Taschenuhr mit Zusatzskala 50-300 auf dem Zifferblatt

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Starsy
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Taschenuhr mit Zusatzskala 50-300 auf dem Zifferblatt

Beitrag von Starsy » Mo 14. Dez 2015, 18:50

Ich wurde auf Grundlage der anhängenden Fotografie gefragt, welche/n Zweck/Aussage/Funktion der äußere zentrische Ziffernring 50-300 auf dem Zifferblatt dieser TAU gehabt haben mag. Vorbesitzer soll Ingenieur gewesen sein. Weitere technische Details zum Uhrwerk sind nicht bekannt. --- Hat jemand eine Idee?
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Beste Grüße, Peter Starsy

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s.hartig
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Re: Taschenuhr mit Zusatzskala 50-300 auf dem Zifferblatt

Beitrag von s.hartig » Di 15. Dez 2015, 18:35

Hallo Peter,

es handelt sich bei der äußeren Skala des Chronographen vermutlich um eine Tachymeter-Skala, mit deren Hilfe die Fahrgeschwindigkeit zwischen zwei Wegmarken bestimmt werden kann.
Kuck Du hier: http://www.info-uhren.de/chronographen- ... %C3%A4tter

Allerdings ist die Skalierung bei der abgebildeten Uhr etwas ungewöhnlich:
Üblicherweise werden die Skalen für Wegmarkenabstände in "runden" Metern angegeben, z.B. 200 m oder 1000 m.
Dieser Bezugsabstand läßt sich leicht berechnen:
Laut Skala beträgt die Geschwindigkeit 100 Wegeinheiten / Zeiteinheit, wenn der Abstand zwischen zwei Wegmarken in 30 s zurückgelegt wurde.
Nehmen wir mal an, die Wegeinheit beträgt 1 km und die Zeiteinheit 1 h; die Geschwindigkeitsangabe lautet damit auf km/h.
Aus den Skalen ergibt sich bspw.: Geschwindigkeit 100 [km/h] = Wegmerkenabstand [km] / 30 [s]
oder nach Umformung: Wegmerkenabstand = 100 [km/h] x 30 [s] = 100/3600 [km/s] x 30 [s] = 5/6 [km]

Warum gerade diese irrationale Zahl 5/6 = 0.8333333333 als Wegmarkenabstand gewählt wurde, kann ich Dir auch nicht sagen. Vielleich weiß ja ein anderes Forenmitglied mehr?

Grüße
Stefan

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droba
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Re: Taschenuhr mit Zusatzskala 50-300 auf dem Zifferblatt

Beitrag von droba » Di 15. Dez 2015, 19:28

Hallo Peter,

ich denke auch, dass es eine Tachymeter-Taschenuhr ist. Mir ist bekannt, dass solche Tachymeter-Taschenuhren um das Jahr 1900 gezielt für Lokomotiv-Führer entwickelt worden sind, denn ich habe in Uhrmacherzeitungen schon Werbung für Tachymeter-Taschenuhren gesehen.

Ich kenne mich aber bei der Eisenbahn nicht aus. Ich vermute aber mal, dass die Wegmarken-Einteilung der Skala mit irgendwelchen Abständen auf den Bahnstrecken zu tun hat.

Droba

petsch
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Re: Taschenuhr mit Zusatzskala 50-300 auf dem Zifferblatt

Beitrag von petsch » Di 15. Dez 2015, 19:59

Hallo Peter,
die Anfrage mit dem gleichen Foto hatten wir auch schon im pocketwatchforum. Wahrscheinlich von einer Kollegin/Bekannten von Dir. Auch da sind wir nicht zu einem befriedigendem Ergebnis gekommen. So wie Stefan schon schreibt ist die Skalierung sehr ungewöhnlich und scheint für einen bestimmten Zweck gemacht worden zu sein. An eine Geschwindigkeitsmessung glaube ich allerdings wegen dieser ungewöhnlichen Strecke nicht.
Ich war schon auf dem Gedanken gekommen, dass es vielleicht mit einer Drehzahlmessung für bestimmte Wellen oder Maschinen zu erklären ist. Das würde dann auch vielleicht mit dem Beruf des Besitzers im Zusammenhang stehen.

Von mir erfundenes Beispiel als Drehzahlmesser für diese Skala :

Man startet die Uhr und zählt die Umdrehungen und stoppt sie dann, wenn 50 Umdrehungen erreicht sind (es gab sicher dafür Umdrehungszähler). Dort wo der große Sekundenzähler dann nach dem Stoppen steht, kann man die Umdrehungszahl pro Minute ablesen.
Vielleicht für Dampfmaschinen oder für andere Wellen, deren Drehzahl zwischen 50 und 300 liegt.

Oder habe ich bei meinem angenommenem Beispiel einen Denkfehler gemacht ?

Vielleicht kann man ja noch herausfinden, wo der damalige Besitzer als Ingenieur gearbeitet hat ? Das würde vielleicht weiterhelfen.

Gruß
Peter

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s.hartig
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Re: Taschenuhr mit Zusatzskala 50-300 auf dem Zifferblatt

Beitrag von s.hartig » Di 15. Dez 2015, 23:02

Hallo Peters,

an den Drehzahlmesser hatte ich auch schon gedacht, allerdings funktionierten die Sache mit den mechanischen Umdrehungszählern derart, dass diese für eine bestimmte Zeit (mit der Uhr zu bestimmen) in Eingriff gebracht werden (bspw. auf den Wellenstumpf aufgedrückt werden). Nach Ablauf der Messzeit (bspw. 1 min) wird der Umdrehungszähler aus dem Eingriff genommen und die Anzahl der Umdrehungen abgelesen.

Eine Skala vergleichbar mit einer Tachymeterskala würde in diesem Zusammenhang nur dann Sinn machen, wenn alle 50 Umdrehungen (richtig gerechnet, Petsch!) ein Signal anfällt, nach dem man die Uhr startet und stoppt.

Grüße
Stefan

Starsy
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Re: Taschenuhr mit Zusatzskala 50-300 auf dem Zifferblatt

Beitrag von Starsy » Mi 16. Dez 2015, 00:37

Zunächst mal Danke für die bisherigen Antworten.

Das Dings sieht für mich freilich nicht so aus, als wenn da irgendwas temporär mechanisch in Eingriff zu bringen war. Dergleichen Stücke (Uhren aber nicht mehr sehr ähnlich) kenne ich mit recht groben Schreckengängen. Aber mit nur einem Bild ist das sicherlich nicht abschließend zu klären.

Tachymeter (Speedometer) könnte aber vielleicht wirklich eine Erklärungsrichtung sein. Es muß ja nicht zwingend um Meter gehen?! Ich sehe aber auch nicht unbedingt irgendwas zum Starten/Anhalten eines Stopp-Mechanismus. Und was sagt dabei die kleine Exzenterskala 1-30 oben? Der Drücker an der Krone öffnet doch sicherlich den Sprundeckel, der Drücker rechts am Gehäuseumfang schaltet die Krone auf Zeigerstellung um, oder?

Gruß, Peter
Beste Grüße, Peter Starsy

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droba
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Re: Taschenuhr mit Zusatzskala 50-300 auf dem Zifferblatt

Beitrag von droba » Mi 16. Dez 2015, 08:52

Starsy hat geschrieben:Zunächst mal Danke für die bisherigen Antworten.

Das Dings sieht für mich freilich nicht so aus, als wenn da irgendwas temporär mechanisch in Eingriff zu bringen war. Dergleichen Stücke (Uhren aber nicht mehr sehr ähnlich) kenne ich mit recht groben Schreckengängen. Aber mit nur einem Bild ist das sicherlich nicht abschließend zu klären.

Tachymeter (Speedometer) könnte aber vielleicht wirklich eine Erklärungsrichtung sein. Es muß ja nicht zwingend um Meter gehen?! Ich sehe aber auch nicht unbedingt irgendwas zum Starten/Anhalten eines Stopp-Mechanismus. Und was sagt dabei die kleine Exzenterskala 1-30 oben? Der Drücker an der Krone öffnet doch sicherlich den Sprundeckel, der Drücker rechts am Gehäuseumfang schaltet die Krone auf Zeigerstellung um, oder?

Gruß, Peter
Hallo Peter,

das ist schon eine Art Stoppuhr: Der Drücker an der Krone öffnet nach meinem Eindruck nicht den Sprungdeckel, sondern startet/ stoppt den langen Zeiger. Und zusätzlich hat die Uhr im separaten Feld noch einen Sekundenzeiger.

Droba

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s.hartig
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Re: Taschenuhr mit Zusatzskala 50-300 auf dem Zifferblatt

Beitrag von s.hartig » Mi 16. Dez 2015, 09:05

Hallo Peter,

zeig uns doch mal eine Aufnahme vom Werk, das dürfte zumindest die Frage ob Chronograph oder nicht beantworten.

Grüße
Stefan

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Re: Taschenuhr mit Zusatzskala 50-300 auf dem Zifferblatt

Beitrag von petsch » Mi 16. Dez 2015, 09:39

Hallo Peter,
nein, da hast Du durch die vielen Erklärungsversuche etwas missverstanden. Und wir als Uhrenfans haben zu viel Wissen vorausgesetzt.

Diese Uhr ist ein Chronograph, das heißt, damit kann man grundsätzlich erst einmal neben der normalen Zeitanzeige auch kurze Zeiten messen.

Der Drücker auf der Krone ist hier nicht zum Öffnen eines Sprungdeckels sonder es ist der "Start/Stopp/Zurück - Drücker". Einmal darauf gedrückt startet der zentrale Sekundenzeiger, beim zweiten Mal stoppt er und beim dritten Mal springt der Zeiger zurück auf Null. Das Ganze, während die eigentliche Zeitanzeige weiterläuft. Die 30er Skala in der oberen Hälfte zählte die Minuten der zusätzlichen Zeitmessung. Man konnte also damit primär zeitliche Vorgänge messen, die bis zu 30 Minuten lang waren.

Wenn der Zeitmessvorgang beendet war, man also den Knopf ein zweites Mal gedrückt und die Zeit abgelesen hatte, drückte man ihn noch einmal und alles war wieder auf Null.

Wenn diese Uhr nun für das Messen eines normalen Zeitvorgangs hätte benutzt werden sollen, dann hätte sie nicht diese spezielle Skala, sondern einfach die Zahlen 1-60 rundherum.

Die verschiedenen Skalen, die es aber auch zu diesen Chronographen gab, dienten anderen, speziellen Zwecken. (hauptsächlich wurden mit Chronographen Geschwindigkeitsermittlungen und Pulsschlagmessungen gemacht) Das waren sozusagen kleine mechanische Rechenmaschinen. Bei der Pulsschlagmessung zählte man beispielsweise 20 oder 30 (je nach Skala) Pulsschläge ab, stoppte dann und konnte abmessen wie hoch der Puls in der Minute war. Deshalb die abfallende Skala, d.h. je länger 20 Pulsschläge dauerten, um so kleiner wurde der Pulsschlagwert pro Minute. Und das war eben direkt schneller ablesbar ohne eine Minute lang zählen zu müssen.

Bei der Geschwindigeitsmessung war es ähnlich. Da konnte man durch die Formel, die für die Skala benutzt wurde, allerdings noch mehr Zeit sparen. Man konnte beispielsweise durch Messen einer 200 m Strecke an der Skala ablesen, wieviel km pro Stunde das Fahrzeug benötigte.

Bei der Geschwindigkeitsmessung waren aber Strecken von 200 oder 1000 m üblich, damit man die Skala benutzen konnte.

Da hier bei diesem Chronographen so ein unüblicher Streckenabschnitt nötig gewesen wäre, hatte ich an eine andere Messung gedacht. Beispielsweise eine Umdrehungsermittlung pro Minute.
Starsy hat geschrieben:Das Dings sieht für mich freilich nicht so aus, als wenn da irgendwas temporär mechanisch in Eingriff zu bringen war
So war es auch mit Sicherheit nicht, sondern diese Uhr diente nur dazu, die Zeitkomponente zu ermitteln und dann in Verbindung mit einem auf andere Weise ermitteltem Wert das Ergebnis anzuzeigen

Dieser auf andere Weise ermittelte Wert war dann entweder eine bestimmte Strecke (die aber dann ein ungewöhnliches Maß hatte) oder andere Ereignisse.
Hier direkt abzulesen wären Ereignisse bei denen man bis 50 zählte (oder irgendwie anders ermittelte), um dann den Ergebniswert pro Minute auf der Skala ablesen zu können.

Das könnten dann beispielsweise Umdrehungen gewesen sein. Könnten aber auch Hübe gewesen sein. Oder irgendetwas, was wir uns jetzt gar nicht vorstellen können. Vielleicht auch was ganz simples.
Deswegen hatte ich nach dem Arbeitsplatz des Ingenieurs gefragt.

Zurück zur Geschwindigkeitsmessung :
Das einzige Längenmaß , das mir irgendwie mit 833,33 ´(also 5/6 Kilometer) eine Verbindung hat, ist der "Fuß". Je nach Land und je nach dem welche Länge man für einen Fuß annimmt, sind 833 Fuß ca. 250 Meter. In einem alten Eisenbahnberechnungsbuch von 1850 habe ich noch diesen alten Wert gefunden https://books.google.de/books?id=ZnY5AA ... hn&f=false

Mir raucht allerdings schon der Kopf vom vielen Nachdenken und Zeit habe ich heute auch nicht mehr, so dass ich jetzt nicht mehr darüber nachdenken kann, ob das dann mit der Skala der Uhr irgendeinen nachvollziehbaren oder nachrechenbaren Sinn ergibt. Und ob ca 50 - 60 Jahre später (also der Entstehungszeit dieser Uhr), auch noch irgendwo das Maß "Fuß" benutzt wurde. Vielleicht kann uns doch noch jemand anderes da weiterhelfen.

Gruß
Peter

PS: Habe so lange für das Schreiben gebraucht, dass Droba und Stefan schon zwischendurch geantwortet haben

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droba
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Re: Taschenuhr mit Zusatzskala 50-300 auf dem Zifferblatt

Beitrag von droba » Mi 16. Dez 2015, 10:18

Hallo Peter,

ich habe in meinen Unterlagen eine Anzeige der Firma Dürrstein aus dem Jahr 1908 für eine Tachymeter-Taschenuhr für Lokomotivführer gefunden. Die in dieser Anzeige abgebildete Taschenuhr hat einen identischen Aufbau des Zifferblattes, wie die von Dir gezeigte Uhr.
Dürrstein Geschwindigkeitsmesser DUZ 1908.jpg
Allerdings muss ich zugeben, dass ich mir in der Deutung der Anzeige nicht vollständig sicher bin:

- Die kleine runde Skala oben auf dem Zifferblatt zeigt nach meiner Meinung die aktuell errechnete Geschwindidkeit im Bereich zwischen 2 und 30 km/h an.

- Die äussere progrediente Skala mit dem Messbereich 55 bis 300 verstehe ich als Hochrechnung für die Gesamtstrecke. Und wie wir dem Beitrag von Peter ("Petsch") entnehmen können, basiert die Berechnung noch auf dem alten Streckenmaß in Fuß und nicht in Meter. (Das könnte wiederum mit dem Abstand von Signalmasten auf den Bahnstrecken zusammenhängen, die wohl noch im Abständen im Fußmaß und nicht in Metermaß eingesetzt waren.)

Danke für Deine sehr interessante Anfrage, denn ich habe so eine Uhr noch nie in Natura gesehen! Kannst Du uns noch Bilder des Werkes zeigen?

Droba
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