Kundenabzocke durch Zertentifizierung

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karlo

Kundenabzocke durch Zertentifizierung

Beitrag von karlo » Mo 1. Nov 2010, 19:52

Komplett nachzulesen hier:
http://forum.watchtime.ch/viewtopic.php?f=6&t=48785
Da will Union Glashuette fuer eine Revision eines Union 26-44 650€. Ein stinknormales 3Zeigerwerk basierend auf dem DDR GUB 10-30 bzw. GUB 39. Also mal wenns hoch kommt ETA Qualitaet.
Aber wir bekommen keine DDR Teile mehr, da GUB sich das Recht herausnimmt Uhrmacher erst fuer DDR 3Zeigerwerke zertifizieren zu muessen.
Bei Omega ist auch Schluss.
Rund 10000€ Investitionskosten fuer die Werkstatt.

Wer bezahlt die eigentlich fuer ihre Werbung fuer chinesische Firmen?

Karlo

walter der jüngere

Re: Kundenabzocke durch Zertentifizierung

Beitrag von walter der jüngere » Mo 1. Nov 2010, 21:29

Hallo,

@Karlo, aber für alle gern zum Mitlesen und darüber Nachdenken:

Kein Problem - wer also solch eine Uhr repariert bekommen möchte, wird wohl oder übel zahlen müssen. Ob nun an den Hersteller, oder an den Uhrmacher, der die Zertifizierung durchlaufen hat.

Fakt ist, wer ein solches Prozedere der Zertifizierung mitmacht, wird die Arbeit sich nicht mehr mit 10 Euro per Stunde vergüten lassen.
Qualität hat seinen Preis - der liebe Bastelrentenopauhrmacher, der mir alle Uhren pauschal für 5 Euro reparierte, der macht sie dann halt auch nicht mehr für 10 Euro, selbst wenn ich ihn noch so bitte und mit den Geldscheinen wedele...

Andersheurm: Die Zeiten, in der man glauben musste, alles liefe daraufhinaus, daß in ein paar Jahren kein Buch mehr gekauft würde, weil ja alles klickklick kostenlos im Wordwideweb kostenlos downloadbar ist - der wundert sich, daß auf einmal kostenpflichtige Downloads und entsprechende Forenbeiträge / Pay-for-read-Websites modern werden. Auch Online-Zeitungen kosten auf einmal Geld...
Ebenso wundert sich, wer glaubte, China würde die Welt dauerhaft mit Billigstprodukten überschwemmen.
Sobald eine gewisse Monopolstellung wirtschaftlich rentabel nutzbar geworden ist, wird sie auch genutzt.

Natürlich verspreche ich mir keinen wirklich qualitativen Quantensprung von solch einer Zertifizierung. Wohl aber eine gewisse Marktbereinigung. Und letztlich steigt für guterhaltene, funktionsfähige Stücke so der Wert erheblich - ähnliches gilt doch auch für andere Hersteller bzw. Uhrentypen...

Bleibt nur das kalkulatorische Roulette, ob sich eine derartige Zertifizierung auch vernünftig refinanzieren lässt - ob genug Kunden bereit sind, einen angemessenen Preis für eine solche Refinanzierung zu zahlen. Oder anders gefragt: Ob Geiz immer geil bleibt.
Dann haben derlei Uhren wahrscheinlich bald einen umso höheren Sammlerwert...

Nein, eine Fertigung von kompatiblen Ersatzteilen erwarte ich nicht - lohnt kaum. Die Nachfrage ist dafür dann nämlich doch zu gering. Denn wenn, dann ist der Geiz auf beiden Seiten geil...

Walter d. J. (Moderator)

P.S.: @Karlo speziell: Wer wird hier etwas von einem anderen Forum verlinken?
Wenn das mal der liebe Petsch sieht und liest?
Oder einer aus dem anderen (watchtime) Forum?
Aua aua!
Duck und wech!

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Felix18
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Registriert: Fr 20. Aug 2010, 21:11

Re: Kundenabzocke durch Zertentifizierung

Beitrag von Felix18 » Mo 1. Nov 2010, 21:55

Hallo Walter d. J,
das Russisch Roulette, zumindest für Sammler wird es nicht geben. Die Uhren, die mit einem solchen Aufwand erhalten werden müssen, verschwinden in Vitrinen und werden als Geldanlage gehalten und bei Bedarf veräußert, falls sich dann noch ein Käufer findet. Mit dem eigentlichen Sammler, der es aus Gefallen an solchen Stücken hat, hat das nichts mehr zu tun.
Es ist nicht immer nur die "Geiz ist geil" Parole, hinter diesem Werbeslogan versteckt sich einfach die Realität, sich in der heutigen Zeit und den Lebenshaltungskosten, sich noch ein Extra leisten zu können.
Selbst ein Uhrmacher wird sich die Zertifizierung 10x überlegen müssen, denn wenn ihm so ein Hersteller nach dem anderen mit der Masche kommt, kann er sein Handwerk an den Nagel hängen.
C.


*Sapere aude*

walter der jüngere

Re: Kundenabzocke durch Zertentifizierung

Beitrag von walter der jüngere » Di 2. Nov 2010, 07:31

Hallo,

@felix18:
Es ist auch aus meiner Sicht völlig logisch, daß derartige Markenpolitik dem Liebhaber die Liebhaberei schwer macht - ja, es für viele unmöglich macht, dieser in gewohntem Maß weiter nachzugehen.
Ob es der Marke wirklich gut tut, auf diese Weise die Nachfrage auszudünnen - auch ich habe da so meine Zweifel.
Wo ich etwas anderer Meinung als Du bin - das Sammeln von Uhren betrachte ich per se als Luxus.
Wowir uns in der Konsequenz dann aber schon wieder weitgehend einig wären, nämlich ob man sich diesen Luxus so weiterhin leisten kann - zynisch formuliert leisten will - da habe ich ebenfalls meine Zweifel.
Sammeln von eher wertvollen Gegenständen ist so gesehen ein Relikt des Wohlstandes, dies war es aber schon immer. Arme Leute haben zwar auch gesammelt - aber das waren wenn dann Lebensmittel und Kleidungsstücke...
Für den einzelnen Uhrmacher ist es sicher schwer abschätzbar, ob sich eine derartige Zertifizierung wirklich rechnet. Denn: Der Hersteller wird wohl eher selten auf den Uhrmacher verweisen, der in der Nähe des Fragenden schon zertifiziert ist, als vielmehr werkseigen diese Revision durchführen wollen.
Ob sich durch derartige Maßnahmen eine Marke wirklich pushen lässt - kann sein, muß nicht sein. Bleibt also abzuwarten, ob dies der Marke den Garaus macht, oder sie zum Kultstatus führt. Oder: Ob man diese Richtung nach ein paar Jahren wieder aufgibt, und sich nach den alten Zeiten zurücksehnt, da als noch hier und da ein Kunde kam, der sich dafür interessierte, die Uhr erhalten zu lassen...

Walter d. J. (Moderator)

karlo

Re: Kundenabzocke durch Zertentifizierung

Beitrag von karlo » Di 2. Nov 2010, 08:26

Zertifizierung ist ja nicht alles.
Omega will andere Maschinen als Rolex, als Jaeger.....
Dazu kommt, um von Jaeger Teile zu bekommen, muss man verkaufen.
Dann darf man vermutlich auch die Putzfrau zum Kursus schicken.
Aber der groesste Witz passiert je derzeit in Glashuette, wo man fuer stinknormale DDR Kaliber Uhrmacher zur Zertifizierung zwingt und die Preise mal eben verzehnfacht.
Aber das wird vermutlich nach hinten los gehen, denn von den Teilen duerften genug in Umlauf sein fuer die naechsten Jahre.

Karlo

petsch
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Re: Kundenabzocke durch Zertentifizierung

Beitrag von petsch » Di 2. Nov 2010, 10:43

Über die gesamte Zertifizierung im Allgemeinen in der Industrie kann man gewaltig streiten. Mitmachen können doch nur die Großen, könnte man meinen.
Aber vielleicht tun sich dadurch auch gerade Lücken auf für kleine Betriebe, die flexibel sind.

Ob das bei Uhrmachern auch so ist, kann ich nicht beurteilen, aber ich glaube, dass auch der Hype auf eine Marke nicht nur von den Neukäufern ausgeht, sondern auch von den Sammlern gebrauchter Modelle. Irgendwie muss das Flair ja entstehen, das Neukäufer dazu bringt gerade diese Uhr haben zu wollen. Und ob dafür dann eine solche Zertifizierungspflicht eines Reparaturbetriebes günstig ist, das wage ich zu bezweifeln.

Außerdem muss man ja sagen, dass zwischen einem "Bastelrentenopauhrmacher, der mir alle Uhren pauschal für 5 Euro reparierte" und einem Uhrenreparaturgroßbetrieb, der autorisiert oder zertifiziert ist und dann für jede Revision einer solchen Uhr 650 Euro als Pauschale nehmen muss, noch viele Stufen an Uhrmachern existieren. Und ich hoffe nicht, dass die großen Marken es schaffen, diese Stufen abzuschaffen.

@ Walter
für mich war das Thema eigentlich erledigt, aber da Du mich hier namentlich erwähnst und mir das Thema zu ernst ist, als dass sich jemand darüber lustig machen sollte, will ich das doch richtigstellen:
walter der jüngere hat geschrieben:P.S.: @Karlo speziell: Wer wird hier etwas von einem anderen Forum verlinken?
Wenn das mal der liebe Petsch sieht und liest?
Oder einer aus dem anderen (watchtime) Forum?
Aua aua!
Duck und wech!
Eine Verlinkung zu irgendetwas oder die komplette Kopie von Threads (also aller Text und alle Bilder) sind zwei ganz unterschiedliche Paar Schuhe.

An einer Verlinkung hat niemand bei uns etwas auszusetzen, im Gegenteil über einen Hinweis auf den entsprechenden Thread mit Link dorthin, würde sich jeder dort freuen. Auch die Schreiber der Beiträge. Das würde ich sogar unter guter Kooperation verstehen.
Und so war es ja auch jahrelang.
Und so etwas ist auch im gesamten Internet gang und gäbe. Kopieren aber, jedenfalls in dem Umfang und vor allem in dem Zusammenhang, nicht !
Falls Du Dich spezieller mit Taschenuhren beschäftigen möchtest, besuch doch auch das pocketwatchforum :
http://forum.pocketwatch.ch/

karlo

Re: Kundenabzocke durch Zertentifizierung

Beitrag von karlo » Di 2. Nov 2010, 11:09

petsch hat geschrieben:
Außerdem muss man ja sagen, dass zwischen einem "Bastelrentenopauhrmacher, der mir alle Uhren pauschal für 5 Euro reparierte" und einem Uhrenreparaturgroßbetrieb, der autorisiert oder zertifiziert ist und dann für jede Revision einer solchen Uhr 650 Euro als Pauschale nehmen muss, noch viele Stufen an Uhrmachern existieren. Und ich hoffe nicht, dass die großen Marken es schaffen, diese Stufen abzuschaffen.
Ich befuerchte schon, dass sie es schaffen. Denn ausser auf illegalem Weg bekommt kein Uhrmacher Teile ohne Unsummen zu investieren.

Karlo

walter der jüngere

Re: Kundenabzocke durch Zertentifizierung

Beitrag von walter der jüngere » Di 2. Nov 2010, 13:55

Hallo,

ja, ich befürchte auch, daß derlei Markenmanagement sämtlichen Uhrmachern das Reparieren jener Marken auf längere Zeit gesehen unmöglich macht. Klar, es gibt hier und da noch Restbestände - aber deren Verfügbarkeit ist irgendwann erschöpft - und damit ist dann Ebbe.

Bleibt wirklich abzuwarten, ob diese Strategie beibehalten wird.
Immerhin: Um eine gewisse Markenbindung aufbauen bzw. erhalten zu können, muss ein gewisses Gleichgewicht zwischen Fordern und Fördern herrschen. Soll heißen, auch dem investitionsfähigen/investitionsbereiten Uhrmacher muß ein gewisser sicher erwartbarer Vorteil aus der Beteiligung an solch einer Strategie erkennbar sein. Ansonsten wird er sich der Marke verweigern, und damit würde deren Marktanteil deutlich zurückgehen.
Allein durch eine geringe Präsenz bzw. einen geringen Marktanteil wird keine Marke zu besonderen Höhen aufsteigen...

Walter d. J. (Moderator)

karlo

Re: Kundenabzocke durch Zertentifizierung

Beitrag von karlo » Di 2. Nov 2010, 15:17

Deine Prognose wird nicht aufgehen, Walter.
Wer nur verrueckt genug ist, wird 500km zu irgendeinem Wempe oder zur Omegaboutique fahren um seine Uhr zu kaufen.
Siehe heute manche Selbstabholer von Autos.

Karlo

tojota
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Registriert: Do 2. Sep 2010, 14:28

Re: Kundenabzocke durch Zertentifizierung

Beitrag von tojota » Di 2. Nov 2010, 21:29

Früher durfte ich so gut wie alles von Jaeger reparieren und bekam auch Ersatzteile dafür. jetzt wo ich zertufiziert bin darf ich nur mehr einige Kaliber reparieren. Etwas seltsam.
Ich bin der Meinung das diese Zertifizierungen viel zum Uhrmachersterben beitragen werden. Viele Kleine sperren jetzt schon zu. Aber vieleicht ist das ja gut für mich?

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