Verbesserungswürdiger Zwischenaufzug an einer Pendule

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Typ1-2-3
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Re: Verbesserungswürdiger Zwischenaufzug an einer Pendule

Beitrag von Typ1-2-3 » So 22. Jan 2012, 16:22

Vielleicht noch eine Ergänzung, um Deiner Kreativität nachzuhelfen:

Im Buch "Die schweizer Uhr mit automatischem Aufzug" von B. Humbert von 1961 zeigt noch solche Konstruktionen auf. Vielleicht hilft das ja:

Bild

Das Bild zeigt eine ganz konventionelle Zugfeder, die in eine Schleppfeder eingehakt ist. Die Schleppfeder hat die gleiche Breite, ist aber einiges stärker, sodass die Feder fast ganz aufgezogen werden kann, bevor die Schleppfeder durchrutscht. So eine Feder kann man sich aus einer anderen anfertigen, indem man an ein Ende einen vorstehenden Niet befestigt. Alle Enden der Schleppfeder müssen aber gut abgerundet sein, sonst wird das Federhaus von innen auf Dauer ausgefräst.

Eine andere Konstruktion versetzt die Schleppfeder in den vorletzten Umgang. Die Konstruktion ist aber sonst identisch:

Bild

Frank

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wahli76
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Re: Verbesserungswürdiger Zwischenaufzug an einer Pendule

Beitrag von wahli76 » So 22. Jan 2012, 20:52

Hallo Frank,

erstmal vielen Dank für Deine Mühe all die Einzelheiten rauszusuchen. Diese Elektrouhren verwenden wirklich dieselbe Grundidee, die Ausführung ist halt etwas anders.

Den Auszug aus dem schweizer Uhrenbuch finde ich sehr gut. Sieht auch so aus wie von Karlo beschrieben. Die werde ich mal ausprobieren. Gibt es in dem Buch eine Erklärung zu den Figs. 13 und 14? Ist das ein- und dieselbe Anordnung? Für mich ist nicht klar ob in Fig. 13 die Schleppfederenden übereinander gleiten müssen um das Durchrutschen auszulösen, und bei Fig. 14 aneinander stoßen müssen. Da könnte man bei Fig. 14 ja mit dem Abstand der Federenden das Durchrutsch-Drehmoment einstellen. Oder denke ich da zu kompliziert?

Viele Grüße

Kurt

Heinrich
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Re: Verbesserungswürdiger Zwischenaufzug an einer Pendule

Beitrag von Heinrich » So 22. Jan 2012, 21:00

ich denke, daß es sich hier um eine Art constant force handelt. "Verbesserungswürdig" ist diese Mechanik sicher nicht, denn irgendwann hat es ja mal funktioniert und, nach der Qualität des Werkes zu urteilen, wahrscheinlich nicht einmal schlecht. Ich würde erst einmal Geh- und Schlagwerk aufs Feinste richten, d.h. Zapfen polieren, Lager füttern, Eingriffe kontrollieren und ggf. korrigieren, Gang einstellen, Schlagwerkauslösung leichtgängig machen, die Zugfeder f. das Gehwerk mit einer Schleppfeder wie Frank sie beschrieben hat versehen etc etc und mir erst dann, wenn das Alles nichts bringt Gedanken um eine "Verbesserung" machen.
Heinrich
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Re: Verbesserungswürdiger Zwischenaufzug an einer Pendule

Beitrag von petsch » Mo 23. Jan 2012, 05:32

Jetzt wird für mich ein Schuh draus, denn ich hatte die Sache am Anfang missverstanden und hab auch beim Foto nur noch auf die Details geguckt und nicht bemerkt, dass es nur eine Hauptfeder gibt, die Lauf und Schlagwerk antreibt. Ich hatte es so verstanden, dass hier großes und kleines Federhaus nur für das Schlagwerk zuständig sind.

Manchmal sollte man erst an etwas einfaches denken, bevor man sich kompliziert vergallopiert ;)

Gruß
Peter
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Re: Verbesserungswürdiger Zwischenaufzug an einer Pendule

Beitrag von Typ1-2-3 » Mo 23. Jan 2012, 12:24

Die Schleppfeder von Abbildung 13 würde ich bevorzugen, denn da besteht nicht so eine große Gefahr, dass das Federhaus beschädigt wird. Bei der anderen Variante kann die Vorderkante der Scheppfeder auf Dauer eventuell das Federhaus beschädigen.

Die Berührungsstelle der Scheppfeder mit dem Federhaus muss in jedem Falle gefettet werden, ansonsten frisst die Angelegenheit fest!!! Man muss einfach ausprobieren, ob Fett mit Festschmierstoff (wie MOS) besser ist oder sogar zu sehr schmiert, sodass der Federzaum zu leicht durchrutscht. Das ist übrigens auch bei den Armbanduhrherstellern verschieden!

Frank

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Re: Verbesserungswürdiger Zwischenaufzug an einer Pendule

Beitrag von wahli76 » Mo 23. Jan 2012, 23:45

@Frank
Ich habe heute mal angefangen mit einem Zaum nach Fig 13 zu experimentieren. Der Zaum muß ja dicker sein als die Zugfeder. Habe wohl erstmal mit zu starkem Material probiert, da rutschte auch mit guter Schmierung nichts durch. Morgen probiere ich mal etwas dünneres. Ich muß mich auch noch ums Geldverdienen kümmern.......

@Heinrich
die von Dir vorgeschlagenen Vorarbeiten habe ich schon durchgeführt. Zapfen und Lager waren alle in Ordnung. Bei der Brocot-Hemmung hatten die Paletten einen zu großen Durchmesser und sie war extrem seicht eingestellt und haben wohl trotzdem auf die Hemmradzähne aufgeschlagen. Die Zähne habe ich entsprechend gerade gebogen, den Zahnabstand gleichmäßig eingestellt und das Hemmrad rundgesetzt. Dann passende Paletten hergestellt (mit etwas größerem Fall, weil das Hemmrad nicht mehr perfekt ist) und in den Anker eingepresst. Als "Verbesserung" empfinde ich nur den Zaum mit dem ich gerade herumexperimentiere.

Ich bin mir auch unsicher, ob der Zwischenaufzug jemals zufriedenstellend funktioniert hat. Ich habe keine Unterlagen über den Erbauer gefunden. Auch der DGC-Bibliothekar, Dr. Huber konnte mir da noch nicht weiterhelfen.

Angenehme Nachtruhe

Kurt

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Re: Verbesserungswürdiger Zwischenaufzug an einer Pendule

Beitrag von Typ1-2-3 » Di 24. Jan 2012, 09:35

Dann viel Spaß beim Experimentieren! Ich könnte mir aber sehr gut vorstellen, dass das System sauber funktioniert. Das tun meine Uhren ja auch, wenn sie richtig eingestellt sind. Der Vorteil dieses Systems - und das wird sich der Erbauer dabei wohl auch gedacht haben - ist, dass bei voll aufgezogener oder fast abgelaufener Feder der Kraftspeicher des Gehwerks identisch aufgezogen ist. Solange die Uhr noch schlägt. Also sollte sie wohl auch ziemlich genau laufen.

Übrigens habe ich auch in meinem Fundus noch eine Junghans-Uhr, die auch elektrisch angetrieben wird und auch an der Großuhrfeder (die übrigens äußerst schwach ist, viel schwächer als eine Weckerfeder eines Etuiweckers) eine Schleppfeder angehängt hat. Die ist bei Jgh einfach angenietet an die eigentliche Feder. Musste bei denen ja billig sein.

Übrigens ist bei der Stärke der Feder zu beachten, dass sich die Kraft der Feder in der 3. Potenz (!!) zur Federstärke ändert. Also ein wenig stärker macht schon sehr viel aus.

Frank

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