Ich habe vor Kurzem eine Standuhr um 1800 ersteigern können. Das Werk hat ein Sekundenpendel, ist ein Monatsläufer und hat kein Schlagwerk. Der Korpus ist aus Nadelholz, recht rustikal beschnitzt und im typischen frühklassizistischen Zopfstil (Blattstab, Kranzmotive, Kanellierungen).
Sogar im Messing des Walzenrads finden sich diese willkürlichen Bohrungen, selbst ein Zahn ist leicht angebohrt. Hat jemand von Euch eine These dazu oder hat schon einmal etwas Ähnliches gesehen?
Wie auch immer, nach einer Reinigung zeigte sich das Werk erfreulich gering verschlissen und läuft angenehm genau; seit zwei Wochen ist sie nicht aus der Minute gefallen. Ich freue mich jedenfalls sehr über dieses sonderbare und wohl ziemlich einmalige Stück.
Ein winziger, 6-sekündiger Filmschnipsel von der Hemmung in Aktion: https://www.youtube.com/watch?v=kzVVYb1ckT4
Grüße aus München, Moritz
Das Werk ist signiert mit "J. M. Henggeller a. München", der um 1800 in München wirkte, bevor er nach einer erfolglosen Bewerbung zum bay. Hofuhrmacher nach La Chaux-de-Fonds ging. Daher juckte es mich, die Uhr an ihren Entstehungsort zurückzuholen.
Beim Zerlegen des total verdreckten Werks kam Erstaunliches zu Tage: Der Anker gleicht dem einer Brocot-Hemmung, die aber zeitlich nicht ganz zu Henggeller passt. Das Ergebnis eines späteren Umbaus? Kennt Ihr andere Sekundenpendel-Standuhr- oder Regulatorwerke mit Brocot-Anker?
Sehr merkwürdig ist auch, dass die Platinen von einer Vielzahl leerer, ungenutzter Lager durchbohrt sind. Ich habe in den folgenden Bildern die benutzten Lager mit gelben Kringeln markiert; alle anderen Bohrungen sind leer!
Zunächst dachte ich daher, dass man die Uhr eines früheren Schlagwerks beraubt hätte, aber es gelingt mir nicht, eine auch nur halbwegs sinnvolle Anordung hinter den ungenutzten Löchern zu erkennen. Manche fluchten zwischen beiden Platinen, andere nicht und erscheinen vollkommen willkürlich. Auch lassen sich keine Lager eines zweiten Walzenrads fürs Schlagwerk ausmachen. Fast scheint es, als hätten die Platinen als Bohrübung für einen Lehrling herhalten müssen. Oder waren sie schon beim Bau der Uhr so zersiebt und waren vorher z.B. für Versuchsaufbauten verwendet worden?Standuhr um 1800, Henggeller München, mit rätselhaften Bohrungen
Standuhr um 1800, Henggeller München, mit rätselhaften Bohrungen
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Re: Standuhr um 1800, Henggeller München, mit rätselhaften Bohrungen
Servus Moritz,
das ist ja ein sehr spannendes Teil das Du da ergattert hast. Ich selbst hab auch einige Werke mit rätselhaften Bohrungen in den Platinen, meist sind das ältere. Woher die kommen oder warum die gemacht wurden weis ich aber leider auch nicht. Eventuell hängt es mit dem Umbau auf die Brrocot-Hemmung zusammen?
Jedenfalls vielen dank für die Vorstellung!
lg Christian
das ist ja ein sehr spannendes Teil das Du da ergattert hast. Ich selbst hab auch einige Werke mit rätselhaften Bohrungen in den Platinen, meist sind das ältere. Woher die kommen oder warum die gemacht wurden weis ich aber leider auch nicht. Eventuell hängt es mit dem Umbau auf die Brrocot-Hemmung zusammen?
Jedenfalls vielen dank für die Vorstellung!
lg Christian
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Fragen, Korrekturen und Ergänzungen zu meinen Beiträgen sind ausdrücklich erbeten und gewünscht!
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