Tiffany & Co., ca. 1916, IWC Werk

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Bernhard J
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Tiffany & Co., ca. 1916, IWC Werk

Beitrag von Bernhard J » Mi 1. Nov 2023, 11:05

Vor kurzem habe ich diese Uhr bei einer Auktion gewonnen. Sie wurde als von etwa 1970 beschrieben, offensichtlich wusste der Verkäufer nicht viel über Uhren.

Das Uhrwerk ist ein IWC Kal. 75, 10'', das erste Armbanduhrwerk, das von IWC hergestellt wurde. Das Kaliber 75 war für Damenuhren in runden Gehäusen und für Herren in quadratischen Gehäusen vorgesehen. Das Gehäuse trägt die Marke Cresarrow und wurde von Henry Blank & Co. in den USA hergestellt. Henry Blank war 1912 nach Europa gereist, um u. a. mit IWC Geschäfte zu machen. Er kehrte an Bord der Titanic in die USA zurück und überlebte den Untergang. Seine Firma war ein Zulieferer von Tiffany, unter anderem für Uhren. Diese historischen Details stimmen mit dem Datum des Uhrwerks überein.

Das Uhrwerk trägt die IWC-Markenzeichen und ist von höchster Qualität. Es hat eine Breguetspirale, 19 Lagersteine und ist 6-fach reguliert. Der Import dieses Werks in die USA muss ziemlich teuer gewesen sein.

Das Gehäuse ist aus 18 Karat Gold, wirklich schwer und von exquisiter Qualität.

Die drei großen kreisförmigen Aussparungen auf der Zifferblattseite des Werks sind Gegenstand des Schweizer Patents CH 55231, das auf dem Werk vermerkt ist. Dieses Patent bezieht sich auf eine besondere Befestigungsvorrichtung für Zifferblätter. Im Falle meiner Uhr ist das Zifferblatt jedoch auf herkömmliche Weise befestigt. Das Zifferblatt hat einen Rand und wird auf das Uhrwerk aufgeschnappt.

Das Werk läuft sehr gut und die fehlende/abgebrochene Schraube des mittleren Chatons scheint nur ein optischer Makel zu sein. Ich habe nicht vor, das zu berühren.

Dieses Exemplar scheint ein wirklich seltener Pionier der frühen Armbanduhren zu sein.
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Barney Green
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Re: Tiffany & Co., ca. 1916, IWC Werk

Beitrag von Barney Green » Mi 1. Nov 2023, 21:47

Hätte ich nicht gedacht, dass zu der Zeit schon ein so modernes Gehäuse und Zifferblatt zu kaufen war. Das Werk ist laut Seriennummerverzeichnis tatäschlich von 1916, das Gehäuse aber wohl 2 Jahre später entstanden, aber egaö ob 1916 oder 1918, diese Uhr ist Ihrer Zeit in Details 25 Jahre voraus.

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Bernhard J
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Re: Tiffany & Co., ca. 1916, IWC Werk

Beitrag von Bernhard J » Do 2. Nov 2023, 09:48

Hallo Barney,

eben dies hatte mich auch erstaunt, insbesondere als Herrenuhr. Denn wenn man alte Artikel nachliest, wurden Armbanduhren für Männer zumindest bis zum ersten Weltkrieg eher abfällig kommentiert.

Bemerkenswert ist auch die Massivität des 18K Gehäuses, wie es mir bislang noch nicht unter gekommen war. 18K Gehäuse waren und sind ja meist eher "sparsam" ausbildet, mitunter bis zu 5 g Gesamtgewicht herunter. Liegt möglicherweise daran, dass Henry Blank & Co. ursprünglich aus dem Juwelierbereich kamen. Ich werde mal gelegentlich das Gehäuse wiegen, allein schon die Lunette bzw. der Frontdeckel dürfte geschätzt locker 15 g haben.

Dass ein US Gehäuse 1 oder 2 Jahren nach dem Werk hergestellt wurde, ist m.E. nicht ungewöhnlich. Damals konnte ja allein schon der Transport und Import eines Werkes in die USA durchaus Monate dauern. Abgesehen davon, dass wohl keine Einzelwerke verschickt wurden, sondern eine ganze Charge bestellt, produziert und geliefert wurde. Und mit der Herstellung von Gehäusen vermutlich erst begonnen wurde, wenn das Werk auch tatsächlich in den USA angekommen war und (!) auch eine konkrete Bestellung in den USA für eine Uhr mit dem Werk vorlag. Ich habe beispielsweise eine V&C mit US Gehäuse aus Anfang der 30er, wo zwischen Werk und Gehäuse (kein "Recase"!) vermutlich rund 5 Jahre lagen.

Beste Grüße, Bernhard

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Re: Tiffany & Co., ca. 1916, IWC Werk

Beitrag von steffl62 » Do 2. Nov 2023, 09:55

Hallo Barney,
also ich bin ja jetzt wirklich kein Armbanduhrensammler aber diese hier gefällt mir sehr gut. Sie ist vor allem Zeitlos und sicher auch heute noch gut tragbar, ein wirklich tolles, historisches Stück.
Ich denke nur das man bei dieser Uhr mit dem Zifferblatt aufpassen sollte, das schaut mir verdächtig nach Radiumfarbe aus. Eventuell kannst Du ja bei Gelegenheit mal einen Geigerzähler drauf legen. Solange die Uhr zu ist ist das kein Problem aber man sollte beim öffnen den Staub aus dem Gehäuse nicht einatmen. Ich hab da bei alten Weckern aus der Zeit schon wirklich böse Zifferblätter gehabt.

LG Christian
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Bernhard J
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Re: Tiffany & Co., ca. 1916, IWC Werk

Beitrag von Bernhard J » Do 2. Nov 2023, 13:39

Ich habe jetzt mal das Tiffany Archiv angeschrieben, vielleicht habe die ja was über deren ersten Armbanduhren.

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praezis
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Re: Tiffany & Co., ca. 1916, IWC Werk

Beitrag von praezis » Fr 3. Nov 2023, 16:58

Eine wirklich wunderschöne Uhr!
Da passen die modernen, viel zu kurzen Zeiger leider überhaupt nicht.

Frank
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Barney Green
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Re: Tiffany & Co., ca. 1916, IWC Werk

Beitrag von Barney Green » Fr 3. Nov 2023, 19:34

Da gebe ich Frank recht. Die originalen Zeiger dürften etwa so ausgesehen haben:
Tiffany.JPG
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Bernhard J
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Re: Tiffany & Co., ca. 1916, IWC Werk

Beitrag von Bernhard J » Fr 3. Nov 2023, 19:58

Hi Barney,

da bin ich mir nicht sicher, in der Werbung scheinen es keine Leuchtzeiger zu sein (und logischerweise auch keine Leuchtziffern). Und zu einem Blatt mit Leuchtziffern, wie bei der Tiffany, gehören auch Zeiger mit Leuchtmasse.

Jedenfalls haben die Zeiger der Tiffany Uhr Leuchtmasse, was natürlich noch lange nicht bedeutet, dass sie auch tatsächlich original sind. 8-)

Beste Grüße, Bernhard

Barney Green
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Re: Tiffany & Co., ca. 1916, IWC Werk

Beitrag von Barney Green » Fr 3. Nov 2023, 21:11

Die Zeiger aus der Anzeige und auch das Zifferblatt haben radiumhaltige Leuchtmasse. Ich bin mir wie Frank sicher, dass solche schlanken und zu kurzen Zeiger damals nicht verwendet wurden. Die sind vom Stil her eher 60er.

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praezis
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Re: Tiffany & Co., ca. 1916, IWC Werk

Beitrag von praezis » Sa 4. Nov 2023, 14:29

Damals wussten die Hersteller noch genau, wie lang ein korrekter Zeiger sein muss.
Dieses Wissen scheint einigen modernen Uhreneditoren verloren gegangen zu sein, wie in der Werbung immer wieder zu sehen ist.

Frank
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