglos). Also Schlußfolgerung: Die Uhr geht nicht, weil sie überzogen ist. Und wenn der Kunde dann erfährt, daß die Uhr (und damit die "überzogene Feder" :lol:) nur zu heilen ist, wenn die Uhr gründlich gereinigt und geölt wird, fällt er erstmal aus allen Wolken (gibt's da nicht so was wie ein Ventil für die Feder?).
EDIT: die erwähnten Erklärungen für die überzogene Uhr würden mich ja mal interessieren.
Gruß
Micha
winne
Beiträge: 365
Registriert: Mo 30. Aug 2010, 10:19

Re: Legenden, Geruechte....

Beitrag von winne »

Hallo Karlo

Zum Stahl glühen und anlassen, das gibt Schrott.

Wenn ich an die vielen Uhrmacher denke die vor ca. 200 Jahren ihre Arbeit verrichteten , zu wem sollten sie gehen um ihr Stahl zu kaufen? zum Bäcker? Wohl kaum Natürlich war der Schmid der richtige Ansprechpartner , denn der kannte sich in Sachen Stahl gut aus.
Und wie Du schon zu recht sagst, sie hatten den Stahl der diese Arbeitsweise ERLAUBTE.
Das dabei kein Schrott rauskommt davon zeugen ihre vielen Meisterwerke!

Zum Thema Härten durchsuchte ich meine Bibliothek nach Uhrmacher Lehr- Büchern
( Ich habe nicht wenige) In ihren Stichwörter - Verzeichnissen fand ich nur in einem Lehrbuch
Einiges über das Härten.
Ich Frage mich warum ist das so? Warum wird das Thema Härten in den anderen Uhrmacher
Lehrbüchern nicht mehr behandelt? Ist es für den Uhrmacher nur noch Brotlose Kunst?
So langsam kam die Erleuchtung , unter normalen Umständen braucht heute kein Uhrmacher Irgendetwas Härten denn für alle gängigen Werke gibt es ja ERSATZTEILE ja ganze Kalieberpackungen bis hin zu jeder einzelnen Schraube!
Zu dieser Erkenntnis müssen die anderen Autoren auch gekommen sein, und haben das Thema Härten wohl nicht mehr behandelt.

Bild

Auch heute muss man nicht mit Hochlegierten Stählen in der Uhrmacherei arbeiten, denn die
Fordern wie Karlo schon Richtig sagt, genau temperierte Anlasszeiten und die entsprechenden Härtekurven.
Es geht auch anders man muss sich nur das Richtig Material besorgen das diese einfache Arbeitsweise Stahl glühen und anlassen ERLAUBT.

Bild

Ich lese gerade das Buch von A. Lange & Söhne Grande Complication Nr. 42500
Es geht um die Restaurierung der Kompliziertesten Uhr die Lange jemals gefertigt hat.
Die Restaurierung nahm 5 Jahre in Anspruch und verschlang 5000 Arbeitsstunden.
Hier wurden einige Teile auf den modernsten Fräs und Erodiermaschinen angefertigt weil das Wissen der früheren Stahlbearbeitung verloren ging.
Das Härten der Stahlteile erfolgte unter Schutzgas. Die Schrauben wurden nach der alten Technik gefertigt.

Meine Bewunderung gild den Meistern die dieses Werk nur mit ihren Händen und den Wissen um die perfekte Stahlbearbeitung erschaffen haben .


Gruß Winne
Antworten