Kontaktierung Bulle Clock

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KleineSekunde
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Kontaktierung Bulle Clock

Beitrag von KleineSekunde » Di 30. Sep 2014, 23:22

Hallo,

eine Bulle Clock aus dem Familienkreis blieb nach einiger Zeit plötzlich stehen. Die Batterie, die Spule und auch die stromführenden Kabel waren in Ordnung, daran konnte es also nicht liegen...

In einem Gespäch mit einem Sammler elektrischer Uhren bekam ich den Hinweis, dass möglicherweise feinste Metallpartikel, die durch Abrieb des Kontaktstiftes an der isoliert angebrachten Kontaktfläche an der Ankergabel enstehen, für einen Kurzschluss sorgen könnten:
Die eigentliche Kontaktfläche befindet sich auf dem Foto oben links direkt neben dem zentralen Kontaktstift, der an dem hölzernen Pendel befestigt ist. Die Kontaktfläche ist durch die rötliche Isolierung von der eigentlichen Gabel getrennt. Der Kontakstift wirkt also auf die Kontakfläche an dem links im Vordergrund sichtbaren Plättchen, um so einen Stromfluss zu ermöglichen, der dann das Pendel durch Wechselwirkung mit dem dann entstehenden Magnetfeld der Spule mit dem Permanentmagneten, in die die Spule bei der Schwingung des Pendels eintaucht, anzutreiben.
Abrieb.jpg
Der metallische Abrieb, der sich zwischen dem Kontaktplättchen und der eigentlichen Gabel im Laufe der Zeit aufgebaut hat (rot markiert), lässt sich auf dem Foto bestenfalls erahnen. Bei genauer Betrachtung war er aber durchaus sichtbar und auch gab es einen messbaren Kontakt zwischen dem Kontaktplättchen und der Gabel. Grün markiert erkennt man jedenfalls den Abrieb an dem Kontakstift, der bereits in eine neue, unverschlissene Position gedreht wurde.

Der metallische Abrieb wurde also vorsichtig mit einem ganz feinen Pinsel entfernt. Danach lief die Uhr auch sofort wieder an!

Ein normaler, feiner Pinsel mit Schweinsborsten wäre dafür sicherlich ausreichend, vorteilhaft fand ich jedoch das Angebot eines bekannten Elektronikanbieters: Dabei handelt es sich um "Ultrabrush" Pinsel aus Kunststoff, bei denen sich der Kopf sehr leicht durch entsprechendes Biegen anpassen lässt, um eine optimale Erreichbarkeit aller Stellen zu erzielen, die mit normalen, starren Pinseln so nicht möglich gewesen wäre.

Konstruktionsbedingt wird dieses Kontaktproblem wohl in regelmäßigen Abständen wieder auftreten, da sich ein Abrieb nicht vermeiden lässt. Die "kleine Ursache mit großer Wirkung" lässt sich aber recht leicht beseitigen, wenn das Problem erkannt ist...

Hier noch eine Ansicht der Uhr von vorne und hinten (ohne den Glasdom, leider mit Blitz aufgenommen):
Vorderseite.jpg
Rückseite.jpg
Weitere Informationen zur Technik / zu Reparaturen von Bulle Clock Uhren finden sich auch im Internet, verschiedene Ersatzteile werden auch angeboten.

Schöne Grüße

Guido / KleineSekunde
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petsch
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Re: Kontaktierung Bulle Clock

Beitrag von petsch » Mi 1. Okt 2014, 09:12

Danke Guido für den Tipp, bzw. die Weitergabe und ausführliche Darstellung.

Wenn das häufiger vorkommt, was ja anzunehmen ist, dann hilft das vielleicht so manchem weiter.

Gruß
Peter

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Typ1-2-3
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Re: Kontaktierung Bulle Clock

Beitrag von Typ1-2-3 » Mi 1. Okt 2014, 16:39

Es gibt mehrere verschiedene Kontaktanordnungen bei den Bulle-Clocks:

1. Die frühen hatten einen Metall-Anker, der auf einer Seite ein Silberblech als Kontakt aufgenietet hat, auf der anderen, der "Nichtkontakt-Seite", wurde ein Stück Pertinax oder anderer Kunststoff aufgenietet. Diese Anker machen - bis auf Verschleiß - keinen Ärger.

2. Spätere Anker bestanden aus Kunststoff, vermutlich Zelluloid. Sie sind matt durchsichtig und haben auf einer Seite ein Silberblech aufgenietet. Diese Anker machen auch kaum Ärger, denn eventueller Staub aus Metall fällt einfach durch, wie bei Variante 1

3. Diese von Guido beschriebene Variante macht besonders viel Ärger und ist bei den späteren Uhren zu finden. Einmal der Metallstaub, der sich dann auf das Isolationspapier legt und dort für Kurzschlüsse sorgt. Andererseits hatte ich auch schon einen Anker, bei dem das Isolationspapier feucht geworden ist. Dann sind scheinbar Metallionen in das Papier eindiffundiert. Das Papier war dann nicht mehr rot, sondern durch das diffundierte Metall schwarz geworden. Folge: Ein Widerstand gegen 1000 Ohm. Weil die Spule auch nur 1150 Ohm hat, wird der Antrieb ungefähr nur noch halb so stark, und die Uhr bleibt immer wieder stehen. Bei diesem Anker lohnt es sich also routinemäßig, eine Widerstands-Messung zwischen dem Silberplättchen und dem Stahl-Ankerkörper zu machen. Ansonsten kann es sofort - oder später - viel Ärger geben. Speziell diese Fehler sind ziemlich schwer zu finden, wenn man nicht gezielt danach sucht.

Frank

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Der_Stromer
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Re: Kontaktierung Bulle Clock

Beitrag von Der_Stromer » Di 7. Okt 2014, 18:36

:) Danke, Guido. Das trifft genau den "Nerv" der BULLE.
Hallo aus der Oberpfalz
Rolf-Dieter, der Stromer

http://www.rolf-dieter-reichert.de

KleineSekunde
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Re: Kontaktierung Bulle Clock

Beitrag von KleineSekunde » Di 7. Okt 2014, 22:48

Hallo Rolf-Dieter,

insbesondere bei der beschriebenen Ausführung ist es wohl so.

Wie Frank / Typ1-2-3 aber auch geschrieben hat, gab es verschiedene Detail-Ausführungen: Besonders problematisch scheint wohl genau diese spätere Ausführung zu sein, eine ältere Version mit anderem Design läuft seit einigen Jahren bei mir ohne nenneswerte Probleme...

Schöne Grüße

Guido / KleineSekunde

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Typ1-2-3
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Re: Kontaktierung Bulle Clock

Beitrag von Typ1-2-3 » Mi 8. Okt 2014, 09:12

Zur Ehrenrettung der Bulle-Clock muss eines gesagt sein:

Diese Uhren laufen in der Regel wirklich lange ohne Probleme. Genau aus diesem Grunde sind sie auch so oft verkauft worden. Von den frühen Elektrouhren ist die Bulle-Clock die Uhr, die über 300.000 Mal verkauft wurde, die höchste Zahl aller frühen E-Uhren. Kein Wunder, denn sie gingen lange Zeit recht genau und kamen auch lange mit der Energie einer Zelle aus. Nicht umsonst sind die Bulle-Clocks die Uhren, die man im Handel am Häufigsten findet.

Die Entwicklungsrichtung der Bulle-Clock erwies sich am Ende wohl als Sackgasse, aber immerhin als eine sehr erfolgreiche. Von jetzt aus gesehen, war die ATO viel erfolgreicher, insbesondere als transistorgesteuerter Unruhschwinger.

Frank

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