Jahresuhr (GB) VFU AG aus ca. 1908

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Der_Stromer
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Jahresuhr (GB) VFU AG aus ca. 1908

Beitrag von Der_Stromer » Mi 27. Mai 2015, 14:30

Eine schöne Jahresuhr……

Diese Uhr (Frage wie fast immer: Kannst Du mal…..) kam in einem bedauernswerten Zustand bei mir an.

Nach genauerem Hinschauen handelt es sich um eine Uhr der Vereinigten Freiburger Uhrenfabriken inklusive ehemals Gustav Becker AG, kurz VFU AG.

Die Uhr weist auf der hintern Platine die bekannten Marken von Gustav Becker auf, auch die „Medaille de Or“. Ein Vergleich in der Literatur bestätigte, dass diese Uhr ab 1908 hergestellt wurde.

Allerdings kann (sollte) man sich hier nicht auf die Serien-Nummer verlassen. Diese stimmen nach meiner Erfahrung ab 1900 nicht mehr.
3954-Vorderansicht.JPG
3958-Die-Rueckseite.JPG
Nun ja. Jetzt ging es also frisch ans Werk. Alles zerlegen und ab ins US-Bad, in der Hoffnung, dass die Verschmutzungen abgehen würden. Nach dem 3. Bad habe ich erkennen müssen, dass es hier viel Polierarbeit geben würde, um das ganze wieder ansehnlich zu machen.
3959-Obere-Montierung.JPG
3962-Voller-Harzoel.JPG
Was war eigentlich mit der Uhr geschehen? Meine Vermutung: Jemand hat versucht, mit Bremsenreiniger das Werk wieder zum zeigen der Zeit zu bewegen. Das Gegenteil war der Fall: Alles total verklebt und zusammen gebacken und sogar schlimme Spuren am Messing.
Meine Bitte an Alle Laien: NIEMALS Bremsenreiniger oder so an einer Uhr ausprobieren. Uhrwerke sind keine Bremsen!
3964-Haelt-alles-von-allein.JPG
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Das Werk komplett zerlegt.
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Das Scheibenpendel machte viel Arbeit, da alles total verklebt war. Aber nun kann es sich auch wieder sehen lassen.

Die Pendelaufhängung war übrigens noch die Originale bei dieser Uhr. Nur die Pendelfeder war natürlich falsch. Hier war ich auf Erfahrung (meine) angewiesen, da es keinerlei Unterlagen zu dieser Uhr gibt und auch die Fachliteratur sich ausschweigt.
3986-Pendelfederverstellung.JPG
Aber es hat geklappt. Nach einiger Schleifarbeit war die Stärke der Feder erreicht und die Uhr genau.

Der Sockel der Uhr wurde ebenfalls „Überarbeitet“ und auch wieder ein Filzstreifen in die Fuge für den Glasdom (der blieb natürlich beim Besitzer…) eingeklebt.
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4003-Und-sie-bewegt-sich-wi.JPG
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Und so präsentiert sich die Uhr nach meiner Arbeit. Recht ansehnlich, oder?
3997-Nach-der-Kur.JPG
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Hallo aus der Oberpfalz
Rolf-Dieter, der Stromer

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KleineSekunde
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Re: Jahresuhr (GB) VFU AG aus ca. 1908

Beitrag von KleineSekunde » Do 28. Mai 2015, 23:42

Hallo Rolf-Dieter,

vielen Dank für deinen Bericht!
Der_Stromer hat geschrieben:Was war eigentlich mit der Uhr geschehen? Meine Vermutung: Jemand hat versucht, mit Bremsenreiniger das Werk wieder zum zeigen der Zeit zu bewegen. Das Gegenteil war der Fall: Alles total verklebt und zusammen gebacken und sogar schlimme Spuren am Messing.
Meine Bitte an Alle Laien: NIEMALS Bremsenreiniger oder so an einer Uhr ausprobieren. Uhrwerke sind keine Bremsen!
Auch ohne eigene, detaillierte Erfahrungen mit Bremsenreinigern: Einfaches Aufsprühen und auf eine entsprechende Reinigungswirkung zu hoffen, ohne die sonst nötigen Schritte (zerlegen, prüfen,...) reicht sicherlich nicht. Aber ob die deutlichen Spuren am Messing dann auch vom Bremsenreiniger verursacht wurden? Ich weiß es nicht, hätte es aber nicht erwartet.

Gibt es hier andere Erfahrungen mit Bremsenreinigern? Grundsätzlich sollten sie ja gute entfettende Eigenschaften aufweisen und rückstandsfrei verdunsten.

Vielen Dank!

Schöne Grüße

Guido / KleineSekunde

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wahli76
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Re: Jahresuhr (GB) VFU AG aus ca. 1908

Beitrag von wahli76 » Fr 29. Mai 2015, 09:33

Hallo Guido,

die Verwendung von Bremsenreiniger ist nicht ganz unproblematisch. Einige Produkte sind nicht rückstandsfrei (es bildet sich ein weißlicher Belag nach dem Trocknen). Und einfach nur ins noch zusammengebaute Uhrwerk reinsprühen und darauf hoffen, daß die Uhr danach wieder geht, ist keine Reparatur.

Wo sich aus meiner Erfahrung der Einsatz von Bremsenreiniger lohnt, ist bei bewglichen Bauteilen, die sich nicht zerlegen lassen. Das sind z.B. die Kettenräder samt Gesperr von modernen Kettenzugwerken oder die Zeigerreibung von Weckern. Da sind Bauteile oft verpreßt und lassen sich nur zerstörend zerlegen. Aufgrund des hohen Druckes aus der Spraydose ist die Reinigungswirkung ganz ordentlich. Danach lassen sich die Teile ölen (nicht mit der Spraydose!).

Wenn Werke total verklebt sind liegt das oft an der großzügigen Verwendung von WD40. Da verdunsten die leichtflüchtigen Bestandteile und die dickflüssigen bleiben (kleben).

Viele Grüße

Kurt

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