Räder auf Wellen befestigen

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Falls hier theoretische Hilfen angeboten werden, so sollen und können sie keinen Uhrmacher ersetzen. Sie sind ohne jede Garantie oder Gewähr und jeder muss selbst wissen, was er sich zutrauen kann und dass man mit einem Selbstversuch evtl. leichtfertig die Uhr zerstören könnte. Vor allen Dingen wertvolle Uhren gehören in die Hand eines Fachmanns. Vielleicht sogar eines Fachmanns hier aus dem Forum. Laien sollten unbedingt den oben angepinnten Hinweis über Uhrenfedern lesen.
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teslak
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Re: Räder auf Wellen befestigen

Beitrag von teslak » Mi 20. Okt 2010, 19:35

Hallo Zusammen,

ich würde kegelige Reibahlen nehmen, im Kegelverhältnis 1:50, die werden im Werkzeugbau Stiftloch-Reibahle genannt und sind ab Durchmesser (klein) 1,9mm zu haben, steigen auf eine Länge von 48mm auf Durchmesser 2,86mm an. Kostenpunkt bei Firma Hoffmann 22,30€. Das wäre möglicherweise ein gangbarer Weg um sich einigermaßen an der alten Befestigungsvariante anzulehnen. Auf die Art und Weise ist das Rad auch wieder zu entfernen. Über das Nachdrehen der Radnabe an der Stirnseite lässt sich auch ganz elegant ein zu kleiner Wellenkegel oder zu große Kegelbohrung ausgleichen, für den Fall die die Position der Radnabe genau sein muss.

Viele Grüße,
Dieter

Duplex
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Re: Räder auf Wellen befestigen

Beitrag von Duplex » Mi 20. Okt 2010, 20:13

Geht auch preisgünstiger. Ich habe schon mit einer Einfachstvorrichtung 5-kantige am Schleifbock gemacht. Auch sogenannte D-Bits, (einfach mal gugeln, englisch von Vorteil) oder der gute alte "Kanonenbohrer", gehen auch konisch, zumal mit dem Stiftlochkegel.
Mut zum Experiment!
Guckst Du auch mal hier:
http://www.dampfbahn-altenbeken.de/Tricks/Bohrer.htm
Wohl dem, der noch so eine altmodische Metaller-Lehre vor fuffzig Jahren gemacht hat und sich mit Feilen und Handsäge zu helfen weiß - nicht wahr, Winne?
Gruß Johann
"Wir können alles. Außer Hochdeutsch."

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Uhrmacher 19
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Re: Räder auf Wellen befestigen

Beitrag von Uhrmacher 19 » Mi 20. Okt 2010, 20:23

@ Duplex und teslak

Danke für eure hilfreichen und vor allem sachlichen Kommentare ;-)
Ich habe zwischenzeitlich nochmal "quergelesen".
Also im klassischen Uhrenbau werden Kegel mit einem Verhältnis 1:70 und in Sonderfällen (entsprechend der DIN) auch Kegel 1:100 verwendet.
Das Kegelverhältnis 1:50 wird im Maschinen- und Werkzeugbau verwendet und ist die allseits bekannte Norm.
Ich werde wohl auch den Standard "1:50" anwenden, auch wenn das nicht zu hundertprozent der Uhrennorm entspricht.
Bzgl. den Passmaßen und Toleranzen im Uhrenbau habe ich doch noch eine Tabelle gefunden.
Ist relativ einfach anzuwenden.
Bei Fragen einfach melden.
Passmaße.jpg
Gruß
Jörg
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soaringjoy
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Re: Räder auf Wellen befestigen

Beitrag von soaringjoy » Mi 20. Okt 2010, 22:12

O.K.

Einmal zur Sprachregelung und vielleicht zum Entwirren.

"Den Uhrenbau" gibt es im engeren Sinne gar nicht,
deshalb ist es wesentlich zu wissen, um was es geht.
Wird von den Maßstäben der industriellen Fertigung
gesprochen, wird von PPU's gesprochen, oder wird vom
Bauern gesprochen, der in der dunklen Kammer seine Uhren
baute - und somit auch "Uhrmacher" war.

Da liegen nämlich Galaxien dazwischen, sowohl in den Fertigungsmethoden
als auch in etwaigen Toleranzen.
Gemeinsam haben die Großuhren nur, dass sie mehr oder weniger
genau die Zeit anzeigen und dazu irgendwelche drehbaren Teile
verbaut wurden.
Dabei reicht die Spanne etwa von "Lanz Bulldog" bis "Formel 1".

Um es kurz zu machen, "Toleranzen" war bis etwa , hmm, 1850 herum,
ein ziemliches Fremdwort, wenn die Rede z.B. von Comtoisen oder
Schwarzwalduhren ist.
War der Uhrmacher gut drauf, hatte er vielleicht eine Toleranz von
0,3 mm, lapidar ausgedrückt.
War er schlecht drauf, hatte er schon 0,8 mm.
Letztenendes waren es "Tüftler" die da am Werkeln waren.
Eine gewisse "Gleichschaltung" oder Normierung wurde zwar, u.a.
durch die Uhrmacherschule Furtwangen um diese Zeit herum angestrebt,
jedoch mit sehr zweifelhaftem Erfolg.

Auch in der späteren industriellen (Groß-) Uhrenfertigung gab es
Toleranzwerte, die heute inakzeptabel wären.

Dieser ganze Sermon nur, damit nicht aneinander vorbei geschrieben
wird. ;)

J.
"tempus nostrum"

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Uhrmacher 19
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Re: Räder auf Wellen befestigen

Beitrag von Uhrmacher 19 » Mi 20. Okt 2010, 23:05

@soaringjoy
Hallo Jürgen,

ja ... es ist etwas schleppend ;-)
Das Thema wandert inzwischen über 5 Seiten, obwohl es wahrscheinlich mit einer Seite zu erledigen wäre.
Aber die Seitenzahl ist ja eigentlich nicht so wichtig .... oder?
Ich habe durch diesen Forumsbeitrag alle meine Fragen (dabei waren es mehr Zweifel) beantwortet bekommen.
Besonders interessant finde ich Deinen letzten Beitrag ... ich nenne es mal mit einem Augenzwinkern "die kleine Geschichtsstunde".
Vielleicht lohnt es sich ja daraus einen neuen Forumsbeitrag zu machen ... so z.B.: "Der Uhrmacher im 18. Jahrhundert" ... oder: "Arbeitstechniken der Uhrmacher im xxx Jahrhundert".

Danke und Gruß
Jörg

winne
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Re: Räder auf Wellen befestigen

Beitrag von winne » Do 21. Okt 2010, 09:55

@ Uhrmacher 19

Hallo Jörg

Ich fand das Thema nicht so schleppend die Seitenzahl und die Aufrufe zeigen doch deutlich
Das es nicht uninteressant ist. In diesem Forum sollte sich jeder trauen seine Fragen zu stellen.
Dazu ist es ja schließlich von der DGC eingerichtet worden, sie haben den Erfahrungsaustausch auf Ihre Fahnen geschrieben !

Und diejenigen unter uns, die sich Langweilen und die sich vor unseren Fragen grauseln
Weil sie ja schon alles - Wissen und alles Können - haben die Freiheit nicht mit zu Posten !
Wie schon Karlo treffend sagte hier ist alles freiwillig, ich denke es ist im Interesse der DGC
Das hier jeder seine Fragen stellen kann ohne zu befürchten das er Heruntergemacht wird !

Jörg die Frage nach dem Fachbuch es heißt - Die Lehre an der Deutschen Uhrmacherschule
Das Eindrehen von Trieben und Wellen von A. Helwig .

Zum Thema
@ Duplex
@ teslak
Da ich kein Fachmann bin gehe ich ganz simpel vor ich suche mir die passende Reibahle zu der zu bearbeiteten Welle und spanne sie in die Drehbank ein danach richte ich das Kreuzsupport aus. Nehme eine Probewelle und drehe den Kegel an, dann ein stück Messing
Ca. 5 mm stark bohre ein Loch hinein reibe mit der gleichen Reibahle das Loch auf.
Passen beide Kegel genau zusammen war die Arbeit erfolgreich, wenn nicht wird das Kreuzsupport so ausgerichtet bis dies der Fall ist!

Bild

Gruß Winne

Duplex
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Re: Räder auf Wellen befestigen

Beitrag von Duplex » Do 21. Okt 2010, 11:34

Schön geschrieben, Winne! Wie gesagt, Mut zum Probieren! Wenn die Passung dann bissel von der "Uhrenindustrie-Norm" abweicht, aber perfekt sitzt ... :roll: ?
Ansonsten, was Putzen (aber auch Stellstifte, u.ä.) angeht, bei den kurze Löchle haben sich D-Bits bewährt, siehe auch bei den Dampbahn-Kollegen a.a.o.! Auf einer Support-Einstellung Welle und Bit gedreht, usw. D-Bit aus Silberstahl-Resten, die Abflachung kann man auch feilen(!)..., härten, anlassen, mit Abziehstein polieren, da braucht man keine "Werkzeugschleifmaschinen". Für unsere Anwendungen braucht man gaaanz selten teuere HM-Werkzeuge, dafür bissel mehr Fantasie, "Augenmaß und Handgewicht"!
Tip: Schön aufbewahrt in gut beschrifteten Sortimentskästchen - spart jede Menge Zeit und (Neu-)Arbeit...
Gruß Johann
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Re: Räder auf Wellen befestigen

Beitrag von teslak » Do 21. Okt 2010, 11:35

Hallo Winne,

danke für deine anschauliche und bebilderte Erläuterung, so sieht man ohne viele Worte welchen Weg man einschlagen möchte. Ich muss zugeben, ich habe mir bisher noch überhaupt keine Gedanken gemacht wie ich wenn’s denn mal angeht, an meiner Uhr die Flansche der Räder befestigen möchte. Vom Grundsatz, ist ja das übertragene Drehmoment solcher Räder (Sekunden-Pendeluhr) nicht sehr hoch, so dass mittels langer schlanker Kegel ein fester Sitz erreicht werden kann.
Die Idee mit der Reibahle ist sehr gut und wird bei mir abgespeichert. Diese Reibahlen gibt es in vielen Durchmessern und sie kosten nicht die Welt.

Viele Grüße,
Dieter, der jetzt an seinen Walzenrad weiterfräst.

MAX
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Re: Räder auf Wellen befestigen

Beitrag von MAX » Do 21. Okt 2010, 16:26

Vielleicht kann ich zur Besänftigung aller Gemüter,die zu dieser lebendigen Diskussion beigetragen haben,folgendes einbringen.Mir liegt die Kopie einer sehr verschlissenen Werkstattzeichnung vor,die Arno Wustlich,der letzte Inhaber der Fa.Strasser und Rohde ca 1947 angefertigt hatte.Neben der Zeichnung des Zwischentriebes mit dem dazu gehörigen Putzen hat er bemerkt:..."für das Aufschlagen der Putzen werden 3 mm gebraucht,wenn die 1:50 Kegel sehr gut passen reichen 0.7-1mm."Also,Wissen und Empirie waren offensichtlich auch im Präzisionsuhrenbau kein Widerspruch,denn PPU aus dieser Werkstatt lieferten beste Gangleistungen.
Also möchte ich gerne eine Lanze für die Empiriker brechen.Eine ganz prosaische Antwort auf Uhrmacher 19`s Frage nach Rad-Trieb Verbindungen wäre deutlich weniger kurzweilig und informativ gewesen.
Gruß MAX

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