Laternenuhr, John Gibson, ca. 1695

[Bernhard J]

Hier eine weitgehend original erhaltene englische Laternenuhr aus der Provinz, wenn auch nicht allzu weit weg von London.

Besonderheit hier ist dass das Pendel zwischen Geh- und Schlagwerk angeordnet ist. Bei dieser Bauform sieht man öfter "Batwings" rechts und links am Gehäuse, diese sind aber meistens nicht original und später (18. Jahrhundert, oder jetzt, kurz vor Verkauf) mal "nachgerüstet" worden. Normalerweise würde man ein tropfenförmiges Pendelgewicht erwarten, hier ist es aber ankerförmig. Dies ist vermutlich eine der wenigen Modifikationen, welche die Uhr erfahren hat, es war im 18. Jahrhundert beliebt auf solche Pendelgewichte umzurüsten.

Dass die seitlichen oberen Abschlüße im Gegensatz zu dem an der Front nicht graviert sind, ist richtig und original so. Wären sie auch graviert, würde das auf eine neuzeitliche Ergänzung hinweisen.

Generell ist es schwer englische Laternenuhren zu bewerten. Denn viele wurden mehr oder weniger stark modifiziert, bis hin zum Einbau von kompletten Werken aus dem 19. Jahrhundert. Zudem wurden im letzten Jahrhundert sehr viele "Replikas" hergestellt, übrigens in durchaus guter und originalgetreuer Nachbildung auch der Werke. Einem Laien fällt daher schwer zu erkennen, was er vor sich hat und wann eine Uhr entstanden ist, echt oder gefälscht, orginal (weitgehend) oder Marriage, etc. Wer sich für diese spezielle Uhrenform interessiert, dem sei Goerge White, English Lantern Clocks, wärmstens empfohlen. Allersings nur antiquarisch und zum Teil zu horrenden Preisen gehandelt.

Hie nun ein paar Fotos und ein Auschnitt aus dem Testament des Uhrmachers, der in einschägigen Nachschlagewerken nicht vorkommt, aber ausweislich des Testamentes ein "Clocksmith" war.

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[steffl62]

Hallo Bernhard,
tolle Uhr! Danke für die Vorstellung.

LG Christian

[Bernhard J]

Geradezu erstaunlich ist, dass sie sogar recht präzise läuft, mit einem Gang von besser als rund 2 Minuten, über 12 Stunden (nachts wird die angehalten, die Glocke ist doch recht laut).

Gemessen anhand der Zeitpunkte der Schlagwerkauslösung. Bei nur einem Zeiger ist der ja weniger hilfreich bei der Gangbestimmung.

Beste Grüße, Bernhard

[steffl62]

Hallo Bernhard,
meiner Erfahrung nach ist das Problem mit der Genauigkeit einer Spindelhemmung die mangelnde Konstanz. Wenn ich eine von meinen heute so genau wie möglich einstelle ist das nach einer Woche wieder ganz daneben ohne das ich einen Grund dafür identifizieren kann. Aber schön an zu sehen sind sie alle mal.

LG Christian

[Bernhard J]

Hi Christian,

bei Großuhren habe ich mit Spindelhemmungen relativ wenig Erfahrung, bei Taschenuhren dagegen die Erfahrung gemacht, dass die auch konstant recht genau laufen können, wenn (!) die Hemmpartie in wirklich gutem Zustand und gut eingestellt ist. Dann ist besser als 5 Minuten pro Tag zu erzielen. Allerdings immer nur in der Position ZO getestet, in anderen Positionen mag das wiederum ganz anders sein

Bei einer Pendeluhr mit Spindelhemmung würde ich eigentlich auch eine gute Konstanz erwarten, schließlich ist ein Pendel ja viel "präziser", als eine Unruh. Aber es kann auch sein, dass wenn man beispielsweise mit dem Gewichtsaufzug hantiert, vor allem "Hook and Spike" Uhren sich an der Wand leicht versetzen, minimal, und die daraus resultierende (geringe) Änderung im Abfall den Gang (deutlich) verändern kann. Bei mir kommt noch hinzu, dass ich zwischen den Spikes und der Wand Filzschoner positioniert habe, was das noch weiter begünstigen mag, auch wenn ich beim Aufziehen immer das Gewicht oder die Gewichte entlaste.

Ich war bei der hier nur ein bissl erstaunt. Ich hatte einen Gang so in der Gegend von +15 Minuten am Tag erwartet und wäre auch bei mehr nicht wirklich überrascht gewesen. Allerdings ist auch anzumerken, dass ich die Hemmung nach Erhalt der Uhr neu eingestellt hatte, die vorherige Einstellung passte nicht wirklich. Das Einstellen hatte auch einen sehr beachtlichen Effekt auf die Amplitude.

Beste Grüße, Bernhard