Alpina Buffet- oder Kaminuhr

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Barney Green
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Alpina Buffet- oder Kaminuhr

Beitrag von Barney Green » Do 21. Sep 2017, 20:59

Weil mich der Chroniker so lieb darum gebeten hat, möchte ich hier mal eine Uhr vorstellen, die ich vor ein paar Tagen erworben habe.
Eigentlich gehört sie nicht in mein Kern-Sammelgebiet namens "Gruen", aber dennoch, ich wollte ihrer habhaft werden.
P1000263.JPG
Eine sehr schlichte Uhr ohne jeglichen Schnickschnack, man kann nicht mal von einem Zifferblatt reden. Klare Zahlen, kein Glas, kein Rand oder Minutenteilungen, lediglich das Alpina-Logo "Kreis im Dreick". Und da kommen wir schon zu einer kleinen Besonderheit. Die Verwendung des Logos wurde im Dezember 1934 untersagt, bei im Handel befindlichen Uhren musste es entfernt werden, bei Großuhren sollte zumindest ein Aufkleber mit Deutschland als Ursprungsland hinzugefügt werden. Gruen und Alpina hatten sich ja 1929 zur Alpina-Gruen-Gilde zusammengeschlossen, hauptsächlich um den Gruen-Uhren den Absatzmarkt Deutschland zu öffnen.
P1000275.JPG
Wo wir bei öffnen sind: hinten eine schöne große Backofentüre mit kleinem Drehriegel. Wie man sieht, habe ich der Uhr noch keine Politur gegönnt, da hatte ich noch nicht genügend Zeit zu.
Machen wir doch die Klappe einmal auf:
P1000274.JPG
Werk mit Pendel und Schlagwerk, drei Klangstäbe und das Uhrmacherschild lassen sich blicken.
Zuerst einmal das Werk in der Totale:
P1000265.JPG
Ich habe das Pendel nicht angehalten wie ihr sehen könnt. Den Dämpfer-Rechen habe ich aufgemacht, der Klang des Schlagwerkes ist tatsächlich sehr schön! Die Uhr besitzt einen Halbstundenschlag, das Werk ist ein Pfeilkreuz W77.

P1000268.JPG
Dieses Werk wurde von der Hamburg-Amerkanischen Uhrenfabrik in Schramberg im Schwarzwald entwickelt und auch nach der Übernahme durch Junghans noch gebaut.

Wenn ich andere Beiträge über diese Uhrwerke richtig deute, wurde dieses Werk im November 1934 gebaut:
P1000269.JPG
Die Bedeutung der weiteren Punze ist mir nicht bekannt, kann mir hierzu jemand etwas sagen?
P1000270.JPG
Im Gehäuse dann noch dessen Seriennummer, wer es gebaut hat, entzieht sich ebenfalls meiner Kenntnis. Hinweise habe ich keine gefunden.
P1000273.JPG
Kommen wir schon zum letzten Bild, dem Uhrmacherschildchen.
P1000272.JPG
Rudolf Cramer in Gotha hat 1911 das Geschäft seines Vaters Bruno übernommen. Das Uhrmachergeschäft in der Marktstraße 5 existierte dort schon über 60 Jahre, seit einigen Jahren hatte Rudolf Cramer sich der Alpina Einkaufsgenosschemschaft angeschlossen. Diese ware wie auch die Zentra damals von den unabhängigen Uhrmachern sehr angefeindet, es gab mehrere Prozeße gegen die Alpina und der Verwendung der Marke. 1933 wurde Rudolf Cramer Schriftführer der Gothaer Uhrmacherinnung, als bei der Gleichschaltung alle Funktionen neu vergeben wurden und der bisherige Vorstand aufgrund fehlender Parteizugehörigkeit abgesetzt wurde.

Da diese Uhr so ziemlich das Ende der Alpina-Gruen-GIlde markierte, wollte ich sie gern haben. Es dürfte so ziemlich die letzte mit dem Kreis-im-Dreieck Logo sein. SIe gefällt mir in ihrer Schlichtheit und mit dem schönen Klang tatsächlich gut und darf als derzeit einzige "Großuhr" gern bleiben und die Sammlung erweitern. Gern sammle ich weitere Informationen zu der Uhr, wenn ihr etwas kommentieren könntet oder ich falsch recherchiert habe.

Barney
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steffl62
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Re: Alpina Buffet- oder Kaminuhr

Beitrag von steffl62 » Fr 22. Sep 2017, 07:37

Schöne Uhr mit einer sehr interessanten Geschichte!
Vielen Dank für diese Vorstellung.

lg Christian
P.S.: Leider kann ich nix dazu beitragen ich kenn mich eher mit älteren Uhren aus.
.
Fragen, Korrekturen und Ergänzungen zu meinen Beiträgen sind ausdrücklich erbeten und gewünscht!

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derTeichfloh
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Re: Alpina Buffet- oder Kaminuhr

Beitrag von derTeichfloh » Fr 22. Sep 2017, 18:42

Danke für das Zeigen und die schöne Geschichte...

Gruß,
derTeichfloh
Gruss
derTeichfloh

HolzZahnRadUhrenSammler

Chroniker
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Re: Alpina Buffet- oder Kaminuhr

Beitrag von Chroniker » Sa 23. Sep 2017, 22:33

Hallo Barney,

danke für die Vorstellung Deiner Ersten Großuhr. Du hast schon einiges über die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse recherchiert. Wir können das alles nicht ausführlich im Rahmen dieses Fadens erörtern, aber speziell zur Umwandlung der Alpina in eine Einkaufsgenossenschaft für deutsche Uhren durch die niedergelassenen deutschen Uhrmacher einige Stichworte:

- Die Alpina war in den 1920er Jahren mit Abstand die größte Einkaufgenossenschaft für Deutsche Uhrmachergeschäfte. Die Uhrmacher waren vertraglich an die Alpina gebunden, das Firmenkapital lag aber in der Hand verschiedener, meist schweizer Hersteller. Und die hatten damit einen starken Einfluss, dass auch schweizer Uhren in den Verkauf kamen.
- Deutschland war nach dem Ersten Weltkrieg sehr hoch verschuldet und besonders durch den Verkauf von Schweizer Taschen- und Armbanduhrenrohwerken sowie von ganzen Uhren floss sehr viel Geld in die Schweiz.
- Der deutsche Staat erklärte während der Weltwirtschaftskrise diesem Geldabfluss den Kampf an, aber Deutschland war besonders bei Kalibern von Taschen- und Armbanduhren immer noch auf den Bezug schweizer Kaliber angewiesen. Deshalb wurde mit intensiver staatlicher Förderung der Aufbau einer deutschen Kaliberfertigung in Glashütte, in Schwäb. Gmünd und in Pforzheim forciert. Dazu wurden in der Schweiz sogar ganze Fabriken mit den Maschinen aufgekauft und verlagert; auch wurden schweizer Fachleute zur Übersiedlung nach Deutschland motiviert. Um das Jahr 1933 wurden erste deutsche Rohwerke in Serie gefertigt.
- Um den Absatz deutscher Uhren bei der Alpina zu forcieren, wurde Alpina 1934 sogar aufgefordert, künftig nur noch deutsche Uhren zu vertreiben und das Alpina-Zeichen zu überkleben. (Ich habe aber große Zweifel, dass das in nennenswertem Umfang auch gemacht wurde!)
- Gleichzeitig wurden die Schweizer Anteilseigner der Alpina aufgefordert, die Alpina zu verlassen. Dieser Prozess nahm mehrere Jahre in Anspruch, aber 1942 waren alle Schweizer Anteilseigner ausgetreten. Alpina war nun rein deutsch und wurde in „Deutsche Uhrmachereinkaufsgenossenschaft Alpina (DUGENA) umbenannt. Und Junghans dürfte nach meiner Einschätzung einer der wesentlichen NEUEN Anteilseigner geworden sein, denn (siehe Deine Uhr) Junghans hat nun auffallend viele Groß- und Kleinuhren mit dem Alpina-Logo verkauft.

Nun zu Deiner Uhr:

- Den Fertigungsmonat hast Du richtig erkannt: November 1934.
- Die Stellen der Punzen sind auffallend: Nicht unten in der Mitte und etwas erhöht, sondern nahe von Ecken und Kanten. Das hat man nur ausnahmsweise gemacht, wenn nämlich das Uhrwerk schon fertig montiert war, aber noch nicht gepunzt.
- Junghans hat, (auch sehr auffallend!) nach der Übernahme von G. Becker und der HAU die Fertigung vollkommen umgestellt: Alle Werke von G. Becker wurden eingestellt, auch alle Werke für Tisch- und Wanduhren von Junghans. Nur alle Werke der HAU wurden noch gefertigt, erhielten aber die Junghans-Werkbezeichnung. Und deshalb hat Dein Werk auch die Bezeichnung „W77“.

Viel Spaß mit Deiner Uhr! Mit etwas Pflege gelten die HAU-Werke bei Sammlern als sehr solide und unverwüstlich!

Chroniker

PS: Kennst Du die Verbindung der Fa. Gruen nach Glashütte („Gruen´sche Uhrenfabrikation Gruen und Asssmann, Glashütte“) siehe Lexikon der Deutschen Uhrenindustrie 1850-1980 (3. Auflage 2017, Band II, Seite 197)

Barney Green
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Re: Alpina Buffet- oder Kaminuhr

Beitrag von Barney Green » So 24. Sep 2017, 11:27

Moin,

vielen Dank für eure Kommentare so weit.
Und danke auch für die Ergänzung der Alpina-Geschichte, die ich in der Uhrenvorstellung erst einmal nicht ausrollen wollte, um nicht von der Uhr an sich abzulenken. Das gehört aber definitiv dazu!
Es gibt auch einen Alpina-Großuhrenkatalog aus dieser Zeit, den ich leider nicht habe, dieser wird derzeit für 120 Euro angeboten, das war mir doch etwas zu teuer. Für das Geld würde ich mir dann eher das erwähnte sehr empfehlenswerte Uhrenlexikon kaufen. Steht auf meiner Weihnachtswunschliste :-)

Ja, die Assmann-Verknüpfung kenne ich gut. Fred Gruen war ja auf der Uhrmacherschule in Glashütte und kannte daher auch Assmann. 1894 bis 1903 wurden viele Werke zusammen mit Assmann in Glashütte gefertigt, es waren die ersten "echten" Gruen Uhren, die auch unter diesem Label verkauft wurden. Davor liefen sie ja 20 Jahre als "Columbus Watch Co.". Leider besitze ich noch keine Gruen aus der Assmann-Aera, aber irgendwann kommt auch so eine mal in meine Sammlung.

Beste Grüße
Barney

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Re: Alpina Buffet- oder Kaminuhr

Beitrag von Chroniker » So 24. Sep 2017, 23:34

Hallo Barney,

ich wurde gefragt, warum Junghans auch nach der Übernahme von Gustav Becker und der HAU noch Uhren mit den Firmenzeichen von Gustav Becker oder (wie Deine Uhr) mit dem Pfeilkreuz der HAU ausgeliefert hat.
Ich habe dafür folgende Erklärung:

Juristisch wurde Junghans zum Rechtsnachfolger von GB und HAU und konnte so die Firmenzeichen auch weiter verwenden. Aber auch bestehende Lieferverträge hat Junghans natürlich gerne übernommen und ausgeführt. Und deshalb hat Junghans noch viele Jahre Uhren unter dem Firmenzeichen von GB und HAU ausgeliefert. Sogar noch nach dem Zweiten Weltkrieg.

Chroniker

Berrnd-Klaus
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Re: Alpina Buffet- oder Kaminuhr

Beitrag von Berrnd-Klaus » Mo 25. Sep 2017, 11:46

Hallo Barney,

soviel ich weiß,bedeuten die Zahlen auf Bild 5

Anzahl der Schläge ( Tick-Tack)
I
I
187 / 35 ---------Anzahl der Ankerradzähne
_____________

83------------Pendellänge in mm

ich habe es im alten Forum mal gelesen.

Gruß Berrnd-Klaus

Barney Green
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Re: Alpina Buffet- oder Kaminuhr

Beitrag von Barney Green » Mo 25. Sep 2017, 12:46

Hallo Bernd-Klaus,

super, vielen Dank! Das kommt hin, sie macht definitiv 187 mal Tick respektive Tack pro Minute, auch die Pendellänge mit 83mm kommt hin. Ankerrad habe ich jetzt nicht ausgezählt, aber das wird dann wohl auch stimmen.

Dann ist ja eines der Rätsel gelöst, fehlt mir noch der Gehäuse-Hersteller. Vielleicht ist es ja Junghans selbst?

Beste Grüße
Barney

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Re: Alpina Buffet- oder Kaminuhr

Beitrag von Chroniker » Mi 27. Sep 2017, 13:12

Junghans hatte eine eigene Gehäuseherstellung, keine Frage. Wie andere Hersteller hat Junghans aber auch zugekauft, vor allem aufwändigere und Kleinserien von Gehäusen wurden gerne zugekauft.

In der Weltwirtschaftskrise hat aber Junghans wohl kaum noch zugekauft- es herrschte sowieso Kurzarbeit und Junghans musste ja die eigenen Mitarbeiter beschäftigen.

Du kannst also davon ausgehen, dass Deine Uhr vollständig in Schramberg hergestellt worden ist. Die Nummer auf dem Gehäuse dürfte eine Modellnummer des Gehäuses sein.

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