Sehr alte Gustav Becker Standuhr / Diskussion ü. Geschichte

Galerie und Allgemeines
Antworten
Mike Schlosser
Beiträge: 2
Registriert: Sa 3. Jun 2017, 10:56

Sehr alte Gustav Becker Standuhr / Diskussion ü. Geschichte

Beitrag von Mike Schlosser » Sa 3. Jun 2017, 15:23

Hallo,

ich habe eine sehr alte Gustav Becker Standuhr mit der Seriennummer 205.
Da ich nicht vom Fach bin kann ich den Wert nicht einschätzen, aber durch die doch recht frühe Seriennummer 205, ist sie bestimmt etwas besonderes für Sammler. Würde mich freuen wenn ihr mir mehr dazu sagen könntet.
Sie hat drei Gewichte und man kann zwischen zwei Klängen wählen. Wie ihr aber bestimmt gesehen habt ist die Seriennummer 205, das bedeutet das sie mindestens von 1850 ist. Auch wenn es auf dem Bild nicht gut zu sehen ist, sie hat drei Ketten.
Da Gustav Becker über 2 Mio. Uhren gebaut hat und auch die Seriennummern so weit gehen, wird diese Uhr eine der ersten gewesen sein. Ich denke mal das nicht mehr viele existieren die älter sind.

Gruß
M.Schlosser
IMG-20170603-WA0001.jpg
IMG-20170603-WA0005.jpg
IMG-20170603-WA0006.jpg
IMG-20170603-WA0007.jpg
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.

Benutzeravatar
errata
Beiträge: 202
Registriert: Fr 20. Aug 2010, 21:36
Wohnort: 74722 Buchen
Kontaktdaten:

Re: Sehr alte Gustav Becker Standuhr

Beitrag von errata » Sa 3. Jun 2017, 18:16

Das ist wohl eher die Modellnummer des Werks und ich könnte wetten, dass das auch keine "echte" GB ist sondern eine GB aus den Nachfolgebetrieben (ab 1900) der vereinigten Freiburger Uhrenfabriken.
Gruß Manfred
Ein goldener Schraubendreher erspart unnötige Kosten

Mike Schlosser
Beiträge: 2
Registriert: Sa 3. Jun 2017, 10:56

Re: Sehr alte Gustav Becker Standuhr

Beitrag von Mike Schlosser » Sa 3. Jun 2017, 19:11

Ab 1875 tragen die Werke die MEDAILLE d'OR (Goldmedaille), diese hat die Uhr auch nicht, also muss sie älter sein. Und an dieser Stelle steht immer die Seriennummer und keine Modellnummer.

Benutzeravatar
Der_Stromer
Beiträge: 571
Registriert: Fr 11. Jan 2013, 09:21
Wohnort: 92272 Freudenberg (Oberpfalz)
Kontaktdaten:

Re: Sehr alte Gustav Becker Standuhr

Beitrag von Der_Stromer » Sa 3. Jun 2017, 20:25

Hi,

Also, die 112 ist die Pendellänge und darunter die 205 ist die Seriennummer der Uhr. Baujahr also wahrscheinlich ca. 1850! Dafür spricht auch das Gehäuse der Uhr. Allerdings sollte man bessere Bilder vom Werk haben. Diese Teilansichten sind ein Graus und nicht für eine aussagekräftige Beurteilung geeignet!

Informationen über Gustav Becker gibt es auch hier: http://www.uhrenhanse.de/sammlerecke/gr ... becker.htm

ABER! Vorsichtig mit den Seriennummern ab 1900! Denn wie errata geschrieben hat, ab 01. Januar 1900 gab es nur noch die VFU AG.
Hallo aus der Oberpfalz
Rolf-Dieter, der Stromer

http://www.rolf-dieter-reichert.de

Benutzeravatar
Phalos
Beiträge: 906
Registriert: Fr 20. Aug 2010, 21:08
Wohnort: Nähe München
Kontaktdaten:

Re: Sehr alte Gustav Becker Standuhr

Beitrag von Phalos » Sa 3. Jun 2017, 23:21

Also ich weiß ja nicht wie deine Gehäuse von 1850 ausschauen, Rolf-Dieter, aber das Uhrgehäuse ist typisch für 1900-1920.
1850 hat man viel verschnörkelter gebaut.

Aber nicht nur das Gehäuse. Auch Ziffernblatt, Zeiger und Pendel sind typisch für den Anfang des 20. Jhds.
Wie ich im "Nachbarforum" schon schrieb, kann genauen Aufschluss nur ein Bild des Uhrwerks geben.

Aber ich bin mir zu 110% sicher, dass es ein "typisches" Standuhrwerk der 1900er bis 1920er Jahre seien wird.
"'S muss a Blede geb'n, aber 's werden hoit ollawei mehrad!" - Meister Eder

steffl62
Beiträge: 966
Registriert: Sa 21. Aug 2010, 09:47
Wohnort: Wien

Re: Sehr alte Gustav Becker Standuhr

Beitrag von steffl62 » So 4. Jun 2017, 07:59

Hallo Freunde,
also wenn man sich die Bildmarke etwas genauer anschaut und mit denen bei Mikrolisk vergleicht, stellt man fest das die hier verwendete (mit den schmalen Ankerfluken und der breiten Krone) für die VFU (Vereinigte Freibureger Uhrenfabriken vorm. Gustav Becker) registriert wurde. Die wurde aber erst 1899 Gegründet. Meiner Erfahrung nach spricht auch das Oberflächenfinish der Werksplatinen mit dem feinen Längsschliff für eine Entstehungszeit nach 1900. Die alten "echten" Becker Werke hatten meines Wissens nach alle noch eine glatt polierte Werksoberfläche.

lg Christian
.
Fragen, Korrekturen und Ergänzungen zu meinen Beiträgen sind ausdrücklich erbeten und gewünscht!

Benutzeravatar
Der_Stromer
Beiträge: 571
Registriert: Fr 11. Jan 2013, 09:21
Wohnort: 92272 Freudenberg (Oberpfalz)
Kontaktdaten:

Re: Sehr alte Gustav Becker Standuhr

Beitrag von Der_Stromer » So 4. Jun 2017, 17:53

:) Immmer begeisternd, dieses Thema GB!
Also, nach nochmaligen, genauen Betrachten der (schlechten und wenig aussagekräftigen) Bilder schließe ich mich der Meinung meiner Vorschreiber an. Bis auf das Gehäuse. Das wurde so in der Mitte des 19ten Jahrhunderts so gefertigt. Noch ohne viel Verzierung und Schnörkel, zumal GB ja für die Schlesische Post Uhren gebaut hat. Jedoch passt das Holz des Werkstuhles nicht in diese Zeit. Das sieht mir im Nachhinein wie Sperrholz aus und das gab es 1850 noch nicht.
Aber, wie geschrieben, Zweifel, wie sie ja auch Christian hat, sind auch bei mir aufgekeimt. Die Platinen stimmen nicht und das Ziffernblatt auch nicht. Also bleibt nur, dass dieses Werk ein Nachbau ist. Und wenn man berücksichtigt, dass ja der Nachfolgebetrieb Metron bis in die 1980er Jahre Jahresuhren als GB-Uhren hergestellt hat, warum denn nicht auch Standuhren? Waren doch besonders die Amerikaner versessen auf Fakes, wie heute auch noch. Zur geprägten Marke: Im "Lexikon der Deutschen Uhrenindustrie...." von H-H- Schimd steht diese Marke als "reg. 01.10.1894". Also auch hier lag ich falsch :cry: .

Also: Revidierte Meinung: Herstellungsjahr sicher nach dem WKII, leider.

@Christian: Die VFU AG wurde exackt am 01. Januar 1900 eingetragen. Hauptaktionär war die Berliner Bank. Weisung kam von "Ganz Oben". Der Kaiser wollte keine Unruhen im Armenhaus Schlesien und wollte / musste die Arbeitsplätze erhalten. Die exacte Bezeichnung der VFU AG lautete: Vereingte Freiburger Uhrenfabriken inklusve vormals Gustav Becker Aktien Gesellschaft. Bitte beachten: inklusive vormals..... GB hörte auf zu existieren, wie die anderen 8 Uhrenfabriken auch. Nur die Marke wurde weiter geprägt, der guten Qualität wegen. Nach 1900 wurde übrigens noch eine Möblfabrik aus dem Rau Freiburg in die VFU AG intergriert. Diese Möbelfirma stellt auch schon früher Uhrengehäuse her, da die wenigsten Uhrenfabriken eingene Schreinereien hatten. Auch GB hatte seine Gehäuse zugekauft.
Hallo aus der Oberpfalz
Rolf-Dieter, der Stromer

http://www.rolf-dieter-reichert.de

petsch
Administrator
Beiträge: 1836
Registriert: So 15. Aug 2010, 18:10

Re: Sehr alte Gustav Becker Standuhr

Beitrag von petsch » Mo 5. Jun 2017, 21:49

Hallo Mike,
auf die Nummern und Stempel auf Werken kann man nicht immer vertrauen und es gibt immer wieder mal Uhren aus der jüngeren "Gustav Becker Zeit" auch ohne die Medaillenpunze.

@ Rolf-Dieter

also da muss ich Dir doch stark widersprechen. Mitte des 19.Jhdts. haben Uhren ganz anders ausgesehen. Woher nimmst Du nur immer die Selbstsicherheit das Falsche als absolute Wahrheit darzustellen ?

Wie Phalos schon schreibt ist die komplette Uhr, also auch das Gehäuse, nicht so alt. Diese dunklen massigen Gehäuse kamen erst Ende des 19. Jhdts. zum Ende des Gründerzeitstils auf. Davor waren sie zwar auch massiv, aber mit mehr historisierenden Zierteilen. Und davor, also um die Jahrhundertmitte war man noch im Übergang vom Biedermeier mit je nach Ländern etwas verschiedenen Richtungen. Der französische Louis Phillippe Stil war wohl dann bis zum Gründerzeitstil vorherrschend. Wird auch oft bei ebay fälschlicherweise Spätbiedermeier genannt.

Zu keinem dieser Stile vor der Gründerzeit passt dieses Gehäuse.

Allein vom Aussehen und der Machart , also ohne Berücksichtigung von Stempeln und Nummern ist diese Uhr um oder meiner Meinung nach sogar noch eher nach 1900 und zwar komplett, also Werk und Gehäuse, das auch original zusammengehört.

Das Werk ist ein Werk von GB, bzw. so wie Du es definierst, von der Nachfolgefirma VFU, die aber natürlich die Geschichte von GB vervollständigt und bei der man ohne weiteres noch immer von einer GB Uhr sprechen kann. Auch wenn Du in den verschiedensten Beiträgen immer wieder darauf beharrst, dass das dann keine Gustav Becker Uhr mehr ist.

Wenn man Uhren nicht mehr der Ursprungsfirma , aus der alle anderen Firmen dort auch hervorgegangen sind und deren Logo sie noch trägt, zuordnen darf, weil der Besitzer gewechselt hat, der ursprüngliche Hersteller vielleicht nicht mehr lebt, oder andere aus wirtschaftlichen Gründen dazugekommen sind, dann müsst man die Zuordnung von vielen Uhren, Uhrenfabriken und auch der gesamten Industrie umschreiben. Das gehört einfach zur Geschichte von GB und zur Geschichte von vielen Fabriken. Auch in anderen Industriezweigen dürften sonst alte Namen nicht mehr benutzt werden.
Man könnte höchstens als Zusatz schreiben, dass die Uhr nicht mehr aus der ursprünglichen Fabrik von Gustav Becker stammt. Aber nicht ständig den Besitzern vor den Latz knallen : Es steht zwar drauf, aber das ist keine "Gustav Becker".

Das ist jedenfalls meine Meinung. Und ich denke, dass ich da nicht alleine da stehe.

Deine Meinung über den Nachbau von alten GB-Uhren bei der Firma Metron kann ich so auch überhaupt nicht nachvollziehen. Jedenfalls nicht in dem Maße, wie Du das darstellst. Metron hat zwar, so weit ich meine gelesen zu haben, ab 1951 auch Uhren gebaut, ich glaube aber weder, dass Metron bis in die 80er Jahre GB-Jahresuhren hergestellt hat, noch dass dieses Standuhrwerk von metron aus so später Zeit ist und es später in das Gehäuse gesetzt wurde. Meiner Meinung nach eine Behauptung, die im Nachhinein deinen Irrtum erklären soll.

Uhren im Stil von lange vor dem Krieg zu bauen hätte auch etliche Jahre nach Kriegsende gar nicht dem damaligen Zeitgeschmack entsprochen. In der Nachkriegszeit , als es mit der Wirtschaft wieder aufwärts ging, waren solche Uhrenmodelle schnell verpönt und man sehnte sich nach "modernen" Formen. Vorhandene alte Uhren wurden sogar oft ihrem Zierrat entledigt und modernisiert, weil man es lieber schlicht haben wollte. Deswegen gibt es heute so viele Gründerzeitregulatoren ohne das originale Oberteil. Alles andere war unmodern. Dann erst Ende der siebziger und speziell in den achtzigern, (als nach Deiner Meinung nach in Freiburg Metronom diese Uhren dann doch nicht mehr baute) wurden antike Uhren wieder modern. Und erst ab da lohnten sich irgendwelche Nachbauten oder Kopien.

Gerade in Polen gibt es viele Sammler von GB Uhren. Und Du kannst mir glauben, ich kenne aus meinem Handel sehr viele polnische Händler und Sammler mit denen ich zu tun habe, auch direkt aus Świebodzice, also Freiburg, die bei einer GB-Uhr überhaupt nicht daran zweifeln dass sie nicht von vor dem 2. Weltkrieg ist. Speziell Jahresuhren mit dem Signet von GB sind in Relation zu Jahresuhren anderer Hersteller sehr selten anzutreffen und insbesondere in Polen wegen der regionalen Herkunft sehr gesucht.

Ich glaube auch, dass die Stimmung direkt nach dem Krieg nicht so war, dass man gerne deutsche Namen auf die Uhren geschrieben hat.

Ich habe diese Theorie der Nachbauten von GB-Uhren nach dem Krieg, bzw. müsste man bei Deiner Sicherheit, mit der Du das überall vorträgst, ja eher von Deiner Feststellung sprechen, ja schon vorher einige Male gelesen, hätte aber gerne Beweise dafür, bevor ich auch nur annäherungsweise daran glauben könnte. Du versuchst vom Hörensagen in Verbindung mit Deiner Phantasie die Geschichte umzuschreiben. Meine praktischen Erfahrungen im Handel und im Umgang mit Uhren aus Freiburg über fast 40 Jahre bestätigen diese Behauptung, dass dort "antike" Uhren bis in die 80er Jahre nachgebaut wurden, in keinster Weise.

Gruß
Peter


PS: @ Mike noch einmal : Ich habe über diese ganze Diskussion vergessen, etwas über das Schlagwerk zu schreiben. Du schreibst, dass sie die Viertelstunden mit einer Melodie schlägt. Selbst dafür ist 1850 zu früh. Diese Art des Schlages, also höchstwahrscheinlich eine Westminstermelodie auf Tonfedern gab es verstärkt auch erst nach der Jahrhundertwende.
Um 1850 gab es auch schon Melodien als Schlag, aber dann auf Glocken.

Und falls bei der Wahlmöglichkeit zwischen den Melodien sogar "Westminster" steht, was manchmal der Fall ist, dann kann sie auch deshalb schon erst nach der Verwendung der Melodie im Westminsterpalast in London gebaut worden sein und das war auf jeden Fall nach 1850. Die Melodie an sich gab es zwar bereits schon davor, aber "Westminster" wurde sie erst im Laufe der Jahre nach Erstellung des Palace of Westminster und dem Bau des Glockenspiels mit der Melodie darin benannt. Eben nach diesem Gebäude.

Benutzeravatar
Der_Stromer
Beiträge: 571
Registriert: Fr 11. Jan 2013, 09:21
Wohnort: 92272 Freudenberg (Oberpfalz)
Kontaktdaten:

Re: Sehr alte Gustav Becker Standuhr

Beitrag von Der_Stromer » Di 6. Jun 2017, 23:27

:) Guten Abend, Peter.

Dass ich in Bezug auf die Uhrenfabrik Gustav Becker eine andere Meinung vertrete, als die meisten Händler von alten Uhren, hat sich ja schon rumgesprochen und dabei bleibe ich auch.

Die Firmenbezeichnung der Nachfolgefirma von 9 Uhrenfabriken aus dem Freiburger Raum ab 1900 war (so eingetragen im Firmenregister) "Vereinigte Freiburger Uhrenfabriken inklusive ehemals Gustav Becker Aktien Gesellschaft". Beachte bitte - inklusive ehemals -. Ein nicht besonders guter Vergleich wäre hier zum Beispiel: eine ROLEX in Antalya am Strand gekauft, ist definitiv keine Rolex, sondern eine Fälschung, oder?
Da es aber ab 1900 keinen Uhrenhersteller "Gustav Becker" mehr gab, kann dieser Hersteller auch keine eigenen Uhren mehr hergestellt haben. Einzige Erklärung: die Nachfolgeproduktion benutzte den Namen Gustav Becker, um Qualität vor zu täuschen (siehe ROLEX vom Strand).

Zu den Jahresuhren:
Der Herr Gutsbesitzer Anton Harder aus Ransen bei Steinau an der Oder hat um 1878 (oder auch später), seine Patente (Amerikanische aus der Gegend um Phillipsburg - wie er da ran gekommen ist, liegt im Dunkeln der Geschichte, aber die auf den ersten Uhren dieser Art angegebenen Patentnummern weisen das eindeutig aus) bei Gustav Becker vorgestellt und gefragt, ob GB Uhren nach diesen Patenten bauen könnte. Die Firma Gustav Becker hat das mit eindeutigen Worten abgelehnt und Harder ging zur Firma Willmann &Co, 1872 gegründet, ebenfalls in Freiburg und von ehemaligen GB-Mitarbeitern. Diese stellten dann ca. 350 Uhrwerke her. Davon gibt es noch heute einige sehr rahre Stücke, auch in Museen in Polen und auch in Freiburg soll eines in der Firma METRON zu sehen sein. Die Serienproduktion kam aber nie zum Laufen, da sich diese Werke als unausgereift und unzuverlässig erwiesen. Verschiedene Hemmungvarianten wurden erprobt. Willmann hat also hier auch keine Produktion mehr vorgenommen und Harder musste, fast bankrott, weiter suchen. Aber diese Geschichte kennst Du ja auch. Erst 1879 wurde dann in Triberg mit einem ominösen Abstecher zum Uhrmacher Jehlen in Säckingen, der sich ein verstellbare Drehpendel hat patentieren lassen, durch Vermittlung der Uhrenteilegießerei Siedle bei der Firma Wintermantel &Cie. durch den Uhrmacher August Schatz die erste Drehpendeluhr dieses Typs hergestellt. 1881.

Bis zu diesem Datum gab es zwar schon einige andere Jahresuhren, aber keine in dieser Form. Weder von Gustav Becker, oder Willmann oder sonst wem. Mir sind auch keine Jahresuhren der HAU bekannt. Erst die Firma Junghans hat Jahresuhren ab ca. 1912 hergestellt, als diese Uhrenart nicht mehr durch Patente geschützt war. Warum Junghans die Produktion seiner Jahresuhren nicht in Schramberg weiter geführt hat, sondern diese in Freiburg (Mit Stempel, Medaille d'or und erfundenen Seriennummmern) hat herstellen lassen, ist mir nicht bekannt. Fakt ist, dass nach dem WKII eben diese Unterlagen zum Bau von Jahresuhren bei der Firma METRON dienten (siehe auch die Firmenchronik der METRON). Dass ein zufälliger Bekannter mich nun kontaktiert hat - leider ist er schon verstorben - und mir am Telefon erzählte, dass er eben in dieser Uhrenproduktion bei METRON in Freiburg gearbeitet hat, ist eigentlich nur das i-Tüpfelchen in dieser Geschichte.

Zur Herstellung der Jahrsuhren von GB: Versuche doch mal heraus zu finden, von wann die Uhren, z.B. in den Amerikanischen Foren als GB gehandelt, eigentlich stammen. Ca. 95% dieser Uhren wurden weit nach Ende des WKII durch GI's erworben und mit in die Staaten gebracht. Da hätte ja z.B. Junghans "auf Halde" für einen späteren Run auf diese Dinger produziert :D .

Ich würde hier einfach mal das Fachwissen von unserm Phalos anzapfen und ihn bitten, von einer dieser Uhren eine Metalurgische Altersbestimmung vornehmen zu lassen. Auf das Ergebniss bin ich sehr gespannt.

Zu "Fälschungen" noch folgendes: In den 50iger, bis hinein in die 70iger haben findige Uhrenhersteller mit mechanischen Werken im Koffer, entsprechende Firmen in Fernost kontaktiert, und diese Werke - ohne Marken, etc. - nachbauen lassen. Diese wurden dann hier in Deutschland in Gehäuse gesetzt und unter guten Namen verkauft. Ich will mich nicht in die Nessel setzen, aber sehr namhafte Deutsche Uhrenhersteller waren darunter :oops:

Zum Alter des Gehäuses der hier vorgestellten Uhr:
Ich bin der Meinung, dass eine Uhr das Werk ist. Die wenigsten Uhrenfabriken haben eigene Möbelschreinerein für die Gehäuse gehabt. Lenzkirch und Ander bildeten da sicher eine Ausnahme. Die Uhrengehäuse unterlagen der Mode und wurden beim Uhrmacher oder auch Juwelier, Möbelhäuser, etc. nach Geschmak der Käufer aus einem Katalog ausgesucht und dann zusammen gebaut. Genauso, wie bei den Jahresuhren.
Nun zum Jahr 1850: Bitte schau Dir mal genau die Bider der Möbel dieser Epoche an. Da findest Du nach dem geschwungenen Biedermeier nun auch gerade, glatte Formen. Das, was dann gegen 1880 angeboten wurde, sah da schon wieder ganz anders aus, beginnender Historismus eben.

Und jetzt bitte nicht arg böse werden: Das gerade der Handel überhaupt kein Interesse daran hat, die obskuren Methoden der Uhrenverkäufer im Ausland aufzudecken, kann ich verstehen.

Und zu bester Letzt: Du verlangst vom mir, dass ich meine These "beweise". Das kann ich nicht, es sind Puzzelstücke aus einem langen Uhrenleben und ich habe keine Lust, in meinen Jahren nochmal alle Bücher nach Fakten zu durchstöber. Dazu reicht meine Zeit wohl nicht mehr.
Aber ebenso wenig wirst Du beweisen können, dass GB noch im 20. Jahrhundert unter VFU, Hau und Junghans als eigenständige Uhrenmanufaktur in Freiburg Uhren hergestellt hat. Und Du wirst eben so wenig Beweise dafür erbringen können, dass die auf dem Markt befindlichen Jahresuhren mit GB-Marke alle vor 1945 hergestellt wurden.

Mir reicht es eigentlich, wenn Käufer solcher alten Schätze ein wenig vorsichtiger werden und nicht gleich auf Verkäufer unbesehen hereifallen, die da behaupten "Ganz echte Gustav Becker aus dem 19. Jahrhundert!" Gaaanz günstig! Greifen Sie zu!

Zum Alter der hier vorgestellten Uhr: Da habe ich meine Meinung gründlich revidieren müssen und immer mehr Ungereimtheiten kommen dazu. Zum Beispiel das Schlagwerk und und und. Man(n) möge mir das nachsehen, dazu kann man ja kommunizieren, oder?
Hallo aus der Oberpfalz
Rolf-Dieter, der Stromer

http://www.rolf-dieter-reichert.de

steffl62
Beiträge: 966
Registriert: Sa 21. Aug 2010, 09:47
Wohnort: Wien

Re: Sehr alte Gustav Becker Standuhr

Beitrag von steffl62 » Mi 7. Jun 2017, 07:37

Hallo Peter und Rolf-Dieter,
vielen lieben Dank für eure sehr ausführlichen und detailierten Beiträge!
Super!

lg Christian
.
Fragen, Korrekturen und Ergänzungen zu meinen Beiträgen sind ausdrücklich erbeten und gewünscht!

Antworten