Mal was Neues von Gustav Becker

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andreas.korhammer
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Mal was Neues von Gustav Becker

Beitrag von andreas.korhammer » Mi 15. Aug 2012, 11:26

Hallo!

Ich wollte mich mit einer Vorstellung einer meiner Neuerwerbungen mal wieder bei euch melden.

Ein Gustav Becker Regulator mit einem, wie ich finde, sehr schönen Gehäuse. Das war auch der Ausschlaggebenden Grund für den Kauf.

Aber weil jeder Bilder mag sind sie hier:
Bild Bild Bild Bild Bild Bild
Bild Bild Bild
Bild Bild Bild Bild Bild Bild

Ich bin mal gespannt was ihr dazu sagt.

Gruß

Ande
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Phalos
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Re: Mal was Neues von Gustav Becker

Beitrag von Phalos » Mi 15. Aug 2012, 11:33

Wie bei Kleidung finde ich: Schwarz passt zu (fast) allem.
Mir gefällt sie sehr gut.
"'S muss a Blede geb'n, aber 's werden hoit ollawei mehrad!" - Meister Eder

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soaringjoy
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Re: Mal was Neues von Gustav Becker

Beitrag von soaringjoy » Mi 15. Aug 2012, 13:30

Ande, vorweg, mir gefällt die Uhr sehr gut.

Allerdings glaube ich, dass es sich beim Gehäuse sehr wahrscheinlich um eine Sonderanfertigung
eines guten Möbeltischlers handelt.

Es gab zwar Ende der 1920er Jahre sehr starke Tendenzen der Uhrenindustrie, neue und
"modernere" Gehäuse vorzustellen und ganz sicher hat sich auch die VFU/GB da nicht ausschließen
können. Es gibt sie tatsächlich auch, solche "neumodischen" Gehäuse von VFU/GB.

Zunächst würde ich aber erwarten, dass bei einem hochwertigen Gehäuse GB sich die Mühe gemacht
hätte, einen Gong anstatt einer Tonfeder einzubauen. Schließlich wurden gerade in den 1920er
Jahre Dom-, Gloria-, Harfen- und Universal Gongs sehr stark propagiert.
GB benutzte aber auch die Garnitur, wie Du sie zeigst, bezeichnet als "gewöhnliche Tonfeder".
Die links angeschlagene Tür lässt auch auf eine Sonderanfertigung schließen und die massiven
Zierschaniere tun ein Übriges dazu.

Bei dem Uhrwerk handelt es sich um eine spätere Ausführung des bekannten "Silesia" Werkes,
das m.E. 1913 eingeführt wurde und ab 1925 ohne Silesia-Stempel verbaut wurde. Kommt drauf an,
ob es massive oder Hohltriebe hat. Prinzipiell wurde das Uhrwerk auch von JH noch weiter gebaut, bis
endgültigen Schließeung des Werkes Freiburg/Schl.

J.
"tempus nostrum"

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Felix18
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Re: Mal was Neues von Gustav Becker

Beitrag von Felix18 » Mi 15. Aug 2012, 14:02

So einfach wie die Erstellung zu diesem "Design" eigentlich war,
so ist diese Uhr doch ein richtiger "Hingucker", denn in diesem Sektor
Uhren findet man so etwas wenig und weicht somit von dem üblichen Design,
was man so in den Zeitabschnitten allgemein kennt, ab.
Mein Glückwunsch zu dieser Uhr. :)
C.


*Sapere aude*

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Typ1-2-3
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Re: Mal was Neues von Gustav Becker

Beitrag von Typ1-2-3 » Mi 15. Aug 2012, 18:13

Die Uhr ist wirklich außergewöhnlich! Schönes Gehäuse, auch wenn es individuell angefertigt ist. Was soll daran schlecht sein?

Ich habe auch eine individuell gefertigte Uhr, aber in Blech.

Frank

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andreas.korhammer
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Re: Mal was Neues von Gustav Becker

Beitrag von andreas.korhammer » Do 16. Aug 2012, 06:35

Hallo!

Freut mich wenn sie euch gefällt.
Vielen Dank für die super Erklärung Jürgen. Jetzt kann ich die Uhr besser einordnen. Aber mir stellt sich die Frage, warum das nicht mehr Hersteller gemacht haben? Denn ich nehmen mal an, dass es früher nicht viel anders war als heute und die Leute immer gern etwas Neues gehabt hätten. Das hätte sich dann ja mit den Gehäusen vom Möbelschreiner oder durch zugekaufte Gehäuse leicht erledigen lassen. Für mich war eigentlich das Gehäuse der ausschlaggebende Grund die Uhr zu kaufen, da ich das so noch nicht gesehen hatte. Dadurch hätte sich der Verkauf mit großer Wahrscheinlichkeit enorm ankurbeln lassen da man eine viel größere Käuferschicht erreicht hätte.

Das Werk ist ein einfaches GB Silesia Werk mit Hohltrieben.

Gruß

Ande
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walter der jüngere

Re: Mal was Neues von Gustav Becker

Beitrag von walter der jüngere » Do 16. Aug 2012, 08:59

Hallo,

klar, besondere Gehäuse - etwa wie in diesem Fall mit Klavierlack - hätte andere Käuferschichten angesprochen. Aber bei aller Euphorie sollte man dabei bedenken, mit welchen Produktionszahlen agiert wurde - da wären solche Sonderanfertigungen absolut ablaufhemmend in Erscheinung getreten.
Schon aus diesem Grund kam dies für die großen Hersteller nicht infrage.

Anderenseits war solch ein Gehäuse - eben noch dazu mit Klavierlack - sehr aufwendig. Das Holz musste ganz besonders gute Qualität haben, der Lackaufbau und auch der Lackiervorgang an sich war ebenfalls deutlich aufwendiger - und im Umgang mit solchen Gehäusen musste man ebenfalls sehr viel mehr Vorsicht walten lassen.
Bei einem Standardgehäuse waren kleinere Schäden hingegen nichts Ungewöhnliches und wurden bzw. waren auch im Handumdrehen wieder ausgebessert, ohne daß je jemand etwas bemerken hätte können. Bei Klavierlack etc. wäre dies ganz anders - da hieße es dann komplett neu lackieren usw...
Ergebnis vom Ganzen:
Der Aufwand im Vergleich zur erwarteten Nachfrage wurde anscheinend als zu hoch eingeschätzt.

Also konnte bei solchen Wünschen der entsprechende Kunde nur selbst aktiv werden.
Entweder bekam er durch einen freundlichen Uhrmacher solch ein Werk usw. separat verkauft, oder er kaufte einen kompletten Regulator und ließ ihn sich entsprechend umbauen, bzw. ein neues Gehäuse dafür anfertigen.

Es ist für viele Menschen heute offenbar kaum vorstellbar, in welch riesigen Fertigungszahlen und unter welchem Druck diese Uhren entstanden. Erahnen kann man es vielleicht etwas, wenn man sich in entsprechende Bücher bzw. Unterlagen sehr vertieft hat. Die Holzberge bei den einzlnen Schreinereien usw. waren jedenfalls lange Zeit bildprägend...

Walter d. J.

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Re: Mal was Neues von Gustav Becker

Beitrag von petsch » Do 16. Aug 2012, 10:31

Hallo Ande,
das ist wirklich eine ausgefallene Uhr.

Den Erklärungen von Walter, warum solche Gehäuse nicht in größerer Zahl angeboten wurden, kann ich nur zustimmen. Das ist ein aufwändiges Gehäuse und konnte nicht in Massen verkauft werden. Es war ja die Zeit der Massenproduktion und die Uhren mussten immer günstiger in der Herstellung werden.

Erwähnen könnte man dazu noch, dass die Uhrenfabriken sowieso immer etwas hinter den momentan ganz aktuellen Moden herhinkten. Jedenfalls die, die den Massenmarkt bedienten.Und zwar, weil die Allgemeinheit auch hinterherhinkte. Die Leute, die sich 1920-30 so eine schwarze hochglanzpolierte Uhr an die Wand hingen, bzw. die übrige Wohnung auch so gestaltet hatten, musste man wahrscheinlich lange suchen.

Vorreiterrollen in modischen Dingen waren immer Einzelne und wenn dann solche Dinge oft genug vorgestellt wurden, erst dann ging es langsam in den allgemeinen Geschmack über. Und das natürlich noch viel langsamer als das heute der Fall ist. Das dauerte oft sogar Jahrzehnte. So findet man doch in Katalogen nach 1900 noch ein großes Angebot an Gründerzeitgehäusen, obwohl die Mode nach heutiger allgemeiner Meinung doch viel früher war.
Und dann darf man nicht vergessen, dass zu der Zeit dieser Modeentwicklung , der erste Weltkrieg und die Weltwirtschaftskrise und der daraus dann entstandene 2. Weltkrieg diese Entwicklung stark hemmten.
Wenn das alles nicht so gekommen wäre, denke ich, dass man heute mehr Uhren dieser Stilrichtung finden würde. Und zwar aus den 30-40ern.

Gruß
Peter
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detlef
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Re: Mal was Neues von Gustav Becker

Beitrag von detlef » Do 16. Aug 2012, 13:07

Hallo!
Ich habe hier auch noch so ein ähnliches Teil hängen.Beim Uhrwerk handelt es sich um ein Kienzlewerk.Ich bin der Meinung das mein Gehäuse für dieses Uhrwerk nachgefertigt wurde und die Uhr nicht so hergestellt ist.
Ich habe auch schon ein anderes Gehäuse in Arbeit ist aber eher etwas für die Winterzeit.
Das schwarze Gehäuse gefällt mir aber auch sehr gut und ist mal etwas anderes und außergewönliches.
Ich zeige nochmal 2 Bilder von meiner Uhr dann könnt ihr auch mal urteilen ob es evtl.doch Original so ist was ich nicht denke.
Kienzle Reg.1_278x480.jpg
Regulator 2_390x480.jpg
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Re: Mal was Neues von Gustav Becker

Beitrag von soaringjoy » Do 16. Aug 2012, 17:13

Ergänzend zu den Ausführungen von Walter d.J. und Petsch möchte ich hinzufügen:

Man muss sich stets vor Augen halten in welchen politischen "Wirren" Deutschland sich zwischen
den Kriegen befand. Der Bürger suchte Halt im traditionellen; gute altbewährte Dinge.
"Gründerzeit-Uhren" hatte ja jeder. Wer sollte sie also Mitte der 1920er noch kaufen?
Die Uhrenhersteller suchten deshalb krampfhaft nach modernen Produkten, um die Käufer
wieder verstärkt anzusprechen, denn es galt auch, den heimischen Markt wieder intensiv zu
bedienen. Auslandsmärkte, die nach dem 1. WK weggebrochen waren, wurden zwar einigermaßen
reaktiviert, aber gegen Mitte der 1920er Jahre kamen neue Restriktionen auf.
Nun begab man sich jedoch in eine ziemliche Zwickmühle, denn nicht alles, was "modern" und
angesagt war, war auch in Deutschland verkäuflich.
Einige Stilrichtungen, wie das Art Deco aus Frankreich und der aus heutiger Sicht urdeutsche
Bauhaus-Stil wurde zum Teil als bohemehaft und dekadent angesehen und verpönt.
Ergo entwarf man Uhrengehäuse, die nur dezente Anklänge neuer Stilrichtungen zeigten und
suchte weiter nach der (auch urdeutschen) eierlegenden Wollmilchsau.
Manche Gehäuse dieser Zeit lagen gar geschmacklich "völlig daneben" und wurden von der Fachpresse
zerrissen. Andere dagegen, wurden ausgiebig gelobt.
Ein recht umfangreicher AJU Artikel von Okt. 1928 geht auf die "neuen" Gehäuse ein.

Das Bild ist aus dem Artikel.
JH25-395.jpg
Die gleiche Uhr hatte ich vor Jahren in Arbeit und es war die edelste, die ich je hatte.
Gehäuse und Ausführung waren vom Feinsten, was aus dem Bild nicht hervorgeht.
Auch der Gong und die Resonanz des Kastens waren schon eine Liga für sich.

Detlefs Uhr passt nicht ganz in diese Sparte.
Uhrwerk und Pendel entstammen ursprünglich einem Gründerzeitgehäuse und die
Umbauten erfolgten oft erst nach dem 2. WK, weil "Omas Uhr" nicht mehr genehm war,
oder das ursprüngliche Gehäuse schon vom anobium punctatum zerfressen war.

J.
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