Biedermeieruhr mit ungewöhnlicher Hemmung

Welche Uhr, welches Werk ist das ?
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F.Pach
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Biedermeieruhr mit ungewöhnlicher Hemmung

Beitrag von F.Pach » So 19. Apr 2020, 12:44

Hallo Forum,
ich habe die Tage der Ausgangsbeschränkungen genutzt, um mich mal wieder meinen Uhren zu widmen.
Dabei habe ich eine recht ungewöhnliche kleine Kommodenuhr des Biedermeiers, ca. 1810-20 mal wieder genauer angesehen, um etwas über deren Gang herauszufinden.
Es ist ein kleines 8-Tage-Werk vom Hofuhrmacher Möllinger in Berlin, die Platinen sind ca. 90 x 90 mm groß, und die Hemmung habe ich bisher so noch nicht wieder gesehen. Es sieht wie eine Kreuzung aus Scherengang und Ankergang aus, das Pendel ist ca. 25 cm lang, das Werk ist wie ersichtlich stark verdreckt, aber voll funktionsfähig.
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Was fällt euch zu diesem Gang ein?
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steffl62
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Re: Biedermeieruhr mit ungewöhnlicher Hemmung

Beitrag von steffl62 » Mo 20. Apr 2020, 07:18

Wow, das ist ja mal was sehr aussergewöhnliches.
Für mich schaut das nach einem Ankergang aus aber mit einem sehr aufwändigem und seltsam geformten Ankerrad.
Ich frage mich warum das so konstruiert wurde. Könnte es sein das die Ankerradzähne so eine Art Federwirkung bekommen sollen und damit eventuell die Abnutzung oder Geräuschentwicklung minimiert werden sollte?
Aber auch die Anordnung des Rechenschlagwerks ist auf der Rückseite ist recht ungewöhnlich, dieses Werk ist schon was besonderes.
Vielen Dank fürs die Vorstellung!

lg Christian
.
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F.Pach
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Re: Biedermeieruhr mit ungewöhnlicher Hemmung

Beitrag von F.Pach » Do 23. Apr 2020, 10:17

Moin Christian,
ich hab gestern mit einem Uhrmacherprofi telefoniert, und der hat mir nach Schilderung der Hemmung gesagt, dass er diese gut kenne, diese sei ihm schon oft bei Uhrwerken von Kinzing aus Neuwied aufgefallen, die er auf seinem Tisch hatte.
Besonderheit sei, was ich auch schon an meinem Werk gesehen habe, dass die Stifte nicht wie bei Brocot oder Amant in das Gangrad eingenietet sind, sondern aus Vollmaterial ausgedreht wurde, eine sicher sehr aufwendige Art der Herstellung!
Er nannte das Gangmodell Stiftengang, wobei ich den Begriff eher für andere Gangarten in Erinnerung hatte.
Aber mal sehen, ob sich hier noch jemand findet, der was fundiertes zum Thema beitragen kann.

steffl62
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Re: Biedermeieruhr mit ungewöhnlicher Hemmung

Beitrag von steffl62 » Fr 24. Apr 2020, 07:44

Nein, als Stiftenhemmung kenne ich die ganz einfachen Weckerhemmungen wo am Anker zwei gehärtete Anschlagstifte eingepresst sind.
Nicht sonderlich genau aber billig herzustellen. Mal schaun ob jemand noch mehr weis.

lg Christian
.
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walter der jüngere

Re: Biedermeieruhr mit ungewöhnlicher Hemmung

Beitrag von walter der jüngere » Sa 2. Mai 2020, 17:39

Hallo,

wie gern hätte ich Euch geholfen - aber leider sind die Bilder zu der Hemmung aus dem Startpost inzwischen weg, weil offenbar nicht auf dem DGC-Server gespeichert worden, sondern woanders. Schade. Ich hätte bestimmt mehr zur konkreten Entstehung und Einordnung beitragen können - und gern für Euch gemacht.

Wer sich näher mit der Stiftenhemmung beschäftigen möchte, wird natürlich zunächst an die Stiftankerhemmung in Weckern usw. denken, aber wer nun daraus schlussfolgert, dies wäre die Stiftenhemmung schlechthin - weit gefehlt.
Es gab sehr hochwertige, teils sehr aufwendig konstruierte Stiftenhemmungen - die teils über sogar sehr lange Laufzeiten sehr ganggenau und oft sehr verschleißarm ihren Dienst versahen.
Allerdings waren es fast immer einzelne Uhrmacher mit individuellen Ideen bzw. Konzepten, die dann so etwas bauten. Also mit jeweils speziellen Aspekten, die mal da besser und mal dort weniger gut ausgeführt wurden.
Fazit: Stiftenhemmung googeln oder in einschlägiger Literatur nachschlagen.
Ein sehr guter Überblick über den Stiftengang der Pendeluhren (mit vielen Querverweisen zu jeweils weiterführender Literatur) ist in:
Wolf Brüggemann: Hemmungsatlas Band II, S. 121-166
zu finden.

Viel Erfolg und viel Freude mit der Uhr

Walter d. J.

F.Pach
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Re: Biedermeieruhr mit ungewöhnlicher Hemmung

Beitrag von F.Pach » Do 7. Mai 2020, 08:43

walter der jüngere hat geschrieben:
Sa 2. Mai 2020, 17:39
Hallo, wie gern hätte ich Euch geholfen - aber leider sind die Bilder zu der Hemmung aus dem Startpost inzwischen weg, weil offenbar nicht auf dem DGC-Server gespeichert worden, sondern woanders. Schade. Ich hätte bestimmt mehr zur konkreten Entstehung und Einordnung beitragen können - und gern für Euch gemacht.
Moin Walter,
also ich sehe die Bilder noch- die sind hier auf dem Server liegend.

Ich hab mal eines mit seinem Link hier eingefügt:
download/file.php?id=16025&mode=view

Barney Green
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Re: Biedermeieruhr mit ungewöhnlicher Hemmung

Beitrag von Barney Green » Do 7. Mai 2020, 11:34

Hallo Fred,

Du siehst die Bilder wieder, nicht noch. Sie waren zwischenzeitlich verschwunden, aber entweder konnte der Zugriff wieder hergestlellt werden, oder ein Moderator hat sie wieder händisch eingefügt...

Barney

walter der jüngere

Re: Biedermeieruhr mit ungewöhnlicher Hemmung

Beitrag von walter der jüngere » Do 7. Mai 2020, 12:44

Hallo,

@ Barney Green: So habe ich das jetzt auch erlebt.

@ Petsch?: Vielen Dank für die Aktualisierung der Bilder!

@ F.Pach & Barney Green, steffl62:
Diese Hemmung erinnert mich zunächst stark an die sog. dead-beat-Hemmung von Tompion.
Beschreibungen dazu sind in diversen Publikationen bzw. Büchern zu finden, z.B. in
Rüffert: Die fachlichen Elementarkenntnisse des Uhrmachers, S. 105ff,
Brüggemann: Hemmungsatlas II, S. 144ff,
Antiquarian Horology Dez. 1970, S. 23ff.

Aber auch die Stiftankerhemmung von Rötig (Kreismuseum Neuwied) ist der gezeigten Hemmung sehr ähnlich.
Womit wir wieder in der Nähe von Kinzing-Roentgen wären...
Und da sollte man sich dann in:
D. Fabian: Kinzing + Roentgen - Uhren aus Neuwied
die obere Abbildung auf Seite 283 mal genauer anschauen.

Und zum Schluß gäbe es noch zum Wirken der Uhrmacherfamilie Möllinger in Berlin in
G. König: Uhren und Uhrmacher in Berlin 1490-1900
eine kleine Abhandlung.

Walter d. J.

F.Pach
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Re: Biedermeieruhr mit ungewöhnlicher Hemmung

Beitrag von F.Pach » Sa 9. Mai 2020, 09:29

walter der jüngere hat geschrieben:
Do 7. Mai 2020, 12:44
Und zum Schluß gäbe es noch zum Wirken der Uhrmacherfamilie Möllinger in Berlin in G. König: Uhren und Uhrmacher in Berlin 1490-1900
eine kleine Abhandlung.
Ich finde indem Büchlein zwar ein paar Stellen, an denen Möllinger erwähnt wird, aber keinen Text, der sich speziell mit Möllinger beschäftigt.
Wo hast Du diese "kleine Abhandlung" gefunden?

walter der jüngere

Re: Biedermeieruhr mit ungewöhnlicher Hemmung

Beitrag von walter der jüngere » Sa 9. Mai 2020, 18:39

Hallo,

ich habe auf S. 73 - also im "Verzeichnis der Berliner Uhrmacher" - ein paar Zeilen zu Möllingers Lebensdaten und seiner Arbeit gefunden.

Walter d. J.

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