Stumpfe Ankergabel Regulator

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Falls hier theoretische Hilfen angeboten werden, so sollen und können sie keinen Uhrmacher ersetzen. Sie sind ohne jede Garantie oder Gewähr und jeder muss selbst wissen, was er sich zutrauen kann und dass man mit einem Selbstversuch evtl. leichtfertig die Uhr zerstören könnte. Vor allen Dingen wertvolle Uhren gehören in die Hand eines Fachmanns. Vielleicht sogar eines Fachmanns hier aus dem Forum. Laien sollten unbedingt den oben angepinnten Hinweis über Uhrenfedern lesen.
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martin62
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Stumpfe Ankergabel Regulator

Beitrag von martin62 » Mi 23. Mär 2022, 13:19

Hallo liebe Fachgemeinde

Ich bin hier neu im Forum. Habe in Wanduhren zum ersten mal gepostet viewtopic.php?f=135&t=5234.

Ein seltsames Fieber hat mich gepackt seitdem ich eine amerikanische Wanduhr geerbt habe. Wie ich festgestellt habe, werden antike Wanduhren zu sehr günstigen Preisen angeboten, vor allem wenn sie nicht laufen. So habe ich mittlerweile drei Regulatoren. Einer war funtkionstüchtig, den zweiten konnte ich zum laufen bringen, da war nur die Pendelfeder abgebrochen (siehe Link oben). Der dritte ist ein neueres Fabrikat (auf dem Werkstempel steht 87) und im diesen soll es hier gehen.

Marke.jpg

Es handelt sich um eine Uhr mit Westminsterschlag (auf 8 Stäbe). Das Schlagwerk funktioniert und hat einen mächtigen Klang.

Schlag.jpg
Rechen.jpg

Das Gehwerk läuft eigentlich auch, aber mit der Hemmung scheint was nicht zu stimmen - es tickt nicht. Ich habe die Ankerwelle rausgenommen und alles fotografiert. Wie ich in meinem ersten Post schon geschrieben habe, bin ich absoluter Laie. Ich hoffe ich kriege hier trotzdem eine Chance. Sehr gerne würde ich das Ding zum laufen bringen, einfach aus Spass an der Freude.

Anker.jpg

Als Fehlerursache tippe ich auf die Ankergabel, bzw. deren stumpfe Enden. Ich konnte beobachten, dass die rechte Seite direkt auf Spitze der Verzahnung des Gangrades trifft, anstatt in die Vertiefung einzutauchen.

Hemmung.jpg

Leider hat die Gabel keine eingeschraubten Paletten, sondern besteht nur aus einem Stück. Was kann man da machen? Am einfachsten wäre wohl der Austausch der kompletten Welle, inkl. Pendelgabel. Kann ich das als Privatkunde bestellen, evtl. über ein Fachgeschäft? Oder wäre Nachschleifen eine Lösung?

Freue mich über jegliche Tipps und Ratschläge.

Gruss Martin
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steffl62
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Re: Stumpfe Ankergabel Regulator

Beitrag von steffl62 » Do 24. Mär 2022, 07:27

Hallo Martin,
also erstmal ein herzliches Willkommen hier im Forum!
Bei Silvia (meiner Frau) und mir hat das mal ganz ähnlich wie bei Dir mit einer Erbschaft angefangen. Das ist schon ein paar Jahre her und mittlerweile haben wir zwei Werkstätten im Keller und die Wohnung voller Uhren. Also nimm das mit dem Fieber nicht auf die leichte Schulter, das kann sich auswachsen. ;)

Zu Deinem Problem mit der Anker"gabel". Anker werden nicht "stumpf", Anker laufen ein. Das bedeutet das die Gangradzähne dort wo sie auf den Anker auftreffen mit der Zeit kleine Vertiefungen einschleifen. Die Ankergabel ist auch nur der Teil des Ankers der ins Pendel bzw. in die Pendelverlängerung eingreift, was Du eigentlich meinst ist der Anker selbst. Die wichtigste und heikelste Einstellung beim Anker ist die Eingriffstiefe in das Ankerrad. Die wird durch verstellen der Ankerbrücke eingestellt. Das dürfte bei Deiner Uhr aber nicht das Problem sein. Ich vermute eher das bei Dir das alte Öl in den Lagern verharzt ist und die Lager möglicherweise schon stark eingelaufen sind. Das alles "frisst" die Kraft der Zugfedern auf dem Weg zum Ankerrad auf und das bewegt sich dann nur mehr langsam und träge und gibt auch nicht mehr genug Energie an das Pendel weiter. Ich vermute das Werk gehört einfach nur mal richtig gereinigt. Das ist ohne Vorkenntnisse, vor allem bei einem Westminster Schlagwerk aber nicht so einfach.

lg Christian
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Uroboros
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Registriert: Mo 20. Jan 2020, 14:25

Re: Stumpfe Ankergabel Regulator

Beitrag von Uroboros » Do 24. Mär 2022, 08:32

martin62 hat geschrieben:
Mi 23. Mär 2022, 13:19
Als Fehlerursache tippe ich auf die Ankergabel, bzw. deren stumpfe Enden. Ich konnte beobachten, dass die rechte Seite direkt auf Spitze der Verzahnung des Gangrades trifft, anstatt in die Vertiefung einzutauchen.
Wenn dem tatsächlich so wäre:
Hier im Forum gibt es eine ganz hervorragende Anleitung zum Einstellen bzw. Überprüfen von Hemmungen:
viewtopic.php?f=15&t=194
Ich schlage vor, Du überprüfst Fall und Eingriffstiefe anhand dieser Beschreibung, ob Deine Vermutung überhaupt zutrifft.

Moritz

martin62
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Re: Stumpfe Ankergabel Regulator

Beitrag von martin62 » Fr 25. Mär 2022, 12:25

Vielen Dank für eure Ausführungen Christian und Moritz. Diesem Sammelfieber sind zum Glück zweierlei Grenzen gesetzt. Die eine ist das Budget, die andere der verfügbare Platz. :? Zudem gibt es noch eine zweite Leidenschaft: die Hammond-Orgel. Diese ist ja mit dem Uhrmacherhandwerk verwandt. Der Erfinder der elektromagnetischen Tonradorgel Laurens Hammond war ursprünglich auch ein Uhrmacher. Der Tongenerator ist ein komplexes Getriebe aus Zahnrädern zur Erzeugung von Sinusschwingungen. :ugeek:
Zurück zum Thema. Ich hab befürchtet, dass die Sache mit der Hemmung nicht so einfach ist. Ich habe auch versucht, den Anker auf der Achse zu justieren (in beide Richtungen). Doch nach ein paar Ticks bleibt das Ding wieder stehen. Ist es nicht so, dass der Anker aus einem härteren Material (Stahl?) als das Zahnrad ist, und dieses folglich auch schneller verschleißt? Daß Verschmutzung und eingelaufene Lager die Ursachen sind - darauf wäre ich nie gekommen. Ich hab das Werk etwa eine Schlüsselumdrehung aufgezogen und es hat gleich losgeschnurrt. Allerdings kommt mir das ganze Werk recht ölig vor. Vielleicht hat es da jemand zu gut gemeint? Ich weiß nur daß die Uhr aus zweiter Hand ist. Ob der Zweitbesitzer die Uhr revidiert hat, entzieht sich leider meiner Kenntnis.
Ich werde nun wohl einen Fachmann zuziehen und schauen wie es weitergeht. Klar könnte man sich auch ohne Gangwerk am Westminster-Schlag erfreuen, aber irgendwie ist das nur die halbe Miete. Gibt es im Forum auch Mitglieder, die solche Revisionen machen? Für Hinweise bin ich dankbar.

Gruss Martin

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