Ein rätselhaftes Werk

Welche Uhr, welches Werk ist das ?
Antworten
steffl62
Beiträge: 968
Registriert: Sa 21. Aug 2010, 09:47
Wohnort: Wien

Ein rätselhaftes Werk

Beitrag von steffl62 » Sa 30. Jan 2016, 14:56

Hallo Freunde,
da ja wiener Regulatoren meine Lieblingsuhren sind habe ich mir letztens ein recht interessantes zweigewichtiges Werk gekauft. Leider stecke ich bei der Identifizierung fest.
Ich habe ja mittlerweile schon eine Menge Bildmarken und Werke gesehen aber so eines wie dieses hier ist mit bis dato noch nicht untergekommen:
Zifferblatt mit Zeigern 1 klein.jpg
Rückseite klein.jpg
Zifferblattseite klein.jpg
Auf den ersten Blick ist eigentlich nix außergewöhnliches dran, auch von der Zifferblattseite her ein ganz normaler zweigewichtiger wiener Regulator allerdings habe ich es nicht geschafft die Bildmarke zu entziffern:
Bildmarke 1.jpg
Bildmarke 3.jpg
Bildmarke 6.jpg
Ich habe mal drei Fotos mit verschiedenem Lichteinfall und verschiedenen Betrachtungswinkeln gemacht, vielleicht kennt ja jemand von euch die Marke oder kann den Text darunter entziffern

Des weiteren hab ich da noch einige Besonderheiten entdeckt die mir so bisher noch nicht untergekommen sind:
1. Der obere Abschluss der Werksplatinen hat eine sehr außergewöhnliche Form:
oberer abschluss.jpg
2. So einen Ankerkloben hab ich bisher auch noch nicht gesehen, anscheinend fehlen 2 Schrauben. In dem aufgeschraubten Plättchen sitzt das Ankerlager. Dieses Plättchen lässt sich auf dem eigentlichen fix verstifteten Ankerkloben frei verschieben. Könnte aber auch gut sein das das ein nachträglicher Umbau ist.
Ankerbrücke 1 klein.jpg
Ankerbrücke 2 klein.jpg
Was mir dabei ein Rätsel ist ist der rechteckige quer liegende Schlitz ganz oben, wozu könnte der wohl gut sein?

3. Die Zeigerform ist mir auch so ein Rätsel, kann die jemand Zeitlich einordnen?
Zifferblatt mit Zeigern 1 klein.jpg
Fast so einfach und zart wie Biedermeierzeiger aber der runde schwarze Punkt passt da irgendwie nicht rein. Gründerzeit Zeiger sind das aber auch nicht, die sind ja viel massiver und verschnörkelter. Könnten die überhaupt viel jünger sein als das Werk?
Eventuell fällt ja euch noch irgend was auf was mir bei der Bestimmung des Werks helfen könnte, der Doppeladler in der Marke weißt möglicherweise auf die Donaumonarchie hin.

lg Christian
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
.
Fragen, Korrekturen und Ergänzungen zu meinen Beiträgen sind ausdrücklich erbeten und gewünscht!

Benutzeravatar
droba
Beiträge: 839
Registriert: So 22. Aug 2010, 21:39

Re: Ein rätselhaftes Werk

Beitrag von droba » Sa 30. Jan 2016, 15:38

Hallo Christian,

ja das ist ein interessantes Werk, das ich in der Form auch noch nicht gesehen habe. Die Bildmarke aber kenne ich, wenn sie auch wirklich nicht gut zu lesen ist: Carl Suchy & Söhne.

Gratulation; interessante Uhr! Zeigst Du uns noch mehr Biler?

Droba

steffl62
Beiträge: 968
Registriert: Sa 21. Aug 2010, 09:47
Wohnort: Wien

Re: Ein rätselhaftes Werk

Beitrag von steffl62 » Sa 30. Jan 2016, 16:34

Hallo Droba,
vielen lieben Dank für die Auskunft! Da haben wir ja einen tollen Fang gemacht. Was Silvia bisher recherchiert hat, ist das eine recht alte Wiener Uhrmacherdynastie die sogar immer noch in Wien in der Rotenturmstraße aktiv ist. Begonnen hat Carl Suchy in Prag. Pendeluhren begann er anscheinend 1838 herzustellen und ab 1849 kam das "&Söhne" zum Firmennamen dazu, den Doppeladler gab es schon ab 1844 als Zeichen für den K.u.K. Hoflieferanten. Unser Werk wurde wahrscheinlich in Prag gebaut da es in Wien nur eine Zweigniederlassung ab 1863 gab. Ab 1918, mit dem Ende der Donaumonarchie verliert sich dann die Spur der Uhrenproduktion.
Rein Zeitlich würde ich Das Werk jetzt ab 1850 (wegen dem zweiteiligen Zifferblatt) und nicht später als 1870 (wegen dem weit übergreifenden, einteiligen Anker) einordnen.
Was für Fotos hättest Du denn gerne? Da ich das Werk sowieso zerlege kann ich Dir gerne alles was Du magst Fotografieren oder auch abmessen. Leider haben wir nur Das Werk, Kasten, Pendel und Gewichte fehlen.

lg Christian
.
Fragen, Korrekturen und Ergänzungen zu meinen Beiträgen sind ausdrücklich erbeten und gewünscht!

Benutzeravatar
droba
Beiträge: 839
Registriert: So 22. Aug 2010, 21:39

Re: Ein rätselhaftes Werk

Beitrag von droba » Sa 30. Jan 2016, 17:14

Hallo Christian,

schade, dass Ihr nur das Werk, aber nicht die ganze Uhr habt. Das Gehäuse hätte mich sehr interessiert.

Die Werkstatt Suchy gibt mir gewisse Rätsel auf. So, wie ich das bisher sehe, hat Carl Suchy die Werkstatt 1866 vollständig nach Wien verlegt und die Werkstatt in Prag geschlossen. Als Grund der Verlegung nehme ich an, damit er besser an Uhrenteile, wie Zifferblätter, Federn usw. gekommen ist. Außerdem hätte Suchy in Prag nach meiner Meinung auch keine Chance gehabt, kuk-Hoflieferant zu werden. Als solcher wird er noch im Wiener Adressverzeichnis 1885 geführt.

Ich recherchiere aber zurzeit noch an der Geschichte der Werkstatt Suchy, mal sehen, was sich noch herausstellt.

Eure Uhr ordne ich grob um 1870/80 ein, aber das wird sich heute nicht mehr beweiskräftig klären lassen.

Wirklich, eine seltene und sehr gute Wienerin, die Ihr da gefunden habt! Gratulation! Ich hoffe, ihr findet auch ein passendes Gehäuse!

Droba

Benutzeravatar
Die Mysteriösen
Beiträge: 513
Registriert: Do 19. Aug 2010, 08:33
Wohnort: Wien

Re: Ein rätselhaftes Werk

Beitrag von Die Mysteriösen » Sa 30. Jan 2016, 20:03

Hallo Droba,

Auf der neuen Homepage von Carl Suchy und Söhne http://www.carlsuchy.com/de/ findest Du die Geschichte des ursprünglichen Unternehmens.

1822
Mit 26 Jahren eröffnet Suchy sein Uhrengeschäft in der Obstgasse, Ecke Wenzelsplatz in Prag. Seine technisch raffinierten Pendeluhren, Stockuhren und Standuhren bringen ihm raschen Erfolg.


1844
erhält Suchy als erster und lange einziger Uhrmacher den Titel zum k. u. k. Hoflieferanten, da seine “Erzeugnisse in Beziehung auf Eleganz und Vollkommenheit den höchsten Anforderungen entsprechen”.

1849
Mit dem Eintritt der Söhne ins väterliche Geschäft und dessen Umbenennung in „Carl Suchy & Söhne“ beginnt der Aufstieg der Firma zur bedeutendsten Uhrenfabrik der Donaumonarchie.

1863
Suchy’s zweiter Sohn Hans gründet eine Zweigniederlassung an der Rotenturmstraße 6 in Wien. Der dritte Sohn, Johann Anton leitet das Prager Geschäft. Auch er erhält den k.u.k. Hoflieferantentitel.

Auf der Liste der K.u.K. Hoflieferanten von 1899 findet man such BEIDE Unternehmungen.
http://austria-forum.org/af/AustriaWiki ... d_Budapest

Die Filliale in Wien führt mittlerweile die Witwe von Hans Suchy.

In Prag ändern sich die Besitzverhältnisse 1907, da übernimmt Adolph Cervinka die Filiale und zieht um, von der Wenzelsplatznahen Obstgasse an die exklusive Adresse „Am Graben“ in Prag.

Was aus dem 1853 von CArl Suchy Jr. gegründeten Unternehmen in La Chaux-de-Fonds geworden ist, hab ich nicht weiter herausgefunden, von dort kamen aber anscheinend "nur" Taschenuhren.

Jedenfalls dürften ein paar findige Leute den Namen als Marke registriert haben und haben eine Herren Armbanduhr mit dem Namen WALTZ No1 aufgelegt. Leider finde ich auf deren Homepage kein Impressum, Firmenstandort etc, lediglich ein Bestellformular und ein paar Namen, die anscheind Hinter Carl Suchy Söhne stehen. Irgendwie eigenartig...

Jedenfalls han ich im großen weiten Internet ein Bild einer Suchy Uhr mit exakt den gleichen Zeigern wie unserer gefunden, was zumindest diese Frage beantwortet, die Zeiger passen...
Suchyuhr.jpg
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
LG
Silvia und Christian
---------------------------
Die Amerikaner glauben immer, sie seien uns Jahre, wenn nicht Jahrzehnte voraus. Dabei hinken sie uns 8 Stunden hinterher.

Benutzeravatar
droba
Beiträge: 839
Registriert: So 22. Aug 2010, 21:39

Re: Ein rätselhaftes Werk

Beitrag von droba » Sa 30. Jan 2016, 20:23

Hallo Sylvia,
Hallo Christian,

danke für die Hinweise, ich habe diese Seiten teilweise auch schon durchgesehen.

Ich habe mich auch nicht sehr präzise ausgedrückt, als ich sagte, dass Carl Suchy die Werkstatt in Prag geschlossen hat. Ich meinte damit, dass möglicherweise die Herstellung von Pendeluhren nach Wien verlagert wurde, denn das Geschäft in Prag nennt in den kommenden Jahren immer wieder wechselnde Vornamen, sogar auf Frauen war die Prager Filiale zeitweise eingetragen.

Ich halte also für denkbar, dass Prag ab 1866 nur als Verkaufs- und Reparaturgeschäft weiter geführt worden ist, die Herstellung der Pendeluhren sich aber in Wien befand. Das ist bisher aber nur so ein Gedanke. Ich will mal schauen, welche Hinweise sich über die Fa. Suchy in der Österreichischen Uhrmacherzeitung finden lassen.

Droba

steffl62
Beiträge: 968
Registriert: Sa 21. Aug 2010, 09:47
Wohnort: Wien

Re: Ein rätselhaftes Werk

Beitrag von steffl62 » Mo 1. Feb 2016, 08:01

Hallo Droba,
vielen Dank für Deine ausführlichen Antworten!
Hast Du irgend einen Hinweis auf die größe der Uhrenproduktion? War das eine richtige Fabrik so wie Resch in Ebensee?
Ich hab eher die Vermutung das das nur ein etwas kleineres Werk gewesen ist sonst müssten die Uhren häufiger gehandelt werden oder?

lg Christian
.
Fragen, Korrekturen und Ergänzungen zu meinen Beiträgen sind ausdrücklich erbeten und gewünscht!

petsch
Administrator
Beiträge: 1837
Registriert: So 15. Aug 2010, 18:10

Re: Ein rätselhaftes Werk

Beitrag von petsch » Mo 1. Feb 2016, 09:57

Hallo nach Wien,
man sieht in der Tat Wiener Regulatoren mit dem Namen von Suchy relativ selten. Den letzten an den ich mich bei mir erinnern kann, war einer mit Wiener Vierviertelschlag mit einem Gewicht fürs Laufwerk und zwei Federhäusern für den Schlag. Also auch etwas aussergewöhnlich.

Taschenuhren dagegen habe ich in der Zeit immer wieder mal gesehen. Wobei man sagen muss, dass das eigentlich meist ganz verschiedene Uhren mit für mich eindeutig fremden schweizer Werken waren. Also ausser der Signierung keine eigenen Merkmale wie bei anderen Uhrenfabriken, die selbst herstellten. Ich halte also wenigstens bei den Taschenuhren Suchy nicht für einen Hersteller, der vieles selbst gemacht hat. Vielleicht hat er in der Niederlassung in Chaux-de-Fonds nur zusammengestelllt oder vertrieben. Auch so kann man ja Hoflieferant werden.

Wogegen die Regulatoren wahrscheinlich schon aus eigener Fertigung stammten. Ob aber in Prag oder in Wien oder zu welcher Zeit wo Uhren gefertigt wurden oder ob irgendwo vielleicht auch nur verkauft oder montiert wurde, kann ich nicht sagen. Ich vermute aber, dass die vielen Filialen hauptsächlich Verkaufsstellen mit Reparaturwerkstätten waren.

Gruß
Peter

PS: Ich habe auf der Homepage auch kein Impressum gefunden. Mit der .com Adresse ist die Seite wahrscheinlich auch gar nicht in Österreich oder Deutschland gehostet. Ich habe aber auf den Facebookseiten von Suchy eine Adresse gefunden : Carl Suchy & Söhne, Schellinggasse 6, A-1010 Vienna. Wenn man mal in der Nähe ist, könnte man ja mal schauen ob das evtl. nur eine Postadresse ist oder ein Büro. Oder gar wirklich etwas größeres.

Benutzeravatar
droba
Beiträge: 839
Registriert: So 22. Aug 2010, 21:39

Re: Ein rätselhaftes Werk

Beitrag von droba » Mo 1. Feb 2016, 15:24

Hallo Christian,
Hallo Peter,

es ist schwer zu beurteilen, in welchem Umfang und wie lang die Firma Suchy wirklich selbst Uhren angefertigt hat. Deutlich wird, dass die einzelnen Betriebsteile schon wie eine Art frühe Holding geführt wurden und rechtlich unabhängig waren. Der Betriebsteil Wien war auf Johann Suchy persönlich eingetragen. Johann Suchy tritt in Wien eigentlich in keiner Weise als Fabrikant in Erscheinung: ich habe bisher keinerlei Werbung für die Wiener Niederlassung in der ÖUZ. gefunden. Die Adresse Rotenturmstraße klingt mir ebenfalls eher als Verwaltungs- und Verkaufsadresse. Wenn in Wien Uhren gefertigt worden sind, dann wohl an anderer Stelle.

Ferner fällt auf, dass Johann Suchy sich Ende der 1880er Jahre intensiv an der Gründung der genossenschaftlich geführten Uhren- und Furniturenhandlung der Wiener Uhrmacher beteiligt hat und im Vorstand dieser Genossenschaft war. Das könnte der Hinweis sein, dass Suchy um 1890 schon gar keine Uhren mehr hergestellt hat, sondern nur noch eine Uhrenhandlung mit mehreren Filialen war. Auch ist mir, abgesehen von einem Remontoir-Aufzug für eine TU, bisher noch kein Uhrenpatent von Suchy bekannt geworden.

Die Internet-Seite von Suchy.com enthält nachweislich ebenfalls Fehler: Die Verkaufsfiliale Prag "Im Graben" bestand schon Ende der 1880er Jahre und nicht erst nach 1900.

Fazit:

Es sieht also für mich immer mehr danach aus, dass die Firma Suchy relativ früh die Herstellung eigener Uhren aufgegeben hat und sich auf den Uhrenhandel konzentrierte. Und vielleicht hat man sich bei Suchy auch auf dem Privilieg des Hoflieferanten ziemlich lange ausgeruht und deshalb nur wenige Uhren hergestellt.

Das alles würde auch ganz gut erklären, warum heute nur sehr wenige Uhren mit dem Suchy-Firmenzeichen bekannt sind.

Christian: schaut doch mal nach, ob im Wiener Uhremuseum Uhren von Suchy hängen- ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, im Wiener Uhrenmuseum Suchy-Uhren gesehen zu haben!

Viel Spaß mit Eurerm Suchy-Werk

Droba

Benutzeravatar
droba
Beiträge: 839
Registriert: So 22. Aug 2010, 21:39

Re: Ein rätselhaftes Werk

Beitrag von droba » Do 4. Feb 2016, 11:54

Hallo Christian,

ich habe zwischenzeitlich herausgefunden, dass die Firma Suchy nachweislich 1885 keine Pendeluhren mehr hergestellt hat. Denn im Verzeichnis der Wiener Uhrmacher im Jahr 1885 wurde hinter jedem Namen verzeichnet, ob Uhren hergestellt werden oder nicht. Es gibt aber keinen Eintrag Suchy und einen Vermerk über die Herstellung von Uhren.

Und besonders interessant: In diesem Verzeichnis werden zwei andere Wiener Uhrmacher konkret als KuK-Hofuhrmacher bezeichnet, Suchy dagegen nur als Hoflieferant. Das dürfte auch der Hinweis sein, dass Johann Suchy gar nicht mehr Uhrmachermeister war, sondern nur noch Kaufmann.

Droba

Antworten