John M. R. Knudsen: The Jürgensen Dynasty

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Ursus
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John M. R. Knudsen: The Jürgensen Dynasty

Beitrag von Ursus » Fr 4. Okt 2013, 13:41

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John M. R. Knudsen: The Jürgensen Dynasty - Four centuries of watchmaking in two countries
Gebundene Ausgabe, 368 Seiten, 560 Abbildungen in Farbe. Verlag: Urban Jurgensen SA. ISBN-10: 8787036886, ISBN-13: 978-8787036887, Format: 34,4 x 24,4 x 3,6 cm. Preis 145 - 230 Euro, je nach Händler (Amazon: 199 Euro).

Jeder Sammler „hochfeiner“ Uhren horcht bei der Nennung des Namens Jürgensen auf, denn er ist eigentlich immer ein Garant exzellenter Qualität. Spezielle Literatur über diese Familie gab es bisher nur in Dänisch (schon lange vergriffen), also in einer Sprache die bei uns in Deutschland wahrscheinlich nicht allzu viele sprechen. Diese Lücke wurde nun mit dem vorliegenden Buch geschlossen, denn die Anzahl englisch sprechender Uhrenliebhaber dürfte doch sehr viel höher sein.
Was zunächst auffällt ist das große Format und die zahlreichen und außerordentlich hochwertigen, meistens vergrößerten Aufnahmen der Uhren die diesen berühmten Namen tragen. Und dies nicht nur von der Zifferblattseite her, nein, fast immer sind auch Werkaufnahmen dabei die aufgrund des großen Buchformates mehr Einzelheiten erkennen lassen als ein Betrachter der realen Uhren mit bloßem Augen erkennen könnte. Manche Abbildung der Taschenuhren ist 15 cm groß! Natürlich beschränkt sich dieses Buch nicht nur auf die Taschenuhren, denn die Jürgensens waren auch als Chronometer-Bauer berühmt. Ebenso sind einige der Mitte des 19. Jahrhunderts entstandenen Präzisionspendeluhren abgebildet und, wohl eine Rarität, ein Tischthermometer.

Die Geschichte der Uhrmacherfamilie der Jürgensen beginnt mit dem im Jahre 1745 geborenen Jørgen Jørgensen, der seinen Namen später in Jürgen Jürgensen eindeutschte. Ausführlich wird dessen Einstieg in das Uhrmacherhandwerk und seine fruchtbare Partnerschaft mit Larpent beschrieben.
Seinem Sohn Urban Jürgensen ist der größte Teil des Buches gewidmet, denn innerhalb der Familie ist er auch der Bedeutendste. Hierzu der Pressetext:
„Der Uhrmacher Urban Jürgensen zählt zu den innovativsten Persönlichkeiten vom Dänemarks Goldenen Zeitalter. Im 18. Jahrhundert war er einer der prominentesten Uhrmacher der Welt und war wesentlich an horologischen Entwicklungen beteiligt, die heute als Grundstock des feinmechanischen Uhrmacherhandwerks gelten. In Anerkennung seiner Leistungen ernannte ihn der dänische König Friedrich VI. zum Hoflieferanten und verlieh ihm das Königliche Dannebrogorden. Jürgensen lieferte regelmäßig Zeitmesser an den Hof sowie Schiffschronometer an die dänische Marine.

Hochbegabt und vielfach talentiert, erntete Urban Jürgensen international großen Ruhm für seine technologischen und wissenschaftlichen Innovationen, die ihn auf eine Ebene mit zeitgenössischen Wissenschaftlern stellten. Die Ergebnisse seiner Forschung wurden 1804 in mehreren Artikeln auf Dänisch, Französisch und Deutsch veröffentlicht. Sie trugen dazu bei, dass Urban Jürgensen in die Königliche Dänische Akademie der Wissenschaften aufgenommen wurde. Er war ein brillanter Ingenieur, ein Visionär, der in vielerlei Aspekte der Kreativität und der Ästhetik seiner Zeit weit voraus war. Als Uhrmacher, Erfinder und Ästhet gehört er zu den größten Talenten in der Geschichte Dänemarks.“


Was der Rezensent an diesem Buch ebenfalls sehr schätzt ist, dass es sich nicht nur auf die technischen Aspekte der Uhrmacherei bezieht, sondern auch die allgemeine Situation der Politik und Kultur in dieser Zeit des Aufbruchs und der Aufklärung mit einbezieht. Der Autor berichtet so z.B. von den Schwierigkeiten mit der Uhrmachergilde, die mit der Ernennung zum Hoflieferanten dann allerdings vorüber waren. Er erzählt ebenso von den Möglichkeiten für Studien im Ausland von dänischen Stiftungen Zuschüsse zu erhalten. Ohne diese wäre es den einzelnen Familienmitgliedern gar nicht möglich gewesen im Ausland bei den bedeutensten Uhrmachern dieser Zeit zu lernen.

Insoweit behandelt dieses Buch auch die Technologie und die Kultur jener Zeit, in der die dänische Souveränität und nationale Identität durch die Wirren der napoleonischen Kriege unterzugehen drohten. Als solches präsentiert das „Buch einen weitaus breiteren Einblick in die kulturellen Aspekte der dänischen Geschichte, als der Titel vielleicht vermuten lässt. Das wiedererwachte Interesse am menschlichen Geist hinter der Technologie, wird hier durch die Kunst des Uhrmacherhandwerks veranschaulicht, die auch in der weiterführenden Produktion der Uhren von Urban Jürgensen & Sønner im 21. Jahrhundert zum Tragen kommt.“ (Auszug aus dem Presstext).

Die letzten 30 Seiten sind der heute noch existierenden Firma Urban Jürgensen & Sønner gewidmet. Außergewöhnlich ästhetische Uhren von hoher technischer Komplexität werden auf diesen Seiten präsentiert. Großartig auch die Aufnahmen der Hemmungspartien (Die Unruh mit dem Tourbillonkäfig und dem Hemmungsrad auf Seite 33 ist 15 cm groß abgebildet!). Funktionszeichnungen mit einer Schritt-für-Schritt-Erklärung bringen dem Leser die hochkomplizierte Technik des verwendeten Remontoirs und der patentierten Chronometer-Hemmung nahe.

Die Geschichte dieser Uhrmacherfamilie beginnt im 18. Jahrhundert und endet im 21. Jahrhundert mit der heute noch existierenden Firma. Insofern ist die Aussage „Vier Jahrhunderte“ auch richtig, wobei die Spanne der beschriebenen Jahre 240 beträgt. Welche Uhrenfirma kann auf eine solch lange und glänzende Geschichte zurückblicken? Da gibt es nur wenige, allen voran natürlich Breguet.

Sicherlich ist der Kreis derjenigen begrenzt, die sich die Uhren aus dem Hause Jürgensen leisten können, aber hier greift wieder der Leitsatz des Rezensenten „Ich kann mir jede Uhr leisten - in Form eines Buches“.

Dem Rezensenten hat das Studieren dieses Buches sehr viel Freude bereitet und er empfiehlt allen Interessierten an der „Haute Horlogerie“ und den Freunden schöner Uhren sich diese Freude ebenfalls zu gönnen: Wobei die Empfehlung mitgegeben wird, sich dieses Buch bald möglichst zu kaufen oder schenken zu lassen, bevor es, wie die dänische Ausgabe, vergriffen ist.

Ursus

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