Risse in der Platine

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Falls hier theoretische Hilfen angeboten werden, so sollen und können sie keinen Uhrmacher ersetzen. Sie sind ohne jede Garantie oder Gewähr und jeder muss selbst wissen, was er sich zutrauen kann und dass man mit einem Selbstversuch evtl. leichtfertig die Uhr zerstören könnte. Vor allen Dingen wertvolle Uhren gehören in die Hand eines Fachmanns. Vielleicht sogar eines Fachmanns hier aus dem Forum. Laien sollten unbedingt den oben angepinnten Hinweis über Uhrenfedern lesen.
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FWbulli
Beiträge: 9
Registriert: Mo 17. Okt 2016, 13:33

Risse in der Platine

Beitrag von FWbulli » Mo 17. Okt 2016, 18:15

Hallo,
ich bin neu in diesem Forum und schreibe heute meinen ersten Beitrag. Vorher wollte ich mich bei Euch kurz vorstellen.
Mein Name ist Detlef und ich komme aus Berlin.
Der „Uhrenvirus“ hat mich vor ca. 20 Jahren erwischt. Meine Schwiegereltern hatten schon immer einen Standuhr Regulator, der nie ging. Damals zu Weihnachtzeit habe ich mir einige Fachliteratur aus der Bibliothek besorgt und habe mit meinem angelesenem Wissen und etwas Fingerfertigkeit die Uhr in Gang gebracht. Ich glaube meine Schwiegermutter war nicht glücklich drüber, sie konnte sich nie mit dem tiefen erhabenen Gong der Uhr anfreunden.
Seit dem ist es mein Hobby, alte mechanische Uhren zu reparieren. Das spricht sich herum, und so erhalte ich immer wieder aus dem Freundeskreis oder von der Verwandtschaft eine Uhr zum Überholen.
Zurzeit habe ich eine schöne Tisch Uhr von Mauthe vor mir liegen.
Hier habe ich zum ersten Mal den Fall, dass sich an den Platinen Innenseiten Risse ausgehend von den Lagerbohrungen gebildet haben. Das sieht für mich nicht gut aus und ich bezweifele, dass ich die Uhr so wieder zum Laufen bekomme.
Meine Frage: Was kann man da machen? Ist das reparabel?
Was könnte die Ursache für solche Risse sein?
Ich vermute es sind die Federhäuser. Beide ließen sich nicht ohne Widerstandspunkten aufziehen und so denke ich, dass beim plötzlichen Entspannen der Feder eine hohe dynamische Kraft auf die Zapfen übertragen wird, die die Platine mit der Zeit reißen lässt.

Ich bin gespannt auf Eure Meinung.
Gruß Detlef
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droba
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Re: Risse in der Platine

Beitrag von droba » Mo 17. Okt 2016, 19:11

Hallo Detlef,

zuerst mal: Willkommen im Forum! Wir merken, dass Du Dich schon lange mit dem Uhrenvirus angesteckt hast, und auch schon verschiedene Reparaturen durchführen kannst.

Deine Anfrage macht mich zugegebenermaßen etwas sprachlos! Ich habe auch schon viele Uhrwerke repariert, aber so etwas ist mir in mehr als 20 Jahren "Clockitis" nicht untergekommen. Wirklich nicht! Und ich habe auch spontan keine Erklärung dafür, aber ich bin gespannt, was unsere Altmeister dazu sagen werden.

Aber eines ist für mich klar: Die Federhäuser sind nicht die Uhrsache. Denn dann wären nur die Lager in der Nähe des Federhauses gerissen, aber nicht im Bereich des Ankers oder des Windfanges. Denn dort kommt nur noch eine sehr geringe Kraft auf die Zapfen an.

Die Risse müssen also einen anderen Grund haben.

Für reparierbar halte ich das Werk aber: Neue Lagerbuchsen einpressen und gut müsste es sein. Die Lagerbuchsen kannst Du durch leichte Hammerschläöge zusätzlich etwas verspannen, denn locker dürfen sie natürlich nicht sein.

Viel Erfolg!

Droba

KleineSekunde
Moderator
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Re: Risse in der Platine

Beitrag von KleineSekunde » Mo 17. Okt 2016, 19:21

Hallo Detlef,

herzlich willkommen hier im DGC-Forum und viel Spaß und Erfolg hier.
FWbulli hat geschrieben:Was könnte die Ursache für solche Risse sein?
Ich vermute es sind die Federhäuser. Beide ließen sich nicht ohne Widerstandspunkten aufziehen und so denke ich, dass beim plötzlichen Entspannen der Feder eine hohe dynamische Kraft auf die Zapfen übertragen wird, die die Platine mit der Zeit reißen lässt.
Wenn es die stark belasteten Lager der Federhäuser betroffen hätte, könnte ich es mir eventuell vorstellen. Da hier aber auch Lager betroffen sind, in denen recht dünne Zapfen laufen (mit eher geringen Kräften / geringem Lagerdruck durch die Federspannung), würde ich bei einer dauerhaften und stoßartigen Belastung hier eher davon ausgehen, dass die dünnen Zapfen brechen, bevor es zu Rissen in der Platine kommt.

Falls es doch die ruckartige Belastiung sein sollte, so würde ich von einem Material- bzw. Fertigungsfehler bei der Platine ausgehen (Kerben, als Ausgangspunkt für die Risse).

Eine interessante Fragestellung, auf die hoffentlich weitere Hinweise / fundierte Antworten folgen.

FWbulli hat geschrieben:Was kann man da machen? Ist das reparabel?
Ich denke schon, dass das mit professionellen Mitteln reparabel sein sollte (Lager aufreiben, Löten, neue Lager einpressen), ob es dann auch "wirtschaftlich" wäre, ist eine andere Frage. Die Beantwortung hängt dann oft von der "emotionalen Bindung" zu der Uhr ab.


Schöne Grüße

Guido

KleineSekunde
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Beiträge: 1281
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Re: Risse in der Platine

Beitrag von KleineSekunde » Mo 17. Okt 2016, 19:25

Hallo,

meine Antwort hat sich nun mit der von droba überschnitten...

Nun hast du zwei, inhaltlich ähnliche Antworten. Bin gespannt auf weitere Rückmeldungen.

Schöne Grüße

Guido / KleineSekunde

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gebuwa
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Re: Risse in der Platine

Beitrag von gebuwa » Mo 17. Okt 2016, 21:38

Hallo Detlef

Meinerseits ebenso herzlich willkommen in diesem Superforum.

Zu deinem Problem mit der Platine wäre ein Foto auch von der anderen Seite interessant. Wenn möglich ohne Spiegelung einer Lichtquelle. Meine bescheidene Vermutung ist, dass eventuell die Platine bzw. das Werk wie auch immer einen Schlag von einer Seite bekommen hat, möglicherweise auch durch einen Sturz der Uhr? Das würde zwar die Zapfen nicht beschädigen, da ja die eigentlichen Wellen wesentlich dicker sind. Wie gesagt - es ist nur eine Vermutung, daher ein Foto von der Gegenseite.

Gruß Gerd

Schorsch
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Re: Risse in der Platine

Beitrag von Schorsch » Di 18. Okt 2016, 01:30

Grüß Dich Detlef,
auch von mir ein herzliches Willkommen im Forum. Zu den Rissen meine Meinung: man sieht die Platine offensichtlich von der Innenseite. Da ist es schon möglich, daß vorher mal beim Zusammenbau beim Einfädeln der Wellen nicht genügend Platz in der Höhe gelassen wurde, und die Zapfen an der Platine gekratzt haben. Ein durchgehender "Riß" ist bei der Platinendicke technisch nicht möglich. Sicher hat da mal ein Grobmotoriker das Werk zusammengebaut. Meist gehen mit solchen Aktionen krumme Zapfen auf der Gegenseite einher. Für den Lauf des Werkes haben diese Kratzer keine Bedeutung, es sieht halt nur ...... aus. Wenn sich das Federhaus plötzlich selbständig macht, sieht man das an den fehlenden Zähnen des Federhauszahnkranzes und der nachfolgenden Triebe und Räder.

Grüße von Schorsch

steffl62
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Re: Risse in der Platine

Beitrag von steffl62 » Di 18. Okt 2016, 07:41

Servus Detlef,
also ich vermute mal das da jemand zu große Lagerbuchsen in zu kleine Bohrungen gepresst hat. Die Platinen sind ohnehin schon recht Dünn und das Material das da verwendet wurde war damals nicht gerade das Beste. Was ich mir allerdings nicht erklären kann ist warum die Lagerbuchsen selbst dabei mit aufgerissen wurden. Ich sehe dieses Fehlerbild jetzt auch zum ersten mal.

liebe Grüße aus Wien
Christian
.
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wahli76
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Re: Risse in der Platine

Beitrag von wahli76 » Di 18. Okt 2016, 10:31

Hallo Detlef,

zunächst habe ich garnicht gleuben wollen, daß sich da wirklich Risse gebildet, vor allem auch in der Lagerbuchse. Aber dein Foto ist der Beweis.

Ich würde, wie auch schon von anderen Foristen geschrieben, neue Lager einsetzen (vielleicht einlöten) und die Risse am Ende mit einer 1mm-Bohrung am Weiterreissen hindern.

Viele Grüße

Kurt

FWbulli
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Registriert: Mo 17. Okt 2016, 13:33

Re: Risse in der Platine

Beitrag von FWbulli » Di 18. Okt 2016, 18:25

Hallo,
vielen Dank für die große Resonanz.
Das die Federhäuser nicht die Ursache für die Risse sind, davon habt Ihr mich überzeugt.
An der Außenseite der Platine sind keine Gewaltspuren zu sehen, so wie Gerd vermutet hat.
In der Platine sind keine Lagerbuchsen eingepresst, die Bohrungen sind direkt in der Platine, so dass eine zu stark eingepresste Buchse, wie Christian vermutet hat, auch nicht in Frage kommt.
Die Annahme, dass jemand ohne Gnade versucht hat, das Uhrwerk zusammenzudrücken, wie Schorsch meint, kann schon stimmen, denn an jeder Bohrung sind zumindest Kratzspuren zu sehen.
Das ausgerechnet am Windrad, mit dem wohl dünnsten Zapfen, die stärkste Rissbildung ist bleibt aber trotzdem erstaunlich.
Ich werde das Uhrwerk mal zusammenbauen und schauen wo es eigentlich hakt und mich ansonsten an den Tipp von Droba, Guido und Gerd halten und die entsprechenden Problembohrungen neu ausbuchsen.
Zuerst muss ich mich alllerdings um die Federhäuser kümmern, da habe ich ja schon einiges gelesen und gewaltigen Respekt. Ich werde mir wohl ein Werkzeug bauen müssen.
Also nochmals Euch allen vielen Dank.
Es grüßt Detlef

Schorsch
Beiträge: 139
Registriert: Sa 5. Jul 2014, 01:53

Re: Risse in der Platine

Beitrag von Schorsch » Mi 19. Okt 2016, 05:36

Grüß Dich Kurt,
es sind eindeutig Kratzer, die nicht freigebohrt werden müssen. Noch nie seit 40 Jahren habe ich Platinen auf dem Werktisch gehabt, die " gerissen " waren, immer nur vom Zusammenbau wie oben beschrieben, angekratzt. Ich hab mir mal den Spaß gemacht, eine 3 mm Glättahle durch eine 2 mm dicke Platine mit einem 3 mm Loch zu treiben, da reißt nix sondern baucht sich nur auf. Ein Lager einzulöten, halte ich für großen Unfug und habe so etwas auch noch nie gehört. Mit der ELMA - Lagermaschine und KWM - Buchsen sitzen diese sicher fest und müssen nicht "gelötet" werden, was den Verzug der Platinen hervorrufen kann und das Materialgefüge insgesamt schädigt. ( Erwärmung der Platine auf mindestens 300 Grad ) Und ein "Riß" am Windrad -- Freunde, bleibt doch bitte auf dem Teppich.

Grüße von Schorsch

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