alte Wanduhr

Galerie und Allgemeines
Benutzeravatar
Bernhard J
Beiträge: 216
Registriert: Do 6. Okt 2022, 16:20

Re: alte Wanduhr

Beitrag von Bernhard J » Do 10. Aug 2023, 11:02

Hallo Harm,

der Zeiger ist m.E. für das Ziffernblatt etwas zu lang.

Die Gewichte sind wohl eher nicht zeitgenössisch, da würde ich eher sowas als "original" vermuten.
Gewicht.jpg
Viel Spaß bei der genaueren Begutachtung, wobei zu untersuchen wäre, ob Werk und Ziffernblatt bzw. Gehäuse zueinander gehören, und ob das "Kuhschwanzpendel" original oder eine frühe Modernisierung darstellt. Sowas ist immer spannend (finde ich jedenfalls).

Bin auf Deine Berichte gespannt!
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.

harm
Beiträge: 126
Registriert: Sa 15. Jan 2011, 16:28
Wohnort: Nordelbien

Re: alte Wanduhr

Beitrag von harm » Do 10. Aug 2023, 12:22

Ich denke auch, daß der Zeiger zu lang ist. Schade, das wäre ein echter Knüller gewesen. (Andererseits kann ich dann eventuell die neuere Uhr damit betreiben.)
Bei den Gewichten war eine Notiz vom damaligen Museumsleiter aus dem Jahr 1998, daß "die Zeiger" fehlen, insofern ist es möglich, daß der Zeiger nie dabei waren. Da bei uns viele Daten noch nicht digital vorliegen, muss ich das in den alten Büchern nachsehen oder das Wissensmonopol des ehemaligen Chefs anzapfen --> Telefonjoker.
Vielleicht kann ich die Gewichte ja wenigstens als Anhaltspunkt nehmen. Kann aber auch sein, daß die nur als Deko an der Uhr waren und die Uhr im Museum nie gelaufen ist.

Benutzeravatar
Bernhard J
Beiträge: 216
Registriert: Do 6. Okt 2022, 16:20

Re: alte Wanduhr

Beitrag von Bernhard J » Do 10. Aug 2023, 15:12

Für die Inbetriebnahme ist es ja erst einmal egal, wie die Gewichte aussehen. Ich würde ohnehin erst einmal ausprobieren, welches Gewicht die haben müssen. Das kann man leicht mit einem wassergefüllten Behälter ausprobieren (nach dem Reinigen und Ölen). Beim Schlagwerk dann mit nur so viel Wasser, dass es hinreichend schnell schlägt. Beim Gehwerk nur soviel, dass das Werk einige Minuten so gerade eben durch läuft und dann 300-500 g dazu rechnen, das sollte dann passen.

Bei dem älteren Werk bin ich mir nicht sicher, wie das zu zerlegen ist, das erkennt man in dem einen Werksfoto nicht gut. Es kann sein, dass der Rahmen nicht zerlegbar ist, aber die senkrechten Stäbe, in denen die Räder laufen. Diese Stäbe sind dann typischerweise oben mit Keilen fixiert, oder verstiftet, wenn man die Keile/Stift entfernt, können die Stäbe herausgenommen werden und die Räder kommen einem entgegen. Bei dem jüngeren Werk sollte es einfacher und unmittelbar ersichtlich sein, vermutlich durch Lösen der viereckigen Muttern.

Wenn ich ein solches Stück zerlege, dokumentieren ich jeden einzelnen Schritt mit Fotos. Das hilft mir jedenfalls ungemein bei der Remontage.

Interessant wird auch bei beiden Uhren sein, ob in den Eisenteilen Messingfutter für die Radzapfen eingelassen sind. Das war in Süddeutschland im 18. Jahrhundert durchaus üblich und ist daher original. Ich drücke die Daumen, dass alle Zapfen und Futter noch einigermaßen OK sind, wobei bei solchen Uhren die Toleranzen typischerweise erheblich größer als bei späteren Uhren sind. Die frühen Uhren laufen eigentlich fast immer nachdem all das alte und verharzte Öl gründlich (also auch aus den Futtern bzw. Löchern) entfernt wurde. Sofern das Hemmrad der Spindelhemmung nicht vermurkst ist (was mir allerdings bislang noch nicht unter gekommen ist).

Etwas fummelig kann es sein die Spindelhemmung richtig einzustellen, in Hinblick auf Ausrichtung und Eingriffstiefe. Da geht probieren über studieren. Eine gut eingestellte Spindelhemmung mit Pendel läuft, gut gewartet, durchaus innerhalb weniger (!) Minuten pro Tag genau.

harm
Beiträge: 126
Registriert: Sa 15. Jan 2011, 16:28
Wohnort: Nordelbien

Re: alte Wanduhr

Beitrag von harm » Do 10. Aug 2023, 15:22

So werde ich es machen. Ich könnte mir auch gut vorstellen, den Zeiger durch etwas zu ersetzen, was zeigt daß es Zutat ist, z. B. indem man es bewußt aus modernem Material macht aber in alter Form. Aber mal gucken, das sind ja eher Luxusprobleme. Die Frage ist eher, ob noch alles vorhanden ist, mir scheint die Zeigerachse ist recht kurz.

Benutzeravatar
Bernhard J
Beiträge: 216
Registriert: Do 6. Okt 2022, 16:20

Re: alte Wanduhr

Beitrag von Bernhard J » Do 10. Aug 2023, 15:26

Der restaurative Ansatz gefällt mir (also eine Ergänzung, die als solche evident ist). Wenn ich etwas ergänze, datiere ich die Ergänzung auch, damit daraus nicht später mal "original" wird, insbesondere wenn sie recht originalgetreu ausgebildet ist ....

Benutzeravatar
Bernhard J
Beiträge: 216
Registriert: Do 6. Okt 2022, 16:20

Re: alte Wanduhr

Beitrag von Bernhard J » Do 10. Aug 2023, 15:40

Übrigens, wenn man sich das Werksfoto des älteren Werkes genau anschaut, erkennt man recht deutlich, dass es sich um einen Umbau auf Pendel handelt. Dieses Werk könnte also in der Tat eine Radunrast gehabt haben. Spannend!

Kannst Du bei Gelegenheit mal Fotos des Werkes von oben und Nahaufnahmen der Bereiche des Kronrades und des Hemmrades machen und hier einstellen?
hemmung.JPG
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.

harm
Beiträge: 126
Registriert: Sa 15. Jan 2011, 16:28
Wohnort: Nordelbien

Re: alte Wanduhr

Beitrag von harm » Do 10. Aug 2023, 15:45

Sowie ich Zeit finde, nehme ich das Werk raus und mache Fotos. Ich hoffe auf gutes Wetter, dann habe ich Zeit für "Spezialjobs".

Harm.

Kokopelli
Beiträge: 1
Registriert: Di 10. Nov 2015, 20:41

Re: alte Wanduhr

Beitrag von Kokopelli » Do 10. Aug 2023, 21:06

Ich möchte Berhard recht geben. Die Uhr ist sicher vor 1750 entstanden. Das schmiedeeiserne Werk mit Füssen, Fialen und prismatischem Werksaufbau deutet eigentlich ins 17. Jhdt. Allerdings ist hier Vorsicht geboten. Bei Turmuhren beispielsweise wurde diese Bauweise sehr viel länger beibehalten. Auch der eine oder andere Uhrmacher hat Uhren gefertigt, die ihrer Zeit weit hinterher waren. So besitze ich ebenfalls eine eiserne Wanduhr um 1750, die von der Konstruktion in die letzte Hälffe des 17. Jdhts passen würde.

Die zweite Uhr ist sicher neuer, aber das Werk und den Zeiger würde ich auch in die erste Hälffe des 18. Jhdts datieren. Das Zifferblatt deulich später (nachgemalt?), ebenso die Gewichte.

Gruß Max L.

harm
Beiträge: 126
Registriert: Sa 15. Jan 2011, 16:28
Wohnort: Nordelbien

Re: alte Wanduhr

Beitrag von harm » Fr 11. Aug 2023, 14:54

Hier ein paar Bilder von dem ausgebauten Werk. Zum Zerlegen muss von jeder Seite ein Splint gezogen werden.
Grundsätzlich ist das Werk und das Schlagwerk funktionsfähig. Offenbar haben aber schon Leute daran gebastelt, z.B. am Windrad für das Schlagwerk. Auch fehlt eine Verlängerung der Achse für den Zeiger.
Ich kann gerne noch weitere Details aufnehmen, wenn es gewünscht ist.

Ansonsten schönes Wochenende. Nächste Woche wird geputzt.

Gruss, Harm.
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.

Benutzeravatar
Bernhard J
Beiträge: 216
Registriert: Do 6. Okt 2022, 16:20

Re: alte Wanduhr

Beitrag von Bernhard J » Fr 11. Aug 2023, 15:24

Hallo Harm,

besten Dank für all die tollen Fotos. Diese bestätigen m.E. meine Vermutung, dass dieses Werk schon im 17. Jahrhundert entstanden ist. Denn diese Form der Verbindung des Zahnkranzes mit den Speichen ist typisch für frühe Uhren. Später wurden die Räder demgegenüber einstückig hergestellt.
Räder.jpg
Bei dem vermuteten Umbau von Radunrast auf Pendel bin ich noch am rätseln wie das umgesetzt sein könnte. Jedenfalls scheinen Kronrad und Hemmrad etwas neuer (etwa 100-150 Jahre) als der Rest des Räderwerkes zu sein.

Die hintere Lagerung der Spindelwelle ist zweifelsohne recht neuen Datums. An dieser Stelle im folgenden Foto war ursprünglich mal etwas anderes.

Brücke.jpg

Beste Grüße und schönes Wochenende, Bernhard


P.S.: Ich will auch sowas mal irgendwo entdecken :D

P.P.S.: Max, was meinst Du? Gab es solche Verbindungen zwischen den Speichen und dem Zahnkranz auch noch im 18. Jahrhundert?
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.

Antworten