Reinigung und neueinstellung einer Benzing Mutteruhr

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Feine Mechanik !
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Reinigung und neueinstellung einer Benzing Mutteruhr

Beitrag von Feine Mechanik ! » Sa 2. Jan 2016, 15:16

Allen ein frohes und gesundes Jahr 2016!

Hier geht es um die Neueinstellung einer Benzing Mutteruhr mit automatischer Nebenuhrnachstellung.

Vor einiger Zeit habe ich eine Hauptuhr der Firma Benzing übernommen, die stark verharzt und korrodiert war.
Nachdem ich sie völlig zerlegt und die Räder und Lager gereinigt habe, wird sie nun neu justiert.

Das Besondere - finde ich - an dieser Uhr ist die automatische Nachstellung der angeschlossenen Nebenuhren, die durch zwei Steuerscheiben auf der Werkrückseite realisiert wird. (Hier noch nicht wieder angebaut.)

Nun aber zunächst ein kleines Problem:

Bei der Montage habe ich festgestellt, daß die Paletten sehr starke Abnutzungsspuren zeigten. Scheinbar hat jemand den Eingriff (vom Originalzustand) geändert und dabei vermutlich was falsch gemacht. Ich vermute dies, weil die Messingstege, welche die Paletten arretieren so fest angeschraubt waren, daß die Halteschrauben krumm und die Stege total verbogen waren, die Schrauben verhuntzt...Beim Ausbau ist eine Schraube sogar abgebrochen. Dieses Unglück konnte ich beheben.

Nun habe ich keine Werte, wie die Amplitude bei dieser Uhr zu sein hat und auch ist mit nicht genau bekannt, wie der Eingriff der Paletten einzustellen ist (Vorgabe des Herstellers). Mir ist zwar klar, daß diese Präzisionsuhr eine sehr geringe Amplitude haben dürfte aber es wäre schön, wenn mir jemand sagen könnte, wie tief der Eingriff der Paletten bei dieser 3/4 Sekunde wohl zu sein hat und auch die Angabe der Amplitude wäre prima.

Hier einige Bilder:
DSC_0244.JPG
DSC_0245.JPG
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Thomasmax
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Re: Reinigung und neueinstellung einer Benzing Mutteruhr

Beitrag von Thomasmax » Sa 2. Jan 2016, 17:13

Hallo,

ich habe die gleiche Uhr. Diese habe ich vor ca. 7 Jahren gekauft, damals zerlegt, gereinigt und frisch geölt. Seitdem läuft sie zuverlässig und auch sehr genau. An den Ankerpaletten habe ich damals nichts geändert. Bei mir ist die Pendelamplitude +/- 2 1/4°.

Gruß Thomas

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Re: Reinigung und neueinstellung einer Benzing Mutteruhr

Beitrag von KleineSekunde » Sa 2. Jan 2016, 17:35

Hallo,

wenn die Paletten starke Abnutzungen / Einlaufspuren zeigen, könnten diese natürlich nachgeschliffen und poliert werden. Hier gäbe es entsprechende Informationen zur Vorgehensweise:.
http://www.dg-chrono.info/dg-chrono.de/ ... +schleifen
Feine Mechanik ! hat geschrieben:Scheinbar hat jemand den Eingriff (vom Originalzustand) geändert und dabei vermutlich was falsch gemacht. Ich vermute dies, weil die Messingstege, welche die Paletten arretieren so fest angeschraubt waren, daß die Halteschrauben krumm und die Stege total verbogen waren, die Schrauben verhuntzt...
Die Paletten sollten etwas dicker sein als die Aussparungen am Anker, damit dann über die Stege eine entsprechende Klemmwirkung hergestellt werden kann. Eine leichte Wölbung der Stege würde mich also nicht verwundern, verbogene Schrauben allerdings schon...

Das Einstellen der Paletten ist ziemlich "fummelig". Die genaue Vorgehensweise kann ich leider nicht beschreiben, aber hier gäbe es generelle Informationen:
http://www.dg-chrono.info/dg-chrono.de/ ... +Hemmungen

Viel Erfolg!

Schöne Grüße

Guido / KleineSekunde

Feine Mechanik !
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Re: Reinigung und neueinstellung einer Benzing Mutteruhr

Beitrag von Feine Mechanik ! » So 3. Jan 2016, 13:12

Vielen Dank für die freundlichen Antworten!

Da es Wendepaletten sind, ist ein Nachschleifen nicht nötig.

Es ist in der Tat nicht leicht das Ganze einzustellen.

Leider ist der Einblick, durch die Frontplatine, auf das Steigrad nicht gerade großzügig.

Ich habe jetzt schon mehrfach herumprobiert. Die Uhr läuft, aber mit einer sehr kleinen Amplitude. Ausschlag des schweren Pendels: 1 volle Schwingung = ca. 1 Grad auf der Pedelskala.

Schorsch
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Re: Reinigung und neueinstellung einer Benzing Mutteruhr

Beitrag von Schorsch » So 3. Jan 2016, 13:58

Feine Mechanik ! hat geschrieben:Vielen Dank für die freundlichen Antworten!

Da es Wendepaletten sind, ist ein Nachschleifen nicht nötig.

Es ist in der Tat nicht leicht das Ganze einzustellen.

Leider ist der Einblick, durch die Frontplatine, auf das Steigrad nicht gerade großzügig.

Ich habe jetzt schon mehrfach herumprobiert. Die Uhr läuft, aber mit einer sehr kleinen Amplitude. Ausschlag des schweren Pendels: 1 volle Schwingung = ca. 1 Grad auf der Pedelskala.
Wenn der Hemmungsradzahn sicher auf Ruhe fällt, würde ich erstmal nicht drüber meckern. Ich schleife den Hebewinkel auch so gering als möglich, unter der vorgenannten Bedingung. Beide Hebewinkel sollten aber exakt gleich sein ! Ich schleife und poliere die Paletten mitsamt Anker in einer Vorrichtung. Das Gewackel und " ungefähr einstellen" mit dem Flachschleifer ist mir zu suspekt und bei Präzisionsuhren geht das m. E. garnicht. Ein definierter, symmetrischer Hebewinkel ist da nur Zufall.
Alles Gute für´s Neue Jahr
Schorsch

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Re: Reinigung und neueinstellung einer Benzing Mutteruhr

Beitrag von Feine Mechanik ! » So 3. Jan 2016, 14:37

Ja Schorsch, ich sehe dies auch so, ich bin aber nachdem der Thoersten eine deutlich größere Amplitude hat nochmal sehr nachdenklich an die Sache ran:

Ich hatte nun das Pendel mal ohne Werk angestoßen und die Zeit gemessen, in der die Amplitude von 1,5 auf 1 Grad abfällt - Ergebnis - ohne Uhr ist diese Zeitpanne länger als mit der Uhr.

Fazit ich habe die Uhr nochmal aufgemacht und mir das Steigrad angesehen. Siehe da; die Zähne sind an ihrer Spitze total mit Riefen übersäht.
Daher kann die Uhr nicht richtig gehen. Die Zähne bremsen wie Schmirgelpapier.

Ich werde nun mal mit einem Polierstein versuchen die Riefen zu glätten und versuche es dann nochmal.
Dank und Gruß
Gerd

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Re: Reinigung und neueinstellung einer Benzing Mutteruhr

Beitrag von wahli76 » So 3. Jan 2016, 16:22

Hallo Gerd,

die Sache mit den Riefen an den Hemmrad-Zahnspitzen wundert mich. Sind die radial oder parallel zur Achse des Zahnrades? Vielleicht sind das noch Fräsriefen von der Herstellung? Wenn die Zahnspitzen auf die Paletten knallen, gibt es umgebogene Zahnspitzen aber Riefen.....

Du kannst die Schwingungsweite ganz gut im zusammengebauten Zustand mit dem Pendel überprüfen. Dafür brauchst du an der Rückwand der Uhr ein Stück Papier an dem du die Position der Pendelspitze markieren kannst und den Sekundenzeiger um zu beobachten ob sich der Hemmradzahn auf Hebung oder Ruhe befindet.

Wenn du das Pendel aus der Mittellage bewegst, kannst du recht genau feststellen, wann der Zahn abfällt. Dann markieren und das Pendel zurückbewegen bis sich der Sekundenzeiger bewegt; diese Distanz ist die Ruhe, die man eher klein halten sollte. Im realen Betrieb ist die Ruhe eh´ größer, da das Pendel "überschwingt". Der Ruhewinkel hat erheblichen Einfluß auf das Reibungsverhalten der Hemmung! Da nur die Zahnspitze (Linienberührung) in einem Ölfilm auf der Hebefläche reibt, sollten Riefen in der Zahnspitze keinen gravierenden Einfluß haben, umgebogene Zahnspitzen dagegen schon, weil diese die Hemmungsgeometrie verändern.

Wenn du das Pendel dann weiter Richtung Mittellage bewegst, fällt der nächste Zahn ab; diese Distanz ist die Hebung. Das Pendel ist lang genug, daß du feststellen kannst ob die Hebung in beiden Richtungen gleich ist (oder ob die Paletten "verschliffen" sind).

Viele Grüße

Kurt

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Re: Reinigung und neueinstellung einer Benzing Mutteruhr

Beitrag von Schorsch » So 3. Jan 2016, 17:10

Grüß Dich Kurt,
wenn die Zahnspitzen Deformationen aufweisen, deutet das schon auf einen derben Mißbrauch hin, denn es kommt am Hemmungsrad im normalen Betrieb nie eine so große Kraft an daß ein Zahn etwa verbogen wird. Riefen (könnten) entstehen bei Mitwirkung von Schleifmitteln wie etwa Schmutzteile, die von der Zifferblattrückseite ( Zinkoxyd) kommen könnten. Wenn das Hemmungsrad mit einem Schleifstein behandelt wird, schafft man es schnell, das Rad unrund zu machen. Ganz fein überdrehen ist der bessere Weg, und dann die Hemmung neu einzustellen. Wenn Zähne verbogen sind, kann man es eh wegschmeißen und ein neues machen. Bei einer Schwingweite von 1 grad ist ja noch der Ergänzungsbogen dabei, da ist die Hebung schon sehr minimal, und wenn da noch die Lagerluft von Anker und Hemmungsrad nicht ganz genau paßt, gibt es Probleme ohne Ende.
Grüße von
schorsch

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Re: Reinigung und neueinstellung einer Benzing Mutteruhr

Beitrag von Thomasmax » Di 5. Jan 2016, 23:07

Hallo Gerd,

ich bin eigentlich wie Kurt der Meinung, dass Riefen auf den Zähnen des Gangrades keinen gravierenden Einfluß auf den Gang der Uhr haben dürften, zumal ja die Ankerpaletten hart sind und das Gangrad weich. Wichtig ist natürlich die richtige Einstellung.

Hast Du schon alle anderen Möglichkeiten ausgeschlossen? Ist das Antriebsgewicht das originale (meines wiegt 720g)? Sind die Lager alle in Ordnung? Klemmt irgenwo etwas etc.?

Gruß Thomas

Schorsch
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Re: Reinigung und neueinstellung einer Benzing Mutteruhr

Beitrag von Schorsch » Di 5. Jan 2016, 23:18

Hallo Gerd,
vielleicht kannst Du mal die Radachsen vorsichtig in der Höhenluft hin und her schieben. wenn es kratzt, mußt Du etwas am Lager tun.
Gruß Schorsch

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