Restaurierung / Wiederherstellung Comtoise

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Heinrich
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Re: Restaurierung / Wiederherstellung Comtoise

Beitrag von Heinrich » So 13. Mär 2011, 18:49

komisch, bei vielen Comtoisen, die ich bisher repariert habe hat trotz Vorhandensein der Löcher der Wecker gefehlt. Ich könnte mir wirklich vorstellen, daß es eine Art Serienfertigung gegeben haben muß, zu viele Teile der mir untergekommen Burgunderuhren glichen einander wie ein Ei dem anderen. Das ist auch ein Grund, warum ich für die Echtheit (in diesem Fall das Alter der komplett montierten Uhr) nur ungern ein Urteil abgeben möchte. Es existieren (lt. Angabe meines damaligen Lehrmeisters, dessen Kompetenz in Sachen alte Uhren ich absolut nicht anzweifele) einfach noch zu viele Teile, aus denen man wunderbar eine Comtoise zusammenbauen kann, diese im Misthaufen vergräbt und nach einem halben Jahr als echt verhökert, außerdem existieren offenbar auch noch jede Menge Werkzeuge wie Press- oder Drückwerkzeuge, um die Pendel und Schilder nachzumachen. Frage: Ist die Uhr dann echt alt oder ist sie neu, obwohl die Teile alt sind?
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karlo

Re: Restaurierung / Wiederherstellung Comtoise

Beitrag von karlo » So 13. Mär 2011, 18:55

Was ist an einer Comtoise echt, ist wirklich ein Problem.
Wenn der Haendler so clever ist, einem die letzte Moeglichkeit zu nehmen, naemlich Schildmotiv und Hemmung zueinander passend, dann hat man Pech.
Ich hatte bei meinen ca. 50 keine, die Weckerbohrungen hatte wenn kein Wecker drin war. Das heisst aber natuerlich nicht all zu viel.
Allerdings vermute ich, dass selbst diese einfachen Bohrungen zu der Zeit ein Arbeitsaufwand waren, den man gescheut hat, wenn nicht notwendig.

Karlo

Heinrich
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Re: Restaurierung / Wiederherstellung Comtoise

Beitrag von Heinrich » So 13. Mär 2011, 19:52

was ich vergessen hatte, in meinem Beitrag noch zu schreiben: Es gibt natürlich auch die (möglicherweise sehr naheliegende) Erklärung, daß die werten früheren Herren Kollegen die Wecker als unnütze mögliche Störfaktoren sahen und sie einfach rausgeschmissen haben, wie bei so manchem Schlag- oder Kalenderwerk.
Heinrich
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Uhrmacher 19
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Re: Restaurierung / Wiederherstellung Comtoise

Beitrag von Uhrmacher 19 » So 13. Mär 2011, 21:34

Hallo,

ich möchte mich "mal so zwischendurch" für die weitestgehend positiven und generell hilfreichen Rückmeldungen zu meinem Beitrag bedanken.
Es freut mich wirklich sehr, dass mein Beitrag so positiv angenommen wird und das ich damit einen Beitrag zu diesem Forum leisten kann.

Zum Thema "alt oder nicht alt":
Für meine Uhr kann ich zumindest relativ sicher sagen, dass sie das der Bauart entsprechende Alter hat.
Man muss sich einfach nur die einzelnen Teile genauer anschauen.
Wenn dort z.B. diverse Hebel nachweislich bzw. offensichtlich von Hand angefertigt wurden, so lässt das auf das Alter schließen.
Oder die Speichung der Räder .... handgemacht und relativ grob.
Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass sich jemand diese Arbeit macht und dann die Uhr für ein paar hundert Euro verkauft.
Das mag sich vielleicht bei Uhren lohnen, die auf Auktionen einige tausend Euro erzielen.

Ich hatte es ja schon einem früheren Beitrag erwähnt, dass ich diese Uhr nicht verkaufen werde.
Ich habe mittlerweile so viel Arbeit und "Herzblut" in die Uhr gesteckt, dass sie für mich etwas ganz besonderes ist.
Das ist vermutlich auch der Grund, warum ich diese Arbeiten wohl nie erfolgreich als Gewerbe ausführen könnte.
Aber das ist ja auch nicht meine Absicht.

Viele Grüße,
Jörg

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Uhrmacher 19
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Re: Restaurierung / Wiederherstellung Comtoise

Beitrag von Uhrmacher 19 » Mo 14. Mär 2011, 22:47

Hier die ersten Teile des Weckwerks:
DSC05009.JPG
DSC05008.JPG
Die Teile sind noch nicht ganz fertig.
Es fehlt noch die Verzahnung und natürlich das Finish.

Ich habe aber noch eine Frage:
Der Mittenabstand des Seils beträgt 24mm.
Dieses Maß war durch die Bohrungen in der unteren Käfigplatte vorgegeben.
Somit ist ja auch der Mittenabstand der Weckgewichte ebenfalls 24mm.
Bei den Gewichten für das Weckwerk gehe ich von 500g und 300g aus.
Kann es damit evtl. passieren, dass sich die beiden Weckgewichte beim herabsinken berühren?
Oder gibt es dafür einen besonderen Kniff oder Trick?

Danke und Gruß,
Jörg
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KleineSekunde
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Re: Restaurierung / Wiederherstellung Comtoise

Beitrag von KleineSekunde » Mo 14. Mär 2011, 23:16

Hallo Jörg,

anbei ein Foto von den Gewichten des Weckwerks meiner Comtoise:
Wecker Comtoise.jpg
Bei der gegenläufigen Bewegung der Gewichte scheint es mir also durchaus möglich, dass sich die Gewichte dabei berühren. Bei der gegebenen Länge des Seiles (das Seil wurde natürlich erneuert und über die ursprüngliche Länge kann ich keine Angabe machen) dauert der Weckvorgang nicht sehr lange, die Gewichte "rasseln" also eher durch. Ein mögliches, gegenseitiges kurzes Berühren stört also wohl auch nicht (die Weckfunktion nutze ich aber nie und momentan kann ich Details auch leider nicht prüfen).

Schöne Grüße

Guido / KleineSekunde
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Re: Restaurierung / Wiederherstellung Comtoise

Beitrag von Uhrmacher 19 » Mo 14. Mär 2011, 23:40

@Guido:
Vielen Dank für Deinen Hinweis.
Was sagst Du denn zu den von mir angegebenen Gewichten?
Also 500g und 300g.
Ist das ok?
Vielleicht kannst Du Deine Gewichte mal wiegen?

Gruß,
Jörg

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Re: Restaurierung / Wiederherstellung Comtoise

Beitrag von KleineSekunde » So 20. Mär 2011, 23:23

Hallo Jörg,

nun bin ich wieder zuhause und habe die Gewichte gewogen (mit der Küchenwaage, es ist also sicher keine Präzisionsmessung):

Linkes Gewicht: ca. 230 g
Rechtes Gewicht: ca. 60 g

Ich habe allerdings meine Zweifel, ob die Gewichte original sind. Das Weckwerk funktioniert zwar, aber die Gewichte "rasseln" bei Auslösung ziemlich durch und sie berühren sich bei den gegenläufigen Bewegungen tatsächlich. Das rechte Gewicht würde ich bei einer Neuanfertigung also wohl erhöhen.

Viel Erfolg und Spaß!

Schöne Grüße

Guido / KleineSekunde

winne
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Re: Restaurierung / Wiederherstellung Comtoise

Beitrag von winne » Mo 21. Mär 2011, 09:35

@ Kleine Sekunde

Hallo Guido
Es gibt ein einfachen Trick um fest zu stellen wie viel Gewicht eine Uhr, für den sicheren Gang braucht. Du nimmst eine Wasserflasche füllst so lange Wasser nach bis die Uhr sicher geht. Die Flasche wiegen und schon hast Du das erforderliche Gewicht.

Das ein Weckwerk durchrasselt ist ganz normal, aber die Geschwindigkeit hängt vom Gewicht ab! Auch hier kannst Du mit einer kleinen Flasche das Gewicht überprüfen.
Das Gewicht sollte langsam durchrasseln.

Gruß Winne

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Re: Restaurierung / Wiederherstellung Comtoise

Beitrag von Uhrmacher 19 » Mo 21. Mär 2011, 12:35

@Winne:

Hallo Winne,

es ging bei meiner Frage um die Gewichte des Weckers.
Aber trotzdem Danke für den Tipp mit der Wasserflasche.
Damit lässt sich wirklich auf einfache Art und Weise das erforderliche Gewicht ermitteln.

Ich bin mir aber auch sicher, dass meine geschätzten 500g und 200g deutlich zu hoch sind.

Ich werde es einfach mal testen.

Gruß,
Jörg

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