Neuenburger Pendule 1780

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Glawi
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Neuenburger Pendule 1780

Beitrag von Glawi » Mo 25. Apr 2011, 07:55

Besitze eine Neuenburgerpendule von 1780. Die Gangdauer beträgt ca. 12 - 14.Tage. Warum lässt die Ganggenauigkeit bereits nach 5 Tagen stark nach ? Sie geht am Tag dann 5 Minuten hinten und die Ganggenauigkeit wird von Tag zu Tag schlechter.
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Typ1-2-3
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Re: Neuenburger Pendule 1780

Beitrag von Typ1-2-3 » Mo 25. Apr 2011, 09:13

Ich kenne mich bei den Neuenburger Pendulen selbst nicht so riesig aus. Aber folgendes ist zu bedenken:
Zugfederantrieb mit Kurzpendel und rückführendem Ankergang ist eine üble Kombination. Auch bei mittellangen Pendeln beobachtet man das, aber nicht so stark:

Die Rückführung beim Rückführenden Ankergang wird natürlich schwächer, wenn die Feder etwas abgelaufen ist. Die Rückführung beeinflusst das Pendel am Umkehrpunkt ziemlich stark, und zwar wird dadurch die Schwingungszeit kürzer. Also wird die Uhr bei Vollaufzug schneller laufen als wenn die Uhr abgelaufen ist. Das reguliert man natürlich heraus, also man macht das Pendel länger als von der Theorie nötig wäre. Lässt dann die Federkraft nach, so wird auch die Rückführung schwächer. Die Uhr läuft langsamer.

Das beobachtet man auch häufig bei Uhren der 50ger Jahre (Napoleonhut), wenn sie Kurzpendel haben. Die gleichen Uhren mit Unruh-Schwebegang sind da besser.
Meine Eltern habe eine Küchenuhr mit der gleichen Kombination, aber etwas längerem Pendel. Für die ist das dann immer ein Zeichen, die Uhr wieder aufzuziehen, wenn sie etwas nach läuft.

Beruhige Dich also, wenn Du diese Kombination hast: Da wird man nichts dran ändern können.

Hat die Uhr eine Stellung? Oder ist sie etwa verloren gegangen? Die würde nämlich die starke Kraft der Feder am Anfang des Aufzugs etwas kappen. Die Uhr würde dadurch genauer gehen, wenn sie nur noch in der Mitte des Federaufzugs laufen würde. Dadurcht würden dann vielleicht aus 14 Tagen Gangzeit nur noch 8 Tage, die Uhr liefe dann aber genauer.

Wenn die Begriffe "Stellung" und "Rückführender Ankergang" nicht klar, sind, frage noch mal nach. Und zeige mal ein Bild der Hemmung und der Federhäuser, das würde vielleicht helfen
Außerdem bin ich neugierig: Wie sieht die Uhr komplett aus. Scheint ein schönes Stück zu sein.


Frank

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Gnomus
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Re: Neuenburger Pendule 1780

Beitrag von Gnomus » Mo 25. Apr 2011, 10:08

Diesen Effekt habe ich auch bei 2 üblen DDR-Küchenuhren, 50er oder 60er Jahre. Mit hat mal ein Uhrmacher gesagt, daß bei diesen Uhren auch oft die Federn zu schwach waren, so daß die Uhren gegen Ende der Woche auch deutlich nachgingen. Vielleicht lag es auch an der Qualität des Stahls? ("Wir hatten doch nüscht" :mrgreen: ). Das wird bei Glawis Uhr eher nicht der Fall sein. Aber vielleicht kann eine Ermüdung der Feder auch dazu beitragen?
Gruß
Micha

Glawi
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Re: Neuenburger Pendule 1780

Beitrag von Glawi » Mo 25. Apr 2011, 11:47

Hallo Frank
Danke für die rasche Stellungnahme. Die Uhr besitzt eine Stellung, am Federhaus angebracht. Spindelhemmung.Werk noch vor der Restauration.
Anbei wie gewünscht die Fotos.
lg. Glawi
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Ursus
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Re: Neuenburger Pendule 1780

Beitrag von Ursus » Mo 25. Apr 2011, 16:07

Zunächst einmal einen herzlichen Grlückwunsch zu dieser schönen Neuenburger Pendule.

Sie hat Spindelhemmung und diese Hemmung reagiert sehr empfindlich und stark auf Kräfteveränderungen, d.h. die nachlassende Federkraft führt zu einem Nachgang.

Abhilfe schafft hier nur eine neue Feder, allerdings rate ich aus konservatorischen Gründen davon ab. Es ist wichtiger die alte Feder zu erhalten und den Nachgang zu akzeptieren. Ich würde die Uhr so einregeln, dass sie nach acht Tagen in etwa die richtige Zeit anzeigt und sie halt jede Woche aufziehen.

Ursus

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Typ1-2-3
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Re: Neuenburger Pendule 1780

Beitrag von Typ1-2-3 » Mo 25. Apr 2011, 17:40

Mit so einer alten Hemmung hatte ich gar nicht gerechnet. Aber die Beeinflussung des Ganges ist bei der Spindelhemmung eher noch stärker als bei einer Rückführenden Ankerhemmung. Die wird man nie (nie, nie) genauer regulieren können. Da musst Du Dich zufrieden geben, und wie Ursus schon sagte, die auf einen mittleren wöchentlichen Gang einregulieren müssen.

Damals war man halt noch nicht so genau. Trotzdem und gerade deshalb ist es eine sehr schöne Uhr. Selbstverständlich erhaltenswert. Tolles Teil. Und auch nicht gerade unkompliziert mit Viertelschlag und Repetition. Toll!

Frank

karlo

Re: Neuenburger Pendule 1780

Beitrag von karlo » Mo 25. Apr 2011, 18:16

Da kann ich mich Ursus nur anschliessen.
Neue Federn sind bei gleichen Dimensionen deutlich staerker, was zu Bruch fuehren koennte.

Karlo

Glawi
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Re: Neuenburger Pendule 1780

Beitrag von Glawi » Mo 25. Apr 2011, 23:20

Liebe Uhrenfreunde
Ich habe fast die gleiche Uhr nochmals, die aber auch nach 8 Tagen eine Ganggenauigkeitz von + - 30m sek besitzt. Dies war auch der Grund meiner Anfrage.
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Philclock

Re: Neuenburger Pendule 1780

Beitrag von Philclock » Di 26. Apr 2011, 04:27

karlo hat geschrieben:Da kann ich mich Ursus nur anschliessen.
Neue Federn sind bei gleichen Dimensionen deutlich staerker, was zu Bruch fuehren koennte.

Karlo
Ich hab gerade eine Pendule,wo rechlich Wellen verbogen sind. :evil:

walter der jüngere

Re: Neuenburger Pendule 1780

Beitrag von walter der jüngere » Di 26. Apr 2011, 07:14

Hallo,

es ist eine alte Erfahrung, daß alte Federn als nie so kraftstabil über längere Zeiträume gelten, wie neue Federn. Auch ist allgemein bekannt, daß die meisten der heutigen Federn mit oft etwas geringerer Stärke die gleiche Federkraft entwickeln, wie es alte Federn vorher getan haben.
Ich denke, es gab schon immer "gute" und nicht so gute Federn. Ähnliches trifft m.E. auf Unruhspiralen usw. zu.
Wenn insbesondere alte Federn lange Zeit im stark gespannten Zustand verblieben, dann verloren sie an Triebkraft. Teils lässt sich dies auch bei heutigen Federn sehen. Aber eher selten. Sie haben auch noch nicht die Alterung / Strukturveränderungen der Zeit mitgemacht.
Ich würde bei dieser, doch starken Federgang aufweisenden Uhr mal die Feder in ihrer Triebkraft in verschiedenen Aufzugsstadien messen.
Und ich würde auf besonders gut polierte Zapfen (und gute Lagerglätte) achten. Vielleicht spielt hier auch ein gewisser (vielleicht sogar dynamischer, d.h. nur unter gespannten Federn auftretender) Verzug des Werkgestells eine Rolle.
Letztlilch würde ich aber auch darauf hinausgehen, die Federn entweder im Werk zu belassen - so die Uhr nach nochmaliger Durchsicht deutlich bessere Werte erbringt, oder die Federn gegen solche mit ähnlicher Triebkraft (d.h. vermutlich gegen dünnere, aber moderne Federn) austauschen, und die alten Federn würde ich aufgerollt & gut gesichert dem Gehäuse einverleiben - sprich dort deponieren. Dann sind die alten Federn bei der Uhr, aber die Gangwerte der Uhr sind dann deutlich besser.
Diese Prozedur würde ich aber nur aus uhrmacherischer Sicht empfehlen. Aus restauratorischer Sicht schließe ich mich dem Statement von Ursus an - die Federn im Werk zu belassen.

Walter d. J. (Moderator)

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