Revision einer KUNDO Jahresuhr / Drehpendeluhr von 1965

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Der_Stromer
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Revision einer KUNDO Jahresuhr / Drehpendeluhr von 1965

Beitrag von Der_Stromer » Mi 15. Mai 2013, 16:42

:D
Jahresuhr / Drehpendeluhr von KUNDO aus 1965.

Hier wieder eine Jahresuhr, welche nach 48 Jahren die Zeit nicht mehr zählen wollte.

Einige Menschen haben sich an dieser Uhr versucht, ohne Erfolg.
Das fing damit an, dass die Uhr irgendwann nicht mehr wollte und einfach stehen blieb. Nun, eine Uhr ist eben auch ein Wesen mit manchmal menschlichen Zügen.
2331-Klebt-auch-an-den-Fing.JPG
Dann fing aber ihr Martyrium an: An allen Schrauben wurde mal gedreht: Pendelaufhängung, Ankerpaletten und so weiter.

Dabei ging dann natürlich die empfindliche Pendelfeder zu Bruch und wurde einfach, wohl weil man es nicht besser wusste, durch eine (irgendwelche) ersetzt, die aber auch nicht zum Erfolg führte. Die Uhr weigerte sich standhaft, die Zeit zu zählen.
2332-Fett-und-Gruenspan.JPG
Dann folgte eine Kur. Beim Menschen hilft so was ja manchmal, aber eine Maschinenölkur bei einer Uhr? Wohl eher nicht. Und dieses Öl war so heftig, dass die arme Uhr jetzt auch noch grün vor Ärger wurde. Zu Recht, wie ich meine!
Dazu kam dann noch, dass die Zugfeder (Sperrhackenfeder war verbogen und ohne Funktion) nicht vorhanden schien. Der Anker drehte sich ohne Widerstand durch.

Nun, irgendwann ist man dann auf meine HP gestoßen und als letzte Rettung es nochmal versucht.

Nach Bestandaufnahme ging es ans Werk im wahrsten Sinn des Wortes. Alles Zerlegt und ab ins Ultraschall-Bad. Ergebnis fast 0 aber eine trübe Brühe jetzt im Bad. Also das Ganze nochmal. Schon besser, aber noch nicht optimal, und das, obwohl diese Prozedur bislang noch JEDEN Belag von den Zähnen der Räder gebeizt hat!
2339-Der-Stuhl-mit-Bodenpla.JPG
Nach dem dritten Bad sah die Sache schon besser aus, aber der Grünspan war natürlich nicht überall verschwunden und auch sahen die Teile nicht wirklich gut aus. In der Zwischenzeit auch den Stuhl vom Öle befreit und die Zugfeder (raus aus dem Haus, gereinigt, gerichtet, gefettet und wieder eingesetzt) ebenfalls einer genauen Untersuchung unterzogen.
2351-Raeder-und-Triebe-gese.JPG
Also war jetzt die Politur angesagt. Sehr mühsam. Denn die Stellen des Grünspans waren recht tief im Messing. Aber der Erfolg kann sich sehen lassen.
2353-Glaenzende-Sache.JPG

Nach diesen Arbeiten wurden noch die Lager geputzt und die Zapfen poliert, aber das ist ja schon Routine. Nur habe ich hier 5 Putzhölzer verschlissen, da in den Lagern auch richtig fester Belag vorhanden war. Zum Glück waren aber alle Lager noch in Ordnung und auch die Zapfen waren nicht beschädigt.
2354-Wieder-montiert.JPG
Da die Teile nicht lackiert waren, wurden sie auch jetzt wieder nur mit Wax behandelt und das Werk zusammen gebaut. Lager nochmal Reinigen, besser ist besser.


Die Bodenplatte wurde vorsichtig ebenfalls Poliert und gewaxst, sonst habe ich nichts gemacht – ich wollte die Vergoldung nicht in Mitleidenschaft ziehen. Ja, diese KUNDO hat einen Bronzefuß und Säulen mit Vergoldung. Sehr schön und aufwendig und 1965 bestimmt auch sehr, sehr teuer für die Zeit.

Nach der Montage und der Anpassung der neuen Pendelfeder
2360-oben-neu.JPG
der Test – anscheinend hat der Uhr die Prozedur gefallen: Sie zählt wieder die Zeit und nach einigen, wenigen abschließenden Justagen (Übung macht halt den Meister) war sie in 7 Tagen auf 1 Minute im Plus.

Jetzt ist sie wieder bei ihrem Besitzer und ich hoffe, dass sie (die Uhr) dort auch lange ohne Störungen bleibt. Vorausgesetzt, jemand kommt auf die Idee, Maschinenöl wäre gut für Uhren.
2363-Fertig.JPG
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Hallo aus der Oberpfalz
Rolf-Dieter, der Stromer

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Re: Revision einer KUNDO Jahresuhr / Drehpendeluhr von 1965

Beitrag von petsch » Mi 15. Mai 2013, 18:01

Hallo Rolf-Dieter,
vielen Dank für Deinen Reparaturbericht.

Ich weiß nicht, was diese Uhr neu gekostet hat, aber Du hast Recht, billig wird sie wohl nicht gewesen sein.
Allerdings ist diese Überladenheit im Design heute nicht mehr jedermanns Sache. Ich mag die frühen Jahresuhren in ihrer schlichten Art jedenfalls sehr viel mehr.

Gruß
Peter

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Re: Revision einer KUNDO Jahresuhr / Drehpendeluhr von 1965

Beitrag von KleineSekunde » Mi 15. Mai 2013, 20:53

Hallo,

vielen Dank für diesen Bericht! Schön, dass die Uhr nun wieder funktioniert!

Eine Frage hätte ich da:
Sind die verschraubten Pendelfederbacken zur Aufnahme der Pendelfeder plan gestaltet? Oder gibt es hier eine Art Sicke auf einer Hälfte mit einer passenden Aussparung auf der Gegenseite, die für zusätzliche Klemmwirkung auf die Pendelfeder sorgt? Immerhin wird ja nur ein recht kurzes (und zudem recht schmales) Stück der Pendefeder eingespannt...

Vielen Dank!

Schöne Grüße

Guido / KleineSekunde

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Re: Revision einer KUNDO Jahresuhr / Drehpendeluhr von 1965

Beitrag von Phalos » Mi 15. Mai 2013, 22:54

Meines Wissens sind die plan.
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Re: Revision einer KUNDO Jahresuhr / Drehpendeluhr von 1965

Beitrag von Der_Stromer » Do 16. Mai 2013, 16:13

petsch hat geschrieben:Hallo Rolf-Dieter,
vielen Dank für Deinen Reparaturbericht.

Ich weiß nicht, was diese Uhr neu gekostet hat, aber Du hast Recht, billig wird sie wohl nicht gewesen sein.
Allerdings ist diese Überladenheit im Design heute nicht mehr jedermanns Sache. Ich mag die frühen Jahresuhren in ihrer schlichten Art jedenfalls sehr viel mehr.

Gruß
Peter
:mrgreen: Stimmt. Aber so eine Uhr unter Glas im Bücherschrank und die Sonne scheint aufs Pendel......

Der Preis damals richtete sich auch danach, wer und wo die Uhr verkauft wurde. Juwelier in Frankfurt oder Hamburg war bestimmt teurer als in der Provinz :roll: So um die 800,- bis 1200,- DM hat das gute Stück schon gekostet. Die "Einfachen" gab es schon ab ca. 200,- DM.
Hallo aus der Oberpfalz
Rolf-Dieter, der Stromer

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Re: Revision einer KUNDO Jahresuhr / Drehpendeluhr von 1965

Beitrag von Der_Stromer » Do 16. Mai 2013, 16:18

KleineSekunde hat geschrieben:Hallo,

vielen Dank für diesen Bericht! Schön, dass die Uhr nun wieder funktioniert!

Eine Frage hätte ich da:
Sind die verschraubten Pendelfederbacken zur Aufnahme der Pendelfeder plan gestaltet? Oder gibt es hier eine Art Sicke auf einer Hälfte mit einer passenden Aussparung auf der Gegenseite, die für zusätzliche Klemmwirkung auf die Pendelfeder sorgt? Immerhin wird ja nur ein recht kurzes (und zudem recht schmales) Stück der Pendefeder eingespannt...

Vielen Dank!

Schöne Grüße

Guido / KleineSekunde
Wie Phalos geschrieben hat, die sind Plan. Unterschätze den Druck, den die zwei Schrauben ausüben, nicht. Obwohl ich immer soviel wie irgendmöglich zwischen die Beschläge klemme. Es ist m.E. auch einfacher, die verschraubte und angepasste Pendelfeder mit einem Dorn durchs Auge oben zu kürzen (Unten ist ja meist der Stift als Anschlag vorhanden, nur bei KUNDO nicht!) :D .
Hallo aus der Oberpfalz
Rolf-Dieter, der Stromer

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Re: Revision einer KUNDO Jahresuhr / Drehpendeluhr von 1965

Beitrag von KleineSekunde » Do 16. Mai 2013, 19:28

Hallo,

vielen Dank für die Information!

Nun der Hersteller wird seine Lösung wohl entsprechend erprobt haben und es scheint ja auch gut und dauerhaft mit den planen Backen zu funktionieren. Ganz spontan hatte ich bei der geringen Länge der Klemmung aber auf eine zusätzlich Sicke getippt, um somit die "Klemmlänge" zu erhöhen.

Schöne Grüße

Guido / KleineSekunde

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