Allgemein: Rundfunkanstalten hatten üblicher Weise Uhrenzentralen von z.T. gewaltigem Umfang, das Geräusch beim Zeigersprung der Nebenuhren wurde aber an bestimmten Stellen als störend empfunden. Daher wurden schon früh die Lieferanten aufgefordert, entsprechend ruhige Nebenuhren zu liefern.
Zwar galt das Schneckenrad-Laufwerk U.lfw.25 von Siemens, welches 1927 eingeführt wurde, als „Leiseläufer“, war aber trotzdem ohne sonstige Schallschutzmaßnahmen noch deutlich zu hören. Die großflächigen Zifferblätter wirkten zudem noch schwingungsverstärkend.
Nachfolgend werde ich einige Nebenuhren vorstellen, die nach dem Krieg in Funkhäusern Verwendung fanden. Den Anfang machen die Werke mit getrenntem Sekunden- und Minutenwerk.
Das Problem ist bei allen Fabrikaten gleich: der von der Hauptuhr gesendete Impuls beschleunigt den Anker des Nebenuhrwerkes abrupt und bremst ihn genauso wieder ab. Daran ändert auch nichts die vorherige Anschaltung einer geringen Spannung über einen sog. „Vorbereitungswiderstand“.
Diese Beschleunigungen der Massen hat bestimmte Einschwingverhalten des gesamten mechanischen Systems zur Folge, welche hauptsächlich durch die langen Zeiger bestimmt werden. Sekunden- und Minutenzeiger sind zwar statisch ausbalanciert, sie schwingen aber bei jedem Impuls eine Zeitlang nach. Hinzu kommt das Spiel in den beteiligten Zahnrädern, die eine Geräuschentwicklung verstärken. Um hier Abhilfe zu schaffen hat man einige „Klimmzüge“ machen müssen.
Zu der Siemens-Ausführung gibt es eine Notiz in der Schrift „Historischen Sammlung“, daher soll dieses Werk mit der Vorstellung den Anfang machen.
Hier heißt es:
„Siemens U.lfw.78
Nach 1945 wurden insbesondere für Rundfunkstudios und ähnliche Institute Nebenuhren mit springenden Minuten- und springendem Sekundenzeiger verlangt. Bei den üblichen Sekunden-Nebenuhren springt der Sekundenzeiger, der Minutenzeiger dreht sich schleichend.
Um mögliche Irrtümer bei Zeitansagen im Rundfunkbetrieb zu vermeiden, entstand die Forderung nach einem springendem Minutenzeiger neben dem Sekundenzeiger. Hier wurden verschiedene Wege überlegt. Die Entscheidung fiel dann für die Verwendung von zwei Nebenuhrwerken, ein Werk für den Antrieb des Minutenzeigers und des Stundenzeigers und ein zweites Antriebswerk für den Sekundenzeiger. Die Aufgabe war im Prinzip damit einfach gelöst, und die sonst sehr langen Nachstellzeiten nach Spannungsausfall bei normalen Sekundenwerken waren vermieden.
Infolge Verwendung von fast normalen Systemen konnte man sehr schnell ins Geschäft kommen.“
Die „fast normalen Systeme“ waren die noch vor dem Krieg entwickelten Laufwerke mit den modernen Oerstit-Magneten im Anker U.lfw.71, die erst 1951 von den flachen Laufwerken 81 abgelöst wurden.
Im Bild zu sehen ist die Anordnung der beiden Werke nebeneinander, wobei das Sekundenwerk eine längere Motorwelle bekam, auf die ein Schwingungsdämpfer in Form eines gewaltigen Messingrades kam. Die Werke selbst wurden auf die Platte genietet. Das alles genügte aber noch nicht. Das Metallgehäuse der sonst üblichen Wanduhr wurde zusätzlich mit Gummipuffern mit der Werkplatine verbunden und auf die Rückseite des Zifferblattes klebte man noch eine Dämmplatte.
Die Bauhöhe einer solchen Uhr mit gewölbtem Glas war ca. 100 mm.
Weitere Uhren demnächst.
Alle Bilder vom Verfasser
R. Helsper
Funkhaus Nebenuhren
Funkhaus Nebenuhren
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Re: Funkhaus Nebenuhren
Danke für den interessanten Artikel. Schon spannend, wie man versuchte, Geräusche zu dämmen. Das Thema ist ja an sich heute noch aktuell, z. B. bei KFZ.
Frank
Frank
Re: Funkhaus Nebenuhren
Wirklich sehr interessant! Das es als "leise" bezeichnete Nebenuhrwerke gab und auch spezielle für den Rundfunkbereich war mir bewusst, habe aber noch nie eines von innen gesehen.
Freue mich auf weitere Berichte zu diesem Thema.
Grüße
Bernd
Freue mich auf weitere Berichte zu diesem Thema.
Grüße
Bernd
Re: Funkhaus Nebenuhren
Wagner Wiesbaden
Diese Firma gehört zu den frühen Elektrouhrenfirmen, somit bestand gewissermaßen eine Pflicht, für den hier beschriebenen Kundenkreis Uhren anzubieten. Nach dem Krieg haben einige Rundfunkanstalten im Zuge des Neuaufbaus ihre Zentralen von Wagner bauen lassen, wie z.B. der Hessische Rundfunk, NWDR Hamburg (Köln hatte Siemens) und AFN.
Auch hier wurden getrennte Werke für Sekunde und Minute/Stunde verwendet, die auf einer gemeinsamen Trägerplatte saßen. Geräuschdämmende Maßnahmen durch den Einsatz von Pertinaxzahnrädern und Dämmfaserplatten im Gehäuse konnten aber nicht ganz verhindern, daß die Uhren Laufgeräusche produzierten. Vergleicht man die Werke mit den etwa gleich alten Siemensuhren so wirken die wagnerschen noch etwas altbacken. Die hier gezeigte Nebenuhr war im Studio Hamburg installiert. Alle Bilder vom Verfasser.
R. Helsper
Diese Firma gehört zu den frühen Elektrouhrenfirmen, somit bestand gewissermaßen eine Pflicht, für den hier beschriebenen Kundenkreis Uhren anzubieten. Nach dem Krieg haben einige Rundfunkanstalten im Zuge des Neuaufbaus ihre Zentralen von Wagner bauen lassen, wie z.B. der Hessische Rundfunk, NWDR Hamburg (Köln hatte Siemens) und AFN.
Auch hier wurden getrennte Werke für Sekunde und Minute/Stunde verwendet, die auf einer gemeinsamen Trägerplatte saßen. Geräuschdämmende Maßnahmen durch den Einsatz von Pertinaxzahnrädern und Dämmfaserplatten im Gehäuse konnten aber nicht ganz verhindern, daß die Uhren Laufgeräusche produzierten. Vergleicht man die Werke mit den etwa gleich alten Siemensuhren so wirken die wagnerschen noch etwas altbacken. Die hier gezeigte Nebenuhr war im Studio Hamburg installiert. Alle Bilder vom Verfasser.
R. Helsper
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Re: Funkhaus Nebenuhren
Telefonbau & Normalzeit
Auf dem Gebiet der Uhrentechnik hat T&N eine führende Rolle gespielt und hat insbesondere für die Eisenbahngesellschaften eine große Anzahl von Spezialentwicklungen gemacht.
In dem betrachteten Zeitraum kamen auch die sog. „Suchzeigeruhren“ auf, deren roter Zeiger nicht ein Sekundenzeiger war, sondern eben der „Suchzeiger“ für Personen. Da es aber nach wie vor Sekundenzeigeruhren gab hat man den Grundaufbau des Werkes beibehalten und lediglich Änderungen am Getriebe vorgenommen.
Denn auch hier gab es die gemeinsame Grundplatte und 2 getrennte Werke für Sekunde und Minute/Stunde. Es ist übrigens nicht so, daß der Sekundenzeiger grundsätzlich auf der dünnsten Welle saß, also der vorderste Zeiger war. Es gab auch Ausführungen, wo sich dieser analog zu den Suchzeigern direkt am Zifferblatt befand.
Nun behaupten alle Uhrenhersteller, daß ihre Nebenuhrwerke „geräuscharm“ sind; T&N hat aber für den reinen Sekundenantrieb ein besonderes Werk herausgebracht, welches sogar über eine Flüssigkeitsdämpfung verfügte. Wer hat solch ein Werk?
Bisher ist nur ein Prospektblatt bekannt. Bild G. Eckardt
Eine reine Studiouhr von T&N hatte ich noch nicht und in Ermangelung eines kombinierten Sekunden/Minutenwerkes sei hier das in der Suchzeigerversion abgebildet, welches äußerlich genauso aussah. Diese sehr massiv gebauten Werke hatten einen ausgezeichneten Ruf. Die im Sportstudio des Fernsehens lange Jahre zu sehende Uhr dürfte bereits das Nachfolgewerk aus Kunststoff gehabt haben. Unter der Blechhaube verbergen sich 2 nahezu identische Werke Natürlich gab es auch die Nebenuhren mit reinem Sekundenimpuls-Antrieb, also eine springende Sekunde und schleichende Minute. Eine solche vom Bayrischen Rundfunk ist nachstehend abgebildet, die sogar den Zusatz einer Beleuchtung hat. Der Aufwand hierzu ist nicht gering: ein stabiles 34cm Blechgehäuse, rückseitig in Gummi eingefaßt sowie eine Inspektionsluke, ebenfalls gummigedämpft. Innen befanden sich zwei Glühbirnen geringer Leistung und das besagte Werk. Von dieser Uhr hört man in der Tat kein Geräusch. Die Bauhöhe von ca. 12 cm ist zu erkennen. Interessant ist, was bei einer Reinigung des Werkes zum Vorschein kam. Die Ankerwelle hat natürlich auch einen Schwingungsdämpfer, der unter einer Blechhaube verborgen ist. Eigentlich kommt man da nicht dran, aber dem Wartungspersonal war es gelungen, diesen Raum völlig mit Fett voll zu schmieren und damit die Funktion zu blockieren. Um diese Nebenuhren im Bedarfsfalle schneller von Hand nachstellen zu können hat man einen zweiten Stellknopf angebracht, der direkt den Minutenzeiger bedient. Alle Bilder vom Verfasser
R. Helsper
Auf dem Gebiet der Uhrentechnik hat T&N eine führende Rolle gespielt und hat insbesondere für die Eisenbahngesellschaften eine große Anzahl von Spezialentwicklungen gemacht.
In dem betrachteten Zeitraum kamen auch die sog. „Suchzeigeruhren“ auf, deren roter Zeiger nicht ein Sekundenzeiger war, sondern eben der „Suchzeiger“ für Personen. Da es aber nach wie vor Sekundenzeigeruhren gab hat man den Grundaufbau des Werkes beibehalten und lediglich Änderungen am Getriebe vorgenommen.
Denn auch hier gab es die gemeinsame Grundplatte und 2 getrennte Werke für Sekunde und Minute/Stunde. Es ist übrigens nicht so, daß der Sekundenzeiger grundsätzlich auf der dünnsten Welle saß, also der vorderste Zeiger war. Es gab auch Ausführungen, wo sich dieser analog zu den Suchzeigern direkt am Zifferblatt befand.
Nun behaupten alle Uhrenhersteller, daß ihre Nebenuhrwerke „geräuscharm“ sind; T&N hat aber für den reinen Sekundenantrieb ein besonderes Werk herausgebracht, welches sogar über eine Flüssigkeitsdämpfung verfügte. Wer hat solch ein Werk?
Bisher ist nur ein Prospektblatt bekannt. Bild G. Eckardt
Eine reine Studiouhr von T&N hatte ich noch nicht und in Ermangelung eines kombinierten Sekunden/Minutenwerkes sei hier das in der Suchzeigerversion abgebildet, welches äußerlich genauso aussah. Diese sehr massiv gebauten Werke hatten einen ausgezeichneten Ruf. Die im Sportstudio des Fernsehens lange Jahre zu sehende Uhr dürfte bereits das Nachfolgewerk aus Kunststoff gehabt haben. Unter der Blechhaube verbergen sich 2 nahezu identische Werke Natürlich gab es auch die Nebenuhren mit reinem Sekundenimpuls-Antrieb, also eine springende Sekunde und schleichende Minute. Eine solche vom Bayrischen Rundfunk ist nachstehend abgebildet, die sogar den Zusatz einer Beleuchtung hat. Der Aufwand hierzu ist nicht gering: ein stabiles 34cm Blechgehäuse, rückseitig in Gummi eingefaßt sowie eine Inspektionsluke, ebenfalls gummigedämpft. Innen befanden sich zwei Glühbirnen geringer Leistung und das besagte Werk. Von dieser Uhr hört man in der Tat kein Geräusch. Die Bauhöhe von ca. 12 cm ist zu erkennen. Interessant ist, was bei einer Reinigung des Werkes zum Vorschein kam. Die Ankerwelle hat natürlich auch einen Schwingungsdämpfer, der unter einer Blechhaube verborgen ist. Eigentlich kommt man da nicht dran, aber dem Wartungspersonal war es gelungen, diesen Raum völlig mit Fett voll zu schmieren und damit die Funktion zu blockieren. Um diese Nebenuhren im Bedarfsfalle schneller von Hand nachstellen zu können hat man einen zweiten Stellknopf angebracht, der direkt den Minutenzeiger bedient. Alle Bilder vom Verfasser
R. Helsper
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Re: Funkhaus Nebenuhren
Abschließend
sei noch eine funkhaustaugliche Nebenuhr aus Schweizer Produktion vorgestellt, eine Moser-Baer Sumiswald mit springender Sekunde. Sie läuft wunderbar ruhig, was nicht zuletzt auf das große Pertinax-Zahnrad und auf die gummigelagerte Werkplatine zurückzuführen ist. Die Uhr hat aber noch eine Besonderheit: ein Leuchtzifferblatt. Durch Anlegen einer Wechselspannung an den speziellen Belag des Zifferblattes leuchtet dieses schwach-grün auf, was man nur bei völliger Dunkelheit sehen kann. Dann aber erfüllt sie ihren Zweck: die Zeit kann einwandfrei abgelesen werden.
Unten erkennt man den kleinen Transformator für den Netzspannungsanschluß des Leuchtzifferblattes. Solche Zifferblätter wurden auch von T&N angeboten. Sie standen in dem Ruf, radioaktive Strahlung auszusenden, was ich durch aktuelle Messungen aber nicht bestätigen kann.
Auch diese Uhr war beim Bayrischen Rundfunk im Einsatz. Wie Gerrit Eckardt berichtet gab es von FAVAG eine leise laufende Nebenuhr, deren Werk komplett mit einem halben Liter Öl gefüllt wurde. Eine solche Uhr würde wahrscheinlich heute die Brandschutzauflagen nicht mehr erfüllen.
R. Helsper
sei noch eine funkhaustaugliche Nebenuhr aus Schweizer Produktion vorgestellt, eine Moser-Baer Sumiswald mit springender Sekunde. Sie läuft wunderbar ruhig, was nicht zuletzt auf das große Pertinax-Zahnrad und auf die gummigelagerte Werkplatine zurückzuführen ist. Die Uhr hat aber noch eine Besonderheit: ein Leuchtzifferblatt. Durch Anlegen einer Wechselspannung an den speziellen Belag des Zifferblattes leuchtet dieses schwach-grün auf, was man nur bei völliger Dunkelheit sehen kann. Dann aber erfüllt sie ihren Zweck: die Zeit kann einwandfrei abgelesen werden.
Unten erkennt man den kleinen Transformator für den Netzspannungsanschluß des Leuchtzifferblattes. Solche Zifferblätter wurden auch von T&N angeboten. Sie standen in dem Ruf, radioaktive Strahlung auszusenden, was ich durch aktuelle Messungen aber nicht bestätigen kann.
Auch diese Uhr war beim Bayrischen Rundfunk im Einsatz. Wie Gerrit Eckardt berichtet gab es von FAVAG eine leise laufende Nebenuhr, deren Werk komplett mit einem halben Liter Öl gefüllt wurde. Eine solche Uhr würde wahrscheinlich heute die Brandschutzauflagen nicht mehr erfüllen.
R. Helsper
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Re: Funkhaus Nebenuhren
Danke für den Artikel. Ich lese so etwas immer wieder gerne, zumal ich noch nie von geräuschgedämmten Nebenuhren gehört habe.
Grüße
Frank
Grüße
Frank
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- Moderator
- Beiträge: 1281
- Registriert: Fr 20. Aug 2010, 22:02
Re: Funkhaus Nebenuhren
Hallo,
auch von meiner Seite aus vielen Dank für die sehr interessanten Beiträge mit vielen Informationen zu Lösungsmöglichkeiten für einen geräuschlosen Betrieb der Nebenuhren!
Schöne Grüße
Guido / KleineSekunde
auch von meiner Seite aus vielen Dank für die sehr interessanten Beiträge mit vielen Informationen zu Lösungsmöglichkeiten für einen geräuschlosen Betrieb der Nebenuhren!
Schöne Grüße
Guido / KleineSekunde