Wiener Regulator

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KlausG
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Wiener Regulator

Beitrag von KlausG » Fr 13. Jun 2014, 14:03

Liebe Forumsmitglieder,
ich habe einen schönen Wiener Regulator bekommen:
Regulator.jpg
Die Front finde ich speziell; in Google finden sich wenige Exemplare mit solchen Rundungen. Ich nenne ihn meinen Batman- Regulator.

Auf dem Ziffernblatt steht "Guttmann, Blindengasse 2, Wien"; auf der Innenseite des Tonfeder- Halters "Jos. Strobl bei Wien".
Das Werk scheint mir ein klassisches zu sein:
Werkansicht_vorne.jpg
Werkansicht_hinten.jpg
Leider wurde es schon etwas geschunden. Es finden sich Kratzer, ein etwas grob ersetztes Lager
Mängel.jpg
und leider auch ein gepuntzes Aufzugsloch
Aufzugsloch.jpg
Trotzdem läuft er nach Reinigung und Ölen problemlos.

Kann mir jemand beim Datieren helfen? Ich würde zum üblichen 20er/ 30er Jahre neigen, habe aber ehrlich gesagt keinerlei Kriterien für dieses Bauchgefühl.

Viele Grüße!

Klaus.
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Am besten lernt man aus den eigenen Fehlern, am liebsten aus denen der anderen...

KleineSekunde
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Re: Wiener Regulator

Beitrag von KleineSekunde » Fr 13. Jun 2014, 19:28

Hallo Klaus,

vielen Dank für die Vorstellung dieser sehr schönen Uhr!

Beim Betrachten der rückseitigen Platine kam mir das Werk irgendwie "bekannt" vor. Eventuell aus gutem Grund:

http://www.dg-chrono.info/dg-chrono.de/ ... 135&t=3362

Der Träger für den Gong und die Brücke für den Anker weisen zumindest einige Ähnlichkeiten auf.


Über das Alter der Uhr mag ich hier nicht spekulieren. Ich wünsche dir aber auf jeden Fall viel Spaß mit der Uhr!
KlausG hat geschrieben:Leider wurde es schon etwas geschunden. Es finden sich Kratzer, ein etwas grob ersetztes Lager und leider auch ein gepuntzes Aufzugsloch... Trotzdem läuft er nach Reinigung und Ölen problemlos.
Um dann auch dauerhaft Spaß an der Uhr zu haben, würde ich das gepunzte Lager sowie das Lager auf dem Foto oben rechts fachmännisch ersetzen lassen. Wie ich gelernt habe, sollte das Ende der Welle leicht aus der Platine / der Ölsenkung herausragen, dies wird hier mit dem ersetzten Lager wohl nicht der Fall sein. Der Aufwand wäre begrenzt und die Uhr wäre es sicherlich wert!

Schöne Grüße

Guido / KleineSekunde

steffl62
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Re: Wiener Regulator

Beitrag von steffl62 » Di 17. Jun 2014, 10:22

Hallo Klaus,
du hast da einen schönen, 2-Gewichtigen Wiener Regulator in einem Biskotten-Gehäuse. Die Uhr hat einige Merkmale die eher für ein älteres Entstehungsdatum sprechen.
1. Der hölzerne Tragstuhl -> bei späteren war der aus Messing
2. seperate Pendelaufhängung -> war später dann im Tragstuhl inkludiert
3. Die Blattfedern sind noch aus massiven Material gefertigt -> später wurde da gebogenes Federblech verwendet.
4. Das ist jetzt nur eine Vermutung weil man das auf Deinen Fotos nicht sieht aber der Anker ist wahrscheinlich aus einem Stück gefertigt - > später hat man dann Anker mit verstellbaren Paletten verwendet.
5. Die Gongspirale ist direkt am Werk befestigt -> war später dann auch am Tragstuhl

Eine Besonderheit die mir noch aufgefallen ist, ist das der Hebel der von den Stiften am Beisatzrad zur Schlagauslösung angehoben wird, anscheinend auf einer feststehenden Achse montiert ist und nicht wie sonst üblich Direkt auf dem Auslösehebel.
Eine andere Besonderheit ist das die unteren Platinenpfeiler sehr eng zusammenstehen, die sitzen normalerweise in den äusseren Ecken.

Ich vermute mal das Werk selbst ist mit diesen Pfeilern an den Tragstuhl angeschraubt? Das ist dann wieder ein Merkmal neuerer Werke -> die ganz alten war da mit extra Messingwinkeln befestigt.

Insgesamt würde ich Dein Werk so um 1850 herum schätzen. Dass passt auch ganz gut zu der Gehäuseform und den Zeigern glaub ich.

Ich will mich auch noch Guido anschließen und Dir raten die vermurksten Lager von einem guten Uhrmacher ersetzten zu lassen. Und zwar von einem der auch weiß wie man alte Großuhrwerke restauriert.
Die Kratzer in der Platine könnte man bei der Gelegenheit auch gleich rauspolieren. Die sind zwar technisch irrelevant aber eben nicht gerade hübsch.

lg Christian

P.S.: Falls ich mit meinen Angaben oben irgend einem Aberglauben unterliege bitte gleich und gnadenlos korrigieren.
Das sind nur selbst zusammengetragene Beobachtungen und könnten durchaus auch falsch sein. Ich lerne ja gerne noch was dazu ;)
.
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Re: Wiener Regulator

Beitrag von petsch » Di 17. Jun 2014, 11:10

Hallo Klaus,
das ist eine sehr schöne Uhr. Glückwunsch dazu.

Christian hat vollkommen Recht, wenn er sie um einiges älter einschätzt als 1910/20.
Mal ganz abgesehen von den technischen Details, die Christian genannt hat, die typisch sind für ältere Wiener Regulatoren, sind diese Gehäuse, die neben Biskotten , auch Serpentinen genannt werden, vor allem in der Zeit zwischen 1860 und 1880 gebaut worden.
Wenn Du bei Google "Wiener Regulator Serpentine" eingibst, und dann auf "Bilder" klickst, siehst Du einige ähnliche Uhren.

Gruß
Peter

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Re: Wiener Regulator

Beitrag von steffl62 » Di 17. Jun 2014, 12:31

petsch hat geschrieben:Hallo Klaus,
das ist eine sehr schöne Uhr. Glückwunsch dazu.

Christian hat vollkommen Recht, wenn er sie um einiges älter einschätzt als 1910/20.
Mal ganz abgesehen von den technischen Details, die Christian genannt hat, die typisch sind für ältere Wiener Regulatoren, sind diese Gehäuse, die neben Biskotten , auch Serpentinen genannt werden, vor allem in der Zeit zwischen 1860 und 1880 gebaut worden.
Wenn Du bei Google "Wiener Regulator Serpentine" eingibst, und dann auf "Bilder" klickst, siehst Du einige ähnliche Uhren.

Gruß
Peter
Oh, sorry, das ist natürlich "wienerisch", daran hab ich gar nicht gedacht. :oops:
lg Christian
.
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KlausG
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Re: Wiener Regulator

Beitrag von KlausG » Do 19. Jun 2014, 12:14

Hallo,
vielen Dank für Eure Informationen! Ich hatte zwar Google etwas strapaziert, zum Wiener Regulator auch allerlei, aber nicht allzuviel wirklich aussagekräftiges gefunden; über die Fachbegriffe "Biskotte" oder "Serpentine" bin ich nie gestolpert.

Der Anker ist tatsächlich aus einem Stück.

Wg. der Lager bin ich zunächst erschrocken, dachte mir aber dann, ich lasse die Uhr laufen, solange sie läuft, und bringe sie dann zum Profi. Leider hat sich jetzt herausgestellt, daß das Schlagwerk bereits nach 8 Tagen, das Gehwerk nach 2 Wochen den Dienst versagt hat...
Da sind jetzt wohl eher Fehler von mir ursächlich; v.a. beim Gong, aber ich werd' mal schauen, ob ich noch einen Anlauf unternehme oder die Uhr gleich weggebe.

Nochmals vielen Dank & viele Grüße,

Klaus.
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Re: Wiener Regulator

Beitrag von steffl62 » Fr 20. Jun 2014, 21:48

Hallo Klaus,
ich bin jetzt ein bisserl verwirrt. :roll:
Die meisten dieser Werke laufen ungefähr 8 Tage. Dabei laufen das Gewicht für das Gehwerk und für das Schlagwerk gleich schnell ab. Es gibt zwar auch Monatsläufer aber die sind selten.
Wie genau versagt denn Deine Uhr den Dienst? Laufen beide Gewichte gleichmäßig ab oder erreicht das Schlagwerksgewicht (normalerweise das rechte) den Gehäuseboden nach 8 Tagen und das Gehwerksgewicht nach 2 Wochen? Was mich allerdings etwas verwundern würde, die Fallhöhe in diesen Gehäusen reicht eigentlich nur für 8 Tage. Oder Bleibt das Werk stehen bevor die Gewichte den Boden erreichen?

lg Christian
.
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Re: Wiener Regulator

Beitrag von KlausG » Sa 21. Jun 2014, 14:36

Hallo Christian,
Deine Verwirrung liegt an meiner Beschreibung. Die Gangdauer ist natürlich 8 Tage. Die erste Woche hat alles funktioniert, aber einen Tag nach dem turnusmäßigen Aufziehen funktionerte das Schlagwerk nicht mehr, und ein paar Tage später stoppte auch das Gehwerk (obwohl das Gewicht nicht abgelaufen war). Zeit für erweiterte Fehlersuche...

Viele Grüße!

Klaus.
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Re: Wiener Regulator

Beitrag von steffl62 » Mo 23. Jun 2014, 08:24

Hallo Klaus,
na da kann ich Dir leider nur viel Erfolg wünschen. Ferndiagnosen sind bei so einem Fehlerbild schwierig, da kann wohl alles mögliche sein. Ich würde mir vor allem mal die zerpunzten Lager etwas genauer anschauen ob die Zapfen darin nicht schon viel zu viel Luft haben und daher die Eingriffe nimmer genau stimmen. Das führt dann oft zu höheren Reibungsverlusten im Räderwerk.

lg Christian
.
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