Einlaufen einer neuen Uhr

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Falls hier theoretische Hilfen angeboten werden, so sollen und können sie keinen Uhrmacher ersetzen. Sie sind ohne jede Garantie oder Gewähr und jeder muss selbst wissen, was er sich zutrauen kann und dass man mit einem Selbstversuch evtl. leichtfertig die Uhr zerstören könnte. Vor allen Dingen wertvolle Uhren gehören in die Hand eines Fachmanns. Vielleicht sogar eines Fachmanns hier aus dem Forum. Laien sollten unbedingt den oben angepinnten Hinweis über Uhrenfedern lesen.
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markus
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Einlaufen einer neuen Uhr

Beitrag von markus » Di 7. Sep 2010, 15:43

Hallo an Alle
Walter der jüngere hat mir den Ratschlag gegeben das neue Uhren eine gewisse Einlaufzeit brauchen, vor dem Beginn der Feinregelung mit Gewichten.

Wer kann mir sagen wann diese Einlaufzeit vorbei ist? (1Tag,1Woche,1Monat oder 1Jahr)?

Sollte ich wieder die "falsche" Frage gestellt haben bitte ich Karlo diesen Thread wieder zu löschen.
Gruss aus Nordholland
Markus
P.S.: Ja, ich habe in einem Fachbuch nachgeschlagen aber nichts gefunden.

walter der jüngere

Re: Einlaufen einer neuen Uhr

Beitrag von walter der jüngere » Di 7. Sep 2010, 17:32

Hallo Markus,

Du hast da überhaupt nicht 'die falsche Frage gestellt' - die Frage nach der Einlaufzeit einer Uhr ist in der Tat sehr berechtigt - und deren Existenz wird oft unterschätzt. Sie betrifft alle Uhren - egal ob neu oder alt, ob groß oder klein, ob stationär oder tragbar verwendet - und selbst alte Uhren laufen sich selbst wenn sie "nur"
- lange nicht gelaufen sind
- nach langem Stillstand überarbeitet bzw. gereinigt wurden
wieder ein. Derlei Uhren sofort zu hoher, anhaltender Ganggenauigkeit verhelfen zu wollen, ist kaum möglich. Deren Gang ändert sich noch über Wochen und Monate hinweg. Oft genauso lange wie bei einer neuen Uhr.

Natürlich wird der Käufer einer Alltagsuhr davon nicht viel merken - die Gangabweichungen halten sich ab einer gewissen Zeit in 'erträglichen' will sagen 'als normal betrachteten' Grenzen. Doch an eine Präzisionsuhr werden eben andere Ansprüche gestellt. Und da fällt so etwas eben auf...

In allgemeinen Uhrmacherlehrbüchern ist es in der Tat schwer, über Einlaufzeiten genauere Angaben zu finden.
Es gibt zumindest ein Buch, da findest Du mehr: Helwig, Griebel, Kames: Die Feinstellung der Uhren.
Es geht dort um Präzisionsuhren* und deren Feinreglage - bis hin zur Chronometerprüfung mit Gangschein.
*Natürlich kann man bis zu gewissem Grad die dort gemachten Angaben auch auf jede gewöhnliche Gebrauchsuhr übertragen bzw. anwenden.
Und: Es werden dort auch diverse Abhilfen von Fehlern, Konstruktionsbeispiele und deren Verbesserungspotential beschrieben.

Um aber die dortigen Erkenntisse mal am praktischen Ergebnis zusammenzufassen:
Einen Chronometer zur Chronometerprüfung zu schicken, um sich dann am schriftlichen Ergebnis zu freuen, daß diese Uhr eine bestimmte Gangtoleranz tatsächlich nicht überschreitet (so dies der Fall ist) - dafür durfte man zwischen 6 Monaten und 3 Jahre warten. Reine Beobachtungszeit. Ob sich da etwas tut, ob die Uhr die Zeit über längere Zeiträume hält.

Ansonsten bleiben zur Justage und der ihr vorangehenden Einlaufzeit nur Erfahrungswerte.
Der normale Uhrmacher wird sich im Regelfall kaum lange Zeit für die Feinreglage von Kundenuhren nehmen, denn ab einer gewissen Zeit liegt die Gangabweichung im akzeptablen Rahmen - für eine Gebrauchsuhr im Haushalt.

Natürlich ist so eine Präzisionsuhr - egal von welchem Hersteller - eine gewisse Zeit beim Hersteller gelaufen, geprüft worden und natürlich ist solch eine Uhr auch 'grob' vorjustiert. Und doch ergeben sich gerade am Anfang, aber auch bei Ortsveränderungen, noch Gangveränderungen.
Aus meiner Erfahrung heraus rate ich zu mindestens 3 Monaten Einlaufzeit, allerdings kann es dennoch passieren, daß die Uhr sich während der Justage dann doch noch im Gang ändert. Damit wären dann alle bis dahin gemachten Erfahrungen umsonst.
Daher würde ich wenigstens 6 Monate die Uhr einfach nur laufen lassen. Während dieser Zeit die täglichen Abweichungen / wöchentlichen Abweichungen genau notieren. Wenn sich da über Wochen, besser Monate nichts mehr ändert und mindestens die 6 Monate um sind - erst dann mit der Feinreglage beginnen. Dann dürfte die Einlaufphase zumindest in weiten Teilen abgeschlossen sein.

Walter d. J. (Moderator)

winne
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Re: Einlaufen einer neuen Uhr

Beitrag von winne » Di 7. Sep 2010, 20:27

An Walter d.J.


Hallo Walter

Mir ist nicht ein Fachbericht untergekommen wo der Hersteller seinen Kunden eine gewisse Einlaufzeit seiner Präzisionspendeluhren empfiehlt!
Ich denke hierbei an Strasser & Rode Riefler Höhnel also führende Hersteller von Präzisionsuhren . Die Regulierung erfolgt über die Pendelmutter die Feinregulierung mit dem Empfohlenen Auflagegewichten. Auch ist mir nicht ein Bericht bekannt das sich eine Uhr dieser Hersteller erst einlaufen muss um die Angegebenen Werte (Genauigkeit) ihrer Hersteller zu erreichen.
Aber man kann nicht alles Wissen, vielleicht kennt der eine oder andere von uns so ein Bericht. Auch konnte ich bei meinen Präzisionspendeluhren eine solche Einlaufzeit nicht feststellen.
Wie sieht es bei den heutigen Herstellern aus? Etwa bei Sattler empfehlen die eine gewisse
Einlaufzeit bei ihren Präzisionsuhren weis das von euch einer ?



Gruß Winne

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soaringjoy
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Re: Einlaufen einer neuen Uhr

Beitrag von soaringjoy » Di 7. Sep 2010, 21:03

Nein, über "Einlaufzeiten" spricht niemand,
möglicherweise weil's einfach lästig ist....

Möglicherweise ist der Begriff aber nur nicht klar definierbar.

Alle mechanischen Teile, die mit Drehung oder Reibung im
weitesten Sinne arbeiten, schleifen sich ein, was anfangs
zu einer erhöhten (messbaren?) Friktion führt.

Von PPUs will ich nicht sprechen, weil ich kaum Erfahrungswerte
damit habe. Doch tritt so ein "Einlaufphänomen" sehr oft bei alten
Uhrwerken auf, nach einer Revision.
Ich lasse sie erst einmal ca. 14 Tage in ruhe, bevor ich anfange, sie
einzuregeln.

Bei Verbrennungsmotoren kann ich aber mitreden, nur so zum Vergleich.
Obwohl die Hersteller z.B. beteuern, das keine "Einfahrzeiten" mehr
nötig sind, ist es doch so, dass die (hier messbare) volle Leistung
u.U. erst nach ca. 15.000 km anliegt.

J.

karlo

Re: Einlaufen einer neuen Uhr

Beitrag von karlo » Di 7. Sep 2010, 21:48

Es ist eindeutig, dass eine revidierte Uhr einlaufen muss.
Die meisten zicken in den ersten 24 Stunden mal rum.
Das ist einfach zu erklaeren, dass das Oel erst mal ueberall hin kommen muss.

Bei Praezisionsuhren ist es durchaus denkbar, dass kleinste Lagerunebenheiten erst mal vom Zapfen eingeebnet werden muessen.
Ich hab lange in der Sonderfertigung bei Robot gearbeitet. Dort hab ich z.B. die ersten deutschen Kameras in der Erdumlaufbahn gebaut.
Ich hatte schon Angst, dass die ausgelutscht sind, bevor die das OK der Nasa bekamen.
Die haben mehrere Millionen Ausloesungen im Probelauf gemacht.
Und wurden immer genauer.
Danach nochmal einige Federn gewechselt, nochmal 100T Testausloesungen und ab gings.

Man darf da nicht zwischen Grossuhren und Armbanduhren ueber einen Riemen scheren.
Armbanduhren sind aufgrund von Steinlagern zirmlich resistent gegen einlaufen.
Aber Metallager brauchen das durchaus.

Zum Sinn von Kugellagern is PPUs hab ich ja schon genug gsagt.

Karlo

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Re: Einlaufen einer neuen Uhr

Beitrag von Typ1-2-3 » Mi 8. Sep 2010, 12:30

Da kann ich auch so einiges sagen: Bei Jürgens Verbrennungsmotoren natürlich: Wenn man da nach 500 km den ersten Ölwechsel macht (bei neuen machen würde), da würde man sich wundern, was da an Abrieb rausgekommen ist. Kein Wunder, denn die Zylinder sind gehohnt, und die Kolbenringe laufen dann nur auf den Spitzen der Hohnspuren. Kein guter Wärmeübergang vom Kolben auf den Zylinder usw. Könnte noch so einiges dazu sagen.

Heutige Motoren werden im Werk nicht umsonst ausführlich probegelaufen lassen. Da ist das übelste Einlaufenlassen schon weg. Kann mir aber denken, dass das 15000 km dauert.

Bei Uhren habe ich das auch unlängst erlebt: Meine "neue" alte Elektrouhr (wird demnächst vorgestellt) wollte anfangs auch nicht so richtig. Nach Reparatur lief sie so gerade eben, so ziemlich ohne Ergänzungsbogen, ohne dass sie direkt stehen blieb. Und tatsächlich, mittlerweile macht sie einen anständigen Ergänzungsbogen. Jetzt wird sie noch gereinigt und dabei fotografiert, dann wird sie hier vorgestellt. Aber sie läuft jetzt eindeutig stabiler als vorher.

Frank

markus
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Re: Einlaufen einer neuen Uhr

Beitrag von markus » Mi 8. Sep 2010, 17:04

Hallo
Danke für die ausführlichen Berichte und deren Erklärung. Ich werde den Rat annehmen und die Uhr erst mal
ein paar Monate laufen lassen. Werde den Gang aber beobachten (Wöchentlich) mal sehen wann er gleichmäßig ist.
Seit dem Zusammenbau der M1 weiß ich auch was Karlo meint bezüglich der Kugellager.
Ich bin kein Uhrmacher aber ich denke er hat recht. Es ist wohl nur eine schöne Nebensache als eine technische Verbesserung. Das Spiel zwischen Lager und Taschenfräsungen sowie das Spiel zwischen Lager und Zapfen ist schon sehr gross.
Gruss Markus

winne
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Re: Einlaufen einer neuen Uhr

Beitrag von winne » Mi 8. Sep 2010, 17:58

An frank


Hallo Frank

Du Sprichst vom Zusammenbau der M 1 hat hier der Hersteller eine gewisse Einlaufzeit empfohlen ?


Gruß Winne

markus
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Re: Einlaufen einer neuen Uhr

Beitrag von markus » Do 9. Sep 2010, 06:48

Hallo Winne
Nein, der Hersteller schreibt nichts von einer Einlaufzeit.
Gruss Markus

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Ursus
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Re: Einlaufen einer neuen Uhr

Beitrag von Ursus » Do 9. Sep 2010, 09:55

markus hat geschrieben:Seit dem Zusammenbau der M1 weiß ich auch was Karlo meint bezüglich der Kugellager.
Ich bin kein Uhrmacher aber ich denke er hat recht. Es ist wohl nur eine schöne Nebensache als eine technische Verbesserung. Das Spiel zwischen Lager und Taschenfräsungen sowie das Spiel zwischen Lager und Zapfen ist schon sehr gross.
Gruss Markus
Bei meiner M1 musste ich die Kugellager einpressen, so gering waren die Toleranzen.
Die Kugellager bei der M1 hatten übrigens einen anderen Sinn: Dadurch konnten die Zapfen deutlich stärker ausgelegt und damit die Bruchgefahr verringert werden. Dies war wichtig, da die Uhr als Bausatz so ausgelegt wurde, dass sie auch von uhrentechnischen Laien zusammengebaut werden konnte.

Kugellager hin, Kugellager her, meine läuft ziemlich genau. In der MEZ-Zeit (Winterzeit) hatte sie eine durchschnittliche Gangabweichung von 4,2 Sekunden/Monat. Am Ende der MESZ-Zeit (Sommerzeit) werde ich erneut die Gangabweichung ermitteln.

Ursus

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