Wer war´s (4)

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droba
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Wer war´s (4)

Beitrag von droba » Do 30. Mai 2013, 06:50

Hallo Uhrenfreunde,

gesucht wird ein deutscher Uhrmacher, der verschiedene Patente zu Uhren mit Torsionspendel erworben hat. Diese Uhren werden heute umgangssprachlich als "Jahresuhren" bezeichnet, da sie je nach Übersetzung eine Laufdauer bis zu einem Jahr haben können. Diese Uhren zu einer Serienreife zu bringen war allerdings nicht ganz einfach und motivierte viele Konstrukteure zu weiteren Detaillösungen.

Wie hieß der Erfinder der ersten deutschen Jahresuhr und welche deutsche Firma hat als Erste und wann Uhren nach seinem Patent vorgestellt?

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petsch
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Re: Wer war´s (4)

Beitrag von petsch » Sa 1. Jun 2013, 21:16

Hallo Droba,
Du suchst nach einem Uhrmacher, der die Patente erworben hat. Das hat mich etwas unsicher gemacht, aber ich hoffe, wir meinen trotzdem den gleichen, nämlich den, der Patente eingereicht hat wie das folgende :
redrah.jpg
So weit ich weiß, war der Mann gar kein ausgebildeter Uhrmacher sondern hatte mehr mit der Landwirtschaft zu tun. Oder ist das Legende ?

Gruß
Peter
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droba
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Re: Wer war´s (4)

Beitrag von droba » So 2. Jun 2013, 19:57

Hallo Uhrenfreunde,

ich merke, dass es über die Entwicklung der Jahresuhr durchaus widersprüchliche Angaben gibt und ich habe mich deshalb entschlossen, das Rätsel abzubrechen.

Der gesuchte Uhrmacher ist Lorenz Jehlin aus Säckingen in Baden. Lorenz Jehlin erwarb Patente für Jahresuhren:
- am 06. Mai 1876 für Frankreich
- am 27.06.1876 in Württemberg
- das Dritte Patent im Juli 1878 als Reichspatent. (DRP 2437)

Lorenz Jehlin starb im November 1879. Das deutsche Patent wurde darauf 1880 auf Johann Anton Harder aus Ransen/Oder amtlich umgeschrieben.

Über die Gründe der Umschreibung unterscheiden sich die Angaben. Manche Quellen geben an, Harder sei von Anfang an an der Entwicklung beteiligt gewesen, andere Quellen berichten von falschen Angaben, unter denen Harder sich das Patent erschlichen habe.

Wie dem auch sei.

Die erste Firma, die in Deutschland Jahresuhren"nach Patent Jehlin" fertigte, war die Uhrenfabrik Lenzkirch. Lenzkirch stellte diese Uhren erstmals im Jahr 1877 bei der Kunst- und Gewerbeausstellung Karlsruhe vor. In welchem Umfang Lenzkirch diese Uhren aber fertigte, ist nicht bekannt.

Wie ging es weiter:

Johann-Anton Harder hat also unter ungeklärten Umständen die Patente Jehlins übernommen und bemühte sich zuerst mit der Uhrfenfabrik A.Willmann & Co., danach mit G. Becker um eine Serienreife dieser Uhren. Aber beiden Firmen gelang es nicht, die Uhren zur Serienreife zu entwickeln und sie lehnten die Zusammenarbeit mit Harder ab.

Harder verkaufte darauf das deutsche Patent an den holländischen Uhrenhändler de Gruyter, der in Triberg einige junge Uhrmacher des Betriebes Wintermantel & Co. motivieren konnte, diese Uhren zu fertigen: Sie konstruierten das Patent etwas um und fertigten die Uhr erfolgreich. De Gruyter wurde darauf Teilhaber, der Betrieb erhielt dadurch den Namen "Jahresuhrenfabrik Triberg AG". Später wurde dieser Betrieb unter dem Namen "Jahresuhrenfabrik A.Schatz & Söhne" bekannt.

Die Jahresuhrenfabrik Schatz und Söhne nahm auch andere Uhrensorten ins Programm auf (darunter sogar Taschenuhren!), sie blieb den Jahresuhren aber sehr lange treu. Die letzten mechanischen Jahresuhren wurden von Schatz in einer kleinen Sonderserie zum Firmenjubiläum im Jahr 1981 hergestellt; die Firma Schatz meldete 1986 Konkurs an.

droba

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Der_Stromer
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Re: Wer war´s (4)

Beitrag von Der_Stromer » Mo 17. Jun 2013, 11:18

:) Ich hätte da auch was zu bemerken (den Fred leider erst jetzt gesehen, da er wohl nicht unter "Jahresuhren / Drehpendeluhren" steht".

Nach meinen Informationen u.A. aus "Lexikon der Deutschen Uhrenindustrie....." und Schriften über die Firmen Wintermantel & Cie, später dann Aug. Schatz und Söhne war der "Werdegang" der Jahresuhren im Deutschen Reich folgender:

Anton Harder hat, wohl bei einem Besuch in den USA um 1870 herum, das Prinzip der Jahresuhr / Drehpendeluhr / Torsionspendeluhr kennen gelernt und wohl eines der vielen Patente, die aber nie zur Produktionsreife gediehen, aufgekauft und mit in die Heimat genommen. Es war das Amerikanische Patent eines Werkes, nicht einer kompletten Uhr.

Sein erster Versuch, diesen Uhrentyp bauen zu lassen, bei der Firma Willmann & Co in Freiburg / Schlesien (NICHT bei Gustav Becker) scheiterte und wurde nach ca. 340 Exemplaren eingestellt. Harder musste die Kosten tragen.

Auf der weiteren Suche nach Produzenten für seinen Uhrentyp kam er nach Säckingen (er hatte wohl vorher versucht, in der Schweiz diese Uhr bauen zu lassen) und lernte dort den Lorenz Jehlin kennen. Jehlin hatte ein Rotationspendel zum Patent angemeldet (D.R.P. 2437 - 1879 ausgestellt). Mit diesem Patent wurde nun endlich die Uhr vom A. Harder komplett. Leider verstarb Jehlin schon bald und Harder übernahm das Patent.

Ob A. Harder wirklich bei Lenzkirch vorsprach, um eine Uhr mit Torsionspendel bauen zu lassen, entzieht sich meiner Kenntnis, ist aber ohne weiteres vorstellbar.

Letztendlich erklärte sich aber in Triberg der Uhrmacher Aug. Schatz bereit, das Wagnis mit der Herstellung dieser Uhr ein zu gehen. Er baute nach den Patenten Harder's (Drehpendel von Jehlin und sein Patent aus den USA) die erste Serienreife Drehpendeluhr der Welt. Das war 1881.
Die Firma, in der August Schatz damals Teilhaber war, war Wintermantel & Cie. Schatz drängte dann 2 Teilhaber aus der Firma heraus und nannte die Firma um, u.A. in Jahresuhrenfabrik.

Bald nach den ersten, funktionsfähigen Uhren verkaufte Anton Harder seine Patente an den Niederländischen Uhrengrossisten De Gruyter, der ausschließlich die Jahresuhrenfabrik Uhren nach diesen Patenten herstellen lies, vornehmlich für den Export nach Übersee.

Um 1900 (bis dahin gibt es kaum andere Hersteller von Jahresuhren, da diese im Deutschen Reich ja unter Patentschutz standen) hat De Gruyter die fälligen Patentgebühren nicht mehr gezahlt und lies den Patentschutz verfallen. Ab diesem Moment erscheinen viele andere Uhrenhersteller mit Jahresuhren auf der Bildfläche und meldeten IHRE Kreationen zu Patenten an. Die Patente bezogen sich z.B. auf die Temperaturkompensation der Pendel und die Bauform der Werke.

Tatsächlich aber war es bis 1986 die Firma Aug. Schatz & Söhne oder Jahresuhrenfabrik (AG und GmbH), die in Deutschland diesen Markt beherrschten.
Aber die Geschichte hat ja DROBA schon niedergeschrieben :D .

Ps.: Eine kleine Anmerkung zu den Jahresuhren von Gustav Becker:
1.) Die Firma Gustav Becker ging 1899 in der VFU auf und hörte damit als eigenständiges Unternehmen auf zu existieren. Jedoch wurde die Marke und der Stempel der Goldmedaille einfach weiter verwendet, um mit dem guten Namen die Umsätze zu steigern.
2.) Erst nach 1900 wurden auch Jahresuhren bei der VFU hergestellt.
3.) Auch Junghans hat Jahresuhren bei der VFU herstellen lassen und mit der Bildmarke Gustav Becker und Goldmedaille versehen.
4.) Ich würde beim Kauf von Jahresuhren der Fa. Gustav Becker sehr vorsichtig sein. Es besteht der Verdacht, dass solche Uhren noch bis 1980 in Polen hergestellt wurden, nach alten Vorlagen :x .

Noch eine Anmerkung:

Zitat DROBA:
Die letzten mechanischen Jahresuhren wurden von Schatz in einer kleinen Sonderserie zum Firmenjubiläum im Jahr 1981 hergestellt; die Firma Schatz meldete 1986 Konkurs an.

Zitat Ende.

Diese Uhren wurden leider nicht mehr von Schatz (weder in Triberg noch in Gütenbach) hergestellt, sondern von der Firma Kern & Söhne, die wohl als einizige Firma noch die entsprechenden Werkzeuge und Maschinen dafür hatten.
Die hintere Platine der Serie 1881 ist eindeutig von Kern, ca. 1954 das erste mal hergestellt.

Hier mal ein Bild dieser Jubiläums-Uhr (ohne Glasdom):
2376-Fertig.JPG
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Hallo aus der Oberpfalz
Rolf-Dieter, der Stromer

http://www.rolf-dieter-reichert.de

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droba
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Re: Wer war´s (4)

Beitrag von droba » Mo 17. Jun 2013, 17:40

Hallo Rolf Dieter,

herzlichen Dank für Deine Ergänzungen! Da kann ich einiges nur bestätigen!

Ich vergaß tatsächlich zu erwähnen, dass es in Amerika schon wesentlich früher ein Patent für eine Torsionspendeluhr gegeben hat, ich meine es war 1854. (will mich aber nicht festlegen) Dass Patente mehrfach vergeben worden sind erklärt sich schon allein aus der Tatsache, dass es damals schwierig war, in Erfahrung zu bringen, was schon patentiert war bzw. wo gegen ein Patent eventuell verstoßen wurde. Und speziell in Amerika bestand in meinen Augen ein Patentschutz sowieso nur auf dem Papier und war nicht durchsetzbar. Wir wissen deshalb nicht, was die amerikanischen Patente in diesem Zusammenhang für eine Rolle gespielt haben.

Drehpendeluhren wurden in Polen sehr, sehr lange hergestellt. Wohin diese Uhren gegangen sind und wie sie qualitativ waren, weiß ich allerdings nicht, da ich noch keine polnische Jahresuhr gesehen habe.

Was die Verwirrung um die Entwicklung der deutschen Drehpendeluhren anbelangt: Nach meinem Eindruck hat Harder hier hervorragend dazu beigetragen, in dem er selbst mehrere Versionen in Umlauf gebracht hat, wie er zu dem Patent gekommen ist. Die Wahrheit ist heute in meinen Augen nicht mehr zu klären.

Einen in meinen Augen sehr wichtigen Artikel über Jahresuhren möchte ich noch erwähnen:

Dr. Douglas K. Stevenson (einer der besten Uhrologen unserer Zeit) hat im Jahr 2010 einen Artikel über diese Geschichte geschrieben. Schon der Titel bringt die Skepsis gegenüber den Aussagen von Harder zum Ausdruck: "Jehlin´s two patents and Harders own story"
Erschienen im "Watch and Clock Bulletin" der NAWCC im Jahr 2010. Kann ich nur empfehlen!

droba

janekp
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Re: Wer war´s (4)

Beitrag von janekp » Mo 23. Jun 2014, 09:17

Hardersche Uhren sind sehr schone,habe ich auch ein.
1.jpg
Ich fuge da paar fotos vom ehemelige Gutshof vom Herr harder im Ransen bei Steinau Heute im Polen Ręszow kolo Ścinawy.;
2.jpg
3.jpg
4.jpg
5.jpg
6.jpg
7.jpg
8.jpg
9.jpg
10.jpg
Das Urheberrecht / Copyright der letzten Fotos ist in den jeweiligen Wasserzeichen zur Quellenangabe ersichtlich.
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Zuletzt geändert von KleineSekunde am Mo 23. Jun 2014, 22:58, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Wer war´s (4)

Beitrag von droba » Mo 23. Jun 2014, 22:49

Hallo Janekp,

auf welches Alter würdest Du diese Jahresuhr schätzen- und von wem wurde sie wohl hergestellt? Könnnte sie von Willmann hergestellt worden sein?

Danke für die interessanten Bilder des Landgutes Ransen bei Steinau!


droba

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Re: Wer war´s (4)

Beitrag von janekp » Mo 23. Jun 2014, 23:56

Welches Uhr meinst Du Droba ?
IMO ( Im Meine opinion,meine meinung):
Wenns geht um Jahresuhren mit ein patent auf Zifferblatt das ist 1880 bis 1882,dreipatente auf Zifferblat ( Abbreviated Patent Dial: D.R.P. 2437 R.L.P. 2142 U.S.P. 269852 Dezember 1882 bis January 1883)und zwite wersion (Full Patent Dial: D.R.Patent 2437 R.L.Patent 2142 U.S.Patent 269852 - bis April ,Mai 1883) .Das ist die richtige datum fur Uhr vom Kollege Petch im zweite Post diese Thema
Genau kannn ich dir sagen Morgen,ich muss zu meine notiz anschauen.
Uhren mit Patente auf Zifferblatt sind nichts mit Willmann gemacht ,mit Wilmann das wars bishen fruh.
Harder zu esrt hat gearbaitet mit Willmann seit 1878 ,dann mit Gustav Becker (Verge ,Cylinder und Anker hemmung) ab februar 1880(nur mit bezeichnung Harder Ransen bei Steinau -keine patent numer),dann mit Gerson Wintermantel (anfang 1881 bis marz 1882 und machte zusammen 12 prototype jahresuhren) und gleich danach mit anmeldung sein patent im England und USA (The British Patent RLP 2142gemeldet Juni 1882 und das US Patent USP 269052 meldet am December 1882.) arbeitete Er mit schatz -Wintermantel.
Im1883 werkaufte Harder sein Patent an De Gruyter.Dan De Gruyter meldete zwei patente fur striker jahresuhren ein im England ,zweite im De im 1884.
Ab 1885 Wir haben schon die name Jahresuhrefabrik AG - JUF.
Und dann die ander sind angefangen mit Jahresuhren
L. Furtwängler Söhne in 1883
Hanau Uhrenfabrik (Gebrüder Rabe)
J. J. Meister
R. Schnekenburger
C. Bauer

Ich bin kein expert vom Jahresuhren aber habe ich paar zu Hause.
Jahresuhr gemacht durch Willmann habe ich gesehen mit meine Augen.
Personnlich suche ich die Jahresuhren im Holz Geahause - nicht mit Glass Kugel.
Anfang vom Jahresuhren :
A. D. Crane 1841 bis 1862
John Hile 1876 bis 1880
Gustav Becker cylinder escapement 1872-3
Lorenz Jehlin DRP 2437 Landespatent in Mai 1876
Anton Harder prototypes 25 Uhren, 1876-1877)
Es gab auch die Jahresuhren aber nichts mit dreipendel sondern mit normale pendel und zwei,drei und mehr spiralen.Im Wien Museum (Osterreich) gibst ein mit 5 jahrige laufzeit.
Wenn ich etwas falsch geschriebe bitte korrigieren.
Grusse
Jan

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droba
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Re: Wer war´s (4)

Beitrag von droba » Di 24. Jun 2014, 22:34

Hallo Jan,

danke für diese sehr ausführliche und auch informative Antwort! Wir merken, dass Du doch ein wirklicher Fachmann für Jahresuhren bist und vermutlich beschäftigst Dich schon sehr lange mit diesen Uhren und ihrer Entwicklung .

Wir haben hier im Forum speziell für Jahresuhren einen gesonderten Bereich. Hast Du Lust, einige Deiner Jahresuhren zu zeigen?

droba

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Re: Wer war´s (4)

Beitrag von janekp » Mi 25. Jun 2014, 05:53

droba hat geschrieben:Hallo Jan,

danke für diese sehr ausführliche und auch informative Antwort! Wir merken, dass Du doch ein wirklicher Fachmann für Jahresuhren bist und vermutlich beschäftigst Dich schon sehr lange mit diesen Uhren und ihrer Entwicklung .

Wir haben hier im Forum speziell für Jahresuhren einen gesonderten Bereich. Hast Du Lust, einige Deiner Jahresuhren zu zeigen?

droba
Leider bin ich kein Fachmann fur Jahresuhren,Ihr habt kollegen die auf NAWCC schreiben.
Ich Habe gesehen Kollegen aus diese Forum die haben wirklich Wissen MR55;Der Stromer ,Soaringjoy und andere...
Ich habe angefangen vor 4 Jahren mit taschenuhren und jetzt seit 2 jahren:
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