Nette Wanduhr von Pfeilkreuz

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Typ1-2-3
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Nette Wanduhr von Pfeilkreuz

Beitrag von Typ1-2-3 » Mi 24. Jul 2013, 19:11

Heute auf dem FM: Schön, gesehen, gekauft. Natürlich mit einigen Pferdefüßen, aber trotzdem erhaltenswert:

Bild

Eichengehäuse. Das Blatt erscheint nicht nur weiß, sondern ist tatsächlich aus Email! Kommt bei diesen Uhren eher sehr selten vor, zumal das Blatt noch tadellos ist. Der Preis war tatsächlich sehr niedrig, und so konnte ich sie nicht liegenlassen. Obwohl sie "nur" mechanisch ist.

Fehlteile: Minutenzeiger, Pendelzwischenstück und eine kleine Seitentüre. Letztere wird wohl am meisten Arbeit machen. Ansonsten fehlt nichts.

Der Gimmik kommt allerdings noch: Das Werk ist ein 3/4 Westminster. Schlägt die Viertel wie der normale Westminster, die Vollstunden allerdings nur als Stundenschlag. Nur 2 Schlagwerke. Das Uhrwerk ist schon mal hier vorgestellt worden:

http://www.dg-chrono.info/dg-chrono.de/ ... ter#p19530

Der Minutenzeiger ist schon fast fertig: Es fehlt nur noch das Zeigerfutter, der Zeiger trocknet gerade (mattschwarz). Für das Zwischenstück muss ich noch mal auf Suche gehen. Ansonsten eine Anfertigung.

Nach und nach wird die Uhr fertig, aber ich habe hier noch andere Baustellen. Daher gaaanz langsam, immer mal wieder geht es weiter.

Frank

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wahli76
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Re: Nette Wanduhr von Pfeilkreuz

Beitrag von wahli76 » Do 25. Jul 2013, 09:06

Hallo Frank,

wenn du das Uhrwerk überholst, würde ich mich über ein paar Bilder freuen. Ansonsten: Guter Fang, viel Spaß damit.

viele Grüße

Kurt

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Typ1-2-3
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Re: Nette Wanduhr von Pfeilkreuz

Beitrag von Typ1-2-3 » Do 25. Jul 2013, 09:40

Zeigerherstellung (leider ohne Bilder):

Zunächst muss man ja ein Muster haben. Für was alles Ebay gut ist: Ich bin auf Suche nach "Regulator Pfeilkreuz" gegangen und habe tatsächlich eine Uhr gefunden, die das Zeigerpaar hat, wovon ich nur noch den Stundenzeiger habe. Habe mir eine Abbildung ausgesucht, die schön von vorne war, damit der Minutenzeiger nicht krumm erscheint. Bild kopiert, in Word eingefügt. Dann auf dem Bildschirm die Größe der Seite so eingestellt, dass sie mit einer A4-Seite übereinstimmt (war bei mir 76%) und dann das Bild so groß gezogen, dass der Stundenzeiger übereinander stimmt. Bild ausgedruckt, Minutenzeiger ausgeschnitten, als Muster (statt Anreißen).

Karosserieblech reicht für solch einen Zeiger (Blechdicke 0,75mm), davon habe ich genug. Das Blech ist nicht besonders stabil, außer man prägt eine Sicke ein, und dafür ist es viel besser geeignet als eine Zugfeder. Der Originalzeiger ist auch längs gebogen, aus Stabilitätsgründen. Davon habe ich mir einen Streifen von der Tafel abgeschnitten. Dann habe ich alles in dieser Reihenfolge in den Schraubstock gespannt: Weichholzbrettchen, Blech, Rundmessing 8mm. Alles etwas zusammengepresst, und schon war die Sicke da. Dort, wo das Auge hinkommt, habe ich natürlich keine Sicke eingepresst, denn da ist der Zeiger flach.

Jetzt wird das Zeigerloch festgelegt: Ein Körnerschlag an der richtigen Stelle, dann schon mal hier mit dem Zirkel das Auge markiert. Das geht sonst schlecht, wird nie richtig rund. Schon jetzt wird das Loch gebohrt, denn wenn der Zeiger fertig ist, ist das so gut wie unmöglich, ohne ihn zu zerstören. Und wenn es jetzt schief geht, fängt man halt noch mal an. Jetzt kommt der Papierzeiger von oben: Er wird auf dem Blech aufgeklebt. Jetzt kann man die ganze Chose mit der Laubsäge recht genau aussägen, der Zeiger bleibt durch die Sicke schön stabil. Einmal noch rundum am Sägeschnitt schön feilen (je genauer gesägt wurde, je weniger Arbeit), Grat brechen, Papier mit Schleifpapier entfernen, Schwarzmatt mit Dose lackieren, Zeiger fertig.

Dauer? Maximal eine Stunde, eher weniger.

Bild

Frank

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Re: Nette Wanduhr von Pfeilkreuz

Beitrag von KleineSekunde » Do 1. Aug 2013, 20:32

Hallo Frank,

da hast du eine schöne Uhr bekommen, auch wenn sie ja eher nicht in dein "elektrisches Beuteschema" passt...

Vielen Dank auch für deine Beschreibung zur Herstellung des Zeigers:
Typ1-2-3 hat geschrieben:Dauer? Maximal eine Stunde, eher weniger.
Bemerkenswert! Ja, wenn man weiß, wie es geht und es auch schon ein paar mal gemacht hat, dann mag es ja auch so sein. Aber alleine für die richtige Positionierung der Rundung / der Sicke am Zeiger wären bei mir wohl sehr viele Versuche nötig, bis es dann auch passt...

Viel Spaß mit der Uhr!

Schöne Grüße

Guido

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Re: Nette Wanduhr von Pfeilkreuz

Beitrag von soaringjoy » Do 15. Aug 2013, 14:15

Frank, Deine Uhr ist das Modell No. 648, wie in einem 1924er HAU-Katalog
abgebildet.
O-Text: "Eichen geschnitzt. 8" Elfenbein-Email-Zifferblatt. Reifen und Pendel Messing geschliffen."
J.
"tempus nostrum"

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Re: Nette Wanduhr von Pfeilkreuz

Beitrag von Typ1-2-3 » Do 15. Aug 2013, 15:19

Und hergestellt im Januar 1924. Wie Du gesagt hast, hatten einige dieser Pfeilkreuz-Uhren eine Datumsmarkung. Und diese zufällig auch, ganz verschämt am Rand und kaum lesbar. Aber vorhanden. Stimmt also alles übereinander.

Danke jedenfalls

Frank

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Re: Nette Wanduhr von Pfeilkreuz

Beitrag von Typ1-2-3 » Sa 17. Aug 2013, 14:55

Und jetzt geht es weiter: Das Uhrwerk wird repariert.

Das Werk ist kein 4/4-Westminster, weil dieses Schlagwerk bei Viertel nach, Halb und Viertel vor den Westminster schlägt, während es zur vollen Stunde nur die Stundenschläge macht. Und das alles mit 2 Federhäusern.

Zunächst kann ich knapp nach der Reparatur sagen, dass diese Uhr wesentlich schwieriger zu reparieren ist als ein normales Westminster-Schlagwerk. Es gibt sehr viele Schrauben und Hebel, alle unterschiedlich. Man darf sie nicht vertauschen, und daher ist eine Reinigungsmaschine mit mehreren Körbchen gut, denn so kann man Teile, die ansonsten ähnlich aussehen, in verschiedene Körbchen tun. Außerdem kann ich mir kaum vorstellen, dass diese Uhr mit nur 2 Federhäusern billiger in der Herstellung war als ein Voll-Westminster mit 3 Federhäusern. Daher wurden diese Werke auch nur relativ kurze Zeit gebaut.

Jetzt geht es ins Detail:

Schon beim Zerlegen lohnt es sich, möglichst viele Fotos zu machen. Auch ich musste einige Male nachsehen, wie herum einige Hebel eingebaut waren. Nichts ist ärgerlicher, als alles wieder zerlegen zu müssen, nur weil ein Hebel verkehrt herum eingebaut ist. Hier also die Bilder von Vor- und Rückseite:

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Das nächste Bild zeigt, dass schon bei der Demontage des Wechselrades beachtet werden muss, wo genau der Stift steht, der die Walze von Viertelschlag auf Vollschlag umstellt. Daher das nächste Bild:

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Der Rechen hat eine doppelte Funktion, denn er tastet – wie bei allen Rechenschlagwerken – die Stundenstaffel ab. Her aber tastet er auch noch die Viertelstaffel ab, die oben auf dem Bild zu erkennen ist. Daher hat er einen doppelten Abtasthebel, der zusätzlich noch gefedert ist. Dadurch läuft die Uhr auch, wenn das Schlagwerk nicht aufgezogen ist, weil der Abtasthebel nachgeben kann.

Bild

Die nächsten beiden Bilder zeigen die Walze und die Schlagwerkwelle, die bei Vollschlag (1. Bild) und Viertelschlag (2. Bild) verschoben werden. Diese Verschiebung läuft durch den Stift auf dem Wechselrad, daher muss es auch am Ende wieder eingestellt werden.

Bild
Bild

Eine Schwierigkeit bei der Reparatur dieses Werkes ist, dass zuerst das Räderwerk und dann erst die Walze ausgebaut werden kann, weil man sonst nicht an die entsprechenden Muttern kommt. Einbau umgekehrt. Damit alles wieder richtig zusammenkommt, habe ich alles gut fotographisch dokumentiert! Das nächste Bild zeigt die Hebelei, die zusammen mit dem Räderwerk zwischen die Platinen kommt. Auch hier war das Foto ganz wichtig, so dass ich die Hebel richtig herum einbauen konnte.

Bild

Wenn man die Schlagwerkhämmer zerlegt, kommt die nächste Klippe: Beim Vollschlag werden nur 3 von 4 Hämmern gehoben. Wenn man alles wild zerlegt, weiß man zum Schluss nicht mehr, welche Hämmer das waren. Also Fotos!

Das Räderwerk selbst macht wenig Probleme: Auseinander geht immer, also Reinigung, Lager ersetzen. Und vor allen Dingen darauf achten, dass die Lager nicht unterlaufen werden, denn die Zapfen sind etwas kurz. Daher habe ich bei einigen Lagern die Ölsenkung vertieft, bis die Zapfen sicher herausstehen.

Nach der Reinigung musste natürlich zuerst die Walze mit den Hebeln eingebaut werden, dann kam das Räderwerk. Das Schlagwerk kann von außen komplett eingestellt werden, daher muss man beim Einfädeln der Räder auf nichts achten.

Bild

Weil ich in diesem Falle alles beim Zerlegen gut fotographisch dokumentiert habe, ergaben sich beim Einstellen des Schlagwerks keine Probleme: Der Schöpfer lässt sich einfach auf der Welle verdrehen, denn er ist konisch aufgepasst. Auch die Hebnägel des Vollschlages ließen sich einfach auf der Welle verdrehen. Offensichtlich hat man sich bei Pfeilkreuz bei der Konstruktion des Uhrwerkes was gedacht, so dass die Montage für den Uhrmacher erleichtert wurde.

Und so sieht dann das fertige Werk aus:

Bild

Frank

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Re: Nette Wanduhr von Pfeilkreuz

Beitrag von Typ1-2-3 » Do 5. Sep 2013, 21:08

Ich hole den Thread noch einmal nach oben, denn an der Uhr fehlt noch etwas:

Eine der Seitentüren war nicht da, die andere dagegen schon. Hier zunächst das Ergebnis:

Original und Fälschung:

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Rechts der Nachbau. Da ich eigentlich kein Holzwurm bin, fing das Problem schon mit der Materialwahl an: Ich hatte kein Eichenholz. Daher habe ich von meinem Vater ein dickes Brett geschnorrt, es grob in Leisten gesägt und dann das Ganze auf ein starkes Brett geschraubt. Jetzt kam die Fräse:

Bild

Nach viel Dreck sah eine Leiste dann so aus:

Bild

Im Prinzip bin ich genau so vorgegangen, als wenn ich Metall gehabt hätte. Nur der Vorschub und die Materialabtragung bei einem Durchgang war wesentlich größer.

Die fertigen Leisten, auf Gehrung

Bild

wurden dann geleimt.

Bild

Es fehlte noch das Lochblech. Jetzt fragt mich nicht, woher man so etwas bekommt. Gar nicht. Also war Geduld gefragt. Gleichmäßig - wenigstens einigermaßen - ging das wieder mit der Fräseinrichtung.

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Nachmessen darf man so etwas natürlich nicht, aber optisch ist das vollkommen befriedigend. Auf der Rückseite wurde grob der Grat abgeschliffen, dann kam das ganze Teil in den Sandsturm. So wurde die Oberfläche sehr ähnlich der des originalen Bleches. Alles wurde dann mit dunklem Holzwachs behandelt, damit das Blech nicht so nagelneu aussah. Die geleimten Holzleisten wurden passend gebeizt und mit mittlerem Holzwachs behandelt. Die Riegel mussten auch noch entstehen.

Wenn man das zeitlich rechnet, war die Mühe, das Türchen nachzubauen, mindestens genau so groß, wie die Uhr zu reparieren. Daher habe ich mir beim Kauf schon sehr viel Gedanken gemacht, ob sich das überhaupt lohnt. Jetzt ist die Uhr so nett, dass ich das mit "Ja" beantworten kann.

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Re: Nette Wanduhr von Pfeilkreuz

Beitrag von Typ1-2-3 » Do 5. Sep 2013, 21:12

Habe gerade gemerkt, dass die fertige Uhr noch fehlt:

Bild

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KleineSekunde
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Re: Nette Wanduhr von Pfeilkreuz

Beitrag von KleineSekunde » Do 5. Sep 2013, 22:10

Hallo Frank,

der Nachbau der Tür ist dir wirklich großartig gelungen! Respekt vor dieser Arbeit mit sehr viel Liebe zum Detail, die sich aber wirklich gelohnt hat. Aber ich denke, die Uhr ist es auch wert, ein sehr schönes Stück. Viel Spaß also damit!

Eine Frage hätte ich da noch:
Wozu dient die rot markierte Konstruktion?
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Aufgrund der schlitzförmigen Aussparung am rechten Arm, der nach hinten gerichtet ist und mit den Schlaghämmern recht gut fluchtet: Ist es eine Transportsicherung? Wenn der linke Arm nach vorne gezogen wird, würde der rechte Teil ja nach hinten bewegt.

Vielen Dank!

Schöne Grüße

Guido / KleineSekunde

PS: Jetzt fehlt ja nur noch das dunkle "Fliegengitter" hinter dem Lochblech bei dem Nachbau ;-) ;-)
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